Viren

Hallo Biologen,

Bin ich richtig: Da Viren keinen Zellkern haben, wie denn können sie sich so rasant vermehren ? Bei den Bakterien ist ja eine Zellkernteilung der Input zu Vermehrung. Ich nehme an dass Bakterien strehg genommen Lebewesen sind. Aber Viren ???

Mit Dank und Gruss: harta

Huhu!

Bakterien haben mitnichten einen Zellkern. Sie haben ein „Bakterienchromosom“, das im Nucleoid (Zellkernäquivalent) liegt, das ist aber kein Zellkern im eigentlich Sinne, da sie keine Kernmembran haben. Bakterien sind trotzdem Lebewesen, da sie sich alleine fortpflanzen können, wenn man ihnen die richtigen Nährstoffe gibt.

Viren hingegen bestehen meist aus einer Protein- (oder Lipid)-Hülle, ein paar Enzymen und ein bischen DNA-/RNA. Man könnte jetzt sagen, das Bakterien aus genau den selben Bestandteilen bestehen, allerdings dienen bei Viren die Enzyme und die RNA nur dazu, den Virus in eine Wirtzelle zu bringen, und sie dazu zu zwingen, ihn zu vermehren.

Oder, besser, ihn neu zu bauen.

Der Virus kann sich nicht alleine Fortpflanzen, dazu ist er zwingend auf einen Wirtsorganismus angewiesen.

Als Metapher mag folgendes dienen:
Eine Zelle, gleich ob Archeae, Bakterie oder Eukariothe, ist wie ein CD-Laufwerk mit angebauter Fabrik. Solange die richtige CD im Laufwerk liegt (die richtige DNA vorhanden ist) dupliziert die Fabrik sich. Ein Virus hingegen ist quasi eine CD, die die Fabrik dazu bringt, mehr CDs herzustellen und zu verteilen. Die Fabrik kann sich dann entweder nicht mehr selbst vermehren, oder explodiert gar, womit sie die CDs weiterverteilt. Die Verpackung der CDs ist so hübsch, das naive andere Fabriken die CDs in sich einlegen.

(Die Metapher hinkt, eine bessere ist mir bis heute nicht eingefallen.)

Viele Grüße, und hoffe geholfen zu haben.
Ph.

Hallo Scrabz,

Bin mehr als zufrieden mit Deiner Erklärung und
noch vielen Dank !

Es grüsst: harta

Hallo Rentner :wink:

Viren haben keinen Zellkern, richtig. Ob sie zu den Lebewesen gehören, ist unter Extremisten durchaus noch in der Diskussion. Die Mehrheit der Biologen zählen Viren aber nicht zu den Lebewesen, weil sie keinen eigenen Stoffwechsel besitzen. Und ein solche ist - neben anderen Kriterien - eine notwendige Eigenschaft von „Lebendigkeit“.

Rasant vermehren (lassen!) können sich Viren auf mehreren Gründen:

  • sie haben ein sehr kleines Genom, da muss nicht viel kopiert werden
  • sie tolerieren enorm viele Mutationen, daher kann auch „quick & dirty“ kopiert werden
  • sie haben keine aufwändigen eigenen Strukturen (etwas Hülle, u.U. ein paar kleine Enzyme dazu und fertig)
  • die nutzen z.T. die gesamte Stoffwechselleistung der Wirtszelle für einen Vermehrungszyklus. Dabei geht die Zelle letzlich kaputt. Insgesamt nutzen sie eine im Vgl zu ihrer eigenen Größe gewaltige Stoffwechselmaschinerie, deren Komponenten nicht mit verdoppelt werden müssen, sondern bis zum Totalausfall (über-)beansprucht werden.

Bakterien haben keinen Zellkern. Nuja, man unterscheidet Eubakterien und Archaebakterien, und die Archaea haben wohl einen Zellkern, aber wenn man gemeinhin von Bakterien spricht, meint man die Eubakterien. Und eben die haben keinen Zellkern. Ihr genetisches Material ist ein DNA-Ring („Ringchromosom“), was oft durchaus kernähnlich strukturiert ist im sog. Kernäquivalent, der schwinmmt aber relativ „frei“ im Zellplasma. Das ist also definitiv kein Kern, wie ihn die Archaea oder die Eukaryoten haben (mit Doppelmembran, Kernporen, Laminingerüst, Nukleolus, und und und).

Eine rasante Vermehrung haben auch einzellige, eukaryote (also bekernte) Parasiten. Wegen der höheren Komplexität dauert das alles zwar länger als bei Viren, aber das kann schon verdammt schnell gehen. Dabei werden wieder Wirtszellen geopfert, um gleichzeitig eine Vielzahl neuer Parasiten zu bilden.

VG
Jochen

Daher kommt es auch das man Computervierus sagt. So wie der Vierus die Zelle umprogrammiert macht er es mit dem PC.

Huhu!

Viren haben keinen Zellkern, richtig. Ob sie zu den Lebewesen
gehören, ist unter Extremisten durchaus noch in der
Diskussion. Die Mehrheit der Biologen zählen Viren aber nicht
zu den Lebewesen, weil sie keinen eigenen Stoffwechsel
besitzen. Und ein solche ist - neben anderen Kriterien - eine
notwendige Eigenschaft von „Lebendigkeit“.

  • sie tolerieren enorm viele Mutationen, daher kann auch
    „quick & dirty“ kopiert werden
  • die nutzen z.T. die gesamte Stoffwechselleistung der
    Wirtszelle für einen Vermehrungszyklus. Dabei geht die Zelle
    letzlich kaputt. Insgesamt nutzen sie eine im Vgl zu ihrer
    eigenen Größe gewaltige Stoffwechselmaschinerie, deren
    Komponenten nicht mit verdoppelt werden müssen, sondern bis
    zum Totalausfall (über-)beansprucht werden.

Eine Anmerkung, aus einem Vortrag eines israelischen Wissenschaftlers.
Der hat mit der Datenbank von Craig Venter rumspielen dürfen - Craig ist reich und hat unter anderem die größten Sequenzierkapazitäten weltweit zur Verfügung und eine Jacht. Mit der Jacht fährt er wohl durch die Gegend und zieht willkürlich Wasserproben, schickt sie nach hause und läßt alles an DNA darin sequenzieren.
Wenn man genug Einfluss und Geld hat, darf man darin rumsuchen - bearbeiten tut Mr. Venter die nämlich nicht.

Und da hat der israelische Wissenschaftler entdeckt, das anscheinend eine Sorte Bakteriophagen, die auf Cyanobakterien gehen Gene für Lichtsammelkomplexe haben. Das liegt anscheinend daran, das sie, sobald sie in die Zelle reingekommen sind, die gesamte Translation in der Zelle zum erliegen bringen, außer der für ihre eigenen Gene.

Der turn-over für diese Lichtsammelkomplexe ist aber schneller als der Fortpflanzungszyklus des Virus, d.h. es ist günstig für ihn, wenn er ein schnell zu transkribierendes Gen dafür mitbringt.

Interessanterweise übernehmen die Cyonabakterien diese Gene teilweise, da sie effizienter sind, als ihre ursprünglichen - der Wissenschaftler meinte, offensichtlich können die Phagen es sich leisten, „genetische Experimente“ für die Cyanobakterien anzustellen, die für diese zu kostspielig wären.

Das wäre eine Stelle, an der Viren tatsächlich nützlich sind, auch für ihre Wirte.

Nur als Anmerkung. Leider habe ich Namen und Titel seines Papers vergessen.

[…], und die Archaea haben wohl einen Zellkern, […]

Haben sie? Das wäre mir neu. Bei der Wikipedia steht auch, das sie keinen haben, und ich meine, der Brock sagt das auch - ich bin mir aber keineswegs sicher. Wo hast du das denn her?

Viele Grüße!
Ph.

Hallo
So gesehen könnte man sagen, Viren SIND Zellkerne.
Mit etwas anderer Ausstattung der Hülle trifft das in etwa zu.
Wie sich Viren vermehren, wurde schon erzählt.
Ein oder mehrere Viren befallen eine lebende Zelle und machen sich deren Apparate zunutze.
Die Zelle kann zum Beispiel platzen, woraufhin viele tausend neue Viren ausgeschieden werden können.
MfG
Matthias

Tach auch!

Die Anmerkung ist gut. Ich denke, dass Viren ein integraler Bestandteil evolutiver Prozesse überhaupt sind, insbesondere bei der frühen Evolution. In gewisser Weise sind es unsere eigenen, extrakorporalen Erbträger.

Und zu deiner Rückfrage: Du hast Recht. Da habe ich Bockmist erzählt. Archaea haben auch nur ein Kernäquivalent, manchmal als Nukleosid bezeichnet (so wie der DNA-Baustein). Ich hatte im Kopf durcheinandergebracht, dass Archaea in der Diskussion stehen, an der Entstehung der eukaryoten Zellkerne beteiligt gewesen zu sein. Irgendwo meine ich aber auch mal gelesen zu haben, dass es (waren es methanogene?) Archaea gäbe, die tatsächlich ein Membranumspanntes Nukleosid haben. Da habe ich aber keine Quelle zu :frowning:

VG
Jochen

1 Like

DAS Virus - nicht der Virus. owT

Daher kommt es auch das man Computervierus sagt. So wie der
Vierus die Zelle umprogrammiert macht er es mit dem PC.

LG
Jochen

http://www.duden.de/deutsche_sprache/sprachberatung/…

Vom sprachwissenschaftlichen Standpunkt vielleicht nicht schön, aber der Duden erkennt beides an… :smile:

Gruß, Jesse

was mal wieder zeigt:
Wenn viele den selben Fehler machen, dann ist das kein Fehler mehr :smile:

LG
Jochen