Hallo Stefan,
jedes Bundesland hat ein Kindergartengesetz. Dies enthält allerdings lediglich die Rahmenbedingungen, das grobe Raster, unter dem Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern im Vorschulalter geregelt ist. Die unter 3-Jährigen werden aktuell in dieses Gesetz aufgenommen.
Interessanter, da konkreter, ist der Bildungs- und Erziehungsplan. Er ist allerdings nicht verpflichtend, sondern lediglich als Orientierungshilfe für die KiTa-Arbeit gedacht.
http://www.kultusportal-bw.de/servlet/PB/show/125070…
Für Bayern gibt es aktuell eine Ergänzung speziell für unter 3-Jährigen, für BW habe ich auf die Schnelle nichts gefunden (was nicht heißt, dass es eine solche nicht dennoch bereits gibt). Insgesamt gilt aber, dass Kinderkrippen und Kindergärten in ihrer pädagogischen Gestaltung weitestgehend frei sind.
Zur Elterniniative: Der Trägerverein unterliegt zunächst mal den normalen Vereinsrichtlinien. Diese liefern Vorgaben für die Art und Anzahl von Versammlungen, Buchführung, Wahlen und Mitgliederinformationen. Darüber hinaus leben solche Einrichtungen in aller Regel von der aktiven Mitarbeit der Eltern. Ich würde dir in diesem Zusammenhang raten, dich einfach mal bei anderen Elterninitative-KiTas umzuhören und dich dann an die Vorstandschaft zu wenden.
Die Fachaufsicht liegt auch für Elterninitiativen beim Jugendamt. Dieses ist auch für die Genehmigung der Räume zuständig.
Und zu deinen anderen Fragen:
- Bewegung ist elementar für die Entwicklung (insbesondere auch für die Sprachentwicklung) von Kleinkindern. Und der Aufenthalt an frischer Luft bei jedem Wetter ist extrem wichtig. Voraussetzung ist natürlich entsprechende Kleidung, für die die Eltern zuständig sind (und woran es leider öfter mangelt).
- Musische Angebote wie Kinderlieder, Geräuscherfahrungen, Erfahrung mit Farben (insbesondere auch mit verschiedenen Arten von Malgeräten) gehören zu den selbstverständlichen Aufgaben einer frühkindlichen Förderung.
- Regelmäßige Kontakte mit Eltern - und dazu gehören Elterngespräche - sind selbstverständlicher Bestandteil der Arbeit in Kindertagesstätten.
Aber:
- Ein umfangreiches Raumangebot ist schön, unbedingt notwendig ist es nicht. Gerade im Krippenalter ist für Kinder das tägliche Erleben so unglaublich spannend, dass sie im Prinzip keine besonderen zusätzlichen Reize brauchen.
Im Gegenteil: Gerade in Bezug auf Spielsachen ist weniger mehr. Kleinkinder sind damit überfordert, aus einer größeren Anzahl von Dingen auszuwählen. Ein Überangebot führt schnell zur Reizüberflutung und diese in der Folge dazu, dass es dem Kind schwer fällt, sich länger mit einer Sache zu beschäftigen.
Gerade das Fokussieren auf eine Tätigkeit/ einen Gegenstand trägt aber ungemein zur Förderung von Konzentrationsfähigkeit bei. Das gelingt Kindern deutlich besser, wenn sie nur eine beschränkte Auswahl haben.
Wichtig: Die Art und Weise, wie Erzieherinnen den Alltag mit den Kindern gestalten, wie sie die kleinen und größeren Selbstverständlichkeiten aufgreifen und mit den Kindern erleben, spielt eine ganz entscheidende Rolle. Ein gemeinsames Frühstück z.B., bei dem die Kinder ALLE selbst ausprobieren dürfen, alleine zu essen, zu trinken und mit Besteck umzugehen, ist der Entwicklung ungemein förderlich, auch wenn es eine Menge Zeit in Anspruch nimmt, die den Kindern SCHEINBAR für andere Dinge verloren geht.
Die Frage nach „schönem“ oder „wertvollem“ Spielzeug stellen Kinder in diesem Alter nicht. Für sie ist eine Kiste mit Kastanien oft 1000 Mal interessanter als das neueste Baukastensystem zur Motorikförderung. Im Gegensatz zur Meinung vieler Erwachsener brauchen Kinder es auch nicht möglichst bunt. Auch hier besteht vielmehr die Gefahr der Reizüberflutung.
Das Gleiche gilt für die Dekoration des Gruppenraums: Räume, die Eltern gerne mal für ansprechend und kindgerecht halten, sind für die Kinder wiederum eher eine Reizüberflutung. Ihr Gehirn kann Reize nicht filtern oder ausblenden und alles, was sich in ihrer Umgebung befindet, strömt in ungebremstem und gleich starken Maß auf sie ein.
Übermüdete, weinende Kinder sind nicht selten eine Folge von einer zu hohen Reizlage der Umgebung. Auch Fenster sollten so gestaltet sein, dass die Kinder ungehindert durch sie in den Garten schauen können, anstatt auf kitschige (meist von unterbeschäftigten Erziehern gestaltete) Bemalungen schauen zu müssen.
- Tiefgefrorenes Essen ist nicht unbedingt gleichwertig mit minderwertigem Essen. Je nach Hersteller sind durchaus hochwertige, ausgewogene Mahlzeiten möglich, die - speziell für Kleinkinder - nur sparsam gewürzt sind. Idealerweise ergänzt man das durch frische Dinge wie Obst. Nach meiner Erfahrung sind manche Sorten von Tiefkühlkost wesentlich hochwertiger als das frisch gekochte Essen aus der Großküche des Altenheims, mit dem KiTas auch gerne mal beliefert werden, wenn es dem selben Träger gehört.
Fazit: Ich würde anhand deiner Schilderung nicht alles negativ bewerten wollen. In Sachen Elternarbeit, Mitbestimmung und Bewegungsförderung scheint mir aber dringender Handlungsbedarf zu bestehen.
Schöne Grüße,
Jule