'Verpflichtungserklärung' b. Geheimdiensten-wozu?

Hallo und Guten Tag,

nachdem ich gestern in der ARD-Sendung „titel, thesen, temperamente“ über die Geheimdiensttätigkeit rumäniendeutscher Schriftsteller für die „Securitate“ gesehen hatte:

http://www.daserste.de/ttt/beitrag_dyn~uid,btr36tegh…

ging mir folgende Frage durch den Kopf: Wozu eigentlich haben die Geheimdienste des Ostblocks, ob nun in der DDR, in Polen, Rumänien oder Sowjetunion" ihre „inoffiziellen Mitarbeiter“ (IMs) „Verpflichtungserklärungen“ unterschreiben lassen?

Ich meine: Wozu sollte das gut sein? Darum, worum es sonst bei Verträgen geht, nämlich darum, im Zweifelsfalle eine zugesagte Leistung vor Gericht „einklagen“ zu können konnte es ja wohl kaum gehen. Ausserdem ist ja bekanntlich eine erpresste oder erzwungene Unterschrift bzw. eine erzwungene Verpflichtung, die dadurch zustande gekommen ist, dass jemandem bildlich oder sogar wortwörtlich gesprochen, „die Pistole auf die Brust gesetzt“ worden ist, nach allgemeinem Rechtsverständnis sowieso null und nichtig. Also wozu die Unterschrift unter die Verpflichtungserklärungen? Für wen und warum?

Ausserdem: Wenn Geheimdienste auch sonst in jeder Hinsicht so skrupellos waren und sind, warum haben sie solche Verpflichtungserklärungen samt Unterschrift nicht einfach gefälscht? Bzw. wie kann man wissen, ob sie nicht gefälscht waren?

Und selbst, wenn sie nicht gefälscht waren: Wie konnten die Geheimdienste sicher sein, dass diejenigen, die unterschrieben hatten, sich auch innerlich an die erzwungene Unterschrift „gebunden“ fühlten, und tatsächlich ihr Umfeld für den jeweiligen Geheimdient bespitzelten? Sie hätten doch dem Geheimdienst sagen können: „Ja, ja, mach ich.“ aber dann doch nichts oder nur die Hälfte berichten können.

Und schließlich: Wenn solche Unterschriften erzwungen worden waren und sei es „nur“ mit der Drohung, dass z.B. das Kind des jeweils „angeworbenen“ IMs sonst Nachteile erleiden würde, kann man die solcherart erzwungene „Verpflichtung“ zur IM-Mitarbeit, falls sie denn dann tatsächlich stattgefunden haben sollte, wirklich moralisch verurteilen?

Also: Wozu das Getue mit den Unterschriften bei Verpflichtungen von IMs bei Ostblock-Geheimdiensten?

Vielen Dank im Voraus für Antworten,

Jasper

Hi Jasper,

meines Erachtens ist die Antwort recht einfach: Auch bei den Ost-Geheimdiensten galoppierte der Amtsschimmel.

Denke mal, dass diese Erklärung zum einen dazu diente um einen Nachweis für gezahlte „Löhne“ an die Informanten zu haben. Sonst hätte ja jeder Führungsoffizier beliebig viele Informanten erfinden und das Geld in die eigene Tasche stecken können.

Außerdem hatte diente das Ganze vermutlich auch der Propaganda: Wenn ich mich recht entsinne steht in dieser Erklärung u.a. drin, dass der Informant sich freiwillig bereiterklärt hat beim Geheimdient mitzuarbeiten. Wenn also ein Informant sich öffentlich beklagt hätte, dass er zur Mitarbeit gezwungen worden wäre oder er nicht mehr mit machen wollte, hätte man ihn mit der „freiwillig“ unterschriebenen Erklärung unter Druck setzen können.

De facto wurden viele Informanten gezwungen: Entweder sie arbeiteten mit der STASI zusammen oder der Studienplatz war weg…

Hallo,

mach doch einfach mal ne´n Selbstversuch.
Geh in nen dunklen Keller für 3 Monate. Zur Notdurft gibt es nur nen Eimer. Und das Bett, darfst Du nur nachts benutzen (wenn Du überhaupt nach 2 Tagen weisst, wann Tag und wann Nacht ist!). Sonst stehst Du den ganze Zeit an einem Fleck.

Nach den 3 Monaten unterschreibst Du alles! Wetten!

Und eine „Verpflichtungserklärung“ selbst zu unterschreiben, hat psychologisch einen riesen Effekt.

VG René

„Und eine „Verpflichtungserklärung“ selbst zu unterschreiben, hat psychologisch einen riesen Effekt.“

Das stimmt, wenn man etwas aufschreibt oder auch nur unterschreibt fühlt man sich zumindest unterbewusst stark daran gebunden. Das kann der Hauptgrund für solche Verträge sein.

So etwas kommt auch öfters bei Kriegsgefangenen vor, die dazu gezwungen werden, aufzuschreiben, was ihre Regierung oder sie alles falsch gemacht haben. Da sie irgendwann vielleicht selbst daran glauben oder sich zumindest den aufgeschriebenen Verpflichtungen auch stark verpflichtet fühlen werden sie dann oft für Propagandamaßnahmen eingesetzt.

Sehr schön wird dieses Phänomen im Buch „Die Psychologie des Überzeugens“ http://www.amazon.de/Die-Psychologie-Überzeugens-Rob… dargestellt.