Vorsätzliche Körperverletzung vs. Tätlicher Angriff

Auseinandersetzung zwischen einem Busfahrer und einem jungen Fahrgast. Der Fahrgast weigerte sich eine FFP2-Maske zu tragen, der Busfahrer wollte ihn daraufhin packen und wortwörtlich aus dem Bus werfen.

Der junge Mann, der sich im Schwitzkasten des Busfahrers befand, wehrte sich gegen die handfesten Argumente des Busfahrers, schlug um sich, verpasst so dem Busfahrer eine blutige Nase.

Der junge Mann ist jetzt angeklagt wegen vorsätzliche Körperverletzung.

Jetzt meine Frage:

  • Darf ein Busfahrer überhaupt handgreiflich werden? Ist das evtl. sogar als tätlicher Angriff zu und die Reaktion des jungen Mannes evtl. als Notwehr oder Affektreaktion zu werten?
  • Was bedeutet „vorsätzlich“? Muss man da nicht bewusst den Vorsatz gefasst haben, jemanden zu verletzen oder anzugreifen?
  • Hätte die Eskalation nicht ohnehin verhindert werden können, wenn der Busfahrer einfach von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht und die Weiterfahrt verweigert hätte? Er hätte ja einfach die Polizei anrufen können, damit sie den jungen Mann aus dem Bus entfernt.

Fahrgast eine FFP2-Maske angelegt hätte. Den Rest entscheidet das Gericht und das offensichtlich in Bälde. Denn dass Gericht hat deutlich mehr Möglichkeiten, den Sachverhalt mehr als nur durch eine Seite zu beleuchten.

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Ok, also nochmal:

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Das bedeutet: wissentlich und mit Absicht, ohne Rücksicht auf die Folgen…
ramses90

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Darf ein Busfahrer überhaupt handgreiflich werden?

Nur für den Fall, dass du es nicht bemerkt hast: du wiederholst dich.:roll_eyes:

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Ja, habe ich bemerkt. Ich habe zitiert, konnte aber nicht posten, weil das Feld angeblich leer war. Ich habe den Text einfach nochmal eingefügt :slight_smile:

Ne, aber im Ernst: darf ein Busfahrer Hand anlegen?

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Der Busfahrer hat Hausrecht. Er darf das Hausrecht auch mit verhältnismäßigen Mitteln durchsetzen. Festhalten darf er. Es gibt auch noch das „Jedermannsrecht“ des §127 StPO.
Im Übrigen darf der Busfahrer sich wehren. Bloßes Anpacken oder Festhalten ist keine Körperverletzung. Da es um Infektionsschutz geht und der Busfahrer eine Verantwortung gegenüber den anderen Fahrgästen hat und ein Mensch ohne Maske ein potenzielles Risiko für diese darstellt und man dann nicht erst eine halbe Stunde auf die Polizei warten kann, währenddessen das Risiko fortbesteht, steigt in puncto Verhältnismäßigkeit das, was zur Durchsetzung erlaubt ist.

Die Schilderung hier enthält offensichtlich diverse Lücken. So fehlt da zum Beispiel etwas zwischen „wollte…packen“ und Schwitzkasten. „Schlug um sich“, wenn derjenige direkt neben einem steht, ist vorsätzlich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob explizit für das Nasenbluten Vorsatz bestand.

Der Rest ist, wie geschrieben, eine Angelegenheit des Gerichts. Wiederholt sei, dass es ein Leichtes für dem jungen Mann gewesen wäre, das alles zu vermeiden. Selbst wer noch ohne Maske versucht hätte, einen Bus zu betreten, hätte spätestens dann einen Rückzieher machen müssen, wenn er erwischt wirs. Der Vorgang ist ja im Übrigen eine Ordnungswidrigkeit gewesen.

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Der kennt Voraussetzungen.

  1. Vorliegen einer Straftat UND

  2. Fluchtgefahr ODER

  3. Identität kann nicht sofort festgestellt werden

zu 1. Unklar; es kommt auf die Abfolge der Ereignisse an. Wurde ein Betretungsverbot ausgesprochen, dann könnte Hausfriedensbruch vorliegen. Der Verstoß gegen die Maskenpflicht bzw. die Weigerung, eine Maske aufzusetzen und zu tragen, ist und war keine Straftat. Sich gegen ein unbefugtes Festhalten zu wehren, stellt auch keine Straftat darf. Eine konkrete oder gar vorsätzliche Gesundheitsgefährdung der anderen Fahrgäste (versuchte KV) kann auch nicht angenommen werden, da über den damaligen Gesundheitszustand des Fahrgastes nichts bekannt ist. Die bloße epidemische Lage rechtfertigt nicht die Annahme, jeder, der keine Maske trägt oder trug, sei infektiös.
zu 2. Bestand der Beschreibung nach nicht; es ging auch nicht um die Festnahme, sondern darum, den "Täter aus dem Verkehrsmittel zu entfernen
zu 3. Das wurde vor der „vorläufigen Festnahme“ der Beschreibung nach gar nicht geklärt

Dass hier ein Fehlverhalten des Fahrgastes vorliegt, ist unbestritten, aber die Aktion des Busfahrers ist hart grenzwertig. Besser wäre es gewesen, er hätte ein Betretungsverbot ausgesprochen und den Verstoß dagegen von der Polizei oder einem Sicherheitsdienst durchsetzen lassen.

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Zu 1: Wenn du meine Ausführungen in Gänze erfasst hättest, habe ich mehrmals angemerkt, dass es auf die Abläufe ankommt und habe auch Fragezeichen angesetzt. Allerdings ist ein Hausfriedensbruch schon einigermaßen wahrscheinlich.
In dem Zusammenhang habe ich mitnichten beschrieben, dass 127 greift, sondern lediglich formuliert, dass das je nach Ablauf in Frage kommt.

Habe ich nicht behauptet! Aber nun denn.

Auch das habe ich nicht behauptet. Allerdings gibt es ein erhöhtes Risiko. Wenn ein Infektionsschutzgesetz keinerlei Konsequenzen hat, kann man es lassen.

Inwieweit das Verhalten des Busfahrers eine Grenze überschritten hat, soll das Gericht klären. Hatte ich geschrieben. Oder bist du der Auffassung, dass man auf eine gerichtliche Überprüfung nach deinen Ausführungen verzichten kann? Das Verhalten des Fahrgastes war im Übrigen in jedem Fall die Überschreitung einer Grenze.

Wie kommst du zu der Annahme, dass das nicht passiert ist?

Besser wäre gewesen, wenn der Fahrgast den Vorgaben des IfSG gefolgt wäre. Besser wäre gewesen, wenn er den Anordnungen des Busfahrers gefolgt wäre. Das kann man anhand der Schilderungen sicher sagen.
Inwieweit alternative Handlungen des Busfahrers besser gewesen wären, hängt von den Details des Ablaufs ab, dessen Schilderung offensichtlich Lücken hat. Ich vermag mir kein Urteil erlauben, weder Aufgrund der Tatsache, dass ich nicht Richter bin, noch Aufgrund der einseitigen und lückenhaften Schilderung. Aber das große C-Punkt kann dies natürlich.
Und nein, ich werde die Diskussion ab hier nicht fortführen.

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Ich möchte an dieser Stelle aber doch noch eine allgemeine, über die Fallschilderung hinausgehende Meinungsäußerung von mir geben.

Es ist ja allenthalben von einer gesellschaftlichen Aufarbeitung der Pandemie die Rede. Zu meinem großen Bedauern ist damit - zumindest von den lautstarken Wortführern - ausschließlich eine „Aufarbeitung“ der Corona-Maßnahmen die Rede. (Die sicherlich kritisch beleuchtet werden müssen. Aber immer unter dem Blickwinkel der zum Maßnahmezeitpunkt vorliegenden Infos, dessen, was Unterlassen bedeutet hätte und vor allem: Prospektiv im Sinne von "was können wir besser machen.)
Was leider nie gemeint ist, ist die Frage, inwieweit die Gesellschaft hätte anders reagieren können und müssen. In dem Zusammenhang kotzt mich bis zum Anschlag an, dass wir, ja wir, die Gesellschaft, die Pandemie zu maßgeblichen Teilen auf dem Rücken auch bestimmter Berufsgruppen ausgetragen haben, die ziemlich im Stich gelassen wurden! Das sind fast alles Berufsgruppen am unteren Ende der Einkommensskala, die auch komischerweise von den Wortführern nie gemeint sind, wenn von „Leistungsträgern“ die Rede ist. Ganz egal, ob die immerhin öfter mal genannten Pflegekräfte
(einen kleinen Applaus hat es ja immerhin gegeben)
https://www.tiktok.com/@kebekus.edits/video/7063559084276043013?lang=de-DE
… oder KassiererInnen, BusfahrerInnen, Essensliefernde, Paketdienstleister etc.
Nicht nur, dass die den Laden am Laufen gehalten haben, sie durften sich auch noch regelmäßig mit zum Teil hochgradig aggressiven Egoisten rumschlagen, die sich in der Linie eine Sophie Scholl wahnten, nur weil irgendjemand von ihnen erwartet hat, ein bisschen Abstand zu und sich einen Stofffetzen vorzuhalten. Und bei allem Pöbeln, Beschimpfen, zum Teil auch Bespucken (oder sogar Erschießen) zu lassen, haben sie gefälligst bis auf die letzte kleine Finger-Bewegung immer höflich zu bleiben und jedes Augenbrauenzucken penibel im Rahmen des Gesetzes zu haben. Dabei dann auch die offensichtlich zur Risikogruppe gehörende 80-Jöhrige im Blick, die echtes Schutzbedürfnis hat, deren Interessen aber anscheinend komplett irrelevant sind. Kann ja zu Hause bleiben. Weil deren Freiheit interessiert ja offenbar keine Sau.
Und dieses ganze Spannungsfeld sollen also die o.g. Berufsgruppen aushalten, oft genug von den Vorgesetzten, aber auch der Legislative und Exekutive im Regen stehen gelassen, viel zu wenig gewürdigt von „der Gesellschaft“, die aber natürlich nur das Verhalten der Anderen auswerten lassen will, nicht aber das Eigene.
In Gesellschaften, in denen die Gesellschaft vernünftiger, verantwortungsbewusster umgegangen ist, war und ist vieles einfach nicht nötig.

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Ich danke euch für die Ausführungen. Mir ging es nur darum andere Meinungen zur Situation zu hören, um das einordnen zu können.

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Ich stimme Dir voll umfänglich zu und finde, das ist ein Thema für sich, das es wert ist in einem eigenen Thread besprochen zu werden.

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Da steht:

Ich lese da nichts von „könnte“, „kommt darauf an“, „vielleicht“ oder „man müsste prüfen“. Kann sein, dass Du das so gemeint hast, aber es steht da halt nicht und mein Beitrag sollte dazu dienen, dass niemand, der Deinen liest, glaubt, man könne jeden, der irgendetwas macht, das man nicht will, festhalten oder gar vorläufig festnehmen.

Nach dem zitierten Abschnitt ging es mit

weiter. Also mit etwas anderem.

Naja, Du kannst ja anscheinend lesen. Dann lies doch bitte einfach, was da steht.

Nein, kann er nicht und wollte er auch nicht. Er wollte nur vermeiden, dass Missverständnisse hinsichtlich des Inhalts des 127 StPO entstehen oder sich verfestigen. Dass auch ich Einschränkungen gemacht habe, geht aus meinen Ausführungen zu den 1.-3. auch hervor.

Letzteres wäre schon hilfreich gewesen. Dass die Querulanten und Leerdenker eine solche Popularität erreichen konnten, hat ja auch damit zu tun, dass gegen Maskenverweigerer, Abstandnichteinhalter oder ZuzweitaufdemSpielplatzTischtennisSpieler teilweise sehr übertrieben und auch teilweise jenseits der Grenzen des Erlaubten vorgegangen wurde.

In gewisser Weise haben die Leerdenker einen Punkt, wenn sie sagen, dass die Gesellschaft einerseits Solidarität eingefordert hat, aber andererseits aber einen Teil der Gesellschaft ausgegrenzt (und damit meine ich nicht körperlich von Restaurantbesuchen oder ÖPNV) und verspottet hat. Andererseits haben die Leerdenker gerade auf den sogenannten Demonstrationen wirklich kaum eine Gelegenheit ausgelassen, sich von sich aus zum Gespött der Leute zu machen.

Dass auf der Leerdenkerseite sehr viel stärker und häufiger gegen Verordnungen und Gesetze verstoßen wurde, steht natürlich auch außer Frage. Dass diejenigen, die gegen Recht und Ordnung verstoßen ganz entschieden auf die Einhaltung aller Vorschriften durch die andere Seite pochen, ist aber auch nichts neues.

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Ich glaube, das

war Satire und nicht wortwörtlich so gemeint…

Das glaubt er auch.

Das glaubt er weniger.

Das hat er doch, wenn er zu Coronazeiten ohne Maske in einen mit Fahrgästen besetzten Bus einsteigen wollte.

Der Busfahrer wollte die Gefahr von seinen Fahrgästen und sich selbst abwehren (Notwehr).
Nur die Weiterfahrt zu verweigern wäre wenig hilfreich, wenn der „Angreifer“ in der Wartezeit für den Polizeibesuch zwischen den anderen Fahrgästen rumlaufen oder sitzen kann.

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Unsere Gesetze sind so abstrakt, dass man die Antwort auf solche Fragen nicht findet, indem man nach einer Vorschrift sucht, die ausdrücklich regelt, welche Berufsgruppen handgreiflich werden dürfen und welche nicht. Alle dürfen alles, was nicht verboten ist. Verboten ist es zum Beispiel, einen anderen Menschen zu töten (Totschlag, § 212 Abs. 1 StGB). Das gilt unabhängig vom Beruf. Manchmal ist das an sich Verbotene aber erlaubt. So mag es zwar den Tatbestand des Totschlags erfüllen, jemanden in Notwehr zu töten. Es ist aber nicht rechtswidrig (§ 32 Abs. 1 StGB) und also nicht verboten und nicht strafbar.

Prüfungsschemata mit allen Voraussetzungen für Notwehr findest du im Internet (zum Beispiel hier). Eine Voraussetzung ist, dass der Busfahrer seinerseits einen rechtswidrigen Angriff auf den jungen Mann verübt hat. Darum stellst du zu Recht die Frage, ob der Busfahrer durfte, was er tat. Durfte er es, handelte er nicht rechtswidrig und die Tat des jungen Mannes war schon deshalb nicht durch Notwehr gerechtfertigt. Grundsätzlich ist es natürlich verboten, jemanden in den Schwitzkasten zu nehmen. Der Busfahrer könnte aber selbst in Notwehr gehandelt haben. Vielleicht kommen weitere Rechtfertigungsgründe in Betracht.

Affektreaktionen können auch strafbar sein. Sollte dem jungen Mann das Recht zur Notwehr zugestanden haben und sollte er die Grenzen der Notwehr aus einem Schwächeaffekt, nämlich: Verwirrung, Furcht oder Schrecken, überschritten haben, so wäre seine Tat zwar rechtswidrig; sie wäre aber entschuldigt, und er würde nicht bestraft (§ 33 StGB). Sogenannte sthenische Affekte wie Wut und Empörung reichen allerdings nicht. Sollte der Busfahrer das Notwehrrecht überschritten haben, so dass seine Tat bestenfalls entschuldigt wäre, käme eine Notwehr des jungen Mannes in Betracht.

Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes. Der objektive Tatbestand ist der äußerliche Sachverhalt, der vorliegen muss, damit man überhaupt von einer einschlägigen Tat sprechen kann. „Äußerlich“, weil es auch innere Umstände gibt, die sich nur in den Gedanken des Täters abspielen, wozu vor allem der Vorsatz selbst gehört. Objektiver Tatbestand meint zum Beispiel im Fall des Totschlags, dass der Täter einen anderen Menschen tötet. Man unterscheidet drei Vorsatzarten:

  1. Absicht: Der Täter bezweckt genau das, was er erreicht, also zum Beispiel den Tod eines anderen Menschen, und hält das, also den Tod, für herbeiführbar.

  2. Direkter Vorsatz: Der Täter geht mit Sicherheit davon aus, den objektiven Tatbestand zu erfüllen.

  3. Eventualvorsatz: Der Täter hält die Verwirklichung des objektiven Tatbestands zumindest für möglich und nimmt diese Möglichkeit billigend in Kauf.

Wenn für das Delikt keine bestimmte Vorsatzform vorgeschrieben ist, genügt es, wenn eine beliebige dieser drei vorliegt. Mit anderen Worten: Es genügt dann schon der Eventualvorsatz mit seinen geringen Anforderungen. Und so verhält es sich bei den meisten Straftatbeständen. Die Absicht spielt allerdings auch öfter eine Rolle, zum Beispiel für einige Mordmerkmale und für die Zueignung, genauer gesagt eben Zueignungsabsicht beim Diebstahl. Es können also für verschiedene Merkmale eines objektiven Tatbestands verschiedene Vorsatzformen erforderlich sein.

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Das ist so nicht korrekt.

„Wissentlich und mit Absicht“ ja, aber „ohne Rücksicht auf die Folgen“ ist Quatsch. Bei vielen Vorsatzdelikten ist es ja gerade das bewusste Ziel des Täters, bestimmte Folgen zu erzielen. Also das genaue Gegenteil von „die Folgen sind mir egal“

Jein. Wenn Person A wild um sich schlägt und dabei denkt „Mir doch egal, ob ich zufällig B treffe und ihm dabei die Nase zertrümmere“ dann ist das der von Threepwood erläuterte Eventualvorsatz, der meist für Vorsatz genügt.