Vater redet mehr mit dem TV als mit uns

Hallo
Es ist so eine Eigenart von unserem Vater (65) ständig das TV-Programm zu „dokumentieren“. Wenn dort jemand was sagt, dann kommen halt so Kommentare „Ach, sag bloss“ oder eben wenn im Fernsehen jemanden was fragt antwortet er. Allerdings nicht „ernsthaft“ sondern eher blödeleien (worüber aber keiner lachen kann oder tut).
Ist eigentlich nur eine nervige Sache. Da meine Schwester und ich aber schon seit einigen Jahren nicht mehr daheim wohnen ist uns das soweit egal.
Die Sache ist die, das mein Vater in unserer Kindheit stark Alkoholabhängig war und wir uns natürlich allesam mehr auf die Seite unserer Mutter gezogen haben. Das hat er vermutlich auch nicht wirklich überwunden (aber wie ich leider sagen muß auch ein Stück weit selbst mit schuld).
Mittlerweile ist aus dem damaligen „Notverhalten“ einfach Gewohnheit geworden. Das soll jetzt aber nicht heissen, das wir unseren Vater links liegen lassen oder so. Eigentlich kümmern wir uns gut um ihn (hat das mit dem Alkohol auch soweit in den Griff bekommen) aber wir kommen halt kaum noch an ihn dran. Und wenn kommt eh nichts dabei raus. So eine Mischung aus Selbstmitleid und „Dickkopf“ (der Draht zu meiner Schwester ist in diesem Punkt auch besser, also sie kann da besser mit ihm reden).
Naja. Zurück zur Fernsehsache. Ich würde ihm dieses gerne „abgewöhnen“. Das Problem ist aber, wenn man sagt „Jetzt lass doch mal deine Kommentare“, ist er gleich aufs tödliche beleidigt und wenn man dann selber was sagt, dann schreit er gleich rum oder es kommt ein blöder Spruch wie „Ach, ihr dürft aber reden ?“ oder so… Ist ziemlich schwer.

Weiß jemand vielleicht ob und wie man das Problem in den Griff bekommen kann ohne das gleich der Haussegen schief hängt ?

Gruß
Andreas

Hallo Andreas,

Zurück zur Fernsehsache. Ich würde ihm dieses gerne
„abgewöhnen“.

Was hat er (Positives) davon, wenn ihr es ihm abgewöhnt? Findet er das Ziel erstrebenswert? Was könnte ihn reizen, da mitzumachen?

Das Problem ist aber, wenn man sagt „Jetzt lass
doch mal deine Kommentare“, ist er gleich aufs tödliche
beleidigt und wenn man dann selber was sagt, dann schreit er
gleich rum oder es kommt ein blöder Spruch wie „Ach, ihr dürft
aber reden ?“ oder so… Ist ziemlich schwer.

Wie wäre es, wenn ihr erst einmal aufhört, Forderungen an ihn zu stellen, Schuldzuweisungen zu machen? Und stattdessen einfach ruhig erklärt, wie ihr euch fühlt bei seinem Verhalten (das empfiehlt übrigens auch die Familienberatung allgemein für Streitfragen). Damit fühlt er sich erstmal nicht angegriffen - sondern konfrontiert mit eurem Gefühlsleben - und hat die Freiheit, zu entscheiden, wie er darauf reagieren will. Vielleicht kann er sich an diese Vorgehensweise gewöhnen und die Situation entspannt sich allmählich.

Liebe Grüße, Susanne

Hallo Andreas!
Klingt ja lustig, ist es wahrscheinlich aber nicht. Ich kann mir schon vorstellen, dass es deiner Mama auf die Nerven geht. Dagegen machen kann man wahrscheinlich gar nichts, außer einen zweiten Fernseher zu kaufen. Dein Vater hat schon ein Alter, in dem man solche Angewohnheiten nicht mehr so ohne weiteres ablegen kann. Wenn er auch die Kritik an seiner Person nicht verträgt, sich gleich angegriffen fühlt, ist es auch schwer das Thema anzusprechen.
Das ist ja aber auch nicht das eigentliche Problem, oder?
Du würdest dir scheinbar wünschen, eine bessere Gesprächsbasis mit deinem Vater zu haben. Es gibt ja scheinbar mehr unbesprochenes in deiner Familie.
Um dir dazu Ratschläge zu geben, weiß ich nicht genug.

Nur soviel: Zwischenmenschliches lässt sich nur dann ändern, wenn von beiden Seiten der Wille dazu da ist.

lg infi

Hi
Ach, habe ich ja ganz vergessen. Seit ich ausgezogen bin, hat er mein Zimmer zu „seinem Reich“ gemacht. Dort hat er seinen Fernseher und kann dort seine Gespräche weiterführen. Dort verbringt er auch die meiste Zeit.
Ich persönlich bin sowieso kein „Gesprächiger“ Mensch und bin da eigentlich auch nicht sehr erpicht drauf, weil bei meinem Vater auch nicht viel mit „Sinnigen Gespräch“ ist. Es hört sich jetzt zwar hart an, aber der langjährige Alkoholkonsum macht sich halt irgendwann bemerkbar und da versteht er einige Aspekte nicht mehr richtig und wird dann nahezu aggressiv, wenn man ihn berichtigt…

Trotzdem danke fürs schreiben :smile:
Gruß
Andreas

Hi

Was hat er (Positives) davon, wenn ihr es ihm abgewöhnt?
Findet er das Ziel erstrebenswert? Was könnte ihn reizen, da
mitzumachen?

Hört sich jetzt vielleicht Selbstsüchtig an, aber das Positive ist einfach, das man etwas vom Film mitbekommt… Wenn man sich das vorstellt, das man einen spannden Film guckt und mitten im Gespräch quackt er dann rein und man bekommt einen wichtigen Teil nicht mit. Das nervt dann schon und sorgt dann schon mal für Streit.
(Da ich da eigentlich kaum Fernseh gucke, betrifft es mich übrigens nicht so).
Allerdings hat er auch sein eigenes Zimmer mit Fernsehen.

Wie wäre es, wenn ihr erst einmal aufhört, Forderungen an ihn
zu stellen, Schuldzuweisungen zu machen? Und stattdessen
einfach ruhig erklärt, wie ihr euch fühlt bei seinem Verhalten
(das empfiehlt übrigens auch die Familienberatung allgemein
für Streitfragen). Damit fühlt er sich erstmal nicht
angegriffen - sondern konfrontiert mit eurem Gefühlsleben -
und hat die Freiheit, zu entscheiden, wie er darauf reagieren
will. Vielleicht kann er sich an diese Vorgehensweise gewöhnen
und die Situation entspannt sich allmählich.

Hast du falsch verstanden. Wir haben keine Forderungen oder Schuldzuweisungen. Das was früher war ist nun mal passiert und geht nicht aus den Köpfen. Er ist davon abgekommen und das finden wir alle gut (und sagen das ja auch).
Er genießt das Leben, lässt sich das Essen bringen und braucht im Haushalt nicht helfen. Eben eine echte „Alte Ehe“.
Bei „Familienberatungen“ verlässt er meistens das Zimmer und blockt das ab. Muß Sport gucken. Ist wichtiger. Und wenn man ihn versucht ihn irgendwie mit einzubinden wird er aggressiv.
Aber wie du schon sagtest. Vermutlich braucht man da jetzt auch nicht mehr mit anzufangen…
Keine Ahnung warum ich die Frage überhaupt gestellt habe.

Gruß
Andreas

Hallo Andreas,

Du (und Deine Schwester) wohnst gar nicht mehr bei Deinen Eltern, Fernsehen ist für Dich nicht wichtig, mit Deinem Vater reden liegt Dir auch nicht so usw. usf. - was mischt Du Dich aus der Ferne in das Leben Deiner Eltern ein?

Mit drängt sich der Verdacht auf, dass von DEINER Seite was Tieferes dahintersteckt - die Fernseh-Kommentar-Nummer kann Dir doch am Ar… vorbeigehen!

Hallo Andreas,

aus Deinem Posting lese ich eigentlich zwei Wünsche raus:

  1. Du würdest gerne ungestört fernsehen
  2. Du würdest gerne mehr mit Deinem Vater reden

Nun bist Du ja wohl nimmer direkt „vor Ort“, sprich zumindest den Punkt 1) kannst Du bei Dir daheim erledigen, und wenn halt was für Dich interessantes kommt, guckst Du daheim in Ruhe und verschiebst den Besuch bei den Eltern.

Zu Punkt 2). Vielleicht magst Du mal probieren, diese Kommentare von Deinem Vater als Gesprächseinstieg zu nehmen. Also wenn er zu einer Diskussion über eine geplante Schneckenhaussteuer lauthals kommentiert „Ja so ein Schiessdruck so ein dervammter“, dann kannst ja interessiert nachfragen „Wiesu denn nur?“ :wink: Oder sagen „Naja, aber besser als ne Regenwurmsteuer“

Vielleicht kommen nur Stammtischparolen von Deinem Vater. Vielleicht kriegst einen fürchterbaren Anpfiff, dass Du gefälligst ruhig sein sollst. Aber vielleicht kommt Ihr auch auf diese Tour ins Gespräch.
Und der kluge Sohn wählt für sowas ja vielleicht auch erstmal „neutrale“ Themen, also Sachen, die Euch beide interessieren und die nicht bekanntermassen für einen von Euch ein „rotes Tuch“ sind *fg*

*wink*

Petzi

Hallo Andreas,

du schreibst in einem späteren Posting „keine Ahnung warum ich die Frage überhaupt gestellt habe.“ Das wäre wirklich wichtig, wenn du dir die Frage selbst einmal beantwortest.

Wenn es dir nur um die relative banale Situation des Fernseh guckens geht, hätte ich einen Tipp für dich:

Macht es einfach mal genauso wie er und gebt ständig Kommentare ab zum Geschehen im Fernsehen. Vielleicht klappt es ja und ihm fällt auf, dass er sich selber so verhält und dies störend ist.

Aber ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass es dir wirklich ums Fernsehen an sich geht. Dafür habt ihr ja eigentlich schon eine Lösung gefunden, in dem er sein eigenes Reich bekommen hat.

Was ist es dann wirklich? Das brauchst du hier nicht beantworten. Versuch es für dich selbst rauszufinden.

Gruß

Samira

Hallo Andreas,

Das Problem ist aber, wenn man sagt „Jetzt lass doch mal deine
Kommentare“, ist er gleich aufs tödliche beleidigt.

Hast du falsch verstanden. Wir haben keine Forderungen oder
Schuldzuweisungen.

Allein die obere Aufforderung ist schon eine Forderung!
Gruß, Susanne

Hallo Andreas,

ich bin zwar keine Expertin, aber ich möchte dir doch meinen Eindruck zu deiner Geschichte schildern.
Erstens könnte ich mir vorstellen, dass dein Vater sich gerne mehr unterhalten möchte, aber keinen Gesprächspartner hat. Ersatzweise redet er mir dem Fernseher. Ein echter Gesprächspartner würde auch Widerworte geben, vielleicht passt ihm das nicht.
Zweitens glaube ich nicht, dass es dir ums störungsfreie Fernsehen geht, sondern du dich gerne „richtig“ mit deinem Vater reden möchtest. Dies ist aber offensichtlich nicht einfach, da er abblockt. Wahrscheinlich fühlt er sich einem solchen Gespäch nicht gewachsen, möchte nicht kritisiert werden.
Mein Tipp: Werde dir erst einmal über deine Wünsche / Vorstellungen im klaren und akzeptiere, dass du deinen Vater nicht ändern kannst. Der zweite Teil davon ist am schwierigsten, mit meiner Mutter habe ich ein ähnliches Problem. Erst wenn dein Vater merkt, dass er so akzeptiert wird wie er nun Mal ist, kannst du dich vielleicht mehr mit ihm unterhalten (über seine Themen zunächst einmal).

Gruß, Sigrid