Villa-Lobos und Merikanto

Hallo Peet, Thomas Miller und Wolfgang! Liebe andere Experten!

Seit zwei Jahren interessiert mich eine musikalische Randbereichs-Petitesse ungemein und weder die Musiker noch der Musikjournalist aus meinem Bekanntenkreis konnten mir wirklich helfen.
Es geht um die Klavierkonzerte von Villa-Lobos, die ich in meiner Sturm-und-Drang-Zeit teilweise vom Rundfunk mitgeschnitten habe; die Gesamtausgabe mit Cristina Ortiz scheint es laut amazon nicht mehr zu geben.
Vor einigen Jahren habe ich das 2. Klavierkonzert des Finnen Aarre Merikanto (1935) in einer neuen Aufnahme mitgeschnitten, die offensichtlich laut amazon erhältlich ist. Dort finden sich auch Hörproben.
Nun: Von Anfang an hat mich die Ähnlichkeit der Schreibweise verblüfft. Das heißt, dieser Merikanto klingt m.E. frappierend (Orchesterfarben, Klavierbehandlung, spezifische Phrasen, irgendwie alles…) wie Villa-Lobos, obwohl das Konzert ja vor denen des Brasilianers erschienen ist und trotz des (m.E.!) völlig anderen Kulturkreises.
Ich muss dazu sagen, dass ich ein ganz großes Faible für den Brasilianer habe, ungeachtet (oder gerade wegen) der Tatsache, dass er sich als Vielschreiber natürlich immer wieder markant selber kopiert. Aber warum sollte man den Finnen mit ihm verwechseln können?
Wenn jemand die Konzerte kennt oder in der Lage ist sie kennen zu lernen, würde mich ein Kommentar brennend interessieren.
Lasst Euch ggf. Zeit (siehe oben!)

Viele Grüße!
Wolfgang Zimmermann

Hi Wolfgang!

Hast du mit folgenden anderen Klaverkonzerten versucht? Nämlich von Falla und von Ravel? Neoklassizismus der französischen Prägung wäre hier das Stichwort, das Gemeinsamkeiten erklären würde.

Auf jeden Fall eine sehr schöne Idee, Aarre Merikanto mit Villa Lobos zu vergleichen! :smile: Das brasilianische wird bei dem zweiten genauso oft überbetont, wie das Finnische bei dem Ersten. Man weiß es einfach, weil es sowieso stimmt.

Zu Merikanto ein netter Link:

http://www.fimic.fi/fimic/fimic.nsf/0/d9257d19e1452d…
http://www.fimic.fi/fimic/fimic.nsf/0/5054b9eb73879f…,

Viele Grüße

Villa-Lobos, Merikanto und etwas mehr
Hallo Peet!

Erst einmal besten Dank für Deine rasche Antwort und die angegebenen Links. Sie müssen mir bei entsprechender Google-Suche entgangen sein; ich glaube aber, dass ich auf „deutsche Seiten“ eingeschränkt hatte, was nicht so genial ist.

Ganz locker lassen möchte ich noch nicht!

Das Vergleichsangebot mit Ravel (weniger; ist zu bekannt und von daher zu typisch anders) und de Falla (schon eher; Du meinst die „Nächte in spanischen Gärten“, oder?) leuchtet mir gewiss ein, was den gemeinsamen Nenner „Neoklassizismus“ anbelangt. Da sind schon Ähnlichkeiten da, keine frappierenden. Ebenso ist mir klar, dass es bei Villa-Lobos nicht so sehr um das Brasilianische gibt. Wenn man Diverses von ihm kennt, interessiert das nicht mehr wirklich. Man erkennt dann - ganz banal - den Personalstil und nichts anderes. So sollte dies - im 20. Jahrhundert viel mehr als im 19., und im 19. viel mehr als im 18. - doch bei aller unverwechselbaren Musik sein!

Natürlich höre ich - und das macht den Reiz musikalischer Vergleiche auf einer breiten Basis aus - etwa im langsamen Satz des 3. Klavierkonzerts von Prokofieff auffällige Ähnlichkeit mit Rachmaninow. Und ich nehme das Spezifische bei Strawinsky irgendwie doch wahr, gleich ob aus der expressionistischen, der neoklassizistischen oder der späten Schaffensphase. Tausend andere Beispiele…

Den Links kann ich entnehmen, dass auch Merikanto Vieles ausprobiert hat. Hat er einen erkennbaren Personalstil entwickelt? Ich weiß es nicht; ich kenne nur dieses eine Werk! Wie wichtig ist dieser finnische Komponist?

Ich weiß nicht, ob Du ganz konkret das 2. Klavierkonzert von Merikanto gekannt hast oder jetzt kennst - und zum Vergleich das 2. oder 3. von Villa-Lobos zum Beispiel. Ich bestehe immer noch auf dieser frappierenden Ähnlichkeit über Zufallsparallelen oder den gemeinsamen Neoklassizismus hinaus. Oder habe ich mich da wirklich verrannt? Ich habe das Werk jetzt x-mal gehört und verstehe nicht, wieso es nicht von dem Brasilianer ist, so seltsam das auch sein mag …

Also - falls Du Lust hast - machen wir noch ein bisschen weiter!

Herzliche Grüße,
Wolfgang Zimmermann

Hallo Wolfgang,

im Moment komme ich nicht dazu, deine Beobachtung gründlicher zu überprüfen. Wenn ich soweit bin, melde ich mich dazu.

Wie wichtig ist dieser finnische Komponist?

Muß es gleich ein Kanon sein? eine Hierarchie?.. :smile:

Ich würde die Frage anders stellen: Warum hat de Falla (oder Strawinsky, oder Ravel etc.) viel mehr seine Zeitgenossen beeinflusst? Warum kennt man Sibelius ziemlich gut, und den Merikanto kaum?

Auf jeden Fall möchte ich deine Interessenrichtung ausdrücklich sehr unterstützen. Das Glasperlenspiel darf nicht aufhören! :smile:

Viele Grüße