Hallo Marina!
Ich fürchte das ist eine ziemlich vertrackte Situation. Ich finde es toll, daß Du Dich so um Deine Nichte kümmerst aber ich weiß aus Erfahrung, daß es für solche Situationen keine einfachen Lösungen gibt.
Die rechtliche Seite kann ich nicht beurteilen. In extremen Fällen können den Eltern einzelne oder alle Rechte entzogen werden und ein Vormund bestellt werden. Das muss - soviel ich weiss - von einem Amtsrichter entschieden werden. Sofern Deine Schwester das befürwortet, ist es natürlich einfacher, als dies gegen ihren Willen durchzusetzen. Grundsätzlich ist es möglich, daß ein solcher Vormund aus der Familie kommt - ob das Gericht allerdings einer 20-jährige, die noch in der Ausbildung ist diese schwere Verantwortung aufbürdet wage ich zu bezweifelen. Aber es gibt da noch Mittelwege, vielleicht können Deine Mutter und Du das Kind offziell in Pflege nehmen und ein vom Amt bestellter Vormund Euch unterstützen. Desweiteren gibt es Familienpfleger/innen, die Euch mit Rat und Tat unterstützen können.
Auf jeden Fall würde ich umgehend das örtliche Jugendamt einschalten. Die können wohl am ehestens raten und helfen. Die Jugendämer sind keineswegs - wie manche fürchten - nur staatliche Regulierungsstellen. Viele Jugendamtsmitarbeiter sind ernsthaft bemüht in schwierigen Situationen unbürokratisch und schnell zu helfen. Das Wohl des Kindes steht dabei im Vordergrund und was die Eltern betrifft geht hier Hilfe eindeutig vor Strafe - Du brauchst also nicht zu befürchten, daß Du Deine Schwester „in Schwierigkeiten bringst“ - d.h. um es mal salopp zu sagen, sie steckt ja wohl schon bis zum Hals in der Sch… - es kann nur schlimmer werden, wenn hier nicht bald etwas passiert!
Als Kinderpflegerin müßtest Du doch eigentlich Kontakte haben - wo machst Du denn die Ausbildung? Hast Du keinen vertrauenswürdigen und erfahrenen Sozialarbeiter oder Pädagogen in Deinem Ausbildungsbetrieb?
Wenn Du den Ämtern nicht traust oder schlechte Erfahrungen mit dem Jugendamt gemacht hast, erkundige Dich nach einer nicht staatlichen Familienberatungsstelle z.B. der Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt o.ä. in Deiner Gegend.
Ach ja, Erziehungs- und Familienberatungsstellen unterliegen der Schweigepflicht! Du kannst Dich also ganz unverbindlich - u.U. sogar anonym - beraten lassen.
Im Internet kannst Du es mal unter folgenden Adressen versuchen:
http://www.bke.de/virtual/bke/index.html
Und immer dran denken: Du wirst nie vorher wissen können ob es besser wird, wenn DU etwas tust - aber DU weißt, das DU etwas tun mußt, damit es NICHT noch viel SCHLIMMER wird! Also nur MUT!
Schreib mal wie es weitergeht. Wenn mir noch was einfällt, melde ich mich noch mal.
Herzliche Grüße und alles Gute für Dich und Deine Nichte!
Conrad