Verzwickt oder doch ein klarer Fall ?

Hallo,
ich wurde mit folgender Frage konfrontiert, auf die ich auch sofort eine Antwort parat hatte, allerdings dann doch so meine Zweifel bekam.
Sachverhalt:
Beim Betroffenen lag eine starke Demenz vor, gepaart mit Verfolgungswahn - letztendlich musste Anfang Juni
eine Zwangseinweisung erfolgen. Bereits Mitte Mai wurde bei der Pflegekasse ein Antrag auf Pflegegeld gestellt.
Mitte Juni wurde der Sohn des Betroffenen zum gesetzllichen Betreuer in Gesundsvorsorge und Vermögenssachen bestellt. Der Sohn war auch im Antrag als Pflegeperson angegeben. Mitt Juli erfolgte die Verlegung in ein Pflegeheim, seitens des Krankenhauses wurde bei der Pflegekasse die Pflegebedürftigkeit attestiert. Nach ca. sechs Wochen bewillligte die Pflegekasse ab Aufnahmetag in der Pflegeeinrichtung die sationäre Pflegeleistung. Gegen diesen Bescheid legte der Betreuer/Sohn Widerspruch ein mit der Begründung, dass ja schon Mitte Mai ein Antrag gestellt wurde, über den bosher aber nicht entschieden wurde.
Anfang Dezember verstarb der Betroffene Im Pflegeheim. Mit dem Tag endete natürllich auch die Betreuung durch den Sohn. Danach erfolgt ein neuer Bescheid, mit dem ab Mai rückwirkend Pflegegeld zugestanden
wurde. Das Bankkonto war noch nicht aufgelöst, deshalb wurde die Nachzahlung der Pflegekasse dorthin überwiesen.
Der Sohn hat noch einen Bruder, also handelt es sich um zwei gleichberechtigte Erben - Testment war keines vorhanden - Jetzt kommt die Frage - hat der Bruder ein Recht auf die Hälfte des Pflegeldes oder steht der volle Betrag dem Sohn zu, der auch die Pflegeperson war und ohne den es kein Pflegeld gegeben hätte sondern nur Sachleistungen.
Mein erste Reaktion war - ja, das Pflegegeld muss genau so wie alles andere Geld, was sich auf dem Konto befand,
an zwei Erben zu gleichen Teilen geteilt werden.
Aber dann kamen mir doch leise Zweifel und die hätte ich dann gerne hier ausgeräumt.
Danke und Gruss
Czauderna

Hallo,

Pflegegeld ist eine Leistung an/für den Pflegebedürftigen. - Nur dieser hat einen Anspruch,- so meine Kenntnis…Anspruch hat ergo nicht die pflegende Person (auch wenn selbstverständlich der Sinn des Pflegegeldes darin besteht, einen finanziellen Ausgleich für die pflegende Person zu schaffen) Der Betreuer (zu Lebzeiten-Betreuung endet mit dem Tod) hat im Sinne des Betroffenen zu handeln und übernimmt diese Aufgabe entweder ehrenamtlich oder gegen eine Vergütung. Zahlungen, die neben einer evtl. Vergütung seitens des Betreuungsgerichts erfolgen - gleich welcher Art - stehen nicht dem Betreuer zu; er hat diese lediglich im Sinne der zu betreuenden Person zu verwalten.

Lieben Gruß

Hallo,
vielen Dank, aber das hätte die Schlussfolgerung - wenn das Geld noch zu Lebzeiten eingegangen wäre, dass der Sohn, der Betreuer und Pflegeperson zugleich war, sich hätte das Geld „im Sinne seines Vaters“ hätte selbst auszahlen können ?.
Danke, meine Zweifel schwinden schon etwas.
Gruss
Czauderna

Hallo,

Leistungen aus der Pflegeversicherung stehen dem Pflegebedürftigen zu und nicht dem Pfleger. Der Bewilligungsbescheid müßte korrekterweise an den Pflegebedürftigen ergangen sein.

Gruß
Otto

Hallo,
danke, aber das war mir bekannt - ich habe selbst seit 1995 Pflegefälle entschieden und bearbeitet. Es handelt sich meiner Meinung auch mehr um eine rechtliche Frage als eine Frage der Bewilligung. Aus Sicht der Pflegekasse ist die Sache ganz klar geregelt - das Pflegegeld erhält der zu Pflegende und was der damit macht, bleibt ihm allein überlassen, er muss es nicht seiner Pflegeperson geben, er kann auch dafür z.B. Lotto spielen.
Die Problematik ist doch die, dass, als der Sohn noch Betreuer war, er zweifelsfrei „im Sinne seines Vaters“, weil der ja selbst nicht mehr konnte, das Pflegegeld an sich hätte auszahlen können, denn er hat ja seinen Vater bis zur Aufnahme ins Krankenhaus betreut und natürlich hätte ihm sein Vater (wahrscheinlich) auch das Pflegegeld gegeben, wenn er noch gekonnt hätte. Aber die Bewilligung kam nach seinem Tod. Ich bin ja auch zu 90% davon überzeugt, dass der Bruder die Hälfte bekommen muss. Alle bisherigen Antworten decken sich eigentlich mit meiner Auffassung. Warten wir mal ab, vielleicht meldet sich auch noch jemand, der meine Zweifel befeuert.
Gruss
Czauderna
PS: Übrigens, wenn es einen gerichtlich bestellten Betreuer/in gab, dann wurden Bewilligungsschreiben auch nur an diese geschickt, wenn der/sie da so wollte aber natürlich war der zu Pflegende trotzdem der Leistungsempfänger

Hallo,

ja. Genau so sehe ich - mit meinem geringen juristischem Sachverstand - die Angelegenheit.

Lieben Gruß

…ergänzend:
angenommen, der Sohn wäre „lediglich“ pflegende Person - die Betreuung durch einen Berufsbetreuer wahrgenommen…dann würde die Zahlung auch nicht an den Betreuer erfolgen…
Schönen Sonntag noch

Richtig aber falls der Bruder so skrupellos sein sollte sich das unverdiente Pflegegeld in die eigene Tasche zu stecken, bleibt es dem pflegenden Sohn dann ja unbenommen dafür eine Rechnung für die erbrachte Pflegeleistung an den nicht pflegenden Bruder zu stellen. ramses90

Hallo ramses,
ja, das macht Sinn - so werde ich auch weitergeben -aber, da es sich offenbar nur um ca. 200,00 € handelt, wird es wohl ausgehen wie das „hornberger Schiessen“.
Nochmals vielen Dank an alle - super - das war`s dann.
Gruss
Czauderna

Das Pflegegeld fällt zunächst mal ins Erbe, da der Anspruch auf das Pflegegeld dem Erblasser zugestanden hat.

Für den Sohn gibt es aber seit 2010 durchaus eine erbrechtliche Möglichkeit einen Ausgleich für seinen Pflegeaufwand zu bekommen. D.h. er müsste den zeitlichen Aufwand nachweisen, und einen angemessenen Stundensatz für seine Pflegeleistung bestimmen, und gegenüber dem Bruder als Pflegeleistung geltend machen, die dann vor Verteilung des Erbes an ihn auszuzahlen wäre. D.h. die nach gesetzlicher Erbfolge dann zu gleichen Teilen zwischen den Brüdern aufzuteilende Erbmasse wird dann vorab um den Ausgleich für die Pflegeleistung gemindert, und der pflegende Sohn erhält dann zusätzlich zu dem mit einem Bruder identischen Erbteil auch noch den vorab abgezogenen Ausgleich für die Pflegeleistung. Also bei z.B. € 100.000 Nachlass und € 10.000 Ausgleich für Pflegeleistung bekäme der pflegende Sohn dann diese € 10.000 und die Hälfte der verbleibenden € 90.000, also € 45.000. macht unter dem Strich € 55.000, während der nicht pflegende Bruder nur die € 45.000 bekommt.

Das Problem an der Sache ist allerdings in der Praxis oft der konkrete Nachweis von Zeitaufwand und anzusetzendem Stundensatz. Das muss dann im Falle des Falles durch ein Gericht im Klageweg festgesetzt werden.

Hallo,
vielen Dank - ja, grundsaetzlich nachvollziehbar und auch durchaus logisch. Wie schon geschrieben, ich werde es auch so weitergeben, aber wegen der Summe um die es da zu gehen scheint wird sich ein solcher Aufwand nun wirklich nicht lohnen - die werden sich schon einigen.
Gruss
Czauderna