Vollnarkose = Vollnarkose?

Liebe/-r Experte/-in,

es gibt einen aktuellen Fall, bei dem eine Patienten nach einen Schönheits-OP in einer Hamburger Klinik verstorben ist.

Es wird darauf hingewiesen, dass in der Privatklinik nicht ausreichend Personal und Geräte vorhanden gewesen seien.

Meine Frage: Da ich Personal und Geräte selbst nicht überoprüfen kann, sollte man bei jeder „einfachen“ Vollnarkose (z.B Darmspiegelung, Zahnwurzelbehandlung) immer in ein Krankenhaus gehen, in dem für Notfälle stets Intensivmedizin vohanden ist?

Ist jede Vollnarkose für sich mit erhöhten Risiken verbunden oder gibt es bei einigen - nur kurzzeitigen Vollnarkosen - eher unbedenkliche?

Vielen Dank!
Jörn

Hallo Jörn,
stimmt schon, nach meiner Beurteilung der Sachlage, dass Privatkliniken an allem sparen und das Personal steht unter Druck. Habe ich selbst erlebt. Dennoch ist das Narkoserisiko bei einem gesunden Menschen extrem niedrig - und vor allen stirbt man nicht gleich. Da gibt es ja auch Nebenwirkungen von - bis. Ich las auch, dass die Person vielleicht irgendetwas einnahm, was unter Umständen nicht bekannt war…Unter allen Umständen ist eine Narkose/ chirurg. Eingriff immer auch die Abwägung von Risiko und erwartetem Nutzen. Wieso glaubst Du wird auf die Aufklärung so viel Wert gelegt? Also die Frau, bzw. deren Erben haben in einem Klageverfahren schon mal schlechte Karten, da die Aufklärung garantiert ausführlich war ( zumindest wird man das behaupten ). Man wird Dir keine zufriedenstellende Beantwortung Deiner Frage liefern können, weil die Erwägungen zu einem Eingriff immer auch von individuellen Aspekten geprägt sein werden. Ich habe in 26 Jahren Berufserfahrung direkt höchstens 2 Todesfälle gehabt ( akute blutende Patienten ) und einen Gehirnschaden auch bei einer Notfalloperation.
Gruss Rainer

Hallo!

Meine ganz persönliche, rechtlich und fachlich nicht zu belegende Meinung und Erfahrung ist: kleine Krankenhäuser von 300 bis 500 Betten machen die beste Routinemedizin. Gewinnoptimierung ist meist nicht so präsent, die Wege innerhalb des Hauses sind relativ kurz, das Personal kennt sich noch untereinander gut. Grössere Häuser haben manchmal organisatorische Probleme, kleinere Häuser und Niedergelassene haben manchmal personelle, technische oder durch übermäßige Gewinnoptimierung verursachte Unzulänglichkeiten. Wenn ich eine Stadt nicht kenne, dann wähle ich das Krankenhaus danach aus. Zumindest sollten gleichzeitig mehrere Anästhesisten im Haus sein, z.B. in einem Gesundheitszentrum mit mehreren OP-Sälen.

Von großen und kleinen Eingriffen und Narkosen kann man zwar theoretisieren. Dem gegenübergestellt ist ein alter Spruch der Anästhesisten: es gibt zwar große und kleine OPs aber es gibt keine kleine Narkosen. In der Praxis geht durch die Medien immer mal wieder so etwas wie das jetzt in Hamburg, was nach Meinung vieler Anästhesisten eigentlich nie passieren dürfte. Und ja, eine Brustvergrößerung bei einer jungen Frau müsste eine ganz einfache Narkose sein. Kaum Risiko auszumachen (außer das ästhetischer Natur). Diese Narkose wäre in den USA wahrscheinlich von einer Narkoseschwester durchgeführt worden, in Frankreich als Parallelnarkose (in D nicht zulässig). Und dann passiert es doch, und dass sogar auch noch bei einer Medienpersönlichkeit. Anästhesisten, die über diesen Fall diskutieren (fachliche Einzelheiten sind ja nicht genügend bekannt) vermuten die Ursachen in der Gewinnoptimierung.

Eine Station für Intensivmedizin ist nicht wirklich hilfreich in solchen Fällen, aber Häuser, die sie haben, sind grösser und meistens personell und technisch besser ausgerüstet und die Gewinnoptimierung ist nicht so „patientennah“ (d.h. die ökonomischen Aufpasser und Antreiber sind meist sind meist so weit weg, dass der behandelnde Arzt im Einzelfall eher nach Gewissen als nach Ökonomie entscheiden wird. Außerdem da er meistens nur sehr indirekt an Fallzahlen und Gewinn des Hauses beteiligt).

dux

Hallo Jörn,
generell kann man sagen, daß ein Narkose in einem Krankenhaus, wo es Personal der verschiedenen Fachrichtungen gibt immer sicherer ist.
Allerdings ist es die Frage, ob diese Sicherheit immer notwendig ist. Bei einer Darmspiegelung wird normalerweise keine Vollnarkose verabreicht, sondern nur eine kurzfristige Betäubung (Sedierung), die auch nicht von einem Anästhesisten, sondern von dem untersuchenden Arzt selbst vorgenommen wird. Allerdings ist auch hier eine gute Erfahrung Vorraussetzung. Eine ambuklante Vollnarkose z.B. in einer Praxis wird dagegen von einem Anästhesisten ausgeführt, da nur ! dieser eine Vollnarkose ausführen darf. Wenn man nicht unter Begleiterkrankungen leidet, ist eine solche Narkose als sicher anzusehen.
Jedoch sollte man es meiner Meinung nach kritisch sehen, daß immer mehr Narkosen ambulant durchgeführt werden. Sollten Komplikationen auftreten, so kann kein weiterer Anästhesist zur Hilfe eilen, noch sind besondere Geräte für schwere Komplikationen vor Ort. Zunehmend werden auch Kleinkinder ambulant in Praxen operiert, die mehr gefährdet sind als gesunde Erwachsene Patienten. Viele Zwischenfälle, die in der Presse erwähnt wurden ereigneten sich in Praxen oder kleineren (Privat-)Kliniken.
Fazit: Als gesunder Erwachsender kann man sich sicher ambulant operieren (und narkotisieren) lassen für kleinere Eingriffe. Mein Kind allerdings würde ich immer wenn möglich in einer Kinderklinik behandeln lasse.

Merci!
herzlichen Dank für die schnelle Antwort!

Danke!
danke für Ihre Antwort!

Danke!
vielen dank für die sehr hilfreichen Hinweise!