Hallo,
zur Vorsicht möchte ich noch einmal betonen, daß ich weder die rk Sexualmoral teile noch ihre Bewertung der Homosexualität. Ich plädiere aber für einen sachlichen Umgang und eine differenzierte Beurteilung der Diskussion.
Vorweg: Niemand wird gezwungen, rk Priester zu werden und seine Sexualität zu verleugnen.
Die rk Kirche ist (auch) ein Wertesystem, und es dürfte keinem Homosexuellen entgehen, daß seine Neigungen von ihr als Sünde angesehen werden.
es ist aber genauso festzustellen, daß der Vatikan nicht mit einer Silbe auf die Idee gekommen ist, daß homosexuelle Priester potentielle Kinderschänder sind. Dieser Schluß ist ausschließlich von der vermeindlich liberalen Presse gekommen. Auch hier im Forum wird dies immer wieder behauptet, sich aber gleichzeitig darüber aufgeregt, wie denn der Vatikan nur solche Vorurteile gegen Homosexuelle haben kann. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Wir haben es gerade eben geschafft, homosexuelle Männer und
Frauen nicht mehr auszugrenzen, sie nicht mehr der ständigen
Angst vor Entdeckung auszusetzen. An kath. Kirchenmännern
scheint jegliche Entwicklung zur Toleranz des naturgegebenen
(sage gerne gottgegebenen) Seins abzuprallen.
Die Diskussion hier scheint aber doch manchmal es an Toleranz gegenüber zölibatär lebenden Menschen mangeln zu lassen (Menschen!).
Ginge es „nur“ um sexuelle Enthaltsamkeit, um zölibatäres
Leben, wäre mit einem höchstens Dreizeiler auszudrücken
gewesen, daß die Forderung der Enthaltsamkeit für jegliche
sexuelle Ausrichtung gilt. Es geht aber offenkundig gar nicht
um die sex. Enthaltsamkeit als solche, sondern explizit um die
Diskreditierung der Homosexualität.
Selbstverständlich ist (!) homosexualität im Sinne der rk Morallehre diskreditiert (warum wundern sich nur alle darüber?). Und solltest Du mal die Anzahl an anti-heterosexueller-Betätigung-Schreiben mit diesem einen (bzw. zwei inkl Katechismus) vergleichen, dann sind eigentlich die Heterosexuellen viel mehr diskreditiert;
…da ja zölibatär und dazu :auch noch rk menschen :grundätzlich eine
problematische Sexualität :haben.
Das ist mehr als ein Vorurteil. Das Ausleben der Sexualität
gehört wie Essen, Trinken und Schlafen zu den menschlichen
Grundbedürfnissen. Man kann getrost davon ausgehen, daß die
dauerhafte Unterdrückung der Sexualität zu psychischen
Fehlentwicklungen mindestens führen kann. Fachärzte für
Gemütskrankheiten können ein Lied davon singen. Im übrigen
sind homosexuelle Ersatzhandlungen von ansonsten heterosexuell
orientierten Menschen bekannt, denen zwischenmenschliche
Kontakte nicht oder nur eingeschränkt möglich sind, etwa in
Gefängnissen. Mindestens ein Teil der Vorgänge etwa in St.
Pölten dürfte auf solchen Effekt zurückzuführen sein.
Wenn das kein Vorurteil ist, dann weiß ich nicht. Es gibt durchaus Unterschiede zwischen einem Gefängnis und einem Priesterseminar (die ich kenne, sond dotr freiwillig). Gerade St. Pölten hat doch gezeigt, daß dort von den Verantwortlichen für die Ausbildung der Priester, schwerwiegende Fehler gemacht wurden: Sie haben „jeden“ aufgenommen, und St. Pölten war der Ausweg für diejenigen, die (in ihren Heimatländern) von den Priesterseminaren abgelehnt wurden. Der Vatikan meint nun, ein derartiges Problem lösen zu können, indem er darauf Wert legt, daß eben Homosexualität auch in Priesterseminaren nicht auszuleben ist (wobei hier mE das Problem eher bei den Ausbildern zu suchen ist).
Von
daher greift der Vatikan mit seiner Diskreditierung der
Homosexualität schlicht daneben. Ursache der Vorgänge ist
vielmehr die buchstäblich unmenschliche und widernatürliche
Forderung nach sexueller Enthaltsamkeit. Dieser unsinnigen und
lebensfremden Forderung liegt ein Mißverständnis der
Sexualität schlechthin zugrunde.
Oha, das richtige Verständnis von Sexualität ist also: Ausleben! Jeder, der sie nicht „natürlich“ auslebt, ist also ein psychisch gestörter, potentieller Kinderschänder und Psychopath?
Der Vatikan hat sicherlich ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität, eine Gesellschaft, die jeden, der seine Sexualität nicht auslebt, unter generalverdacht stellt, hat ein ebensolches.
Lt. kath. Kirche ist das
Ausleben der Sexualität innerhalb der Ehe zur Fortpflanzung
gestattet. Die für das Leben eines Menschen insgesamt
mindestens so bedeutsame Funktion der Sexualität zur
physischen und psychischen Gesunderhaltung und als wichtiges
soziales Bindeglied geht in einer abstrusen Sicht von Sünde
unter.
Also: Wer seine Sexualität nicht „gesund“ auslebt (was heißt das?) ist physisch, psychisch krank und hat keine soziale Bindeglieder?
Neidlos erkenne ich die wirksame Selektion garantiert treudoof
folgender Bediensteter an: Wer sich bis in den Bereich seines
Sexuallebens bevormunden läßt, wird ziemlich sicher niemals
aufmucken und jeden verordneten Unfug mittragen.
Zusammenfassend: rk Priester sind physisch, psychisch, sozial krank und doof.
Mir ist klar, Deine Worte entspringen einer brechtigten Kritik an der rk Morallehre - aber sollte man Vorurteile mit Vorurteilen bekämpfen?
Zumindest kann man feststellen: Die Von Kritikern am Papstpapier kritisierte Gleichstellung von Homosexualität und Pädophilie stammt eben nicht vom Papst, sondern eigentlich von seinen schwärfsten Kritikern.
Grüße,
taju