Vertrauensverlust gegenüber Unternehmen

Im Rahmen einer Studienarbeit beschäftige ich mich mit dem Thema Corporate Social Responsibility (CSR; Wiki-Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Corporate_Social_Respon…) und würde mich gerne mal hier nach Eurer Meinung dazu erkundigen.

In vielen Texten zum Thema (z.B. hier: http://blog.kerstinplehwe.de/das-pinocchio-paradox / http://www.apollis.de/tag/csr/) wird darauf verwiesen, dass Firmen heutzutage ohne soziales Engagement und ein ehrlicheres Auftreten gegenüber ihren Kunden über kurz oder lang scheitern, da die Kunden sich unsoziales Verhalten (Bsp. Nokia-Werk in Bochum) nicht mehr gefallen lassen.

Hinweise für die Unternehmer gibt es also genug und thematisiert wird das auch schon lange. Nur sieht es für mich - wenn man sich die Skandale wie Nokia oder LIDL anschaut - immer so aus, als wären die Firmen da recht beratungsresistent bzw. hätten die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

Wie ist dazu hier die Meinung? Ist Corporate Social Responsibility mehr als nur ein hippes Modewort oder eine simple PR-Masche und müssen die Firmen wirklich umdenken, um nicht auf Dauer ihre Kunden zu verlieren? Und was müssen Unternehmen ändern, um das Vertrauen zurück zu gewinnen?

Ich hoffe auf eine rege Diskussion.

In vielen Texten zum Thema (z.B. hier:
http://blog.kerstinplehwe.de/das-pinocchio-paradox /
http://www.apollis.de/tag/csr/) wird darauf verwiesen, dass
Firmen heutzutage ohne soziales Engagement und ein ehrlicheres
Auftreten gegenüber ihren Kunden über kurz oder lang
scheitern, da die Kunden sich unsoziales Verhalten (Bsp.
Nokia-Werk in Bochum) nicht mehr gefallen lassen.

Die angeblichen Nicht-Käufer werden durch die dankbaren Käufer aus Rumänien überkompensiert. Sozial oder unsozial sind doch subjektive Ansichten. Ist es denn unsozial, dass Nokia den armen Rumänen dank einer guten Arbeit Wohlstand schenkt? Angeblich sind doch die Deutschen so sozial und setzen sich gerne für arme Länder ein, nur hier scheitert es plötzlich?

Hinweise für die Unternehmer gibt es also genug und
thematisiert wird das auch schon lange. Nur sieht es für mich

  • wenn man sich die Skandale wie Nokia oder LIDL anschaut -
    immer so aus, als wären die Firmen da recht beratungsresistent
    bzw. hätten die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

Welche Zeichen denn? Die Kunden haben die Wahl zwischen Kauf und Nichtkauf. Und gegenwärtig sind keinerlei Zeichen erkennbar, dass sich Käufer zurückziehen. Die paar Verweigerer besonders aus den Politikerkreisen haben doch ihre handys nicht selber bezahlt.

Wie ist dazu hier die Meinung? Ist Corporate Social
Responsibility mehr als nur ein hippes Modewort oder eine
simple PR-Masche und müssen die Firmen wirklich umdenken, um
nicht auf Dauer ihre Kunden zu verlieren? Und was müssen
Unternehmen ändern, um das Vertrauen zurück zu gewinnen?

In erster Linie dürfen die Firmen nicht das Vertrauen der Gesellschafter verlieren. Wenn du dien Geld auf ein Sparbuch bringst, findest du es dann auch toll, wenn statt der gesagten 3% Zinsen nur 1% herauskommen, weil man aus sozialen Gründen die 2% für den Erhalt von irgendwelchen Arbeitsplätzen verwendet hat? Die erste Reakltion wäre doch, zu hinterfragen, ob das Unternehmen tatsächlich die Wahrheit erzählt. Nachprüfen lässt sich das schlecht. In diesem Moment hat die Firma das Vertrauen schon verloren.

Andersrum, wie würdest du reagieren, wenn statt der besagten 3% Zinsen, 5% herausspringen und du dir nun mehr leisten kannst? Die Firma begründet dies mit Umstrukturieungsmaßnahmen und Ausnutzung von Synergieeffekten. Das hierbei Arbeitsplätze verloren gingen, erfährst du erst aus der Zeitung. Legst du nun dein Geld dort an, wo es weniger Zinsen gibt, wo du dir weniger für dich und dein Familie leisten kannst?

Was ist dir näher, die Jacke oder die Hose? In dieser Hinsicht denkt doch jeder erst einmal selber ans Fortkommen. Kaum einer wird seinen Kindern eine finanzielle Unterstützung beim Studium verwehren, wenn er damit irgendwo einen Arbeitsplatz retten kann.

Letztendlich sind die Kunden und die Shareholder, die ihr soziales Engagement zeigen können. Ich für meinen Teil bin in erster Linie meiner Familie verpflichtet und deshalb kommt das Geld dorthin, wo es sich am schnellsten und stärksten vermehrt. Eine rationale, wirtschaftliche Entscheidung.

Das soziale Engagement existiert aber tatsächlich, vorzugsweise aber nach außen hin. Besonders bei den Firmen, die stets als Fußabtreter des einfachen Volkspöbels gelten, wie z.B. Siemens.

http://www.siemens.de/index.jsp?sdc_p=t15c61s7uo1069…&

In der Presse taucht sowas natürlich nicht auf.

Soziales Engagement darf man nicht mit Arbeitsplatzgarantie verwechseln.

Hallo,

Im Rahmen einer Studienarbeit beschäftige ich mich mit dem
Thema Corporate Social Responsibility (CSR; Wiki-Link:
http://de.wikipedia.org/wiki/Corporate_Social_Respon…)
und würde mich gerne mal hier nach Eurer Meinung dazu
erkundigen.

In vielen Texten zum Thema (z.B. hier:
http://blog.kerstinplehwe.de/das-pinocchio-paradox /
http://www.apollis.de/tag/csr/) wird darauf verwiesen, dass
Firmen heutzutage ohne soziales Engagement und ein ehrlicheres
Auftreten gegenüber ihren Kunden über kurz oder lang
scheitern, da die Kunden sich unsoziales Verhalten (Bsp.
Nokia-Werk in Bochum) nicht mehr gefallen lassen.

hier wirfst du zwei Dinge zusammen, die nicht zusammen gehören. Soziales Engagement ind ehrliches Auftreten gegenüber den Kunden sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.
Die Ehrlichkeit gegenüber dem Kunden hat mit CSR wenig bis nichts zu tun. CSR ist eher als Werbung zu betrachten.
Sehr interessant dazu:
http://www.zeit.de/2006/26/TAB-csr
http://www.zeit.de/2008/14/CSR-Teile

Wie ist dazu hier die Meinung? Ist Corporate Social
Responsibility mehr als nur ein hippes Modewort oder eine
simple PR-Masche und müssen die Firmen wirklich umdenken, um
nicht auf Dauer ihre Kunden zu verlieren? Und was müssen
Unternehmen ändern, um das Vertrauen zurück zu gewinnen?

CSR ist ein Element der Profilschärfung, zur Herstellung oder Vermeidung negativer Nachrichten, sprich, sie ist Werbung für die Firmen.
Überlebenswichtig ist sie nicht, sie kann höchstens vom Konkurrenten abheben.
Kaufentscheidend wird CSR nur, wenn das eigene Produkt in Qualität und Preis konkurrenzfähig ist. Die Wenigsten werden ein teureres Produkt kaufen, nur weil der Hersteller nett und „verantwortungsbewusst“ ist.
CSR ist also sehr begrüssenswert, wird im Zweifelsfall aber immer hinter kurzfristigeren Profitbestrebungen hintenan stehen.

Grüsse

Jörg

P.S. Das ich noch erleben darf, dass ich mit Steven einer Meinung bin!
Man wird immer wieder überrascht.

Hallo,

da du ja eh allwissend bist (^^), wirst du im Zuge deiner Nachforschungen vermutlich bereits auf den Begriff „triple bottom line“ gestoßen sein. Das „triple-bottom-line“-Konzept ist eine Möglichkeit das Verhalten von Unternehmen nach sozialem Engagement und der Wahrnehmung der Unternehmenspflichten zu bewerten. Hierbei geht man -wie der Name schon sagt- von drei Kriterien aus:

  1. Der ökologischen Verantwortung: Hier ist der wichtigste Begriff die Nachhaltigkeit. Was damit gemeint ist, muss ich hier sicherlich nicht erleutern.

  2. Der sozialen Verantwortung: Hier muss man (meiner Meinung nach) zunächst zwischen der direkten Unternehmsverantwortung und der selbstverpflichtenden Übernahme von Verantwortung unterscheiden.
    Die direkte Unternehmensverantwortung bezieht sich vorallem auf die Arbeitsbedingungen, also in erster Hinsicht auf die Einhaltung der Menschenrechte u.Ä. und dem Umgang mit den Arbeitnehmern.
    Mit Übernahme von Verantwortung meine ich vorallem gemeinnützige Projekte. Ein Beispiel hierfür wäre z.B. das Beiersdorf-Projekt.

  3. Der ökonomischen Verantwortung: Hier setzt Stevens Sparbuch-Argumentation an. Unternehmen haben zusätzlich zu ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung auch eine wirtschaftliche Verantwortung gegenüber ihren Stakeholdern. Stakeholder sind hier alle, die irgendeinen Anspruch auf das Unternehmen haben oder die von den Entscheidungen des Unternehmens betroffen sind. Das sind natürlich zunächst erstmal die Aktionäre, die sich mit ihren Investition Profite erhoffen. Folglich sind hier die Unternehmen verpflichtet möglichst großen Profit zu machen. Andererseits ist aber auch der Arbeitnehmer ein Stakeholder, der vorallem an Arbeitsplatzsicherung interessiert ist. Also sind Unternehmen dem Arbeitnehmer gegenüber verpflichtet, die Standorte zuerhalten. Auch der Staat ist ein Stakeholder, der an Arbeitsplätzen und Steuern interessiert ist.
    Aber einer der wichtigsten Stakeholder ist immernoch der Kunde, der möglichst gute und günstige Produkte will.
    Letztendlich ist also irgendwie jeder Stakeholder, sodass nur im Einzelfall enstschieden werden kann, wer nun wichtiger ist.

Die CSR kann man folgich nicht so einfach fassen. Soziales Verhalten seitens eines Unternehmens ist hier stets eine Gradwanderung zwischen den einzelnen Pflichten.

Die von Jörg anggesprochene Werbung mit der CSR ist meiner Meinung nicht mal das Problem. Wenn Unternehmen wirklich sozial verantwortlich handeln, dürfen sie auch ruhig damit werben. Die Gesellschaft hat ihren Nuntzen davon, sowie das Unternehmen,…also hat keiner ein Problem. Vorallem sind Unternehmen zum Teil auch auf diese Werbung angewiesen, da viele gleichwertige Produkte zu gleichen Preisen auf dem Markt sind und sie sich anderweitig Werbevorteile sichern müssen. Und hier ist soziales Engagement ein gutes Werbemittel. Folglich handeln sie zwar nicht altruistisch, aber immerhin sozial - da sind die Beweggründe zu ihrer Sozialität doch belanglos.

Beste Grüße,
Christian Walter

PS: Wer Füllwörter findet, darf sie behalten…

Hallo in die Runde,

vielen Dank erst Mal für Eure ausführlichen Kommentare. Das meiste von dem, was Christian hier geschrieben hat, kann ich so nur unterschreiben.

Ich bin auch der Meinung, dass Unternehmen, die sich sozial engagieren, damit ruhig an die Öffentlichkeit gehen dürfen. Voraussetzung ist, dass es sich dabei nicht nur um eine schnelle PR-Aktion handelt, die ausschließlich darauf ausgelegt ist, gut da zu stehen. Aber ich glaube, dass solche Maßnahmen in der heutigen Zeit relativ schnell „durchschaut“ werden, wenn sie nicht ernst gemeint sind (Stichwort „Greenwashing“).

@Steven: Dass man bei wichtigen Entscheidungen aus rational-wirtschaftlicher Sicht erst einmal an sich oder seine Familie denkt, sehe ich – zumindest auf persönlicher Ebene – genauso. Nur finde ich es auch sehr wichtig, dass Unternehmen bei ihren Entscheidungen auch bedenken, dass nicht nur die Aktionäre Stakeholder sind, sondern eben auch ihre Kunden. Was bringt einem Unternehmen die kurzfristige Unterstützung ihrer Aktionäre, wenn ihm aufgrund von schlechtem Image oder miserablem Kunden-Dialog auf Dauer die Käufer wegrennen?

Ein sehr gutes Buch zum Thema ist übrigens das hier:
http://blog.kerstinplehwe.de/das-pinocchio-paradox

Und hier noch ein weiterer Beitrag der Zeit zum Thema:
http://www.zeit.de/2008/12/Vertrauenskrise