- Hypothese: vorübergehendes Anpassungsproblem
Hallo Sara-Mae!
Ich will einmal versuchen, meine Gedanken zur Situation Deiner Tochter mitzuteilen.
Es sollte wohl nicht verwundern, daß ein Wechsel eines Lehrers / Lehrerin für SchülerInnen eine Umstellung bedeutet. Weil sich im Fall Deiner Tochter die Lehrmethoden der beiden Lehrkräfte sehr unterscheiden, kann diese Umstellung auch einmal zu größeren Problemen führen. So würde ich jedenfalls den Leistungsabfall Deiner Tochter bewerten, nachdem die Lehrkraft wechselte und die Betonung anschließend mehr auf Leistung lag und jetzt immer noch liegt. Der Wechsel fand im Herbst letzten Jahres statt und schon nach Weihnachten - nach einem Vierteljahr - hat sich Deine Tochter anscheinend angepaßt und bringt gute Leistungen. Dies spricht doch dafür, daß es sich um ein vorübergehendes Anpassungsproblem handelte.
Daß mit den „autistischen Zügen“ finde ich ein starkes Stück. Ich glaube nicht, daß der Lehrer sich bewußt ist, was „autistische Züge“ wirklich sind. Hört sich halt gut an - so ein Fremdwort. Daß Deine Tochter einen Leistungsabfall (wenn überhaupt: Möglicherweise war vorher die Leistung einfach nicht notwendig, so daß Deine Tochter sie auch nicht erbringen mußte) zeigte und sich mündlich nicht beteiligte, deutet doch nicht auf „autistische Züge“ hin: Sprechen kann sie doch, oder? Und geistig behindert ist sie auch nicht! Freunde hat sie wahrscheinlich auch und schwerwiegende Entwicklungsstörungen haben vor dem 3. Lebensjahr wahrscheinlich auch nicht eingesetzt. Wenn es anders wäre, dann könnte man von „autistischen“ Zügen sprechen. Aber sonst sollte man es nicht, auch nicht wenn man es nur im übertragenden Sinn meint. Siehst Du, der Lehrer hat Euch gleich so verunsichert, daß ihr mit dem Kind zum Psychologen mußtet. Dabei handelte es sich höchstwahrscheinlich nur um ein vorübergehendes Problem. Hoffentlich hat Deine Tochter wegen des ganzen „Autismus“-Getues keinen Knacks weg.
Zum Intelligenztest: Intelligenztests gibt es viele. Und viele Intelligenztests haben Untertests, die verschiedenes messen. Wenn man nicht genau weiß, was für Tests gemacht wurden und wie die Ergebnisse aussehen, in was für einer „Atmosphäre“ sie stattfanden usw., kann man absolut NICHTS darüber sagen. Wahrscheinlich wurden der HAWIK-III (Hamburg Wechsler Intelligenztest für Kinder) oder die K-ABC (Kaufman Assessment Battery for Children) gemacht. Daß der Psychologe meinte, die meisten Untertestergebnisse sind überdurchschnittlich, ist überaus ermutigend für Deine Tochter. Was mit den Wahrnehmungs"störungen" ist, kann nur der Psychologe sagen, der den Test gemacht und interpretiert hat. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Einstufung einiger Untertestergebnisse, die dem Bereich Wahrnehmung zugeordnet werden können. Diese Zuordnungen sind von Psychologe zu Psychologe leicht unterschiedlich (ans Handbuch halten sich die meisten oft nicht). Ohne die genauen Ergebnissen kann man aber nichts darüber sagen.
Und daß mit der Ergotherapie - naja, ich weiß nicht. Wenn es sich bei dem „Vorfall“ mit Deiner Tochter nur um ein vorübergehendes Anpassungsproblem handelte, dann weiß ich nicht, was Ergotherapie soll. Ich weiß sowieso nicht, was das soll, ein Kind bei einer Leistungsschwäche innerhalb eines Quartals gleich zum Psychofall abzustempeln (und dann noch von „autistischen Zügen“ zu sprechen, ist die Höhe). Vielleicht hätte es auch getan, einfach mehr mit dem Kind zu üben, fleißig Hausaufgaben zu machen und sanft und unterstützend darauf hinzuwirken, daß das Anpassungsproblem vorübergeht (vielleicht hätte der Lehrer auch etwas sensitiver für die Umstellungsschwierigkeiten seiner schutzbefohlenen SchülerInnen sein sollen - würde mich nicht wundern, wenn andere Kinder auch Probleme hatten).
Meine Vermutung ist einfach: Deine Tochter fühlte sich in der Schule unwohl aufgrund des Lehrerwechsels und anstatt auf seiten des Lehrers auch einmal nachzudenken, was er dafür tun könnte, daß es Deiner Tochter besser gefällt, hat er das Problem ganz einfach nur bei ihr gesehen und nicht auch im Lehrerwechsel (also z.T. auch bei sich).
Grüße,
Oliver