Vertrauensarbeitszeit: Erfassung und Prüfung

Vertrauensarbeitszeit: Erfassung und Prüfung

Hallöchen liebe Wissende.

Ein Mitarbeiter M in einem Unternehmen U hat vor Jahren eine mündliche Abmachung mit dem Arbeitgeber A über Vertrauensarbeitszeit getroffen.

Da A genau weiß, dass M ohnehin deutlich mehr als die vertragliche Arbeitszeit leistet, hat sich A darauf eingelassen, dass M sich die nervige Zeit zur Erfassung der Arbeitszeit einfach sparen kann.

A hat damit auch überhaupt kein Problem: Denn M ist leitend angestellt und seine Leistung ist jedem im Unternehmen klar ersichtlich.

Nun kommt allerdings das Finanzamt und prüft die Bücher von U - und fragt nach den Leistungsnachweisen von M, was insbesondere deswegen interessant ist, da M ein ungewöhnlich hohes Gehalt bezieht.

Diese Leistungsnachweise gibt es (natürlich) nicht.

Nun die Frage:
Wie kommen A und M, welche beide eigentlich kein Interesse an diesen Leistungsnachweisen haben, am Besten aus der Nummer raus?

Reicht es, wenn im Arbeitsvertrag von M eine Klausel eingefügt wird, welche die Existenz von Vertrauensarbeitszeit kombiniert mit der Abmachung, keine Leistungsnachweise zu erheben, dokumentiert?

Oder müsste M retroaktiv die Leistungsnachweise der letzten Jahre nach dem Prinzip „Papier ist geduldig“ erstellen und vom Arbeitgeber A abzeichnen lassen?

Gruß und Danke,
Michael

Servus,

wenn es keine Leistungsnachweise gibt, kann sich der Prüfer auf den Kopf stellen und mit den Füßen strampeln - er wird keine erhalten. Es gibt haufenweise Angestellte, die keine Leistungsnachweise führen. Außerdem wäre ein nachträglich erfundener Leistungsnachweis bei Vorlage im Rahmen einer Außenprüfung strafrechtlich relevant.

Viel interessanter ist hier aber, welches Interesse bei einer Außenprüfung an diesen Leistungsnachweisen besteht - gibt es da außer dem Dienstverhältnis auch eine Beteiligung an der Gesellschaft? Welches andere Thema außer eine vermutete verdeckte Gewinnausschüttung kann den Prüfer interessieren?

Davon hängt es ab, wie man da sinnvoll vorgehen kann. Übrigens, da unter anderem die AO als Spezialgebiet des Steuerrechts (nicht: Arbeitsrechts) betroffen ist, sinnvoller im Steuerbrett zu diskutieren.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallöchen,

danke erstmal für diese Erklärung.

Viel interessanter ist hier aber, welches Interesse bei einer Außenprüfung an diesen Leistungsnachweisen besteht - gibt es da außer dem Dienstverhältnis auch eine Beteiligung an der Gesellschaft? Welches andere Thema außer eine vermutete verdeckte Gewinnausschüttung kann den Prüfer interessieren?

Nein, es gibt nur einen ganz normalen Anstellungsvertrag, der variable Vergütung vorsieht. Die Provisionen von M bewegen sich unter 15% des Fixgehalts. Allerdings erhält M ein Fixgehalt > 175% anderer (nicht leitender) Mitarbeiter.

Davon hängt es ab, wie man da sinnvoll vorgehen kann. Übrigens, da unter anderem die AO als Spezialgebiet des Steuerrechts (nicht: Arbeitsrechts) betroffen ist, sinnvoller im Steuerbrett zu diskutieren.

Danke für den Hinweis,
ich hatte es im Arbeitsrecht platziert, weil’s mir primär darum ging, ob M seinen Arbeitsvertrag anpassen lassen müsste.

Gruß und Danke,
Michael

Hallo,

in diesem Fall sehe ich nicht, was der Prüfer will.

Die üblichen Spielchen mit dem „Fremdvergleich“ (der „fremde Dritte“ ist dabei sowas wie der Weihnachtsmann und der Osterhase: Jeder kennt ihn, jeder redet von ihm, keiner hat ihn je gesehen) beziehen sich sonst auf das Thema verdeckte Gewinnausschüttung.

Wie auch immer: Dass die Bezüge eines Abteilungsleiters diejenigen eines Sachbearbeiters mehr oder weniger sichtbar überschreiten, ist ja nun nichts Außergewöhnliches, und dass bei einer „nach oben offenen“ Arbeitszeit kein Zeitkonto geführt wird, ebenfalls nicht.

Wenn man den Prüfer ärgern will, wartet man in so einer Lage den Entwurf des Berichtes ab, in dem dann drinstehen muss, worauf er hinaus will, und erklärt und belegt ihm dann, dass er auf dem Holzweg ist. Sie sind zwar selten geworden, aber es gibt in dieser Branche immer noch einzelne Beamte, die sich einfach nicht vorstellen können, dass es Gehälter ohne Ortszuschlag, Kleiderzulage, Dienstaltersfaktor, Kindererziehungsbeihilfe, Krankenprämie usw. gibt, die nicht auf den Cent genau auf der Grundlage irgendwelcher Belege ausgerechnet werden, und die umgekehrt bei den eigenen Aktivitäten den Kuli immer genau dann fallen lassen, wenn die 37,125 Sollstunden der Woche erbracht sind, selbst wenn sie grade mitten in einem Satz sind.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

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Mitteilung an die Aufsichtsbehörde !
Hallo,

das FA könnte durchaus die für Arbeitsschutz zuständige Behörde über das Fehlen der Nachweise unterrichten. Dann hätte der AG ein ernstes Problem wg. Verstoß gegen § 16 Abs. 2 ArbZG:
http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__16.html

Denn eine Vertrauensarbeitazeit enthebt den AG nicht von der Pflicht, die Einhaltung der Vorschriften des ArbZG (Höchstarbeitszeit, Mindestruhezeit etc.) zu überwachen.
Im Übrigen hat das BAG jüngstens im Binnenverhältnis AG-AN bei Streitigkeiten über Arbeitszeit und Vergütung im Rahmen einer Vertrauensarbeitszeit das Risiko weitgehend einseitig auf den AN verlagert:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsp…

&Tschüß
Wolfgang

Offenbarungsbefugnis bei Bp
Hallo Wolfgang,

ist in diesem Fall denn eine Offenbarungsbefugnis gem. § 30 Abs 4 AO gegeben?

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

das FA könnte durchaus die für Arbeitsschutz zuständige
Behörde über das Fehlen der Nachweise unterrichten. Dann hätte
der AG ein ernstes Problem wg. Verstoß gegen § 16 Abs. 2
ArbZG:
http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__16.html

Für leitende Angestellte gilt das ArbZG doch gar nicht, siehe § 18 ArbZG.
Wenn er denn wirklich leitend im Sinne des § 5 BetrVG ist…

Wenn er denn wirklich leitend im Sinne des § 5 BetrVG ist…

… was aus dem UP nicht ersichtlich ist. Nur weil einer eine besondere vereinbarung hat, ist er noch kein LA:

Hallo Wolfgang,

Hallo,

ist in diesem Fall denn eine Offenbarungsbefugnis gem. § 30
Abs 4 AO gegeben?

Ist je nach Einzelfallumständen nicht auszuschließen, da es sich u. U. um eine Straftat gem. § 23 ArbZG handelt:
http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__23.html

Schöne Grüße

&Tschüß

Dä Blumepeder