Vor-/Nachteile bei Verbeamtung

Moin,
welche Vorteile (mehr Netto, sicherer Arbeitsplatz, …) und welche Nachteile (kein Streikrecht, Kosten der privaten Krankenkasse, …) ergeben sich durch eine Verbeamtung?

Für wen lohnt sich eine Verbeamtung und für wen nicht (Alter, Verdienst, …)? Kann man ein Beamtenverhältnis kündigen oder gekündigt werden?

Vielleicht könnt Ihr ja auch eigene Erfahrungen schildern?

Danke,
Paul

Hallo,

welche Vorteile (mehr Netto, sicherer Arbeitsplatz, …) und
welche Nachteile (kein Streikrecht, Kosten der privaten
Krankenkasse, …) ergeben sich durch eine Verbeamtung?

Es gibt verschieden Beamtenformen, wie z.B. Beamter auf Lebenszeit (die Regel), Beamter auf Widerruf (zeitlich befristetes Beamtenverhältnis), Beamter auf Probe (die Zeit zwischen z.A. und BaL), Beamter zur Anstellung (der „Lehrling“).

Um Beamter zu werden, muss man zunächst damit klarkommen, Teil eines sich selbst verwaltenden aufgeblasenen Riesenapparates zu werden, der eigentlich gar keine Arbeitsebene mehr braucht. Manchmal fühlt man sich wie in Wunsiedels Fabrik.
Zwar sagt die Verfassung „Eignung, Leistung,. Befähigung…“, aber damit werden nur die Dienstanfänger geblendet. In der Praxis sieht es anders aus. Der Status eines Beamten ist das Wichtigste, nicht das, was er kann oder leistet.
Entweder man arrangiert sich damit oder man geht daran kaputt.
Als Beamter wird man einen Teil seiner grundrechtlich geschützten Rechte los. Darf zwar nicht sein, ist aber in der Praxis so. Wenn man keine Lust hat, zu arbeiten und einen „guten“ Arzt findet, dauert es ewig, bis der Dienstherr die Konsequenzen ziehen kann = man kann jahrelang sein Gehalt für Nichts bekommen. Diese „Sicherheit“ des Arbeitsplatzes wird dann zur Farce.

Für wen lohnt sich eine Verbeamtung und für wen nicht (Alter,
Verdienst, …)? Kann man ein Beamtenverhältnis kündigen oder
gekündigt werden?

Ob sich ein Beamtenverhältnis „lohnt“ oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. In manchen Bereichen der öffentlichen Verwaltung sind Beamte überflüssig wie ein Kropf, in anderen geht es nicht ohne Personen „die in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis“ stehen (wie z.B. öffentliche Sicherheit und Ordnung).

Man kann sein Beamtenverhältnis durchaus kündigen. Entlassen werden gibt es beim Bal nicht, man wird in den Ruhestand versetzt oder im Rahmen eines Disziplinarverfahrens aus dem Dienst entfernt („silberne Löffel klauen“).

Vielleicht könnt Ihr ja auch eigene Erfahrungen schildern?

Eigene Erfahrungen: siehe oben.

Gruss

Iru

Moin,
welche Vorteile (mehr Netto, sicherer Arbeitsplatz, …)

Gute Einkommens-Absicherung bis zum Lebensende; sicherer Arbeitsplatz;
bessere Absicherung im Krankheitsbereich;

welche Nachteile (kein Streikrecht, Kosten der privaten
Krankenkasse, …) ergeben sich durch eine Verbeamtung?

geringere Einkünfte gegenüber der Privatwirtschaft;

Kosten der privaten Krankenkasse ist meistens nicht der Fall,
da der Beitrag in der Privatwirtschaft bei GKV immer vom
mtl. Einkommen berechnet wird und meist höher ist.
bei der PKV immer eine 100 % Absicherung bestehen muß und somit auch meist höher ist.

Ist es ein Vorteil, ein Streikrecht zu haben?

Für wen lohnt sich eine Verbeamtung und für wen nicht (Alter,
Verdienst, …)? Kann man ein Beamtenverhältnis kündigen oder
gekündigt werden?

Als Beamter, kann man im ganzen zuständigen Bereich versetzt werden.
Als Bundesbeamter z.B. von München nach Dresden.

In Einzelfällen sind auch Kündigungen des Arbeitgebers möglich.
Der Beamte selbst kann jederzeit kündigen.

Vielleicht könnt Ihr ja auch eigene Erfahrungen schildern?

könnte ich, muss aber jeder für sich selbst entscheiden.
Meine Entscheidung war, dass ich vor etlichen Jahren aus dem
öffentlichen Dienst ausschied.

Danke,
Paul

Gruß

Hoi.

Meine Vorredner gehen, soweit ich dass verstehe, immer vom Unterschied Privatwirtschaft - öffentl. Dienst aus.

Ich gebe mal die Antwort auf die Frage so: öD, aber Unterschied Angestellter - Beamter im Bundesbereich(da kenne ich mich aus bzw. es gibt zu viele Unterschiede bei den Länder/Kommunen).

Dann hiesse das:

  • Unterschiedliche Wochenarbeitszeit (Beamte ohne Kinder unter 12 Jahren: 41 Stunden - Angestellter immer 39,5 Std.)
  • Brutto - Nettounterschied von ca. einer Gehaltsstufe (wobei immer die persönliche Familien- und die Steuersituation betrachtet werden muß)
  • Beamter erhält kein Urlaubsgeld, sehr eingeschränktes Weihnachtsgeld
  • als Beamter (noch) bessere Altersbezüge (vor allem in der Berechnung: bei Beamten zählen die letzten zwei Jahre für die Berechnung der Pension)
  • als Beamter Möglichkeit in die PKV zu gehen, wobei die Familiensituation betrachtet werden sollte. Außerdem kann auch der Angestellte Anspruch auf Beihilfezuschüsse haben
  • als Beamter kein Streikrecht, aber besserer Kündigungsschutz

Allgemein zum Unterschied Privatwirtschaft - öffentl. Dienst würde ich noch ergänzen:

  • für Frauen die einzige(?) Möglichkeit der gleichwertigen Bezahlung
  • in der Regel beste Möglichkeiten für Teilzeitarbeit (auch für männliche Kollegen, sehr flexible Zeitspannen (z.B. von 8 bis 36 Wochenstunden)
  • jedes andere größere Unternehmen „leidet“ unter der Bürokratie (mein Bruder lachte immer über meine Stories aus dem Amt, aber als er nach dem Studium zu einem Automobilhersteller ging…)
    http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/0,1518,74…

Ciao
Garrett

Hallo Garett,

bei dem Unterschied Beamter und Angestellter im öffentlichen Dienst sollte man auch noch erwähnen, dass Beamte meistens die Abteilungsleitung inne haben und die Angestellten in der Regel mit Leitungsaufgaben nichts zu tun haben.

Hier ist die Stelle eines Beamten immer von Vorteil.

Viele Grüße!

1 Like

Hallo Garett,

bei dem Unterschied Beamter und Angestellter im öffentlichen
Dienst sollte man auch noch erwähnen, dass Beamte meistens die
Abteilungsleitung inne haben und die Angestellten in der Regel
mit Leitungsaufgaben nichts zu tun haben.

Das ist falsch!
Wir haben in der Verwaltung, wo ich beschäftigt bin, auch viele Angestellte in der Leitungsebene…

Beatrix

Also der Ast „öD:Angestellter->Beamter“ ist der von mir gewollte (hab ich leider in meiner Frage nicht gesagt, sorry).

Das mit Beamter = Leitungsfunktion stimmt nicht.

Rein vom Finanziellen lohnt sich die Verbeamtung (höherer Nettolohn - PKV)? Beispiel: Gehaltsstufe TVÖD E10.

Paul

Hallo,

zu den zahlreichen Argumenten meiner Vorredner möchte ich noch folgendes hinzufügen:

Sicherlich hat man als Beamter keine Streikrecht, aber ich kann nicht gerade behaupten, dass mir das „fehlt“ und das ich zu tode betrübt bin, dass ich nicht mitmischen darf.

Und persönlich kenne ich auch niemanden, der überhaupt schon einmal mitgestreikt hat, sei es Privatwirtschaft oder als Angestellter im ö.D. Wir Deutschen sind da eh nicht so auf Krawall gebürstet wie die Franzosen =)

Zumal die Tarifabschlüsse im öD i.d.R. auch auf die Besoldung umgelegt werden.

LG
S_E

Hallo,

na dann muss ich Euch alle beglückwünschen, dass ihr in solchen Behörden arbeitet,
wo Angestellte in leitender Funktion, als Amtsleiter bzw. Behördenleiter tätig sind.

In den Behörden in denen ich ständig unterwegs bin, wie z.B.
Kommunalverwaltungen, Finanzbehörden, Ministerien, Polizeidienststellen, Schulbehörden, Staatsbauämter sieht dies allerdings ganz anders aus.

Viele Grüße!

Hoi.

Bei uns ist E10 gleich A11.

Nach http://oeffentlicher-dienst.info/beamte/bund/ wäre dass:
A11, Stufe 1, Lohnsteuerklasse 1, ohne Kinder:
im Monat Brutto 2.783.29 € / Netto 2.272,65 €.

Nach http://oeffentlicher-dienst.info/tvoed/bund/:
E10, Stufe 1 etc…:
im Monat Brutto 2.578,86 € / Netto 1.597,82 €
(aber plus Urlaubs- und Weihnachtsgeld)

Bei der PKV kommt es ja auf das Eintrittsalter an und ob es aufgrund Vorerkrankungen Zuschläge gibt - daher kann man dazu nix sagen…mal googlen, ob es da PKV-Rechner gibt…

Ciao
Garrett

Hallo,
wie Du vielleicht schon den recht unterschiedlichen Vorpostings angesehen hast, gibt es „den Beamten“ nicht. Es handelt sich vielmehr um ein bestimmtes Beschäftigungsverhältnis, das anderen Regeln unterliegt als ein gewöhnlicher Arbeitsvertrag.

Du musst zunächst einmal auseinanderhalten, ob Du ein klassischer Verwaltungsbeamter werden willst (ein Ausbildungsberuf), einen Beruf erlernen möchtest, der nur im Beamtenverhältnis möglich ist (Soldat, Polizist) oder schon einen bestimmten Beruf hast, der Dir ermöglicht, Beamter zu werden (Lehrer, Handwerker/Techniker im Bereich der Feuerwehr, Bau-/Vermessungsingenieur, Architekt, Jurist usw.).
Davon abhängig ist zB das maximale Alter des Eintritts.

Ganz grundsätzlich gelten für die Ernennung zum Beamten wesentlich strengere Voraussetzungen hinsichtlich Eignung und Befähigung als für die Einstellung von Angestellten in vergleichbaren Berufen.

Erlernst Du einen Beruf, der nahezu ausschliesslich als Beamter möglich ist, sind die Vor/Nachteile nahezu berufsspezifisch und haben kaum noch etwas mit der Verbeamtung zu tun (dass Soldaten und Polizei besser nicht streiken sollten, sollte logisch sein :wink: ).

Hast Du bereits einen bestimmten Beruf, ist es eine Abwägung Deiner persönlichen Interessen. In der Regel verdienst Du als verbeamteter Hochschulabsolvent weniger als in der Privatwirtschaft (besonders als Ingenieur und - guter - Jurist), aber in der Regel eher etwas mehr als ein Angestellter mit gleichem Studium. Das ist auch richtig so, weil Beamte ebend nunmal eine Staatsprüfung/Laufbahnbefähigung erwerben müssen, die Angestellte nicht machen. *Das* ist eine Zusatzqualifikation! (abgesehen davon, dass die Zugangsvoraussetzungen normalerweise ebenfalls höher sind).

Gekündigt werden kann man als Beamter auf Lebenszeit nicht, aber bei nahezu allen „Beamtenarten“ droht ab einer Verurteilung ab einem Jahr Haft (auch auf Bewährung) die Entlassung, natürlich auch bei größeren dienstlichen Verfehlungen.

Natürlich ist die Unkündbarkeit ein Vorteil. Der jedoch relativiert sich, wenn man nunmal damit rechnen muss, je nach Dienstherr munter drauflos versetzt zu werden oder nahezu keine Alternativen auf dem normalen Arbeitsmarkt hat, wenns einem mal nicht mehr gefällt.

Den Vorteil des zunächst höheren Nettogehalts wird man übrigens als Beamter ebenfalls sehr schnell wieder los, wenn man Kinder und eine Frau hat, die nicht gesetzlich krankenversichert ist :wink: Es gibt in der Beihilfe keine Familienmitversicherung :wink:

Und was die Pensionshöhe betrifft, sollte jedem Nicht-Bildzeitungsleser so langsam klar sein, dass man die Pensionshöhe und das Eintrittsalter bereits seit Mitte der 2000er Jahre denen in der GRV angeglichen hat :wink: Eine Berufsgenossenschaft, die eine Rumdumabsicherung in Falle eines dienstlichen Unfalls hat, gibt es übrigens auch nicht… in Zeiten klammer Kassen eine äußerst unschöne Folge von schwereren Dienst- oder Wegeunfällen…

Du siehst vielleicht: hier ist vieles „relativ“. Als Jurist, Ingenieur oder Architekt empfindest Du vielleicht nach mehreren schlecht bezahlten und befristeten Arbeitsverhältnissen eine Zusatzausbildung zum Beamten (zu Azubi-Bezügen!) als „Segen“ oder „notwendiges Übel“, als Polizist oder Feuerwehrmann nach zig Jahren Wechseldienst mit relativ schlechten Aufstiegschancen und Berufsalternativen eher als Last.

Gruß vom
Schnabel

Vielen Dank!

Vielen Dank für die Antwort!

Hoi.

Eine Frage habe ich jetzt aber mal:

Wo soll der Unterschied bei den Arbeits- und Dienstunfällen sein?

Ciao
Garrett

Hallo,
es gibt im allgemeinen Sprachgebrauch keinen. Bei mir ist von Wege- und Dienstaunfällen die Rede. Worauf bezieht sich die Frage?

Ein Dienstunfall ist der Arbeitsunfall eines Beamten, z.B. eine Verletzung, die sich ein Feurwehrmann beim Einsatz zuzieht. Anders als bei Angestellten und Arbeitern gibt es hier keine „BG“, sondern eine Heilfürsorge des Dienstherren. Und die wird anders als eine „BG“ nicht an der Wiederherstellung der Arbeitskraft, sondern am Umfang der gesetzlichen Krankenversicherung (=Beihilferecht) bemessen. Die freiwiligen, darüber hinausgehenden Leistungen dürfen Gemeinden, die unter einem Haushaltssicherungskonzept leiden (das sind mittlerweile sehr viele), nicht mehr übernehmen. Da es für Beamte zB auch keinen „Reha-Sport“ o.ä. (gemeint sind Vertragsleistungen zwischen gesetzlichen Krankenkassen und Ärztevereinigungen) gibt, ist die Grenze, wann so eine freiwillige Leistung beginnt, sehr schwammig und wird bei klammen Kommunen mittlerweile weit nach unten verschoben.

Gruß vom
Schnabel

Nicht Beihilferecht, sondern BeamtVG
Hoi.

Die Versorung bei Dienstunfällen richtet sich nicht nach den Beihilferecht, sondern nach dem BeamtVG. Das ist umfangreicher als die Versorgung nach dem Beihilferecht, siehe z.B. §33 Heilverfahren. Dann muß man auch noch sehen, dass das „notwendig“ im Kontext zum besonderen Fürsorgeverhältnis zwischen Staat und Beamten steht.

Das macht auch Sinn, den sonst würde es eine (zu große) Ungleichbehandlung zwischen Angestellten(Arbeitsunfall/SGB VII) und Beamten im öD geben. Ob nun gewisse öffentliche Stellen wegen der dünnen Finanzlage sich nicht daran halten, steht sicher zu befürchten - korrekt ist es nicht.

Ciao
Garrett

Hallo,
das ist grundsätzlich richtig, ich war allerdings bislang der Ansicht, dass der §30 (3) BeamtVG auf die Beihilfe verweist. So findet sich z.B. im §12 (5) der Beihilfeverordnung NRW auch der entsprechende Lückenschluss :wink: Ich lasse mich aber gern eines besseren belehren.

Gruß vom
Schnabel