völkerkunde

Liebe/-r Experte/-in,

es geht um das Thema Völkerkunde. Eine Freundin ist Dänin und entspricht äußerlich eher dem klassischen Typ der Italienerin (sehr dunkelbraunes, fast schwarzes Haar, wobei sie aber nicht so dunkle Haut hat). Ihre Vorfahren waren aber alle bis sehr weit zurück klassische Dänen ohne „Fremdeinwirkung“. Gäbe es eine Ethnologische Begründung für ihren Typ? Welchen Ursprung könnte ihr Erbgut haben? Gab es in Dänemark irgendwelche sehr frühen Völkerbewegungen, die ihren Typ erklären könnten? Kamen da dunklere Einflüsse über Nordamerika?

Vielen Dank für jeden hilfreichen Hinweis schon vorab!

Herzliche Grüße
Tom Berger

Völkerkunde und Verwandtes
Guten Morgen!

Deine Anfrage fällt eher in den Bereich der Anthropologie (=Humanbiologie), da es um Vererbung, Gene etc. geht. Da ich aber auch (Nebenfach-)
Anthropologin bin, fange ich mit dem Antworten schon mal an. Falls es Dir nicht ausführlich genug ist, hast Du ja den Hinweis, welches Fach weiter hilft.

Also, grundsätzlich gilt: kein Genpool bzw. keine Bevölkerungsgruppe ist komplett ohne Genaustausch. Das gilt selbst für die Isländer. Also ist es potentiell immer möglich, alle vorhandenen Gene in jede Population
reinzukriegen. Die Frage ist nur, ob sie auch wírksam werden (=exprimieren).

Gerade in Skandinavien gibt es ja die (vermutlich) asiatischen Samen (Lappen), die generell dunkelhaarig sind. Vielleicht ist von daher ein Einfluß anzunehmen?
Jedenfalls gibt es auch blonde und blauäugige Nordafrikaner, und deren Aussehen läßt sich nicht mit der Herrschaft der Westgoten in Verbindung bringen. Da müssen also ältere Genwanderungen verantwortlich sein.

Mehr Klarheit bringt ein Blilck auf die grundsätzlichen Arten der Genweitergabe. Es gibt zwei Arten: die einfacher nachzuvollziehende ist die dominant-rezessive. D. h. das dominante Gen setzt sich immer durch, das jeweilige Merkmal ist also in der Abstammungslinie bei jedem Individuum vorhanden. Dann der kompliziertere intermediäre Erbgang. Da erscheint das Merkmal nur, wenn zwei Gene mit dem gleichen Merkmal aufeinandertreffen. Das heißt, das Merkmal kann Generationen überspringen. Dann tragen die Individuen zwar das Gen, zeigen aber das Merkmal nicht. Man kann also ohne Untersuchung nicht wissen, welche Gene überhaupt vorhanden sind, denn zu sehen ist ja nichts.

Und, um das Ganze noch weiter zu komplizieren, die Gene sind ja nicht alle komplett voneinander unabhängig. Manche Merkmalskombinationen werden nur gemeinsam weitergegeben, oder Gene sind an bestimmte andere Gene gebunden.
Und dann kommen noch die Hormone in’s Spiel, die dafür sorgen, daß die Merkmalsausprägung auch klappt.
Da in Europa ohnehin helle Haut vorherrscht, kann die Kombination helle Haut plus dunkle Haare also auf ganz unterschiedlichen Wegen entstehen. Ab hier hilft Dir wirklich besser ein Fachanthropologe weiter.

Übrigens ist die Besiedlung Europas über den mittleren Osten aus Afrika erfolgt, und die Besiedlung Nord- und Südamerikas (nach der neuesten Fundlage) aus Asien. Der Einfluß wäre also eher andersrum, aus Asien kommend
anzunehmen. Was ja die direkte Verbindung über Land auch erleichtert. Die Ausprägungen des Aussehens (=Phänotyp) von Neandertaler (vermutlich der
europäische „Ureinwohner“) und Homo sapiens („Zugewanderte“ aus Afrika, die die Neandertaler verdrängten) sind aber nicht mehr nachzuvollziehen, da für Untersuchungen kein ausreichendes Material vorhanden ist.
So, ich hoffe, ich konnte Dir weiterhelfen.
Andrea