Verweildauer in radioaktiv verstrahlten Bereichen

Hallo,

in Berichten ist immer wieder die Rede davon, man könne jeweils nur soundsoviel Minuten oder Sekunden in der Nähe eines Reaktors arbeiten.

Ich war eigentlich der Meinung Strahlung würde im Körper über Jahre hinweg gespeichert werden. Warum macht es einen Unterschied ob ich 10x 1 Minute in einem radioaktiv verseuchten Gebiet stehe oder 1x 10 Minuten? Ist die Menge der Strahlenaufnahme denn in beiden Fällen nicht die Gleiche? Macht es also Sinn, wenn Menschen mehrfach eine Pause bei solchen Arbeiten einlegen, kann sich die Strahlung dadurch reduzieren?

Was ist mit Maschinen (Hubschrauber, Bagger, Pumpen, etc.), die in solchen Bereichen verwendet werden? Können diese durch Abwaschen des radioaktiven Staubes wieder von der Strahlung befreit werden, so dass man die Geräte später wieder normal verwenden kann, oder nimmt das Material selbst ebenfalls eine Strahlung auf die sich nicht mehr beseitigen läßt?

Würde mich über eine Erklärung sehr freuen.

Gruß Edison

Hallo,

Ich war eigentlich der Meinung Strahlung würde im Körper über
Jahre hinweg gespeichert werden.

Das kann man so nicht sagen, das kommt auf die Art der Strahlung und die Art der Aufnahme an. Strahlung wird v.a. dann im Körper gespeichert, wenn du z.B. radioaktive Partikel einatmest oder anderweitig aufnimmst, und sich diese in deinem Körper einlagern, z.B. Iod-129 oder Caesium-137. Das ist ja z.B. ein Grund, warum du Iod-Tabletten nimmst in solchen Fällen. Denn dadurch sättigst du die Schilddrüsen mit Iod und diese nehmen kein weiteres Iod mehr auf. Das zusätzlich aufgenommen Iod, also auch das radioaktive Iod, wird dann vom Körper einfach ausgeschieden, weil er es nicht braucht. Einige radioaktive Isotope können sich so auch jahrelang in deinen Organen einlagern und geben so ständig in deinem Körper Strahlung ab und erhöhen dann das Krebsrisiko.
Wenn du die Strahlung aber nicht in den Körper aufnimmst, wird diese auch nicht gespeichert. Und vor der Aufnahme kannst du dich z.B. mit entsprechenden Schutzanzügen gut schützen.

Warum macht es einen
Unterschied ob ich 10x 1 Minute in einem radioaktiv
verseuchten Gebiet stehe oder 1x 10 Minuten? Ist die Menge der
Strahlenaufnahme denn in beiden Fällen nicht die Gleiche?
Macht es also Sinn, wenn Menschen mehrfach eine Pause bei
solchen Arbeiten einlegen, kann sich die Strahlung dadurch
reduzieren?

Wenn du zu viel Strahlung in kurzer Zeit abkriegst, dann treten irgendwann Strahlungskrankheiten an, z.B. bei eher niedrigen Dosen dann so Sachen wie Übelkeit usw. Der Körper regeneriert sich sicher nach einiger Zeit danach wieder, deshalb kann es durchaus Sinn machen, lieber 10x 1 Minute raus zu gehen als 1x 10 Minuten. Auch kannst du z.B. auf Schäden an den Blutkörperchen reagieren, in dem du Bluttransfusionen gibst.

Was ist mit Maschinen (Hubschrauber, Bagger, Pumpen, etc.), die in
solchen Bereichen verwendet werden? Können diese durch Abwaschen des
radioaktiven Staubes wieder von der Strahlung befreit werden, so
dass man die Geräte später wieder normal verwenden kann, oder nimmt
das Material selbst ebenfalls eine Strahlung auf die sich nicht mehr
beseitigen läßt?

Auch das kommt auf die Art der Strahlung an. Radioaktive Partikel, die sich an der Oberfläche ablagern, kann man abwaschen und das Fahrzeug so dekontaminieren. Durch Neutronenbeschuss oder ähnliche Dinge können aber auch normale Elemente sich in radioaktive Isotope verwandeln und so ein Material dauerhaft radioaktiv machen. Dazu muss das Zeug aber sehr sehr lange solcher Strahlung ausgesetzt sein, was bei solchen Notfallmaßnahmen afaik nicht ins Gewicht fällt. Das ist eher ein Problem z.B. bei Bauteilen im Reaktor. Diese werden mit der Zeit radioaktiv und wenn das Kraftwerk abgerissen wird, müssen diese entsprechend als Atommüll entsorgt werden, obwohl sie vormals vielleicht ganz normaler Stahl waren. Da hilft dann abwaschen, also oberflächliche Dekontamination, nichts mehr.

vg,
d.

Unterscheide bitte zwischen dem radioaktiven Stoff und der von ihm ausgsandten Strahlung.

Radioaktive Stoffe können sich im Körper ansammeln und bestrahlen ihn dann dauerhaft von innen.

Die Strahlung hingegen sammelt sich nicht an. Da kommt es auch darauf an, wie lange man einer bestimmten Strahlungsintensität ausgesetzt ist.

Danke für die verständliche Erklärung, ich dachte dass der Körper durch die Strahlung genauso reagieren würde, wie Du es in Bezug auf den Stahl des Reaktors geschildert hast und das er durch die Aufnahme dann quasi selbst zum radioaktiven Stoff wird. Dazu reicht dann offensichtlich aber die Zeit nicht aus.

Zu der Vermutung kam ich übrigens, weil ich vor rund 12 Jahren noch im Kat-Schutz war (natürlich ohne Strahlenkatastrophe). Dort wurde uns seinerzeit erklärt, dass die Dosis die ein Dosimeter anzeigen würde für den Rest unseres Lebens in unserem Körper gespeichert bliebe. Das scheint dann wohl so nicht zu stimmen.

Daher war auch meine Überlegung ob verstrahlte Menschen überhaupt normal beerdigt werden können, oder ob man deren Leichen eventuell besonders gesichert werden müssen da Sie selbst Strahlung abgeben würden. Die Medien berichten über solche Themen leider gar nichts. Besteht denn eine solche Gefahr, wenn die Menschen größere Mengen radioaktive Isotope eingeatmet haben?

Kann die Anwesenheit verstrahlter Menschen wiederum andere Menschen gefährden, die sich in deren unmittelbarer Nähe aufhalten (eigene Geburten jetzt mal ausgenommen)?

Und vor der Aufnahme kannst du
dich z.B. mit entsprechenden Schutzanzügen gut schützen.

Das ist auch so ein Thema. Wenn ich im Krankenhaus geröntgt werde, bekomme ich eine dicke Bleischürze umgelegt um mich vor den Strahlen zu schützen. Bei einem Unfall in einem Atomkraftwerk hingegen laufen die Arbeiter mit vergleichsweise lächerlichen Einweg-Plastikanzügen bei der tausendfachen Strahlung frei herum. Auch hier frage ich mich, warum es für diese Menschen keine Strahlenschutzanzüge mit Bleieinlagen oder ähnlichem gibt oder warum diese nicht benutzt werden. Diese Plastikanzüge sind doch für die starke Strahlung kein Hindernis, oder? Das sie von den Staubpartikeln in der Luft schützen können ist mir schon klar, aber bei der hohen Strahlenbelastung müßte es doch auch einen Schutz vor der Strahlung geben die nicht durch Staubpartikel übertragen wird?

Hallo,

Zu der Vermutung kam ich übrigens, weil ich vor rund 12 Jahren
noch im Kat-Schutz war (natürlich ohne Strahlenkatastrophe).
Dort wurde uns seinerzeit erklärt, dass die Dosis die ein
Dosimeter anzeigen würde für den Rest unseres Lebens in
unserem Körper gespeichert bliebe. Das scheint dann wohl so
nicht zu stimmen.

Die Dosis wird insofern gespeichert, weil z.B. Schäden am Erbgut durch die einmal aufgenommene Strahlung eventuell nicht mehr repariert werden in deinem Körper. Insofern sind die Schäden am Körper sozusagen der bleibende Effekt der Strahlung. Aber du strahlst selbst deswegen ja nicht weiter, nur weil irgendwas in deinem Körper geschädigt wurde.

vg,
d.

Daher war auch meine Überlegung ob verstrahlte Menschen
überhaupt normal beerdigt werden können, oder ob man deren
Leichen eventuell besonders gesichert werden müssen da Sie
selbst Strahlung abgeben würden. Die Medien berichten über
solche Themen leider gar nichts. Besteht denn eine solche
Gefahr, wenn die Menschen größere Mengen radioaktive Isotope
eingeatmet haben?

Kann die Anwesenheit verstrahlter Menschen wiederum andere
Menschen gefährden, die sich in deren unmittelbarer Nähe
aufhalten (eigene Geburten jetzt mal ausgenommen)?

Und vor der Aufnahme kannst du
dich z.B. mit entsprechenden Schutzanzügen gut schützen.

Diese Plastikanzüge sind doch für die starke Strahlung kein
Hindernis, oder?

Doch, aber das hängt von der Art der Strahlung ab. Strahlung ist ja nicht gleich Strahlung. Beim Zerfall von Atomen sind das v.a. Alpha-Strahlung (das sind Heliumkerne), Beta-Strahlung (Elektronen) und Gammastrahlung (sehr harte elektromagnetische Strahlung).

Die Röntgenstrahlung im Krankenhaus ist, wie die Gammastrahlung, elektromagnetische Strahlung (wie auch Radiowellen oder sichtbares Licht). Die Röntgenstrahlung hat aber deutlich weniger Energie als die Gammastrahlung und lässt sich durch die Bleischürzen schon relativ gut abschirmen. Für die Abschirmung der wesentlich energie-intensiveren Gammastrahlung müsstest du dich jedoch eher mit einer halben Meter dicken Bleiplatte schützen. Das ist nicht praktikabel, weil dein Anzug dann mehrere Tonnen wiegen würde. Vor dieser Strahlung bist du in den Strahlenschutzanzügen deshalb nicht geschützt, weil man sich vor ihr kaum schützen kann. Das geht eben nur, in dem du möglichst viel Material (oft mehrere Meter dick) zwischen dich und die Strahlung bringen würdest, oder dich nicht so nahe an die Quelle der Strahlung begibst (Gammastrahlung nimmt mit dem Abstand quadratisch ab).

Die Anzüge schützen vor den beiden anderen Strahlungsarten, den Alpha- und Betastrahlen. Diese können im Gegensatz zu Gammastrahlung Materie kaum durchdringen und lassen sich schon durch wenige Millimeter dicken Stoff abschirmen. Vor dieser Strahlung bist du in den Anzügen daher praktisch sicher. Der Gammastrahlung sind die Arbeiter dort, wenn sie in direkter Nähe der Reaktoren und außerhalb von Schutzgebäuden arbeiten, auch mit den Schutzanzügen ausgesetzt. Gammastrahlung ist aber in erster Linie nur direkt am Reaktor ein Problem (wo viel Gammastrahlung entsteht), da die Strahlung mit der Entfernung zum Reaktor dann schnell abnimmt. Für die Leute in ein paar km Entfernung vom Reaktor ist es deshalb in erster Linie wichtig, sich vor der Alpha- und Betastrahlung zu schützen und v.a. vor der Aufnahme von solchen Partikeln, die Alpha- oder Betastrahler sind (z.B. Caesium-137).

vg,
d.

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Schön wenn man das endlich mal komprimiert und in einfachen Worten erklärt bekommt. Danke. :smile:

Der Schutzbereich um den Reaktor ist demnach vor allem für die Alpha- und Beta-Strahlung gedacht. Die Gamma-Strahlung hingegen tritt, durch das quadratische Abnehmen bei der Entfernung von der Quelle, also nur für einige hundert Meter im Umkreis auf.

Wie ist das mit den Stäuben die der Wind verbreitet? Beinhalten diese radioaktiven Stäube denn vorrangig Alpha- und Beta-Strahlungen oder auch Gamma-Strahlungen?

Hallo,

Der Schutzbereich um den Reaktor ist demnach vor allem für die
Alpha- und Beta-Strahlung gedacht.

So kann man das nicht sagen, er ist vor allem als Schutz vor dem Fallout gedacht, also der Verfrachtung von radioaktiven Partikeln durch Wind und Wetter. Diese kann in einigen Kilometern vom Kraftwerk bei entsprechendem Wetter und ggfs Regen natürlich in sehr hoher Konzentration herunter kommen. Welche Strahlung der Fallout dann mit sich zieht, ist eher zweitrangig.

Die Gamma-Strahlung hingegen tritt, durch das quadratische Abnehmen
bei der Entfernung von der Quelle, also nur für einige hundert Meter
im Umkreis auf.

Sie tritt auch durch den Zerfall von radioaktiven Partikeln auf, die herumgeweht wurden. Aber extrem konzentriert tritt sie in erster Linie direkt am Reaktor auf. Die anderen Strahlungsarten treten natürlich auch in direkter Nähe des Reaktors am stärksten auf, aber vor ihnen kann man sich relativ gut schützen, vor der Gammastrahlung dagegen kaum.

Wie ist das mit den Stäuben die der Wind verbreitet?
Beinhalten diese radioaktiven Stäube denn vorrangig Alpha- und
Beta-Strahlungen oder auch Gamma-Strahlungen?

Die Stäube beinhalten nicht die Strahlung, sondern die Strahler, also kleine Partikel die mit radioaktiven Stoffen wie z.B. Caesium-137 oder Strontium-90 verunreinigt sind. Diese Partikel geben dann die jeweilige Strahlung ab. Die Partikel selbst sind zwar vorrangig Alpha- oder Betastrahler, aber ihre Zerfallsprodukte geben teilweise auch Gammastrahlung ab. Caesium-137 zerfällt z.B. in Barium-137m und dies ist ein Gammastrahler.

vg,
d.

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