Verantwortung des Papstes

Hallo,

Ein 9 Jähriges Vergewaltigungsopfer musste um zu überleben Abtreiben. Kind,Eltern,Ärzte wurden deshalb exkommuniziert der Täter nicht.

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,6…

meine Frage,

In wie weit trägt der Papst die Verantwortung für solche Entscheidungen seiner Bischöfe mit?

Viele Grüße
Markus

Hallo Markus,

In wie weit trägt der Papst die Verantwortung für solche
Entscheidungen seiner Bischöfe mit?

es handelt sich nicht um eine Entscheidung brasilianischer Bischöfe. Es handelt sich schlicht um Canon 1398 des CIC (Kodex des kanonischen Rechts) — „Wer eine Abtreibung vornimmt, zieht sich mit erfolgter Ausführung die Tatstrafe der Exkommunikation zu.“ Mit anderen Worten: wer abtreibt und sich aktiv an Abtreibungen beteiligt, ist nach katholischem Kirchenverständnis automatisch aus der Sakramentengemeinschaft ausgeschlossen - d.h. exkommuniziert.

Ausnahmeregelungen gibt es keine - und Papst Benedikt hat wiederholt deutlich gemacht, dass er nicht gedenkt, an dieser kirchenrechtlichen Bestimmung irgend etwas zu ändern oder ändern zu lassen. Nicht, dass es unter katholischen Würdenträgern eine nennenswerte Initiative gäbe, so etwas zu tun.

Diesen Sachverhalt hat laut einer Meldung von Radio Vatican (06.03.2009) auch ein Sprecher der katholischen Kirche Brasiliens mitgeteilt - nämlich, dass alle an der Abtreibung Beteiligten sich durch diese Tat die Exkommunikation automatisch zugezogen haben. Der Sprecher hat auch klar gestellt, dass das neunjährige Mädchen nicht exkommuniziert ist. Den Grund dafür hat er allerdings nicht genannt. Der findet sich ebenfalls im CIC, und zwar in Canon 1323 - wer das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bleibt generell straffrei.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo,

In wie weit trägt der Papst die Verantwortung für solche
Entscheidungen seiner Bischöfe mit?

Fundamentale Weisheiten findet man immer auch im Volksmund formuliert.
Passend zur christl. Symbolik:
„Der Fisch stinkt vom Kopf her“ :o)

Grüße
K.

Ergänzend
Der vergewaltigende Stiefvater (und löbliche Abtreibungsgegner) hätte als Katholik übrigens keine kirchliche Strafe zu befürchten. So etwas sieht das Kirchenrecht schlicht nicht vor, auch wenn im Katechismus (Nr. 2356) Vergewaltigung immerhin als „zutiefst verwerflich“ bezeichnet wird. Angesichts einer fehlenden Sanktion hat das etwa den Wert eines drohenden Zeigefingers …

Anders ist es bei katholischen Klerikern - die trifft als Vergewaltiger und Kinderschänder die ganze Härte des Kirchenrechts. Sie sind „mit gerechten Strafen“ zu belegen, sogar „gegebenenfalls die Entlassung aus dem Klerikerstand nicht ausgenommen“! Das ist nun freilich schlimm, wenn auch (nach katholischem Verständnis) bei weitem nicht so schlimm wie eine Exkommunikation. Dieselbe Bestimmung gilt übrigens auch für für öffentlich(! - heimlich ist es wohl o.k.) begangene sonstige sexuelle Verfehlungen (CIC Can. 1395 §2).

Vergewaltiger und Kinderschänder sind also zumindest als Laien durchaus als Mitglieder der katholischen Kirche tragbar. Ein Arzt, der an einem vergewaltigten neunjährigen Mädchen einen lebensrettenden Schwangerschaftsabbruch vornimmt sowie deren Mutter, die die Einwilligung dazu gibt, hingegen nicht.

Hallo Ralf,
vielen Dank für die ausführliche Info.

es handelt sich nicht um eine Entscheidung brasilianischer
Bischöfe. Es handelt sich schlicht um Canon 1398 des CIC
(Kodex des kanonischen Rechts) — „Wer eine Abtreibung
vornimmt, zieht sich mit erfolgter Ausführung die Tatstrafe
der Exkommunikation zu.“ Mit anderen Worten: wer abtreibt und
sich aktiv an Abtreibungen beteiligt, ist nach katholischem
Kirchenverständnis automatisch aus der
Sakramentengemeinschaft ausgeschlossen - d.h. exkommuniziert.

Ausnahmeregelungen gibt es keine - und Papst Benedikt hat
wiederholt deutlich gemacht, dass er nicht gedenkt, an dieser
kirchenrechtlichen Bestimmung irgend etwas zu ändern .

Hm,bei ca. 115000 Abtreibungen Jährlich allein in Deutschland haben die Bischöfe ziemlich was zu tun.
Wie muss man sich diese Exkommunikation vorstellen?
Wird dies Öffentlich vollzogen ? In welcher Form wird dies dem Betroffenem mitgeteilt?

Viele Grüße
Markus

Hallo Markus,

Hm,bei ca. 115000 Abtreibungen Jährlich allein in Deutschland
haben die Bischöfe ziemlich was zu tun.

nein - wie schon geschrieben, gibt es da einen Automatismus.

Wie muss man sich diese Exkommunikation vorstellen?

Die Rechtsfolge der Exkommunikation tritt schon unmittelbar „durch Begehen“ (Can. 1314 CIC) der damit bedrohten Tat ein; sie muss nicht explizit durch ein kirchliches Gericht als Sanktion ausgesprochen werden.

Wird dies Öffentlich vollzogen?

In der Regel nicht. Wenn ein Priester von einer bestimmten Person weiss, dass sie exkommuniziert ist, muss er ihr jedoch jegliche ‚Gnadenhandlungen‘ verweigern - also Kommunio, Absolution, Trauung usw. Es gibt natürlich die Möglichkeit des ‚Wegsehens‘ - aus Barmherzigkeit oder wenn mit einer Spende nachgeholfen wird.

In welcher Form wird dies dem
Betroffenem mitgeteilt?

In der Regel gar nicht. Dem/der Betroffenen sollte in der Regel als Kirchenmitglied die Folge seines Handelns bewusst sein bzw. er sollte in Zweifelsfällen den Priester seines Vertrauens vorher fragen.

In dem vorliegenden Fall scheint es Unsicherheiten gegeben haben - die gesetzlichen Ausnahmebestimmungen des Abtreibungsverbots in Brasilien sind sehr eng gefasst und im Fall des neunjährigen Mädchens trafen sogar beide Ausnahmebestimmungen zu (Vergewaltigung und Lebensgefahr für die Schwangere). Da fühlte sich der zuständige Erzbischof von Olinda e Recife, José Cardoso Sobrinho (ein wahrlich ‚würdiger‘ Nachfolger Dom Helder Camaras) bemüßigt klarzustellen, dass es kirchenrechtlich keine Ausnahmebestimmungen gibt. Wobei diese Klarstellung wohl weniger der Sorge um das Seelenheil der Betroffenen zu verdanken war als der Agitation gegen eine seit 2007 laufende Kampagne zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts - damals hatte der Gesundheitsminister eine Initiative für eine Volksabstimmung zum Abtreibungsrecht gestartet. Natürlich protestiert die katholische Kirche heftigst - nicht nur gegen eine Liberalisierung versteht sich, sondern schon gegen eine Volksabstimmung darüber.

Die Zahl der illegalen Abtreibungen in Brasilien wird auf etwa eine Million pro Jahr geschätzt. Wer vermögend ist, sucht eine diskrete Klinik auf. Wer nicht, besorgt sich sich auf dem illegalen Drogenmarkt das Medikament Cytotec (Misoprostol, ein Nierenmedikament), das Krämpfe einschließlich Kontraktionen der Gebärmutter auslöst. Eine sehr schmerzhafte Methode. Ist der Fötus schon zu groß, funktioniert das nicht. Dafür gibt es die Engelmacherinnen in den Hinterhöfen. Die SUS (die öffentliche Gesundheitsversorgung, sie ist für Menschen ohne Krankenversicherung zuständig) registriert jährlich ca. 150.000 Frauen, bei denen durch illegale Abtreibungen schwerwiegende und bleibende Folgeschäden oder sogar Tod auftreten.

Freundliche Grüße,
Ralf

3 „Gefällt mir“