vergönnen

Ein Wiener Bekannter erklärte mir, „vergönnen“ wäre in Deutschland (zumindest in manchen Gegenden) nicht das Gleiche wie gönnen, sondern ganz das Gegenteil, also missgönnen.

Ich kann das nicht glauben. Ist das richtig?

Livia

Hi Livia,

vielleicht kommt die Verwirrung daher, dass ‚vergoennen‘
meist im Negativen benutzt wird?
Bsp:
Es war ihr nicht vergoennt, ihren Freund noch einmal zu sehen.

Aber so wie du fragst: jdn etwas vergoennen = jdn etwas goennen,
also dein Bekannter hat nicht Recht.

Gruesse
Elke

Zur Bestätigung
_ ver|gön|nen [mhd. vergunnen]:

  1. als Gunst, als etw. Besonderes zuteil werden lassen; gewähren (1 a): ein freundliches Geschick hatte ihm Zeit genug dafür vergönnt; es war ihm [vom Schicksal] nicht vergönnt, diesen Tag zu erleben; mögen dir noch viele Jahre vergönnt (beschieden) sein!
  2. (geh.) a) gönnen (1): jmdm. sein Glück v.; b) gönnen (2).

© Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2001_

In CH: vergönnen = nicht gönnen
Liebe Livia

Zumindest für den schweizerdeutschen
Sprachgebrauch kann ich das bestätigen.

Eine beliebte Wendung lautet z.B. «Der XY ist so
geizig – der vergönnt den anderen sogar noch das
Zahnweh!»

Liebe Grüsse
Rolf

Servus Rolf,

von Josef Brumbts „Hasslied“ aufgeschnappt die Substantivierung „Vergunscht“ dazu. („Noch Monati Verluscht, noch Monati Vergunscht esch d’Räuje umesunscht“)

Im sukzessiv vor dem Schwäbischen zurückweichenden (deutschseitigen) Seealemannisch ists mir aber nie begegnet.

Schöne Grüße

MM

deutschsprachige belgische Minderheit
Hi Livia,

in Belgien gibt es in den Ostkantonen ca. 100000 deutschsprachige Belgier.

Sie benutzen ein recht eigenes Deutsch. So können einem folgende Sätze begegnen:

Vergönnst du dich gut? (Statt: Gefällt es dir gut?)
Es geht sich um (Es handelt sich um oder es dreht sich um)
Kranewasser (Leitungswasser)
Da ist einer tot geblieben. (verunglückt)
schellen (klingeln)
Zugegen in (auf Formularen statt nur einfach Ort oder in)
Geleitung (statt Einleitung)
Bauunternehmungen (Bauunternehmen)
Ich habe drei Kilos geholt. (statt abgenommen / Eifeler Jargon)
Bahre (Trage)

Das sind nur ein paar Beispiele, die mir auf die Schnelle einfallen. Leider vergesse ich die meisten Ausdrücke, bevor sie sich einprägen.

Gruß, Anna-Ranja (die bis vor Kurzem dort gearbeitet hat)

Hi Anna

Hi Livia,

in Belgien gibt es in den Ostkantonen ca. 100000
deutschsprachige Belgier.

Interessant!

Sie benutzen ein recht eigenes Deutsch. So können einem
folgende Sätze begegnen:

Vergönnst du dich gut? (Statt: Gefällt es dir gut?)
Es geht sich um (Es handelt sich um oder es dreht sich um)

„Es geht um…“ wird auch in Ö. verwendet

Kranewasser (Leitungswasser)

Soweit ich weiß ist „Kranenwasser“ duchaus in D. gebräuchlich
(zumindest in der Eifel)

Da ist einer tot geblieben. (verunglückt)
schellen (klingeln)
Zugegen in (auf Formularen statt nur einfach Ort oder in)
Geleitung (statt Einleitung)
Bauunternehmungen (Bauunternehmen)
Ich habe drei Kilos geholt. (statt abgenommen / Eifeler
Jargon)

Ebenso holt man in der Eifel ein Buch vom Tisch und nimmt es nicht.

Bahre (Trage)

Aufpassen: Wenn Du Dich auf eine Bahre legst, bist du tot,
Verletzte werden auf einer Trage transportiert.

Das sind nur ein paar Beispiele, die mir auf die Schnelle
einfallen. Leider vergesse ich die meisten Ausdrücke, bevor
sie sich einprägen.

Mehr Beispiele!

Gruß, Anna-Ranja (die bis vor Kurzem dort gearbeitet hat)

Gruß
Gerald

Hallo Livia,

völlig richtig bei uns in Baden vergönnt man einer Person etwas wenn man es ihr nicht gönnt. Das hat vorallem mit Neid etwas zu tun. So kann man die Sprache auch falsch verstehen ein typisches Beispiel!

Gruß Inge

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Gerald,

falls dich die DG (Deutschsprachige Gemeinschaft Belgien) interessiert, guck einfach mal hier rein http://www.dglive.be
Sie haben eine interessante Geschichte, gehörten mal zu Österreich, Frankreich, dann waren sie von Deutschland besetzt und in dieser Zeit gab es richtige Familientragödien durch die Politik. Auch die Zeit danach hat viele Risse und Wunden hinterlassen, wo alle nur Fanzösisch sprechen durften und einige Erlebnisse hatten, wo sie als dreckige Deutsche beschimpft wurden, obwohl sie Belgier waren. Da sitzt vieles ganz tief. Und der Stolz Belgier und deutschsprachig und nicht deutsch zu sein - kein Prüss (Preusse) ist vor allem bei den Eifelern gross.

Einige Eifeler Dialekte erinnern mich immer an Luxemburgisch. Ist ja auch nicht weit weg. Kann sein, dass auch manche Ausdrücke von den Österreichern übernommen wurden (keine Ahnung).

Es geht sich um (Es handelt sich um oder es dreht sich um)

„Es geht um…“ wird auch in Ö. verwendet

Bahre (Trage)

Aufpassen: Wenn Du Dich auf eine Bahre legst, bist du tot,
Verletzte werden auf einer Trage transportiert.

Ja, aus diesem Grund habe ich mir den Ausdruck gemerkt und diesen auch:

Da ist einer tot geblieben. (verunglückt)

Ich finde die Vorstellung einfach witzig. Meine Kollegin sagte wirklich, dass ein Teilnehmer auf der Bahre rausgetragen worden ist. Tatsächlich war es, gottseidank, eine Trage zum lebenden Transport ins Krankenhaus :smile:

Ich habe drei Kilos geholt. (statt abgenommen / Eifeler
Jargon)

Ebenso holt man in der Eifel ein Buch vom Tisch und nimmt es
nicht.

Ja, da „holen“ sich die deutsche und die belgische Eifel nicht die Butter vom Brot.

Das sind nur ein paar Beispiele, die mir auf die Schnelle
einfallen. Leider vergesse ich die meisten Ausdrücke, bevor
sie sich einprägen.

Mehr Beispiele!

Wenn mir wieder welche ein- oder auffallen und ich sie behalte gerne.

Gruß,

Anna-Ranja