Verbieten? Verhandeln? Abwarten?

Guten Abend liebe Community,

Meine Frage an euch, liebe Eltern:
Gibt es „Kreise“ (/Szenen/Subkulturen), in denen ihr eure Kinder auf keinen Fall sehen wollt/ wolltet? Wo hört die Toleranz für euch auf? Was findet ihr übertrieben? Und wie wären / waren euer Umgang damit?

Zum Hintergrund der Frage:
Manchmal belauscht man unfreiwillig Gespräche in U- Bahnen, besonders wenn Leute sehr laut reden. Meistens ignoriere ich so was erfolgreich. Manchmal jedoch MUSS ich einfach weiter zuhören. So wie heute.

Hinter mir saßen zwei Damen, irgendwo in den 30ern oder frühen 40ern. Sie unterhielten sich über ihre Kids, die wohl gerade flügge werden.
Genauer: Sie unterhielten sich über Subkulturen und darüber wie sie reagieren würden, wenn ihr Kind sich in den nächsten Jahren einer dieser Subkulturen angehörig fühlen würde.
Ich nehme an der Grund für dieses Gespräch war ein junnges Pärchen, das an der Haltestelle ausstieg, an der ich eingestiegen bin. „Gothics“ in voller Ausgehmontur mit starkem „Fetisch“-Touch (Sie trug jedenfalls ein Korsett und ein Halsband mit Ring).

Eine der beiden Frauen äußerte, dass sie auf keinen Fall zulassen würde, dass ihr Mädchen in „solche Kreise“ gerate. Die andere Mutter argumentierete dagegen, dass sie „diese Kreise“ bevorzugen würde. Ihr wäre das jedenfalls lieber, als ihren Sohn „sexistische Rapper“ hören zu lassen.
Ich hatte den Eindruck, dass die beiden eher Bekannte waren, als Freunde. Ihre Vorstellungen davon, was und aus welchen Gründen sie ihren Kindern „verbieten“ wollen würden und wie sie vorhatten das durchzusetzen unterschieden sich enorm voneinander. Vielleicht waren es ja auch zwei Mütter auf dem Weg zu einem Elternabend o.ä.

Grob vereinfacht waren die Standpunkte:
Mutter Nr. 1 war grundsätzlich dagegen, dass ihr Kind einer dubiosen Szene angehört und sagte, dass so gut wie jede Jugendkultur einen mehr oder weniger Schädlichen einfluss habe („Auf die Moral“) und dass sie ihrem Kind den Umgang schlicht verbieten würde. Sie begründete dies mit der Zukunft ihres Kindes. Besondere Angst schien sie vor „Satanisten und anderen Sekten“ zu haben.

Mutter Nr. 2 fand, dass Sekten ein Ausnahmephänomen wären. Sie äußerte sich jedoch kritisch über einige Szenen wg. Drogenkonsum und Sexismus. Dann sagte sie noch, dass sie der Meinung sei durch ein striktes Verbot nur dafür zu sorgen, dass ihr Sohn sich noch radikaler zu diesen Leuten hingezogen fühlen würde.

Das war der Inhalt des Gesprächs bis zu dem Punkt an dem die beiden dann ausgestiegen sind.

Ich persönlich unterstütze die Ansicht der zweiten Mutter. Trotzdem ist mir der Gedanke gekommen, wie ich wohl reagieren würde, wenn mein Sohn/ meine Tochter in eine „Szene“ Gerät, die ich trotz meiner vorgeblichen Toleranz für völlig inakzeptabel halte.
Rechtsradikale, massive Drogenkonsumenten und, wenn ich ehrlich bin, hätte ich auch tendentiell etwas gegen alle „Szenen“, in denen ein gewisser „Mangel an Bildung“ zum guten Ton zu gehören scheint.

Ich habe keine Kinder und kann mir daher absolut nicht vorstellen, wie ich mit einer solchen Situation umgehen würde. Es ist in der Pubertät ja nicht immer garantiert, dass man sich „ruhig unterhalten“ kann. Ich stelle mir vor, dass so was eine große Belastung für Eltern ist.

Lg

Eigentlich ziemlich einfach
Hi!
Grundsätzlich würde ich einschreiten, wenn mein Sohn und seine Freunde oder Szene sich oder anderen richtig Schaden zufügen würden.

Und dann aber konsequent und mit ganzer Kraft.

Bei anderen Dingen würde ich eine Meinung äußern und es gut sein lassen. Gothics zum Beispiel wären für mich völlig ok. Von mir aus färbt sich mein Sohn auch die Haare grün-violett. Es gibt Schlimmeres.

Ein Tatoo oder Piercing unter 18 wäre bei mir nicht drin.

Ansonsten hoffe ich noch, dass meine Toleranz recht weit reicht. Der Praxistest steht aber noch aus :smile:

Ich meine, der Sinn der hinter solchen Szenen und Gruppierungen steckt, ist doch gerade, sich von der Erwachsenenwelt abzugrenzen und gegenzuhalten. Der Widerstand der Eltern ist doch quasi der eigentliche Zweck der Veranstaltung…

Was wirklich schrecklich wäre für mich (aber sagts ihm bloß nicht): Wenn mein Sohn zum geschleckten Schnösel a la Guttenberg mutieren würde. Da wäre ich ziemlich verzweifelt.

Grüße
kernig

Hallo

Meine Frage an euch, liebe Eltern:
Gibt es „Kreise“ (/Szenen/Subkulturen), in denen ihr eure Kinder auf keinen Fall sehen wollt/ wolltet?

Natürlich gibt es die. Aber Kinder sind halt keine ferngesteuerten Marionetten.

Ich finde übrigens mäßig fragwürdige Szenen durchaus gut dafür geeignet, die Kinder ein paar schlechte Erfahrungen sammeln zu lassen, so dass sie dann gewappnet daraus hervorgehen. Besser die schlechten Erfahrungen früh und kurz als spät und lang.

Wichtig ist nur, den Kindern vorher die Gefahren der Sucht zu beschreiben und dabei glaubwürdig zu sein (d. h. das muss auch alles stimmen, was man erzählt), denn von einer Sucht kommt man ja schwer wieder weg. Und natürlich auch andere Gefahren von Dingen, die nicht wieder gutzumachen sind. Aber mal um 10 Euro abgezockt zu werden, oder mitzukriegen, wie die coolen Kiffer hinterher alle in der Schule versagen, das ist zwar traurig, aber eine wichtige Lektion fürs Leben.

Eigentlich muss man nur drauf vertrauen, dass die Kinder sich doch nicht freiwillig selber ins Unglück stürzen wollen, dann tun sie es normalerweise auch nicht. Klar probieren sie mal was aus, aber wenn man sie wie vernünftige Menschen behandelt und vor allen Dingen ihnen auch ein bisschen vertraut, dann verhalten sie sich auch einigermaßen dementsprechend, zumindestens, wenn sie die Möglichkeit haben, sich in einer akzeptableren Szene aufzuhalten.

Ich denke, das ist überhaupt der häufigste Grund dafür, dass Jugendliche in solche unguten Szenen abtauchen: Dass sie in anderen Szenen nicht akzeptiert werden. Und wenn sie dann auch noch Druck von den Eltern kriegen, dann tauchen sie wohl erst recht ab.

Viele Grüße

Was wirklich schrecklich wäre für mich (aber sagts ihm bloß
nicht): Wenn mein Sohn zum geschleckten Schnösel a la
Guttenberg mutieren würde. Da wäre ich ziemlich verzweifelt.

Dafür einen *. :smile:

Gruß,
Max

von mir auch auch!

Es ist aber das normalste der Welt, dass sich die Jungen von den Alten abgrenzen. Wie war es denn bei Euch? Was wart Ihr? Hippies, Rocker, Popper, Punks? Die Tochter eines befreundeten Paares hat sich jetzt eine Strukturtapete ins Zimmer geklebt die vielleicht auch meine Eltern ausgesucht hätten (vor 40 Jahren!). Hauptsache anders.

Gute Nerven + viele Grüße:
Uli

Kann den vorangegangenen Antworten nur zustimmen!!!
Wer sagt das Gothics nichts drauf haben? Man sollte niemals vom Äußeren auf den Menschen schließen! Gerade die Saubermänner oder -frauen haben es manchmal Faustdick hinter den Ohren…
Wir haben ein offenes Haus. Heißt die Freunde meiner Kinder sind jederzeit willkommen. Ich versuche immer ein Ohr für meine Kids zu haben. Versuche sie feinfühlig zu machen für die verschiedensten Dinge des Lebens. Und nicht nur reden, sondern vorleben! Sie sollen ihren gesunden Menschenverstand schulen.
Was man in jungen Jahren versäumt kann man später auch nicht mehr durch Verbote der Freunde so wirklich gerade biegen. Das funktioniert eh meistens nicht.
Kinder kann man so leicht begeistern! Man kann ihnen so leicht „Sinn“ geben! Sie fördern Dinge auszuprobieren, sich einzusetzten. Und dabei zählt nicht was wir wollen, sondern was sie wollen. Sie lieben Tiere? Ein Hund geht aber nicht? Warum dann nicht einmal in der Woche im Tierheim einen Hund ausführen? Eltern müßen halt selber erst einmal aus dem Quark kommen.
Ich hab sie von Kleinkind an mitentscheiden lassen. OK, mit 3 war es dann die Wahl zwischen 2 Pullis und die Farbe der Tapete. Menschen die sich wichtig genommen fühlen und lernen Entscheidungen zu treffen werden auch für sich gute Entscheidungen treffen lernen.
Und wen sie dann Gothics werden, dann zeig ich ihnen halt wie man günstig selbst nähen kann…