Verkehrswertangabe bei Zwangsversteigerungen - realistisch?

Hallo,

ist die Angabe des Verkehrswertes bei Zwangsversteigerungen eher realistisch, eher zu hoch oder eher zu niedrig? 

Kann mir denken dass ein Amt nicht alle relevanten Faktoren berücksichtigt die nicht auf dem ersten Blick zu erkennen sind (z.B. Supermarkt in der Nähe…).

Wer hat Erfahrungen damit?

Gruss und Dank
Desperado

Moin,

dann schau dir mal die zugehörigen Gutachten genauer an. Die macht normalerweise nicht das Amt selber, sondern ein beauftragter Gutachter. Und der hat sich im Idealfall sowohl die Immobilie als auch die Umgebung angesehen. Von daher würde ich die dort angesetzten Werte schon als realistisch ansehen - schliesslich haftet der Gutachter dafür.

Gruß
Ex.

Hallo,

ist die Angabe des Verkehrswertes bei Zwangsversteigerungen eher realistisch, eher zu hoch oder eher zu niedrig? 

Das ist von fall zu fall unterschiedlich, da gibt es keine generelle Linie. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Gutachter ins Gutachten schreiben muß, dass keine Innenbesichtigung möglich war.

Kann mir denken dass ein Amt nicht alle relevanten Faktoren berücksichtigt die nicht auf dem ersten Blick zu erkennen sind (z.B. Supermarkt in der Nähe…).

Die Gutachten macht nicht das Amt sondern hochbezahlte vereidugte Gutachter. Die Lage des Objektes und sein Umfeld waren in allen Gutachten, die ich gesehen habe, berücksichtigt.

Gruß

Nordlicht

Hallo,

schliesslich haftet der Gutachter dafür. - Das bezweifle ich.

Gruß, Paran

Hallo,

Nordlicht hat völlig recht. Aber selbst Mängel, die bei eine Außenbesichtigung erfassbar wären, sind nicht immer im Gutachten dokumentiert und in der Werterfassung berücksichtigt.

Informiere Dich, für welche Preise vergleichbare Immobilien in der Region normalerweise weggehen, schau Dir die Bevölkerungsentwicklung in der Gegend an (wo mehr weg- als hinziehen, verlieren Immobilien an Wert) und schaust Dir das Objekt zumindest von außen an (am besten zusammen mit jemandem, der sich mit Bau auskennt).
Eine Innenbesichtigung ist nat. ideal, aber nicht immer machbar. Bei soliden Altbauten nicht so nötig, wie bei Neubauten oder 50er bis 70er Jahre Notbau. Kommt aber immer sehr auf den Einzelfall an.
Nachbarn in ähnlichen Häusern können auch oft hilfreiche Informationen bieten. Also ruhig rumfragen, auch wie es sich dort wohnt bzgl. Lärmbelästigung, Einkaufsmöglichkeiten, Schulen etc…

Die Gutachter vertun sich mal nach unten, mal nach oben, in eine der beiden Richtungen nach meiner Erfahrung fast immer und auch gern mal heftig.

Darauf verlassen kann man sich nicht und bei Zwangsversteigerungen hat man keine Gewährleistung, auf garnichts. Eine Wohnung kann als leerstehend versteigert werden und trotzdem einen Mieter haben (wenn die Wohnung nicht in Zwangsverwaltung ist), was trotz Sonderkündigungsrecht nervig und teuer werden kann.
Sowas kommt durchaus vor.

Gruß, Paran

Das Problem ist eher, dass die Gutachten im Normalfall schon ziemlich alt sind. Das Verfahren dauert durchaus auch mal ein paar Jahre. Was in dieser Zeit passierte ist nicht erfasst. Sowohl was die technische Seite angeht, als auch die weichen Werte. Von Sanierungsstau durch eine Zwangsverwaltung oder den mittellosen Eigentümer ganz zu schweigen.

vnA

Ich kenne einen Fall, bei dem der vereidigte Gutachter Baujahr 1912 ins Gutachten schrieb und seine ganzen Wertberechnungen darauf aufbaute. Tatsächliches Baujahr: 1866!

Hallo!

ist die Angabe des Verkehrswertes bei Zwangsversteigerungen
eher realistisch, eher zu hoch oder eher zu niedrig? 

Egal welches Gutachten, das du nicht selbst mir klar umrissenem Auftrag an eine von dir ausgewählte, fachlich kompetente Person vergeben und bezahlt hast: Glaube kein Wort!

Gutachten sind zunächst nur geduldiges Papier. Ich erlebte den Filialleiter einer Sparkasse, der sich als Immo-Gutachter aufführte und auf hartnäckiges Nachfragen einräumen mußte, nur vorbeigefahren zu sein. Er wußte also von der Existenz der Adresse, sonst nichts. Das hinderte ihn aber nicht, ein Wertgutachten abzugeben und in Rechnung zu stellen. Tatsächlich werden oft genug nur irgendwelche in einer bestimmten Gegend erzielte Quadratmeterpreise zugrunde gelegt und in ein Formblatt eingetragen. Das machen Bankkaufleute, Makler, Verwaltungsmenschen, Auktionatoren und deren Hilfskräfte ohne die geringsten einschlägigen Kenntnisse.

Wer aber wirklich ein belastbares Gutachten braucht, mit dem man kalkulieren kann und weiß, auf was man sich einläßt, muß das Gutachten von einem Architekten oder Bauingenieur erstellen lassen, der in jede Ecke gekrochen ist, jede Kellerwand, jeden Balken gesehen hat, der von der Bodenbeschaffenheit bis zur Abwasserentsorgung alles in Augenschein genommen hat. Auf Immo-Auktionen findest du regelmäßig nur Gutachten von Leuten, die im günstigsten Fall einen Fotoapparat (so’n kleines Ding für Schnappschüsse) bedienen können und gerade noch bemerken, wenn ein Dach in sich zusammengefallen ist, um dann mit dem Wort „Reparaturstau“ ihre Sachkunde zu untermauern.

Gruß
Wolfgang

Hallo Wolfgang,

ist die Angabe des Verkehrswertes bei Zwangsversteigerungen eher realistisch, eher zu hoch oder eher zu niedrig? 

Gutachten sind zunächst nur geduldiges Papier. Ich erlebte den Filialleiter einer Sparkasse, der sich als Immo-Gutachter aufführte

hier geht es um das Gutachten für eine ZV. Das erstellen vereidigte, gerichtlich bestellte Sachverständige. Die sind zwar, wie bereits ausgeführt, nicht unfehlbar, aber die Unterstellung des Laientums müssen sie sich nun auch wieder nicht gefallen lassen.

Gruß

Nordlicht

2 Like

Hallo,

ich war schon bei vielen Immobilien-Zwangsversteigerungen und habe da schon alles mögliche erlebt. Bei meinem allerersten Besuch wollte ich eigentlich nur schauen, wie so etwas abläuft, und hatte am Ende eine 2-Zimmer-Eigentumswohnung für 8.000,- € ersteigert. Das Gutachten hatte einen Wert von 32.000,- ausgewiesen. Das nächste Objekt hatte laut Gutachten einen Wert von 28.000,- € und wurde für 54.000,- € versteigert.

Unterm Strich denke ich schon, dass die in den Gutachten festgestellten Werte dem tatsächlichen Verkehrswert recht nahe kommen. Im Duchschnitt wird der Zuschlag meiner Schätzung nach etwa 30% darunter erteilt.

Ob in der Zwangsversteigerung der Verkehrswert über- oder unterschritten wird, kann man schon zu Beginn der Versteigerung an der Personenanzahl feststellen. Sind bloß 1 oder 2 Leute anwesend, kann man davon ausgehen, dass man das ausgewiesene Objekt recht günstig ersteigern kann. Je mehr Leute anwesend sind, um so teurer wird es. Besonders teuer sind Objekte, bei denen die ehemaligen Ehepartner um das Haus kämpfen und sich gegenseitig überbieten.

Wer bei Zwangsversteigerungen ein Schnäppchen machen will, braucht schon eine gehörige Portion Geduld.

Gruß Ebi

Hallo Desperado,

hier mal Erläuterungen zu verschiedenen Bewertungsverfahren:

Das Vergleichswertverfahren
Beim Vergleichswertverfahren sind Kaufpreise solcher Grundstücke und Immobilien heranzuziehen, die aufgrund ihrer Werthaltigkeit mit dem zu bewertenden Grundstück oder Immobilie hinreichend übereinstimmen (sogenannte Vergleichsobjekte). Geeignet ist dieses Verfahren vor allem bei der Bewertung unbebauter Grundstücke und von Eigentumswohnungen sowie Ein- und Mehrfamilienhäusern. Voraussetzung ist, dass eine genügend große Anzahl von Vergleichsobjekten vorhanden ist. Je spezifischer, also ausgefallener die Immobilie ist, umso weniger ist das Vergleichswertverfahren für die Praxis geeignet, da es weniger individuelle Objekte gibt.

Das Ertragswertverfahren
Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens ist der Wert der Gebäude, getrennt vom Bodenwert auf der Grundlage des Ertrages zu ermitteln. Der Bodenwert wird in der Regel über das besprochene Vergleichswertverfahren ermittelt ( Boden ist Boden, der Unterschied liegt darin in welcher geographischen Lage sich der Boden, bzw. Baugrund befindet). Das Ertragswertverfahren kommt insbesondere dann zum Zug, wenn die Ertragserzielung das entscheidende Kriterium für das Immobilieninvestment ist, bzw. wenn die Immobilienform üblicherweise am Markt vermietet wird. Das betrifft vor allem Wohnobjekte ab drei Wohneinheiten.

Das Sachwertverfahren
Bei Anwendung des Sachwertverfahrens ist der Wert der baulichen Anlage, wie Gebäude, Außenanlagen und besondere Betriebseinrichtungen und der Wert der sonstigen Anlagen, getrennt vom Bodenwert nach Normalherstellungskosten zu ermitteln. Der Bodenwert ist nach dem Vergleichswertverfahren zu ermitteln. Das Sachwertverfahren wird vor allem bei eigengenutzten Immobilien angewendet wie etwa bei Einfamilienhäusern. Der Sachwert wird darüber hinaus noch zusätzlich marktbereinigt um zu einem marktkonformen Ergebnis zu kommen.

Anwendung
Diese drei genannten Verfahren sind in Deutschland durch die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) normiert und werden in der gängigen Gerichtspraxis angewendet.

Gruß

BHS-Huber

Gute Antwort.
Wo war noch mal die Frage dazu?

vnA

Hier die Frage:

_"Kann mir denken dass ein Amt nicht alle relevanten Faktoren berücksichtigt die nicht auf dem ersten Blick zu erkennen sind (z.B. Supermarkt in der Nähe…).

Wer hat Erfahrungen damit?"_

War auch keine Antwort sondern eine Erläuterung zu den gängigen Verfahren die für eine gerichtliche Zwangsversteigerung herangezogen werden.

Gruß

BHS-Huber

gängigen Verfahren die für eine gerichtliche Zwangsversteigerung

ist die Einschaltung eines vereidigten Gutachters. Dieser hat sein Wissen z.B.aus einem Aufbaustudium zu Architektur oder Bauingenieurwesen mit all seinen Fachbereichen und nachgewiesener Berufserfahrung.
Diese Menschen nutzen die von dir genannten Verfahren einzeln oder auch alle um Werte zu ermitteln. Die enthaltene Sensitivitätsanalyse und Plausibilitätskontrolle machen allerdings erst aus irgendwelchen ermittelten Werten einen Ausgangswert für den Verkehrswert. Letztendlich ist es die Erfahrung des Gutachtenerstellers der die Werte wichtet und so daraus den Verkehrswert ermittelt. Dass dieser nicht wirklich etwas mit einem Kaufpreis zu tun haben muss, wissen wir inzwischen auch.
Aber wem erzähle ich das, du weist das ja.
Was ich allerdings immer noch nicht begriffen habe: Was trägt die Auflistung irgendwelcher Rechenverfahren die im Rahmen einer Verkehrswertermittlung genutzt werden können zur Beantwortung der gestellten Frage bei.
Lies doch bitte nochmal die gestellte Frage, vielleicht hilft das.

vnA

Hallo,

nach meinem Kenntnissstand sind diese Angaben eher nicht realistisch.
Entweder wurden nicht alle Details berücksichtigt oder der Auftraggeber - meist die Bank - möchte möglichst viel Geld bekommen.
Das Problem ist dabei aber, dass dieser Verkehrswert-realistisch oder nicht - zugrunde gelegt wird.
Viel Erfolg!
MFG
Buki

Hallo vnA,

„Was ich allerdings immer noch nicht begriffen habe: Was trägt die Auflistung irgendwelcher Rechenverfahren die im Rahmen einer Verkehrswertermittlung genutzt werden können zur Beantwortung der gestellten Frage bei.“

Nicht irgendwelche Auflistungen wie Sie sicherlich wissen, sondern die Verfahren die für ein Verkehrswertgutachten herangezogen werden zumal es sich hier um eine gerichtliche Zwangsversteigerung handelt.

Fazit: Kennst du die Basics eines Themas nicht, helfen auch verschiedenste Meinungen nicht weiter da keine Zuordnung der Verständlichkeit halber entsteht.

„Letztendlich ist es die Erfahrung des Gutachtenerstellers der die Werte wichtet und so daraus den Verkehrswert ermittelt. Dass dieser nicht wirklich etwas mit einem Kaufpreis zu tun haben muss, wissen wir inzwischen auch.“

Diese Aussage ist vollkommen richtig.

Gruß
BHShuber

Der Verkehrswert spielt eigentlich nur im ersten Termin für die Festsetzung des Mindestgebots eine Rolle (Mindestgebot = 70% des Verkehrswertes). Ansonsten sind für die Höhe des Zuschlags andere Faktoren entscheidend, nämlich die Anzahl der Besucher und worin ihre Interessen liegen.

Einen guten Überblick über Zwangsversteigerungen in ganz Deutschland erhälst Du bei http://www.hanmark.de

Gruß Ebi