Hallo, muss fürs studium eine analyse schreiben. wie findet ihr die? fehlt noch was und ist alles irgendwie schlüssig?
Bildanalyse
„Die Versuchung des Heiligen Antonius” – Salvador Dali, 1946
Das von Salvador Dali 1946 Öl auf Leinwand gemalte Bild „Die Versuchung des Heiligen Antonius“ hat die Maße ??? und ist im Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique in Brüssel ausgestellt.
In der vorderen, linken Ecke sieht man einen knienden, nackten, alten Mann, der sich mit einem Holzkreuz vor der auf ihn zukommenden Tierkette zu schützen versucht. Ihm zugewandt liegt ein Totenschädel.
Das erste Glied der Kette ist ein weißes, Zähne fletschendes Pferd, das sich aufbäumt. Es ist unnatürlich groß und hat verkehrt angebrachte Vorderhufeisen, an denen Dreck runterhängt.
Dem Pferd folgen 5 Elefanten: der erste Elefant trägt einen Brunnen auf dem Rücken, in dem eine von Begierde geprägte, nackte Frau steht. Der zweite Elefant trägt einen Obelisk. Der dritte und vierte Elefant tragen zusammen einen großen, römisch gebauten Palast mit einem Bild einer nackten Frau. Auf dem Palast ist ein kleiner Trompeter zu sehen. Der fünfte Elefant, der sich isoliert weiter hinten am Horizont befindet, trägt ein nicht näher zu bestimmendes Gebäude, das bis über die Wolken hinausreicht. Dieses Gebäude hat nur ein kleines Fester und eine kleine Tür. Auf der Höhe des Fensters, auf den Wolken gebaut, befindet sich eine Ansammlung von Gebäuden oder eine Burg, die nur schwer erkennbar ist.
Während der erste Elefant noch unbekleidet ist, trägt der zweite bereits eine Decke auf dem Rücken, der dritte hat einen Sattel sowie Kopfschmuck befestigt. Die Rücken der Tiere befinden sich auf etwa der gleichen Höhe. Das wird dadurch erreicht, dass je weiter die Reittiere von dem Mann weg sind, desto länger ihre spinnenartigen Beine sind.
Wo die Situation genau stattfindet, wird nicht klar. Es ist nichts weiter zu sehen, als eine helle Ebene mit wenigen Steinen sowie einer Hügelkette im Hintergrund. Auf dieser Ebene sind noch kaum erkennbare, sehr kleine Figuren dargestellt: Ein Engel und ein Priester, die aber nicht im Zusammenhang mit dem Hauptgeschehen in Verbindung stehen.
Die gesamte Tierkette, mit Außnahme des letzten Elefanten, ist in einer ¾ Perspektive dargestellt. Das Bild wirkt klar strukturiert, weil nicht so viele Bildobjekte dargestellt sind und weil helle, freundliche Farbtöne benutzt werden. Die Farbwahl steht somit im Gegensatz zu den bedrohlichen Tieren und dem gesamten Inhalt des Bildes. Dennoch macht Dali die drohende Gefahr deutlich:
Die tiefe Horizontlinie, die sogar durch den etwas trasparent gemalten Mann verläuft, lässt den größten Teil des Bildes für den Himmel frei, vor dem die langbeinigen Gestalten noch riesiger erscheinen. Auch die weiteren Figuren verdeutlichen die Größe der Tiere. Die ausdruckslosen Augen der Elefanten lassen sie wie Maschinen wirken, die nicht aufzuhalten sind. Auch weitere Linien, die im Bild auftreten, verstärken diesen Eindruck: Die Linie, die über die Rücken der Elefanten zu verlaufen scheint und in Richtung des Mannes abfällt.
Eine weitere Waagerechte wird durch den oberen Bildrand in der Mitte gebildet, wo an den
jeweiligen oberen Enden aller Tiere ein und dieselbe Höhe erreicht wird.
Zusätzlich gibt es noch zwei Diagonalen. Die eine bildet das Pferd, die andere verläuft
über das Hinterbein des dritten Elefanten und den Palast. Zusammen mit der obersten
Linie kann eine Struktur ähnlich einer Welle ausgemacht werden, die über den Mann
zusammenzubrechen droht.
Jede Ecke des Bildes in einer dunklen Farbe schattiert, die den Mann einkreisen, gleichzeitig erhält das Bild dadurch eine Art Rahmen.
Das Licht hat realistischen Ursprung, es kommt von rechts. Oberflächenschatten sind im Gegensatz zu den Schlagschatten realistisch umgestzt. Der Betrachter sieht das Geschehen von der Froschperspektive.
Auffallend sind die knochigen, zu langen Beine der Tiere: Hier scheinen Eigenschaften eines Beines komplett verloren zu sein.
Das Bild wirkt traumähnlich, weil Perspektive und Raum nicht eindeutig bestimmbar sind und die Tiere sehr realitätsfremd aussehen.
Dali hat sich ab dem Atombombenabwurf auf Hiroshima 1945 auch mit Naturwissenschaften beschäftigt, besonders die Schwerkraft faszinierte ihn. Dies verarbeitet er womöglich in den dünnen Beinen, die die Körper der Elefanten eigentlich nicht tragen können: Die Tiere scheinen zu fliegen.
Um dieses Bild richtig zu verstehen, ist es wichtig sich mit der Sage des Heiligen Antonius auseinander zusetzten.
Demnach vernahm der 20-jährige Antonius, der in der Zeit von 251-356 nach Christus in Mittelägypten lebte, den Ruf Gottes als er ein Gotteshaus betrat. Er folgte diesem Ruf und zog aus in die Wüste, um dort in Askese zu leben. Um ihn von seinem gottgefälligen Weg abzubringen, erschien ihm der Teufel in verschiedenen Formen der Versuchung, wie z.B. als lüsterne Frauen und fürchterliche Dämonen.
Doch mit Gebeten und qualvollen Höllenvorstellungen widerstand er den Versuchungen und wurde zusätzlich als Wundertäter und Mann Gottes berühmt. Zudem hatte er für die damals verfolgten Christen eine Vorbildfunktion, weil er ihnen die Hoffnung gab, sich nicht von ihrem Glauben abbringen zu lassen, denn zu Lebzeiten des Heiligen Antonius fand die Christenverfolgung unter dem römischen Kaiser Diokletian ihren Höhepunkt.
Demnach wird deutlich, dass der nackte Mann Antonius ist, und die Tierkette die Versuchungen darstellt: Das Pferd ist ein Symbol für Macht, der Obelisk ein Symbol für Achtung und Ehre, der Palast kann als Symbol für Reichtum/Geld gedeutet werden.
Durch die drei Phallussymbole (Obelisk, Gebäude beim 5. Elefanten, Wolke) und die zwei nackten Frauen zeigt Dali, dass er die Sexualität als größte Versuchung sah. Das Geschehen findet wahrscheinlich in der Wüste statt. Interessant ist es dieses Bild zu betrachten, wenn man einiges über den Maler weiß:
Salvador Dali ist am 11. Mai 1904 in Figueres, Girona, Katalonien geboren, wo er auch am 23. Januar 1989 verstarb. Er ist einer der Hauptvertreter des Surrealismus und zählt zu den bekanntesten Malern des 20. Jahrhunderts.
Surrealismus, was soviel wie „über dem Realismus“ bedeutet war eine Bewegung in der Literatur und Bildenden Kunst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die versuchte, das Unwirkliche und Traumhafte sowie die Tiefen des Unbewussten zu erkunden und in der Kunst darzustellen.
Es ist auch bekannt, dass Dali bis in die 50er Jahre Atheist war, dennoch hat er sich dazu entschlossen, das Motiv des Heiligen Antonius aufzunehmen. Der Grund war ein Wettbewerb im Jahre 1946 unter diversen surrealistischen Künstlern in den USA zum Thema des Heiligen Antonius, weil Verführungen und Trugbilder ein wesentlicher Teil des Unterbewusstseins sind.
Dali war ein großer Anhänger der Psychoanalyse von Sigmund Freud, bei dem die Sexualität eine besonders wichtige Rolle spielte.
Er war einer der ersten, der die Versuchungen nicht mehr als Dämonen darstellte, sondern eher als spezielle, geistliche Versuchungen. Das liegt daran, dass die Menschen zu Dalis Zeit schon lang nicht mehr an Dämonen glaubten: Sie müssen das Böse anderen Dingen zuschreiben. Der wesentliche Punkt ist, dass die Menschen seit dem Mittelalter, wo dieses Motiv durch die Darstellung von Matthias Grünewald an Bedeutung gewann, eine tiefere Gedankenwelt entwickeln haben. Auch der Einfluss der Kirche, die vorschrieb, was richtig und was falsch ist, nahm ab. Diesen Wandel, der mehrere geschichtliche Ursachen hatte, kann man an dieser Darstellung gut erkennen.
Im Mittelalter waren Dämonen noch „leibhaftig“ anwesend, weil alles, was noch nicht naturwissenschaftlich erklärt werden konnte, göttlichen Ursprungs angesehen wurde.
Doch die Reformation des 16. Jahrhunderts brachte einen deutlichen Wandel in der Einstellung der Menschen gegenüber der kirchlichen und der weltlichen Obrigkeit.
Die Folge der Reformen war die Spaltung der Kirche in zwei Glaubenslager, so verlor die katholische Kirche an Macht.
Abgesehen von der Zersplitterung innerhalb der Christenheit selbst, trugen noch andere Kräfte zur Schwächung ihrer Stellung bei. Wissenschaft, Philosophie und Säkularisierung förderten den Skeptizismus und erweckten Zweifel an Gott und der Religion.
Diese waren nämlich Folgen der Aufklärung im 18. Jahrhundert. Damals kam es zu vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die viele Lehren der Kirche in Frage stellten.
Vor allem astronomische Entdeckungen wie die von Kopernikus und Galilei waren eine eindeutige Herausforderung an die geozentrische Lehre der Kirche, nach der die Erde der Mittelpunkt des Universums sein sollte. Die Kirchen der Christenheit wurden immer unglaubwürdiger, und viele Menschen verloren allmählich ihren Glauben, verstärkt wurde das durch die 2 Weltkriege.
Die Geschichte von Antonius regte die Fantasie zahlreicher Künstler an und die „Versuchung des Heiligen Antonius“ wurde zu einem beliebten Motive in der Kunstgeschichte.
Das liegt wahrscheinlich daran, dass es immer Dinge gibt, die uns vom „rechten Weg“ abbringen wollen und denen wir uns widersetzten müssen. Heutzutage werden diese Dinge von keiner Institution mehr vorgeben, sondern hängen stark von den jeweiligen Moralvorstellungen ab und sind somit sehr individuell. Wenn man noch andere Darstellungen betrachten würde, wäre es interessant das Bild unter der These „Die Versuchung des Heiligen Antonius- Ein Spiegelbild der Gesellschaft?!“ zu untersuchen. Mögliche Versuchungen für die heutige Zeit könnten Medien, Gewalt und Drogen sein.