Verwirrendes Beiwort

Hallo Experten!
Es heißt „das Eigentum“, „das Siechtum“, „das Altertum“, „das Judentum“ usw. Wahrscheinlich gibt es noch über 100 Wörter mit dem Artikel das und „-tum“. Jetzt bin ich auch geneigt zu sagen, dass es „das Reichtum“ heißen müsste, heißt es aber nicht. Vielleicht bringt noch jemand die Geduld auf, mir zu erklären, warum es „der Reichtum“ heißt.
Beste Grüße
Franz

die und das Reichtum
Hallo Franz, wenn du schreibst

Jetzt bin ich auch geneigt zu :sagen, dass es „das Reichtum“
heißen müsste, heißt es aber nicht,

dann liegst du nicht so ganz verkehrt. Dieses Wort liess sich nicht so einfach auf ein Geschlecht festlegen, wie du bei Grimm nachlesen kannst:

"form und geschlecht. die masculine form ist die ursprüngliche, ahd. rîhhituom GRAFF 2, 394, mhd. rîchtuom sind nur männlichen geschlechts, ebenso alts. rîkidom, ostfries. rikedom, altn. rîkdômr; in ags. rîcedôm zeigt sich neutrales; mnd. rikedom m., daneben fem. im älteren nhd. finden sich masc. fem. und neutr. neben einander, der reichtum und das reichtum auf derselben seite FRÖLICH Stob. 447. LUTHER gebraucht das masc., seltener das neutr., MAALER kennt kein masc., ob ein fem. die rejchthumb, ist zweifelhaft. STIELER 1583 der und das reichtum; ADELUNG und CAMPE merken noch das schwanken des wortes zwischen neutr. und masc. geschlecht in oberdeutschen gegenden an. das schwanken des geschlechts im ältern nhd. veranschaulichen eine anzahl beispiele. neutr.: wer sich auff sein reichtum verleszt, der wird untergehen. sprüche 11, 28; es kam mir aber alles gutes mit jr, und unzelich reichthum in irer hand. weish. 7, 11; das grosz reichtum bedeckt was iemant schantlichs an ime hat. FRÖLICH Stob. 444; darumb musz dasselbig reichthumb schendtlich sein. AGR. sprichw. 79b; gute freund pflegte er seinen grösten schatz und höchstes reichthumb zu nennen. ZINKGREF apophth. 66; warum bemühen wir uns so sehr um das schnöde reichthum. WEISE kl. leute 154; mein bedienter muszte mein bündelchen unter den arm nehmen, mein ganzes reichthum. RABENER briefe 270;

reichthum soll man zwar nicht lieben, mag es, wann es kümmt, doch fassen.
LOGAU 3, 222, 21;

als fem.: soll die reichthumb reden. AGR. sprichw. 106b; die gröst reichthumb ist, kein gelt begeren. 333a; es möchte männiglich zu überflüssiger reichtum gedeien. FISCHART correctorium alchym. 6h; das er die witfraw … mit groszer reichthumb bekommen. Zimm. chr. 3, 18, 13; eygne vorgehabte reichtumb. S. FRANCK chron. (1531) 376b; er seye mit groszer mühe zu kleiner und schier mit keiner mühe zu groszer reichthumb kommen. SCHUPPIUS 378;

und welche reichtumb kan die brust
stehts für sorg und verdrusz bewahren?
WECKHERLIN ged. (1648) 499"

Ich hoffe, das genügt für heute abend, Bernhard

THUM, m. n.

Ich hoffe, das genügt für heute abend

Doch noch nicht genug, ich habe nochmals bei den Grimms Nachgeschaut, und finde tatsaechlich folgenden Eintrag:

„THUM, m. n., s. königthum th. 5, 1718 und dazu: küngclicher th‰m. G. OHEIM chron. v. Reichenau (ende des 15. jahrh.) 20, 28; bischoflicher tum, bischofthum, bisthum 5, 6.“

Mit anderen Worten: Thum (gäbe es das Wort heute noch, würden wir es „Tum“ schreiben) gab es als selbständiges Wort, maskulin und neutrum.

Bernhard

Hallo, Franz,

außer „Reichtum“ und „Irrtum“, die maskulin sind, sind alle anderen Wörter auf -tum Neutra!

Is so! Is Regel!

Fritz

Danke, Fritz und Bernhard! (mit Berichtigung)
Habe ich noch einmal Glück gehabt, dass keiner meinen Fehler bemerken wollte. Jetzt muss ich doch etwas berichtigen, allerdings mit der Überschrift „falsche Berichtigung“, weil die etwas lustiger ist. Wenn es keine Umstände macht, bitte ich diese „Berichtigung“ unter den franzistischen Regeln abzulegen.
"das" ist kein Beiwort, sondern ein Vorwort, weil es vor dem Substantiv steht"
Mit Dank für euer humoristisches Verständnis
Franz

unter den arm nehmen, mein ganzes reichthum. RABENER briefe
270;

reichthum soll man zwar nicht lieben, mag es, wann es kümmt,
doch fassen.
LOGAU 3, 222, 21;

als fem.: soll die reichthumb reden. AGR. sprichw. 106b; die
gröst reichthumb ist, kein gelt begeren. 333a; es möchte
männiglich zu überflüssiger reichtum gedeien. FISCHART
correctorium alchym. 6h; das er die witfraw … mit groszer
reichthumb bekommen. Zimm. chr. 3, 18, 13; eygne vorgehabte
reichtumb. S. FRANCK chron. (1531) 376b; er seye mit groszer
mühe zu kleiner und schier mit keiner mühe zu groszer
reichthumb kommen. SCHUPPIUS 378;

und welche reichtumb kan die brust
stehts für sorg und verdrusz bewahren?
WECKHERLIN ged. (1648) 499"

Ich hoffe, das genügt für heute abend, Bernhard

Hallo Fritz,

weisst du noch genaueres zur Regel? Lautet die einfach so:

„Die Wörter a, b, und c sind maskulin, die Wörter d, e, f sind neutral“

Wird sie also aus dem einzelnen Fall abgeleitet oder gibts da was Grundsätzliches, etwa:

„Wörter auf -tum sind maskulin, wenn es sich um substantivierte Adjektive handelt [reich, irre], sie sind neutral, wenn ein anderes Substantiv zugrunde liegt [König, Alter etc.]“

fragt gespannt

Bernhard

Ich fürchte, bester Bernhard,

so:

„Wörter auf -tum sind maskulin, wenn es sich um substantivierte Adjektive handelt [reich, irre], sie sind neutral, wenn ein anderes Substantiv zugrunde liegt [König, Alter etc.]“

kann man das nicht erklären.

Es ist zwar in der Tat so, dass das Suffix -tum meist, allermeist sogar, an Substantive, präziser gesagt, an Personenbezeichnungen - aber es gibt wohl Ausnahmen wie das Eigentum - angehängt wird, um das Charakteristikum dieser Personengruppe zu bezeichnen.

Also

Helden-
Mannes-
Offiziers-
Volks-
Epigonen-
Alter- (?)
König- (?)
Herzog- (?)
etc.

Herzogtum und Königtum u. ä. meinte wohl zuerst deren Würde und wurde erst sekundär auf deren Länder und Gebiete übertragen.

Und Eigentum entstand vielleicht aus der Bedeutung „Eigner“ => Eigentümer, das ja nicht nur der Plural von Eigentum ist, sondern auch die Person dessen, der besitzt meint … du siehst, man kommt hier vom Stöckchen auf Töpfchen, wird zum Tröpfchen und landet im weiteren Verlaufe in der Traufe. :wink:

Warum es Irrtum und Reichtum gibt, warum also hier das Suffix an Adjektive kam, weiß ich nicht zu sagen - obs überhaubt jemand weiß? -, aber sie sind von der Bildung her Sonderfälle und deshalb wohl auch beim Genus Ausnahmen.

Mehr fällt mir zunächst nicht ein.
Gruß Fritz