Versteuerung von Dienstleistungen D/F

Hallo,

Ein deutsches Unternehmen bezieht eine Dienstleistung von einem französischen (Klein-)Unternehmer, konkret eine Übersetzung. Wer muß in welchem Land Umsatz-/Mehrwertsteuer in welcher Höhe abführen?

Grüße
Axurit

Salut Axurit,

unabhängig von der Kleinunternehmereigenschaft nach französischem Recht ist hier der Ort der Leistung am Sitz des Unternehmers, der die Leistung empfängt (= Deutschland). Der Leistungs_empfänger_ schuldet die deutsche Umsatzsteuer 19% (= „reverse charge“) und kann sie, soweit die Leistung für sein Unternehmen bezogen wird, als Vorsteuer von seiner USt-Zahllast abziehen, so dass USt und Vorsteuer bloß in seinen Büchern auftauchen, aber unterm Strich ein Nullsummenspiel herauskommt.

Weil auch die französische Kleinunternehmerregelung keine TVA-Befreiung vorsieht, sondern bloß deren „Nichterhebung“, ist kein besonderer Hinweis auf der Rechnung notwendig. Der französische Übersetzer muss aber seine TVA-Identifikationsnummer (hilfsweise, falls er keine hat, genügt die SIRET-Nummer) und die USt-Identifikationsnummer des deutschen Leistungsempfängers auf der Rechnung angeben und den Vorgang in seine Zusammenfassende Meldung (état récapitulatif) aufnehmen.

Die Behandlung des Vorgangs ist also für den Deutschen viel einfacher als für den Franzosen - ich schreibe die französische Seite bloß mit dazu, weil sich in der Branche halt schon auch Leute aus der „Hist.-phil.-Fraktion“ finden, die mit sowas wenig Routine haben und sich freuen, wenn ihnen im Zweifelsfall auch der Kunde erklärt, wie es geht.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

supplément philologique
Hallo nochmal,

für allfällige Diskussionen mit Nachbars über diesen Sachverhalt noch ein supplément philologique: Die außerhalb der Wunderwelt der USt wenig populäre Unterscheidung zwischen „steuerfrei“ und „nicht steuerbar“, die hier wichtig ist, heißt im Französischen „exonéré de TVA“ und „ne pas assujetti à la TVA“.

Auf den Rechnungen einer Übersetzerin aus meiner Nähe an französische Kunden steht der (nicht obligatorische, aber erhellende) Hinweis: „La prestation est assujettie à la T.V.A. en France - Art. 9, alinéa 2 de la 6e directive CEE. C’est le donneur d’ordre de la prestation que est débiteur de la T.V.A. - Art. 21, alinéa 1b de la 6e directive CEE.“ Daraus wird auch klar, warum H.T. fakturiert und bezahlt wird, obwohl es sich nicht um einen steuerfreien Umsatz handelt. Wenn man „France“ durch „R.F.A.“ ersetzt, trifft der Text auf den vorgelegten Fall zu.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo,

Vielen Dank für die umgehende und ausführliche Antwort. Da ich, obwohl nicht zur „Hist.-phil.-Fraktion“ gehörend, in Steuerdingen ein ziemlicher Dummy bin, hake ich trotzdem nach.

Der Leistungsempfänger schuldet die deutsche Umsatzsteuer 19% (= „reverse charge“) …

Der Leistungsempfänger bezahlt also den Nettobetrag + 19% an den Leistungserbringer? Und dieser führt die 19% ggf. an den französischen Fiskus ab?

Gruß
Axurit

Hallo nochmal,

nein, der Auftrag wird vom Franzosen an den deutschen Kunden ohne TVA oder USt hors taxes fakturiert, und der Kunde bezahlt an ihn bloß den fakturierten „Netto“-Betrag.

Für die USt ist der Leistungsempfänger zuständig: Er schuldet seinem deutschen Finanzamt 19% USt auf die empfangene Leistung (deswegen „reverse charge“), kann diese aber gleichzeitig auch selber als Vorsteuer abziehen wie die Vorsteuerbeträge, die er an deutsche Unternehmer mit deren Rechnungen bezahlt hat, so dass seine USt-Zahllast aus dem Vorgang unterm Strich Null wird: Es ist für ihn, als würde er eine umsatzsteuerfreie Leistung „brutto = netto“ beziehen.

Der französische Fiskus bekommt kein Geld aus der ganzen Sache, bloß ein Stück Papier bzw. einen Datensatz aus dem „état recapitulatif“. Damit hat aber der deutsche Leistungsempfänger nichts zu schaffen, der muss bloß die beiden Werte zur geschuldeten USt und zur abziehbaren Vorsteuer in seinen Büchern ausweisen und die Rechnung mit Nachweis der beiden USt-ID-Nummern aufbewahren.

Mit technischen Übersetzungen aus vielen Bereichen kann er sich natürlich auch an die frz. Muttersprachlerin Ilse Arnauld des Lions in Regensburg wenden, dann hat er die gewohnte umsatzsteuerliche Behandlung wie sonst auch - allerdings auch deutsche Preise!

Schöne Grüße

Pierrot aux bouquets de fleurs

nein, der Auftrag wird vom Franzosen an den deutschen Kunden
ohne TVA oder USt hors taxes fakturiert, und der Kunde bezahlt
an ihn bloß den fakturierten „Netto“-Betrag.

Danke, jetzt sind alle Unklarheiten beseitigt.