Vogel = Dinosaurier?

Hallo

In letzter Zeit wird ja wieder gerne drüber Diskutiert, über Vögel und deren Nähe zu Dinosauriern.
Im Grunde bin ich da noch etwas am Grübeln. Daß Vögel aus den Dinos hervorgegangen sind, sollte Unstrittig sein. Archaeopterix kennt man seit etwa 100 Jahren. Aber warum wird aus dieser Abstammung heute geschlossen daß Vögel gleich Dinosauriern sind? Gibt es einen Grund, warum diese Klassen heute gerne zusammengefasst werden?
Ich persönlich bin der Meinung, daß es doch genug Unterschiede zwischen beiden Klassen gibt, um diese (trotz der Abstammung) getrennt zu betrachten. Der Knochenbau ist Unterschiedlich: Vögel haben ein verknöchertes Brustbein, mit dem typischen Kiel, eine versteifte Wirbelsäule, und verwachsene Armknochen, alles das kommt bei Dinos nicht vor.
Wenn die Abstammung allein ausreicht, könnte man auch sagen daß Säugetiere zu den Reptilien gehören (Wie Vögel bzw. Dinos auch) weil ja beide aus den Reptilien hervorgegangen sind. Obwohl diese ja wiederum aus dem Amphibien hervorgegangen sind, die von den Fischen… Wenn man das Spiechen zuende führt, sind wir plötzlich alle Einzeller.
Also reicht Abstammung alleine nicht aus, um festzulegen, daß eine Klasse identisch mit einer anderen ist. Wenn aber Unterschiede im Körperbau eine Klasse bestimmen, dann gibt es doch genug, um Vögel und Dinos zu trennen. Den Knochenbau hatte ich schon angesprochen, aber auch sonst, dürfte es wohl keinem schwerfallen, einen Dinosaurier, und einen Vogel auseinaderzuhalten. Daß es Übergangsformen gibt, ist mir klar, aber die gibt es genauso zwischen Reptil und Säuger, und zwischen allen anderen Klassen, sofern eine Abstammung besteht, auch.
Also wieso werden heute Vögel plötzlich mit den Dinos in einen Topf geworfen? Gibt es dafür einen besonderen Grund?

Danke schonmal für die Antworten

Hallöchen!

Was für deine Frage interessante Stichworte sind: Monophylum und Paraphylum.

Beides sind Begriffe aus der wissenschaftlichen betrachtung von Stammbäumen.
Bei einem Monophylum werden alle Tochterarten einer Stammart mit in die betrachtung einbezogen.
Ein Paraphylum umfasst einige Tochterarten einer Stammart, aber es werden einige Tochterarten nicht berücksichtigt, was wissenschaftlich nicht korrekt, im Sprachgebrauch aber recht geläufig ist (zB Reptilien ist ein solches oder auch, die Fische auch)

Wenn man von den Reptilien als solches spricht, kann man sich das so vorstellen, als ob man sich einen Ast des Stammbaum betrachtet und ihn mit Ausnahme eines kleinen Zweigleins mittendrin als Reptilien bezeichnet. Warum soll nun dieser eine kleine Zweig kein Reptiel sein obwohl der gesamte Ast mit allen seinen Zweigen in einer einzigen Astgabel entspringt? Der eine kleine kleine Zweig sind die Vögel (die für sich gesehen ein Monophylum sind), die Astgabel sind die Stammart, aus der alle Arten des Astes hervorgegangen sind. Und wenn man wissenschaftlich korrekt sein will gehören die Vögel eindeutig mit zu den Reptilien, denn auch sie gingen aus der Stammart hervor, wie all die Zweige unter und über ihnen, die in diese Gruppe gefasst werden. Und um genau zu sein sind Krokodile zB näher mit den Vögeln verwandt als mit einer Schlange. Insofern kann es wissenschaftlich nurverwundern, das die Vögel da so herausgenommen werden (volkstümlich macht es natürlich Sinn, die Vögel haben schon einigesehr abgewandelte Merkmale)
Aber Vorsicht! Reptilien ist nicht gleich Dinosaurier! Wenn man irgendwo vielleicht lesen kann, ein Vogel wäre ein Dinosaurier, dann hat einfach jemand mal wieder nicht richtig aufgepasst und es falsch weitergegeben.
Heute werden die Vögel und Reptilien unter dem Begriff „Sauropsida“ zusammengefasst. Gemeinsam ist ihnen das ursprüngliche Merkmal, dass sie eine Haut besitzen, die mit Schuppen bedeckt ist. Dieses Merkmal kann aber sekundär wieder reduziert oder abgewandelt (bei den Vögel sind aus den Schuppen die Federn geworden) werden.
Dinosaurier sind einfach nur eine Teilgruppe der Sauropsida.

Zur bildlichen Darstellung (Aves = Vögel): http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/…

lieben gruß
aj

Hallo!

Bei einem Monophylum werden alle Tochterarten einer Stammart
mit in die betrachtung einbezogen.
Ein Paraphylum umfasst einige Tochterarten einer Stammart,
aber es werden einige Tochterarten nicht berücksichtigt, was
wissenschaftlich nicht korrekt, im Sprachgebrauch aber recht
geläufig ist (zB Reptilien ist ein solches oder auch, die
Fische auch)

Das ist wissenschaftlich durchaus erlaubt und wird auch so gemacht. Würden in der Wissenschaft nur monophyletische Taxa verwendet, so dürfte man nicht die Sauropsida von den Mammalia (Säugetiere) unterscheiden.

Das Argument für die Einordnung der Vögel in den Stammbaum der Reptilien und Dinosaurier ist ein anderes!

Betrachten wir den folgenden Stammbaum:

 A B C D E
 | | | | |
 +-+-+ +-+-+ |
 | | |
 1---+---2 |
 | |
 X-------+----Y
 |

Das Taxon (A, B) wäre monophyletisch, weil es alle Nachfahren von 1 einschließt. Das Taxon (C, D) ebenfalls. Das Taxon (D) ist sowieso monophyletisch. Man kann auch alle Taxa (A, B, C, D) dem Taxon E gegenüberstellen und hätte dann ein Paraphylum. Es ergibt aber keinen Sinn, (A, B, C) zu einem Taxon zusammenzufassen, wei C näher mit D verwandt ist, als mit allen anderen Taxa.

D wären in unserem Beispiel die Aves (Vögel). Sie sind mit den Crocodilia näher verwandt als die „Reptilia“ untereinander. Deswegen nimmt man sie in die Klasse der Sauropsida mit auf. Säugetiere haben unter den Sauropsida keine Näheren Verwandten, so dass man sie von ihnen abtrennen darf, obwohl Sauropsida und Mammalia zusammen ein Monophylum bilden.

Der eine kleine kleine Zweig sind die Vögel (die für sich
gesehen ein Monophylum sind), die Astgabel sind die Stammart,
aus der alle Arten des Astes hervorgegangen sind. Und wenn man
wissenschaftlich korrekt sein will gehören die Vögel eindeutig
mit zu den Reptilien, denn auch sie gingen aus der Stammart
hervor, wie all die Zweige unter und über ihnen, die in diese
Gruppe gefasst werden.

Das allein ist noch kein Argument (s. Säugetiere).

Und um genau zu sein sind Krokodile zB
näher mit den Vögeln verwandt als mit einer Schlange.

Das ist der springende Punkt!

Aber Vorsicht! Reptilien ist nicht gleich Dinosaurier! Wenn
man irgendwo vielleicht lesen kann, ein Vogel wäre ein
Dinosaurier, dann hat einfach jemand mal wieder nicht richtig
aufgepasst und es falsch weitergegeben.

Sorry, aber da scheinst Du nicht auf dem neuesten Stand zu sein. Tatsächlich scheinen die Vögel mit einigen Dinosauriern näher verwandt zu sein als die Dinosaurier untereinander. Was für Vögel und Reptilien im Großen gilt, scheint also auch für Vögel und Dinosaurier im Kleinen zu gelten.

Wie Du hier lesen kannst… http://de.wikipedia.org/wiki/Dinosaurier#Systematik_…

… bilden die Aves eine Schwestergruppe z. B. zu den Tyrannosauroidea. T. rex ist also mit den Amseln vor meinem Balkon näher verwandt als z. B. mit einem Triceratops.

Heute werden die Vögel und Reptilien unter dem Begriff
„Sauropsida“ zusammengefasst. Gemeinsam ist ihnen das
ursprüngliche Merkmal, dass sie eine Haut besitzen, die mit
Schuppen bedeckt ist. Dieses Merkmal kann aber sekundär wieder
reduziert oder abgewandelt (bei den Vögel sind aus den
Schuppen die Federn geworden) werden.
Dinosaurier sind einfach nur eine Teilgruppe der Sauropsida.

… und hatten (zumindest einige von ihnen) Federn!

Bei dem Dinosaurier-Stammbaum von Wikipedia tragen die Vögel auch den Zusatz: „die einzigen rezenten Dinosaurier“.

Michael

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Hallo!

Das ist wissenschaftlich durchaus erlaubt und wird auch so
gemacht. Würden in der Wissenschaft nur monophyletische Taxa
verwendet, so dürfte man nicht die Sauropsida von den Mammalia
(Säugetiere) unterscheiden.

Sorry, aber da kann ich mit dir nicht mitgehen. Bei dem Stammbaum den ich vor Augen habe (klar, gibt ja verschieden, habe keine Ahnung auf welchen du schaust) spalten sich Mammalia und Sauropsida aus einer gemeinsamen Stammart. Somit sind sowohl die Mammalia, also auch die Sauropsida eigenständige monohyletische Gruppen und mit der Problematik um die „Vögel“ nicht zu vergleichen, die ja abstammungstechnisch mitten innerhalb der paraphyletischen Gruppe der Reptilia stehen.

Das allein ist noch kein Argument (s. Säugetiere).

Jetzt bin ich doch neugierig :wink:. Wo stehen die Säuger denn in dem Stammbaum, den du als Grundlage verwendest?

Sorry, aber da scheinst Du nicht auf dem neuesten Stand zu
sein. Tatsächlich scheinen die Vögel mit einigen Dinosauriern
näher verwandt zu sein als die Dinosaurier untereinander. Was
für Vögel und Reptilien im Großen gilt, scheint also auch für
Vögel und Dinosaurier im Kleinen zu gelten.

Wie Du hier lesen kannst…
http://de.wikipedia.org/wiki/Dinosaurier#Systematik_…

Naja, das ist vermutlich wieder Ansichtssache :wink:
Ich vertrete eine andere Theorie, die erst jüngst wieder wissenschaftlich diskutiert wird

http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-10026-2009-06-1…
http://www.sciencedaily.com/releases/2009/06/0906090…

… und hatten (zumindest einige von ihnen) Federn!

nunja, ist ja kein grunsätzlicher Beweis für Verwandtschaft… es gibt auch rezent unzähliche konvergente Entwicklungen.

Bei dem Dinosaurier-Stammbaum von Wikipedia tragen die Vögel
auch den Zusatz: „die einzigen rezenten Dinosaurier“.

Naja, im Wikipedia steht so einiges, ist für mich zwar immer nett für allgemeine Übersichten und ich nutze es gerne, aber es ist für mich nicht gerade ein besonders überzeugendes Medium ^^
Die Aussage selbst ist meiner Ansicht nach mehr als populärwissenschaftlich. Selbst wenn die Theorie stimmt, dass die Vögel Dinosaurier als Stammart hatten, kann man nicht so salopp sagen, es wären Dinosaurier. Bzw, man kann natürlich schon, klingt reißerischer :wink:

lieben Gruß
aj

Hallo!

Das ist wissenschaftlich durchaus erlaubt und wird auch so
gemacht. Würden in der Wissenschaft nur monophyletische Taxa
verwendet, so dürfte man nicht die Sauropsida von den Mammalia
(Säugetiere) unterscheiden.

Sorry, aber da kann ich mit dir nicht mitgehen. Bei dem
Stammbaum den ich vor Augen habe (klar, gibt ja verschieden,
habe keine Ahnung auf welchen du schaust) spalten sich
Mammalia und Sauropsida aus einer gemeinsamen Stammart. Somit
sind sowohl die Mammalia, also auch die Sauropsida
eigenständige monohyletische Gruppen und mit der Problematik
um die „Vögel“ nicht zu vergleichen, die ja
abstammungstechnisch mitten innerhalb der paraphyletischen
Gruppe der Reptilia stehen.

Das allein ist noch kein Argument (s. Säugetiere).

Jetzt bin ich doch neugierig :wink:. Wo stehen die Säuger denn in
dem Stammbaum, den du als Grundlage verwendest?

Ich glaube, wir sind uns in diesem Punkt schon einig. Auch ich meine, dass die Mammalia und die Sauropsida (i. e. S.) jeweils für sich ein Monophylum sind. Schwierig wird es mit dem letzten gemensamen Vorfahren von Sauropsida und Mammalia. Wenn man ihn den Sauropsida zurechnet, dann sind die Sauropsida (i. w. S.) plötzlich ein Paraphylum. Die Bezeichnung „Sauropsida“ wird aber deswegen nicht hinfällig. Freilich könnte man auch Sauropsida und Mammalia einfach zu Amniota zusammenfassen. Aber dann muss man damit leben, dass die ersten Amniota keiner Klasse angehören. Es ist einfach ein Problem der linneschen Systematik, dass sie Stammbäume letztlich nie exakt wiedergeben kann. Daher macht man immer wieder Kompromisse - und verwendet zur Not auch paraphyletische Taxa.

Bei den Vögeln ist es insofern etwas anderes, weil man sie früher hierarchisch auf die gleiche Stufe mit den Mammalia und den „Reptilia“ gestellt hat. Wenn man aber schon an diesem hierarchischen System festhalten will, dann dürfen die Vögel keine eigene Klasse bilden, sondern nur eine Ordnung innerhalb der Klasse Sauropsida. Dieses Problem ergibt sich bei den Säugetieren nicht, weil sie - wie gesagt - innerhalb der Sauropsida keine näheren Verwandten haben.

Sorry, aber da scheinst Du nicht auf dem neuesten Stand zu
sein. Tatsächlich scheinen die Vögel mit einigen Dinosauriern
näher verwandt zu sein als die Dinosaurier untereinander. Was
für Vögel und Reptilien im Großen gilt, scheint also auch für
Vögel und Dinosaurier im Kleinen zu gelten.

Wie Du hier lesen kannst…
http://de.wikipedia.org/wiki/Dinosaurier#Systematik_…

Naja, das ist vermutlich wieder Ansichtssache :wink:
Ich vertrete eine andere Theorie, die erst jüngst wieder
wissenschaftlich diskutiert wird

Allerdings wird bei den Links auch ausdrücklich darauf hingewiesen, wie umstritten diese Theorien sind.

… und hatten (zumindest einige von ihnen) Federn!

nunja, ist ja kein grunsätzlicher Beweis für Verwandtschaft…
es gibt auch rezent unzähliche konvergente Entwicklungen.

Beweis nicht, aber ein Indiz. Es gilt ja zunächst die Forderung nach Einfachheit. Solange man nicht durch andere Indizien gezwungen ist, eine Gemeinsamkeit als Konvergenz zu deuten, sollte man sie als Synapomorphie deuten. Aber es wird wohl erst die Zukunft zeigen, wer Recht hat…

Bei dem Dinosaurier-Stammbaum von Wikipedia tragen die Vögel
auch den Zusatz: „die einzigen rezenten Dinosaurier“.

Naja, im Wikipedia steht so einiges, ist für mich zwar immer
nett für allgemeine Übersichten und ich nutze es gerne, aber
es ist für mich nicht gerade ein besonders überzeugendes
Medium ^^

Ja, ja. Solange die Wiki gleicher Meinung ist, wie man selbst, zitiert man sie gern. Wenn sie widerspricht, weist man auf ihre Mängel hin. :wink: Wiki ist oft besser als ihr Ruf (bzw. Lehrbücher sind oft schlechter als deren Ruf).

Sie hat außerdem den Vorteil, dass man sie so leicht zitieren kann. Ich kann ja schlecht einen Link auf das Löwentor-Museum in Stuttgart legen (Ich meine nicht die Ausstellung, die schon an sich sehr gut ist, sondern einen Museumspädagogen, der erst kürzlich diese Frage für einen Bio-LK von mir auf hohem Niveau diskutiert hat)

Die Aussage selbst ist meiner Ansicht nach mehr als
populärwissenschaftlich. Selbst wenn die Theorie stimmt, dass
die Vögel Dinosaurier als Stammart hatten, kann man nicht so
salopp sagen, es wären Dinosaurier. Bzw, man kann natürlich
schon, klingt reißerischer :wink:

Jetzt drehst Du Dich aber selbst im Kreis! Vorher legst Du Wert darauf, dass man „Reptilia“ und Aves zum neuen Taxon Sauropsida zusammenlegen muss. Nun wehrst Du Dich gegen genau dasselbe im Zusammenhang von Dinosauriern. Klar, man könnte auch eine andere Bezeichnung für Dinos + Vögel finden, aber man kann auch die Bezeichnung Dinosaurier einfach weiter verwenden.

(Genauso hätte man die Vögel als eine Ordnung der Reptilia (i. w. S.) einordnen können.)

Michael

Hallo!

…aus dieser Abstammung heute geschlossen daß Vögel gleich
Dinosauriern sind? Gibt es einen Grund, warum diese Klassen
heute gerne zusammengefasst werden?

Da hast du was falsch verstanden. „Dinosaurier“ sind nicht gleich „Vögel“. Sondern: Vögel gehören zu den Dinos; aber nicht umgekehrt, daß etwa Dinos zu den Vögeln gehören würden.

Wenn die Abstammung allein ausreicht, könnte man auch sagen
daß Säugetiere zu den Reptilien gehören (Wie Vögel bzw. Dinos
auch) weil ja beide aus den Reptilien hervorgegangen sind.
Obwohl diese ja wiederum aus dem Amphibien hervorgegangen
sind, die von den Fischen… Wenn man das Spiechen zuende
führt, sind wir plötzlich alle Einzeller.

Da hast du Recht. Tatsächlich sind z.B. die Reptilien zu den Amphibien gehörig, oder besser gesagt : zu den Tetrapoden (das sind die Wirbeltiere, welche ausgebildete Arme und Beine zur Fortbewegung benützen, daher der Name „Vierbeiner“.)

Ein Mißverständnis rührt oft daher, daß der Name Amphibien in der Rezentzoologie zusammenfassend für die Salamander und Frösche (und noch ein paar andere Arten) verwandt wird. Bei dieser Gruppierung handelt es sich um ein Monophylum wie schon Atrox schreibt.
Jedoch kann man als Amphibien auch die Vorfahren dieser Tiere und diejenigen Vorfahren der Reptilien verstehen. Wenn man dies so macht, dann hat man ein Monophylum „Amphibien“ bzw.„Tetrapoden“, das dann, wenn man aus ihm die Reptilien abspaltet, zu einem Paraphylum (siehe Atrox) wird.

Also reicht Abstammung alleine nicht aus, um festzulegen, daß
eine Klasse identisch mit einer anderen ist. Wenn aber
Unterschiede im Körperbau eine Klasse bestimmen…

Du trennst da phänomenologisch zwei Sachen, welche zusammen gehören:
Die Abstammung wird nämlich aus den Merkmalen erschlossen und umgekehrt.

Daß es Übergangsformen gibt, ist mir klar,
aber die gibt es genauso zwischen Reptil und Säuger, und
zwischen allen anderen Klassen, sofern eine Abstammung
besteht, auch.

Richtig.
Und die Säugetiere kann man genauso als Reptilien auffassen; das hängt damit zusammen, ob man die Vorläufer der Säugetiere als Reptilien ansieht; diese sind nämlich ebenfalls aus reptilienartigen Tieren entstanden (sog. Säugetierähnliche Reptilien = Synapsiden)

Gruß
Peter

Hallöchen zurück!

Aber Vorsicht! Reptilien ist nicht gleich Dinosaurier!

Ja.

Wenn
man irgendwo vielleicht lesen kann, ein Vogel wäre ein
Dinosaurier, dann hat einfach jemand mal wieder nicht richtig
aufgepasst und es falsch weitergegeben.

Doch.

Heute werden die Vögel und Reptilien unter dem Begriff
„Sauropsida“ zusammengefasst.

Ja.

Gemeinsam ist ihnen das
ursprüngliche Merkmal, dass sie eine Haut besitzen, die mit
Schuppen bedeckt ist.

Die Definition der Sauropsiden wird anhand von Schädelmerkmalen festgelegt.

Dieses Merkmal kann aber sekundär wieder
reduziert oder abgewandelt (bei den Vögel sind aus den
Schuppen die Federn geworden) werden.

Nach neueren Theorien nicht.

Dinosaurier sind einfach nur eine Teilgruppe der Sauropsida.

Richtig.

Gruß
Peter

Hallo!

Ein Paraphylum umfasst einige Tochterarten einer Stammart,
aber es werden einige Tochterarten nicht berücksichtigt, was
wissenschaftlich nicht korrekt, im Sprachgebrauch aber recht
geläufig ist (zB Reptilien ist ein solches oder auch, die
Fische auch)

Das ist wissenschaftlich durchaus erlaubt und wird auch so
gemacht. Würden in der Wissenschaft nur monophyletische Taxa
verwendet, so dürfte man nicht die Sauropsida von den Mammalia
(Säugetiere) unterscheiden.

Nein; daß die Sauropsiden von den Mammaliern getrennt werden, liegt daran, daß man die Synapsiden Reptilien (die Stammarten der Säuger) nicht mehr als „Reptilien“ ansieht.

A B C D E
| | | | |
±±+ ±±+ |
| | |
1—±–2 |
| |
X-------±—Y
|

Das Taxon (A, B) wäre monophyletisch, weil es alle Nachfahren
von 1 einschließt. Das Taxon (C, D) ebenfalls. Das Taxon (D)
ist sowieso monophyletisch. Man kann auch alle Taxa (A, B, C,
D) dem Taxon E gegenüberstellen und hätte dann ein Paraphylum.

Falsch, wieder ein Monophylum.
Ein Paraphylum wäre es erst dann, wenn „Y“ auch noch andere Nachfahren als „E“ hätte und diese mit einbezogen würden.

Viele Grüße
Peter

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Hallo,

…spalten sich
Mammalia und Sauropsida aus einer gemeinsamen Stammart. Somit
sind sowohl die Mammalia, also auch die Sauropsida
eigenständige monophyletische Gruppen und mit der Problematik
um die „Vögel“ nicht zu vergleichen, die ja
abstammungstechnisch mitten innerhalb der paraphyletischen
Gruppe der Reptilia stehen.

Die Stammart der Mammalia hat aber noch andere Abkömmlinge, die sog.Synapsiden Reptilien (Pelycosaurier und Therapsiden). Wird diese Gruppe als reptilartig den „Reptilia“ zugeordnet, so würde dies bedeuten, daß die Sauropsiden ebenfalls eine paraphyletische Gruppierung darstellen.

Grüße Peter

Nochmal Hallo!

Es ist einfach ein Problem der linneschen
Systematik, dass sie Stammbäume letztlich nie exakt
wiedergeben kann. Daher macht man immer wieder Kompromisse -
und verwendet zur Not auch paraphyletische Taxa.

Dies würde ich nicht so sehen: Die Unzulänglichkeiten der Stammbäume können mit zunehmender Erkenntnis des Evolutionsablaufs ausgeräumt werden und die paraphyletischen Gruppierungen getilgt.
Die Kompromisse haben nur solange Bestand, als keine neueren Erkenntnisse das Paraphylum als solches entlarvt haben.

Gruß,
Peter

Hallo!

Das ist wissenschaftlich durchaus erlaubt und wird auch so
gemacht. Würden in der Wissenschaft nur monophyletische Taxa
verwendet, so dürfte man nicht die Sauropsida von den Mammalia
(Säugetiere) unterscheiden.

Nein; daß die Sauropsiden von den Mammaliern getrennt werden,
liegt daran, daß man die Synapsiden Reptilien (die Stammarten
der Säuger) nicht mehr als „Reptilien“ ansieht.

Okay, so kann man das natürlich auch machen.

Das Taxon (A, B) wäre monophyletisch, weil es alle Nachfahren
von 1 einschließt. Das Taxon (C, D) ebenfalls. Das Taxon (D)
ist sowieso monophyletisch. Man kann auch alle Taxa (A, B, C,
D) dem Taxon E gegenüberstellen und hätte dann ein Paraphylum.

Falsch, wieder ein Monophylum.

Stimmt, da hast Du natürlich vollkommen Recht.

Vielen Dank für Deine sachkundigen Anmerkungen und Sternchen!

Michael

Hallo!

Das sehe ich anders:

Dies würde ich nicht so sehen: Die Unzulänglichkeiten der
Stammbäume können mit zunehmender Erkenntnis des
Evolutionsablaufs ausgeräumt werden und die paraphyletischen
Gruppierungen getilgt.
Die Kompromisse haben nur solange Bestand, als keine neueren
Erkenntnisse das Paraphylum als solches entlarvt haben.

Nehmen wir mal an, aus dem Taxon A entstünden die Taxa B und C. Aus B entstehen B1 und B2, aus C gehen C1 und C2 hervor. Alle Arten werden in der Familie A.-idae zusammengefasst. Wir haben die Gattung B und die Gattung C, doch zu welcher Gattung gehört dann A? Wenn wir A zur Gattung B hinzurechnen, ist zwar C monophyletisch, aber A ein Paraphylum. Nehmen wir A zur Gattung C hinzu, so geschieht umgekehrt dasselbe. Wir dürfen A aber keine eigene Gattung zuweisen, weil diese nicht alle rezenten Nachkommen enthielte und damit kein Monophylum wäre!

Das hierarchische System muss scheitern, weil es die zeitliche Dimension nicht abbilden kann! … es sei denn, man lässt Kompromisse zu und erlaubt paraphyletische Taxa.

Michael

Hallo Michael,

Nehmen wir mal an, aus dem Taxon A entstünden die Taxa B und
C. Aus B entstehen B1 und B2, aus C gehen C1 und C2 hervor.
Alle Arten werden in der Familie A.-idae zusammengefasst. Wir
haben die Gattung B und die Gattung C, doch zu welcher Gattung
gehört dann A? Wenn wir A zur Gattung B hinzurechnen, ist zwar
C monophyletisch, aber A ein Paraphylum. Nehmen wir A zur
Gattung C hinzu, so geschieht umgekehrt dasselbe. Wir dürfen A
aber keine eigene Gattung zuweisen, weil diese nicht alle
rezenten Nachkommen enthielte und damit kein Monophylum wäre!

Überleg dir doch mal folgendes:
Wenn B und C aus A entstanden sind, dann kann es sich bei A doch nur um die gemeinsame Stammart gehandelt haben. Dieser Fall ist trivial.
Oder du meinst mit A ein ganzes Taxon. In diesem Fall hätten wir dann die „Gattung“ A in einzelne Teilgattungen aufzuspalten und zwar so, daß die Teilgattungen monophyletisch sind. Dies kann man immer machen, egal, wie der Stammbaum der „Gattung“ A aussieht.

Viele Grüße, Peter

Hallo Peter!

Ich glaube, Du hast meinen Punkt nicht verstanden.

Überleg dir doch mal folgendes:
Wenn B und C aus A entstanden sind, dann kann es sich bei A
doch nur um die gemeinsame Stammart gehandelt
haben. Dieser Fall ist trivial.

Inwiefern ist er trivial? Wir können es ja auch mal etwas mit Leben füllen: Irgendwann gab es einen gemeinsamen Vorfahren der Gattungen Australopithecus und Pan. Handelte es sich bei diesem Vorfahren um einen Menschen oder um einen Schimpansen? Weder noch? Dann müssen wir ihm eine andere Bezeichnung geben (nennen wir sie „X“), die Menschen und Schimpansen nicht mehr einschließt. Sobald wir das tun, Schaffen wir aber ein Taxon (in diesem Fall auf der Ebene der Art), das nicht monophyletisch ist, da es nicht alle Nachkommen miteinschließt!

Darin steckt auch noch ein weiteres Problem: Da Eltern und Kinder immer derselben Art angehören und es eine kontinuierliche Generationsfolge von X zu Pan und von X zu Australopithecus gibt, ist X sowohl ein Mensch als auch ein Schimpanse, was außerdem bedeutet, dass Schimpansen Menschen sind und umgekehrt.

Das ist natürlich völlig absurd - aber genau deswegen habe ich ja auch gesagt, dass die klassische hierarchische Taxonomie die Phylogenie nicht vollständig abbilden kann - und deswegen muss man immer Kompromisse eingehen.

Oder du meinst mit A ein ganzes Taxon. In diesem Fall hätten
wir dann die „Gattung“ A in einzelne Teilgattungen
aufzuspalten und zwar so, daß die Teilgattungen monophyletisch
sind. Dies kann man immer machen, egal, wie der Stammbaum der
„Gattung“ A aussieht.

Tja, und plötzlich gehören B und C auch zur Gattung A, weil sonst A nicht mehr monophyletisch ist! (Ob Du das auf der Ebene von Arten, Gattungen oder meinetwegen Stämmen durchexerzierst, ändert nichts am Prinzip).

Michael

Hallo Michael,

Irgendwann gab es einen gemeinsamen Vorfahren
der Gattungen Australopithecus und Pan. Handelte
es sich bei diesem Vorfahren um einen Menschen oder um einen
Schimpansen? Weder noch? Dann müssen wir ihm eine andere
Bezeichnung geben (nennen wir sie „X“), die Menschen und
Schimpansen nicht mehr einschließt. Sobald wir das tun,
Schaffen wir aber ein Taxon (in diesem Fall auf der Ebene der
Art), das nicht monophyletisch ist, da es nicht alle
Nachkommen miteinschließt!

In der Tat sprichst du da eine Problematik an. Diese hängt letztendlich damit zusammen, daß es in der Evolution der Arten kontinuierliche Übergänge zwischen den Formen gibt; Elternarten und ihre Tochterarten sind durch die Zeit miteinander verbunden.
Aber dem entspricht man damit, daß man in der Definition der Arten auch einen zeitlichen Aspekt einführt: jede Art hat bis dahin Bestand, bis sie durch ihre Tochterarten ersetzt wurde.
Auch bei der Umwandlung von Arten ineinander ist man gezwungen, auf diese Konvention zurückzugreifen, Stichwort sogenannte Chronospezies.
Dadurch schafft man sich auf dem Artniveau (nicht jedoch auf dem Niveau höherer Kategorien)die Möglichkeit, die Stammart anders zu benennen.

Darin steckt auch noch ein weiteres Problem: Da Eltern und
Kinder immer derselben Art angehören und es eine
kontinuierliche Generationsfolge von X zu Pan und von X
zu Australopithecus gibt, ist X sowohl ein Mensch als
auch ein Schimpanse, was außerdem bedeutet, dass Schimpansen
Menschen sind und umgekehrt.

siehe oben

Tja, und plötzlich gehören B und C auch zur Gattung A, weil
sonst A nicht mehr monophyletisch ist! (Ob Du das auf der
Ebene von Arten, Gattungen oder meinetwegen Stämmen
durchexerzierst, ändert nichts am Prinzip).

Hier hast du mich falsch aufgefaßt: ich meinte nicht nur, die „Gattung“ A durch Teilgattungen zu ersetzen, sondern diese Teilgattungen schließen auch den gemeinsamen Vorfahren der ganzen Gruppe „A-idae“ aus; ansonsten siehe oben.

Gruß, Peter