Viele Jobs im Lebenslauf

Hallo

Bei uns hat sich Jemand beworben mit sage und schreibe 20 Jobs innerhalb von 20 Jahren darunter auch längere Zeiten von Arbeitslosigkeit. In dieser Zeit hat er aber sehr viele Erfahrungen sammeln können im Vergleich zu Bewerbern, die in dieser Zeit nur 5-6 Jobs hatten.

Kann es sein, dass man bei vielen Jobwechseln mehr lernt als Jemand der im selben Job bleibt (irgendwann kehrt die Routine ein)? Die Routine war auch einer Haupttreiber des o.g. Bewerbers. Ich finde dies eigentlich positiv. Wie seht ihr das?

Beste Grüsse
E-Bilanz

Ich vermute da zunächst mal einige Schwierigkeiten. Bei 20 unterschiedlichen Jobs ( in unterschiedlichen Bereichen oder in etwa der gleichen Ecke ?) muss tiefere Berufserfahrung/ Routine nicht automatisch vorliegen.
Bei den Gründen für einen derartig häufigen Jobwechsel fällt mir als Erstes „wenig Anpassunsfähigkeit“ ein.
Das können - vermutlich aber nicht in dieser Häufigkeit - besondere private Lebensumstände sein.
Eher aber so etwas wie wenig Flexibilität bei der Anpassung eigener Vorlieben an reale Gegebenheiten.
Ich wäre da vorsichtig.
Würde mir die Bewerberin/ den Bewerber dennoch zur persönlichen Vorstellung einladen. Dann bekommst Du einen Eindruck und kannst gezielt für den zu vergebenden Job nachfragen.
LG
Amokoma1

Hallo E-Bilanz,

schwer zu sagen ohne den Bewerber, seine Qualifikationen und die ausgeschriebene Stelle, für die er sich bewirbt, zu kennen.

Im Allgemeinen sehe ich häufige Jobwechsel eher negativ: Jemand der so häufig den Arbeitgeber und sogar die Branche wechselt, hält einfach nicht durch. Erst ist er Feuer und Flamme für die Tätigkeit und sobald erste Rückschläge kommen oder sich die öde Routine einstellt, verliert er das Interesse und ist auf und davon.
Evtl. hat der Bewerber auch charakterliche Schwächen oder psychische Probleme, die ihn immer wieder den Arbeitsplatz wechseln lassen.

Aber das ist nur meine allgemeine Ansicht zu dem Thema.

Sollte der Bewerber dennoch einen so guten Eindruck auf Dich machen, dass Du es mit ihm versuchen willst, würde ich mir für die erste Zeit jedenfalls einen Plan B bereithalten, für den Fall das der Kandidat doch die Brocken hinwirft.

Dein
Ebenezer

Hallo,

Kommt drauf an. Wenn man als Koch in 20 Jahren in 20 Küchen arbeitet, hat man vielleicht nicht viel mehr gelernt, als jemand, der in der selben Zeit nur 4 verschiedene Arbeitsplätze hatte.

Aber ja, wenn man immer unterschiedliche Aufgaben übernimmt, kann man erhält man in ein breites Feld Einblick. Und wenn man sich bemüht, lernt man auch viel. Aber ob man jemals in einem Job eine gewisse Professionalität an den Tag gelegt hätte, ist doch fraglich. Vielleicht hat er sich noch nicht mal wirklich eingearbeitet. Ich persönlich würde Abstand davon nehmen, so jemanden einzustellen. Er schiene mir zu unzuverlässig, zu unstet. Kaum hat der sich halbwegs an seine Aufgaben, seine Kollegen, das Unternehmen, die Kunden gewöhnt, wäre er schon wieder weg.

Da ich ein sehr großes Vorstellungsvermögen besitze, kann ich mir auch vorstellen, dass es extrem intelligente und kreative Menschen gibt, die nur für Projekte eingestellt werden, extrem gut bezahlt werden und deren zeitweilige Beschäftigung ein enormer Gewinn für das jeweilige Unternehmen war. Aber so jemand würde nicht die Jobs in den Vordergrund stellen, sondern seine Projekte und die Empfehlungen.

Nun ja, dann gibt es auch noch die Menschen, die in das „normale“ Arbeitsleben nicht reinpassen. Sie beherrschen viele der Softskills nicht und haben spezielle Begabungen, die nur wenige Menschen erkennen und gezielt einsetzen können. Dabei denke ich gerade an Autisten. Mehr und mehr Arbeitgeber erkennen, dass diese Menschen, richtig eingesetzt und mit einem für sie passenden Arbeitumfeld umgeben, mehr leisten, als es neurotypische Menschen jemals könnten. Allerdings ist der Weg der Erkenntnis ein sehr steiniger und kann tatsächlich von so vielen Jobs und langen Arbeitslosigkeiten geprägt sein. So einen Menschen sollte man mit professioneller Begleitung einstellen.

Grüße
Pierre

Servus,

ja, schon - allerdings mit der Einschränkung, dass nicht abgefragtes Wissen zuerst einschläft und dann verschwindet. Ich kann nach einer ebenfalls stattlichen Anzahl von Jobs (altershalber bin ich jetzt erstmals länger als drei Jahre auf einer Stelle) zwar eine riesige Latte von Dingen aufzählen, die ich mal beherrschte und wusste, aber aus dem Stand wieder z.B. unter SAP buchen, Baulohn abrechnen oder nach den Vorschriften französischer Rechnunglegung konsolidieren könnte ich ganz sicher nicht.

Die sehr kurzen Verweildauern von, wenn ich richtig rechne, in der Regel weniger als einem Jahr weisen nicht so sehr auf einen reichen Erfahrungsschatz Eures Kandidaten hin, sondern eher darauf, dass da (auch wenn er es wohl anders sieht, das tu ich in eigener Sache auch) etwas ist, was ihn daran gehindert hat, auch nur irgendwo ein bissele Kontinuität in seine Vita zu kriegen.

Und dieses ‚etwas‘ bringt er auch zu Euch mit.

Überleg Dir halt, ob und wieviel Du in einen Mitabeiter investieren willst, der mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit nicht bleiben wird. Oder umgekehrt - was es ausmachen könnte, dass er dieses Mal mal irgendwo bleibt?

Schöne Grüße

MM

Hallo,

es kommt auch auf die Rahmenbedingungen an.

Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung sind sehr viele Beschäftigte in der Zeitarbeitsfalle „hängengeblieben“ und/oder mit befristeten Verträgen abgespeist worden. In solchen Fällen könnten - vor allem auch in Verbindung mit Zeiten der Arbeitslosigkeit - viele verschiedene Arbeitgeber auch bedeuten, daß sich da jemand immer wieder in den Arbeitsmarkt „zurückgekämpft“ hat und eine entsprechende Motivation hat.

&Tschüß
Wolfgang

Ganz praktisch ist es für einen AG doch so, dass ein MA je nach Anforderungsprofil erst nach einigen Monaten wirklich „sein Geld wert ist“. D.h. dem Unternehmen mehr einbringt, als er kostet. Kannst sich deine Firma es leisten, ggf. einige Monate in einen MA zu investieren, der geht, sobald er anfangen würde, dieses Geld zurück zu spielen?

Natürlich muss man sich ansehen, was derjenige wo konkret gemacht hat. Ich glaube aber hier nicht an eine Projekttätigkeit. Denn solche wird schon seit vielen Jahren nicht mehr über Festanstellungen bei denjenigen abgewickelt, die das Projekt betreiben, sondern weit überwiegend über Dienstleister, die dann Personal in ANÜ bereitstellen, oder so genannte Freelancer vermitteln, die dann als Selbständige oder über eigene Mini-Firmen arbeiten.

Häufig handelt es sich bei solchen Leuten tatsächlich um Menschen, die fachlich ggf. sogar herausragend sind, aber auf anderen Ebenen massive Defizite haben (die durchaus Krankheitswert haben können). Das ist dann tragisch. Kann aber vom AG nicht geändert und beeinflusst werden, wenn der AN dies nicht selbst einsehen und erkennen kann. Teilweise handelt es sich auch um Leute, die sich „sehr gut verkaufen können“, dann aber spätestens im 1. Jahresgespräch den Offenbarungseid leisten müssten, und die daher dann vorher das Weite suchen/die man danach dann auffordert zu gehen.

Als AG würde ich von all diesen Leuten die Finger lassen.

Es kommt wirklich darauf an. Waren die 20 Jobs alle im selben Tätigkeitsbereich oder haben diese von Job zu Job variiert? Natürlich lernt man durch zahlreiche Jobs mehr und gewinnt deutlich mehr Berufserfahrung. Denn längst nicht jedes Unternehmen arbeitet nach dem einheitlichen Schema. Jedes Unternehmen ist auf seine Art anders und arbeitet auch anders. In jedem Fall dürfte der Bewerber mit den meisten Jobs deutlich mehr Branchenkenntnisse haben, oder in bestimmten Programmen einfach fitter sein als andere. In Bezug auf die Anzahl der Jobs musst du dich fragen, woran es gelegen hat, dass er so viele Jobs gewechselt. Lag es wirklich nur an der sich einpendelnden Routine oder aber hat er jedes Mal Einjahresverträge bekommen und ist nicht übernommen worden.

Hey E-Bilanz,

ich würde den Bewerber im Gespräch dazu genau befragen und auf den Zahn fühlen. 2-4 Jobwechsel sind sicherlich sinnvoll (gutes Netzwerk, Einarbeiten in verschiedene Systeme, Anpassungsfähigkeit), bei 20 Wechseln stellt sich allerdings wirklich die Frage, woran es lag. In der Regel kann es im Hinblick auf Beförderungsmöglichkeiten ja nicht das Interesse eines Arbeitnehmers sein, nur für kurze Zeit bei einem Unternehmen zu arbeiten. Vielleicht hat der Bewerber Probleme mit Autorität? Oder ihm wird einfach schnell langweilig.
Ich wäre da sehr vorsichtig. Es ist bestimmt wahrscheinlich, dass er in eurem Unternehmen ebenfalls nicht lange durchhalten würde.

Außer natürlich, er kann das im Gespräch sinnhaft begründen.
Viel Erfolg bei der Entscheidung!

5-6 Arbeitsstellen in 20 Jahren ok, aber 20 bedeutet für mich, dass es sich um einen Hinschmeißer handelt, jemanden der von auftauchenden Problemen davon läuft.
Udo Becker