Verluderung der Sprache

Hallo.
Ich bin soeben auf diese Überschrift gestoßen.
Schreckliches Primitivdeutsch!
Wie soll das in unserem Lande mit der Sprache weitergehen?
Gruß aus dem Westfalenland.
Jochen

Der Datief ist dem Gehnietief sein Tot

Wie soll das in unserem Lande mit der Sprache weitergehen?

Sie wird einfacher, viel einfacher. Wie das immer mit Sprachen so ist. Außer du gehst auf eine einsame Insel ohne viel Fremdkontakt wie z.B. Ísland.

Gruß

Stefan

Hallo Peregrino,
Mal im Ernst. Was in meinen Augen viel schlimmer ist, sind solche inhalts- und gedankenlosen Behauptungen wie „Verluderung der deutschen Sprache“. Daher von mir eine zum Denken anregen sollende Gegenfragen: Wie genau geht so eine „Verluderung“ denn vonstatten und wo führt sie letztlich hin? Wie genau sieht das schließlich aus, wenn eine Sprache, z.B. das Deutsche, vollständig verludert ist.

Mich würde wirklich interessieren, was in den Köpfen der Verluderungstheoretiker so vorgeht, und wie Fehler/Veränderungen dieser Art (ich meine die von dir zitierte Überschrift) die deutsche Sprache gefährden sollen?

Gruß,

  • André

P.S.: Kritisierenswerter finde ich an dem Artikel die veraltete Bezeichnug „Rangun“.

Vielleicht bin ich ja blöd,
aber die Überschrift ist doch vollkommen korrekt - im Gegensatz zu Deiner.

Gruß,
Anja

Sie wird einfacher, viel einfacher. Wie das immer mit Sprachen
so ist. Außer du gehst auf eine einsame Insel ohne viel
Fremdkontakt wie z.B. Ísland.

Jein. Sprachen werden im Laufe ihrer Evolution nicht „einfacher“ (im Sinne von unkomplizierter). Denn das hieße ja, dass diese zu einem Zeitpunkt in der Vergangenheit die höchste Kompliziertheit besessen hätten und das irgendwann alle Sprachen mal extrem „einfach“ (was auch immer das dann bedeuten mag) würden. Das ist nicht der Fall.
Vergleicht man Lateinisch mit Spanisch, findet man in vielen Fällen das System vereinfacht, aber eben nicht in allen. Der Satzbau ist viel rigider geworden und ich denke, auch das Phonemsystem in Bezug auf die Konsonanten ist komplexer geworden.

Schaut man sich bestimmte, kleinere Subsysteme an, wie z.B. die Deklinationsparadigmen oder den Satzbau oder das Phonemsystem, so ist oft festzustellen, dass sich dieses vereinfacht. Fälle werden abgebaut (wie im Deutschen feststellbar ist) und fallen zusammen, verlieren auch zum Teil ihre Endungen, der Satzbau wird regelmäßiger (auch das haben wir manchmal im Deutschen schon), im Phonemsystem fallen Laute zusammen (wie in vielen Dialekten zu beobachten ist, wo [ç] zu [ʃ] wird), semantische Unterschiede werden getilgt (siehe „das gleiche“ vs. „dasselbe“)…
Aber auch das Gegenteil ist festzustellen, oft zeitgleich als Gegenwirkung. So entstehen neue Phoneme, neue semantische Unterschiede (passiert auch im deutschen ständig), an anderen Stellen verkompliziert sich der Satzbau wieder. Und statt Fällen werden mehr Präpositionen benutzt, die den Verlust wieder wettmachen.

Das hiesige Beispiel, in dem der Dativ den Genitiv ersetzt, zeigt nur, dass sich das Deutsche im Ausschnitt der Kasus vereinfacht. Der Genitiv wird nach und nach durch den Dativ und Präpositionen ersetzt. Das muss aber nicht bedeuten, dass dadurch die gesamte Sprache einfacher wird.

Von Vereinfachung als ein (Haupt)grund für Sprachwandel ist man früher ausgegangen, heute nicht mehr (außer eben in Bezug auf kleine Subsysteme und einzelne Konstruktionen). Ich wollte da was zitieren, finde die Stelle aber nicht wieder. :confused:

Grüße aus dem fernen Osten,

  • André
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Vielleicht bin ich ja blöd,
aber die Überschrift ist doch vollkommen korrekt - im
Gegensatz zu Deiner.

Traditionellen Grammatikregeln folgend, wird gedenken mit dem Genitiv verwendet, so müsse es heißen XYZ darf ihres Vaters gedenken, nicht *ihrem.
Allerdings steht im Online-Duden (http://www.duden.de/rechtschreibung/gedenken — habe die Buchausgabe nicht mit nach China genommen) an einer Stelle (besonders schweizerisch) jemandem gedenken, woraus ich lese (und mich auch zu erinnern glaube), dass man auch den Dativ benutzen kann. Kann leider nicht sagen, seit wann dies so ist.

Was ist an Peregrinos Überschrift denn falsch? Da kann ich gar keinen Fehler finden.

Grüße,

  • André

Gedenken wir des Genitivs
Hallo Anja,

das Verb gedenken wird mit dem Genitiv benutzt. Aber wenn Du Schweizerin bist, darfst Du auch den Dativ benutzen.

Angesichts des derzeitigen Scheißwetters gedenke ich der warmen Ostertage :wink:

Grüße
Pit

Hallo,

Ich bin soeben auf diese Überschrift gestoßen.
Schreckliches Primitivdeutsch!

viele sind der Meinung, an dem Sprachgebrauch, den sie seit Schulzeiten kennen und beherrschen, dürfe nichts mehr verändert werden.

Wie die Sprachgeschichte zeigt, gibt es - außer in „toten“ Sprachen - aber keine für alle Zeiten und absolut gültigen Regeln.

Ein Blick in Grimms Wörterbuch z. B. zeigt, dass „gedenken“ keineswegs schon immer ausschließlich mit dem Genitiv verwendet wurde, sondern auch mit Akkusativ und Dativ.
Man könnte also auch die aktuelle Genitiv-Regel als primitivisierende Vereinfachung, Einschränkung sprachlicher Vielfalt ansehen.

Und hier wird der Dativ sogar als der besser passende Fall empfunden:

_Der ei­gent­liche Dativ, also nicht der lokative Dativ nach Prä­posi­tio­nen, ant­wor­ten auf die Frage „Wem? Zu wessen Gunsten?“ (so­ge­nann­ter dati­vus com­modi).

Weil jedes Gedenken heutzutage ein Denken zugunsten der Erinne­rung an je­mand oder etwas ist, zeugt der Dativ hier von gutem Sprach­gefühl. Da es sich um ein freies Ad­ver­bia­le handelt, ist er gram­mati­ka­lisch korrekt und zudem viel seman­ti­scher._

Nicht alles, was den eigenen, lieb gewordenen Sprachgewohnheiten zuwiderläuft, ist automatisch ein Indiz für „Verluderung“ und „Verfall“ der Sprache.

Gruß
Kreszenz

P.S.: Kritisierenswerter finde ich an dem Artikel die
veraltete Bezeichnug „Rangun“.

Servus André,

immerhin befindet sich der Autor des Artikels damit in bester Gesellschaft - die deutsche Botschaft weiß es auch nicht besser :wink:

http://www.rangun.diplo.de/Vertretung/rangun/de/Star…

Gruß

Kai Müller

Hallo gargas,

Aber wenn Du
Schweizerin bist, darfst Du auch den Dativ benutzen.

Nein, immer. Siehe:

Nächtliche Grüße,

  • André

Moin,

Wie soll das in unserem Lande mit der Sprache weitergehen?

daß die Sprache zugrundegeht, wird schon beklagt, seitdem es sie gibt.
Schon die Asyrer, die Griechen und die Römer klagten darüber und auch Goethe, Kloppstock & Co waren sich sicher, daß die damalige Sprache dem sicheren Untergang geweiht sei.
So eben auch heutige Geister und morgen wird es nicht anders ein.

Genauso wie die gegenwärtige Jugend immer die jemals schlechteste ist.

Gandalf

Guten Morgen,
also ich bin auch so eine, deren Zehennägel sich immer hochklappen, wenn sie die Rechtschreibung und Grammatik sieht, die Leute teils nutzen. Wobei ich das nicht unbedingt auf die Jugend beziehe.

Denkst du, es sei nur ein Vorurteil, dass es immer schlimmer wird? Bzw. denkst du, dass man das genauso auch schon vor 20 Jahren gesagt hat? (Ich frage das wirklich aus Interesse). Ich bin immer zwiegespalten, ob man sagen soll: ok, wenigstens schreiben sie. Mit der Zeit wird es vielleicht besser… oder: also, wenn du ein Blog haben möchtest, dann achte doch bitte auch ein wenig auf die Rechtschreibung.

Gruß
Shannon, die z.B. „das kann man abhacken“ bald nicht mehr lesen kann :wink:

Gruß
Shannon, die z.B. „das kann man abhacken“ bald nicht mehr
lesen kann :wink:

„Ich weis das man das abhacken kann den dass wahr ja schon klar“

Jetzt mag man zwar behaupten, die Schrift werde dadurch nur einfacher, aber mir persönlich liegt schon etwas daran, ein „dass“ von einem „das“ unterscheiden zu können.
Wenn ich alles ausschließe, was mir beim Lesen einfach nur nicht gefällt, bleibt immer noch genug zum Kritisieren übrig. Vieles wird mehrdeutig und/oder ist kaum noch zu lesen.
Und dann wären da (wieder mal :wink: ) noch die Anglizismen…

mfg,
Che Netzer

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Hallo,

etwas OT:

P.S.: Kritisierenswerter finde ich an dem Artikel die
veraltete Bezeichnug „Rangun“.

was ist denn - Deiner Meinung nach - korrekt, wenn selbst die deutsche Botschaft und Wiki es nicht anders kennen?

Neugierig,
Ingo

Hallo,

was ist denn - Deiner Meinung nach - korrekt, wenn selbst die
deutsche Botschaft und Wiki es nicht anders kennen?

Die Verwirrung rührt daher, dass die Burmesische Schrift sog. ‚formales Burmesisch‘ wiedergibt, das phonologisch nicht mit dem heutigen gesprochenen Burmesisch übereinstimmt. In MLCTS (Myanma Language Commission Transcription System) wird die burmesische Schreibweise des Namens der früheren Hauptstadt in lateinischen Buchstaben mit ‚rankun mrui‘ wiedergegeben (transliteriert).

Daraus (aus dem ‚rankun‘) haben die englischen Kolonialherren in bemerkenswerter Ignoranz der gesprochenen Sprache ‚Rangoon‘ gemacht, die Deutschen ‚Rangun‘. Gesprochen wird ‚rankun mrui‘ allerdings anders, in IPA (International Phonetic Alphabet) gibt man das so wieder: ‚jàɴɡòuɴ mjo̰‘. Die heute international übliche Schreibweise in lateinischen Buchstaben ist der tatsächlichen Aussprache angepasst: Yangon.

Freundliche Grüße,
Ralf