Moin, moin Estrella,
ok, dann fangen wir mal an:
- Sitz im Leben
Dieser Begriff stammt aus der Formgeschichte: jede einzelne Form hat ihren Ort:
die Predigt in der Gemeinde oder in der Mission
das Paradigma ebenfalls in der Verkündigung
Beispiele für das Paradigma: Mk 2, 1ff
Mk 2, 18ff
Mk 2, 23ff
Mk 3, 1ff
Mk 3, 31 ff
Mk 10, 13ff
Mk 12, 13ff
Mk 14, 3ff
Alle nach Dibelius, Die Formgeschichte des Evangeliums
Das ist eines - allerdings des älteren - Standardwerke zur Formgeschichte.
- Synopse
Eine S. ist einfach eine Zusammenschau
- Synoptiker
Die ersten drei Evangelisten - Matth, Mk, Lk - werden die synoptiker genannt, weil man ihre Evangelien in drei Spalten nebeneinander drucken kann, in einer Synopse also. Mt und Lk haben nämlich den Mk als Vorlage benutzt, so daß praktisch das gesamt Mk in den beiden anderen enthalten ist.
- feministische Bibelauslegeung
Mit dem Feminismus kam auch die Idee, daß Frauen die Bibel anders lesen als Männer. Sie achten auf andere Dinge, verbinden andere Inhalte und Konnotationen mit den gleichen Worten etc.; daraus folgt die Notwendigkeit, die Bibel aners alös mit den Augen der Männer zu lesen.
Namen dazu: Elisabeth Moltmann-Wendel, Dorothee Sölle, Luise Schottroff
- Bergpredigt
Die Bergpredigt ist eine von Mt zusammengestellte Sammlung von Worten Jesu. Sie steht in Mt 5-7 und heißt Bergpredigt, weil Matthäus Jesus sie auf einem Berg halten läßt. Das parallele Stück dazu bei Lukas 6, 20-49 heißt Feldrede, weil dort Jesus diese Predigt auf einem Felde hält.
- Formgeschichte
Ein paar Beispiele zu Paradigmen habe ich Dir schon genannt. Dann gibt es noch z.B.:
Die Novelle - Mk 1, 40-45; Mk 4, 35-41; Mk 6, 35-44;
Es sind dies in sich geschlossene Einzelgeschichten
Die Legende: Die Geburtsgeschichten nach Mt und Lk, sowie die Geschichte vom 12jährigen Jesus im Tempel sind solche Legenden.
Dann gibt es noch die Paränese, die Analogie, das Streitgespräch usw.
Jede dieser Formen gab es schon, beovor die Evangelien geschrieben wurden. Die Evangelisten haben sie aufgegriffen. Die Formgeschichte hat nun herausgearbeitet, welche Bestandteile zu jeder dieser Formen gehören. Hat eine Geschichte in einem Evangelium aber mehr als diese Form benötigt, darf man daraus schließen, daß das Überschießende vom Evangelisten hinzugefügt wurde.
- Traditionsgeschichte
Dier Traditionsgeschichte verfolgt z.B. das Auftreten und Auftauchen und die Verwendung von alttestementlichen Zitaten im Neuen Testament.
Also: wo werden die Gottesknechtslieder aus Jesaja 40-55 im NT zitiert oder verwendet.
- Überlieferungsgeschichte
Hier handelt es sich eher um die Frage, wie eine Schrift überliefert wurde: ob in eigenen Handschriften, ob nur in Zitaten bei anderen Schriftstellern. Haben die einzelnen Handschriften Gemeinsamkeiten, stimmen sie immer und überall überein; wo sind die Unterschiede? Lassen sich aus diesen Unterschieden irgendwelche Schlüsse ziehen: auf den Abschreiber, den Ort oder die Zeit der Entstehung?
- Zeitgeschichte
Das ist die Geschichte rund um das, was z.B. im NT berichtet wird: römisches Reich, politische Verhältnisse, Judentum: Pharisäer, Sadduzäer, Essener, Zeloten. Dies nur als ganz kleine Auswahl.
- Wirkungsgeschichte
Wie hat das gewirkt, was das erzählt wurde? Auf wen hat es gewirkt? Warum?
Nimm die Bergpredigt: die hat den christlichen Pazifismus entscheidend geprägt. Und wenn Du nun anfämgst, ein Buch dazu zu lesen, dann findest Du Ginweise auf andere Bücher; in diesen anderen Büchern wird wieder von anderen Theologen, Politikern, Märtyrern erzählt. So kannst Du im Lauf der Zeit und der Lektüre dieses ganze Geflecht von Bergpredigt und christlichem Pazifismus erkennen, beschreiben und aufdröseln. Das ist Wirkungsgeschichte.
Das war ganz kurz. Es gibt aber jede Menge Bücher dazu, auch einfacher verständliche.
Gruß - Rolf