Das Zahlenverhältnis zwischen libanesischen und israelischen Opfern hat sich bei etwa 1 zu 10 zulasten der Libanesen eingependelt und unabhängig von jeder politischen und rechlichen Bewertung der Vorgänge übt ein solches Zahlenverhältnis eine emotionale Wirkung auf jeden Außenstehenden aus, der das im Fernsehsessel, oder wo auch immer, zur Kenntnis nimmt.
Erinnerungskomplexe an Ereignisse, bei denen allein eine „unverhältnismäßige“ hohe Opferzahl einer Seite bereits ein Urteil über Schuld und Unschuld in sich zu tragen schien, werden wachgerufen.
Bilder von „Kolonialkrieg“, von einem „Abschlachten Wehrloser“ können leicht entstehen, oder entstehen einfach präkognitiv, also bevor man groß nachgedacht hat. Wenn dann einfach flapsig herausgeschnoddert wird, dass die mit den vielen Opfern halt Pech gehabt hätten (wer gemeint ist, weiss es), der versündigt sich an einer sittlichen Ausstattung des Menschen, die man in religiösen Kontexten gewöhnlich mit einer Ebenbildlichkeit des Menschen in Verbindung bringt, die diesem vom seinem Schöpfer beigegeben worden sein soll. Und auch jenseits eines ausdrücklichen Schöpferglaubens sollte man vielleicht diese Eigenart des menschlichen Empfindens nicht einfach so zur Hintergehung freigeben.
Bei
http://www.hagalil.com/archiv/2006/07/teheran.htm
habe ich ein „Gleichnis“ gefunden, dass sich der Problematik dieses Opferverhälnisses, bzw. der betreffenden Opferverhältnisse überhaupt mit einer gewissen Würde annähert. Aus dem Text:
„Die Schläge, die über den Libanon hereinbrechen, ähneln der Zerstörung des Hauses einer zahlreichen Familie, die von einem ihrer verrückten Söhne gefangen gehalten wird, der aus den Fenstern des Hauses auf die Straße schießt. Das Ziel der Schläge ist es, die zurechnungsfähigen Familienmitglieder dazu zu zwingen, ihr Leben zu riskieren, und sich auf den Verrückten zu stürzen,“
Ich halte dieses Bild für respektvoll und der stattfindenden Tragik angemessen. Wenn, wie jetzt öfter in den Nachrichten zu hören ist, „beim Angriff auf ein Haus eine zehnköpfige Familie ums Leben kam“, dann kann das zitierte Gleichnis helfen, im Geiste des Empfindenden ein Bild von dem Verhängniss zu erschaffen, das dem Ausmaß des menschlichen Jammers auch wirklich gerecht wird.
Denn es werden eben nicht mutwillig harmlose Idyllen gemeuchelt, sondern es wird bei jedem Einsatz natürlich versucht, irgendein Kampfmittel, das gegen Israel gerichtet ist, zu vernichten.
Selbst wenn man unterstellen wollte, dass es einem Piloten aus persönlichen Rachgelüsten egal wäre, ob und wieviele Unbeteiligte er tötet; es dürfte ihm angesichts der Lage schlicht nicht gleichgültig sein, ob er seine Bombe auf irgendetwas verschwendet, was nicht virulent gegen Israel gerichtet ist.
Das Argument mit der „Verhältnismäßigkeit“ löst sich komplett auf in eine Frage der Professionalität. Und auf diese Frage geben die Bilder die wir sehen, leider überhaupt keine Antwort. Rauchende Trümmer, Leichenteile, Traumatisierte - so sieht es nach einem Bombeneinschlag aus, egal ob vorher in dem Haus keine Rakete zusammengeschraubt wurde, oder doch. Nur dürfen wir getrost davon ausgehen, dass Israel wirklich nur daran interessiert ist, Zerstörung nur über die Flecken Erde zu bringen, auf, oder unter denen gerade eine Höllenmaschine für Haifa, etc. einsatzbereit gemacht werden soll. Einfach weil Israel keinerlei Zeit zu verschwenden hat. Jeder Fehltreffer der Luftwaffe verschont eine Rakete der Hesbollah und erhöht die Gefährdung für Israel. So einfach ist das. Und deswegen können nur militärische Professionalität und Effizienz der Einsätze der Massstab für eine Beurteilung sein.
Ich bin auf zwei halbwegs analoge Präzednezfälle in der letzten Zeit gekommen: Die NATO hatte Serbien bombardiert, um das Nachgeben und den Abtritt eines Regimes zu erzwingen, das ein paar Tausend Moslems massakriert und eine gute Million aus dem Land geworfen hat. Dafür haben NATO-Bomben gut Eintausend Leute in Serbien getötet, die entweder zu diesem Zeitpunkt immer noch, oder vorher mal Christen waren. Und die, die das mitangesehen haben, haben tatsächlich ihren Diktator geschaßt und in die Rückkehr der Vertriebenen eingewilligt.
Und dann fällt mir zum Thema „Verhältnismäßigkeit“ noch ein gewisser Herr Jelzin ein, der auf allerlei regimekriminelle Umtriebe in Tschetschenien mit Flächenbombardements reagiert hat, der insgesamt wohl 200.000 Menschen zum Opfer gefallen sein sollen. Bei Boris Jelzin finde ich, konnte man sich nicht immer ganz sicher sein, ob er den letzten Wert darauf gelegt hat, den Terror effektiv zu bekämpfen. Bei der Israelischen Regierung und Gesellschaft bin ich mir dagegen doch einigermassen sicher.
Fortsetzung folgt.