Hallo Philoten!
Stellt Ihr euch auch manchmal vor, ihr würdet sprechen oder schreiben (oder „nur“ denken) wie zusammengesetzt aus zwei ganz verschiedenen Philosophen?
Ich will ein Beispiel versuchen: Heidegger und Wittgenstein. Der erste kommt mir immer ganz alt vor, als ob er immer steinalt war, schon alt geboren und der zweite kommt mir immer ganz jung vor, so juvenil, manchmal kindlich, manchmal jungenhaft („my boyhood friends…“). Ich denke dann also so Sätze wie:
„Nacht nachtet die ganze Nacht lang. Es hört sich ungefähr so an: Rum-di-bum, rum-di-bum, rahhhh, raffaffaff…“
Das war jetzt ein Mix aus „gefühltem“ Heidegger und „gefühltem“ Wittgenstein, nur so als Beispiel.
Versteht Ihr, was ich meine? Und: Kennt Ihr das auch?
Meine Guten?
Gruß,
Branden
Heidegger und Wittgenstein
Hallo Branden!
welches Teufelchen hat dich jetzt wieder heimgesucht?
Stellt Ihr euch auch manchmal vor, ihr würdet sprechen oder
schreiben (oder „nur“ denken) wie zusammengesetzt aus zwei
ganz verschiedenen Philosophen?
Ich will ein Beispiel versuchen: Heidegger und Wittgenstein.
Der erste kommt mir immer ganz alt vor, als ob er immer
steinalt war, schon alt geboren und der zweite kommt mir immer
ganz jung vor…
Wenn ich diese beiden Namen höre, dann aktiviere ich das Bild, das
bei mir – nicht unbedingt aufgrund des Studiums ihrer Schriften – im
Laufe der Jahre von ihnen entstanden ist.
Alt oder jung ist da kein Problem.
Aber ich frage mich:
Warum haben diese Männer eine so grosse Reputation als Denker?
Warum zählen sie zu den einflussreichsten Philosophen des 20.Jh.?
Und weil ich keine Antwort darauf weiss, stellt sich mir die Frage:
Was ist das für ein „Geist des 20. Jh.“, der diese beiden als
Hauptbestandteile in sich aufgenommen hat? Was ist das für eine
akademische Disziplin, die sich so ausgiebig mit den Werken dieser
Männer befasst?
Und ich komme sehr ins Grübeln…
Ach was!
Nescio
Die Bedeutung von Philosophen überhaupt
Hallo Nescio,
die Ausgangsfrage interessiert mich nicht, aber ich antworte dir, weil ich dich erstens positiv in Erinnerung habe und zweitens, weil ich meine, dass du aus dieser Frage hier:
Warum haben diese Männer eine so grosse Reputation als Denker?
Warum zählen sie zu den einflussreichsten Philosophen des
20.Jh.?
die falsche Konsequenz ziehst.
Ich denke, dass man die überragende Bedeutung dieser beiden Denker sehr gut und einfach damit begründen kann, dass sie als beinahe (!) einzige Denker im 20. Jh. WIRKLICH LEBENDIGES Philosophieren gezeigt haben. Was heißt das? Nun, es heißt, dass sie nicht nach einfachen Antworten gesucht haben, sondern dass sie im Gegenteil schwierige (und neue) FRAGEN aufgeworfen haben, die man eben nicht so einfach als richtig oder falsch beurteilen kann, sondern deren Tiefe außergewöhnlich ist. Dass sie sich (unter Umständen) im einen oder anderen Ergebnis oder eben auch möglicherweise gänzlich geirrt haben, ist gar nicht von Bedeutung (schon Platon hat sich in vielen seiner Antworten massiv geirrt und ist trotzdem noch wegen seiner Fragestellungen bedeutend).
Carnap z. B. hat Wittgenstein punktuell aufgenommen und interpretiert, aber reicht in seiner Tiefe nicht an die Problemstellung Wittgensteins heran. Popper z. B. (um eine hier leider immer wieder gestellte frühere Frage hier aufzunehmen) ist durch sein Falsifikationsprinzip bedeutend, keine Frage, aber dieses ERGEBNIS war erstens beschränkt auf EMPIRISCHE Probleme und zweitens für den Fortschritt der Fragestellungen nicht unbedingt produktiv. Wittgensteins Fragen (auch in ihrer Vielfalt) hingegen nagen an den Grundfesten unserer ursprünglichen Überzeugungen, sie verwirren uns und machen uns zeitweise ratlos - und gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit der Weiterentwicklung!
Auf der anderen Seite: Habermas ist sicher bedeutend in seiner Kritik an Heidegger, aber er hat wie auch Adorno nur einen klitzekleinen Aspekt an Heidegger kritisiert - vielleicht zu Recht, aber auch das ist nicht von Bedeutung.
Entscheidend ist also nicht, ob Philosophen sich irren, das ist nur natürlich unter Menschen. Entscheidend ist, dass sie das Weiterdenken ermöglichen. Und in dieser Disziplin überragen Heidegger und Wittgenstein ALLE Philosophen seit Kant und Hegel. UND GENAU DAS macht sie so groß, dass man sie zu den acht bedeutendsten Philosophen des Abendlandes (als da sind: Platon, Aristoteles, Augustinus, Thomas von Aquin, Kant, Hegel und eben Wittgenstein und Heidegger) nicht nur zählen kann, sondern muss.
Entschuldigung für die lange Antwort, sie lag mir auf dem Herzen.
Gruß
Bona
Philoparlance
Hallo Branden,
ich finde es gar nicht so uninteressant, wie man sich die verschiedenen Philosophen vorstellt.
Es gibt eine schöne Stelle bei Foucault („Theatrum Philosophicum“) darüber, wie er sich Hegel vorstellt:
„Der Ursprung der Dialektik ist immer schulmeisterlich. Immer wieder lebt die Aporie von Sein und NIcht-Sein im Fragespiel der Schule, im fiktiven Dialog des Schülers auf: ‚Das ist rot. Jenes ist nicht rot. - Ist es in diesem Augenblick Tag? Nein, jetzt ist es Nacht!‘ In der Dämmerung der Oktobernacht fliegt der Vogel der Minerva nicht sehr hoch: ‚Schreibt, schreibt!‘ krächzt er, 'morgen früh ist es nicht mehr Nacht!“
Das kann man eigentlich nur würdigen, wenn man Hegels Phänomenologie kennt, dann aber dafür richtig
Ich will ein Beispiel versuchen: Heidegger und Wittgenstein.
Der erste kommt mir immer ganz alt vor, als ob er immer
steinalt war, schon alt geboren und der zweite kommt mir immer
ganz jung vor, so juvenil, manchmal kindlich, manchmal
jungenhaft
Das mit dem Alter ist bei mir nicht so, aber ich kann mir dafür beide eigentlich nur in Hosenträgern denken!
Ach ja:
http://www.laterthanever.com/Laterthanever_People.htm
Viele Grüße
Franz
Ach ja:
http://www.laterthanever.com/Laterthanever_People.htm
Mann, Ben, da muss ich ja gleich mal schauen, ob amazon den auch als DVD in deutscher Sprtache hat…
Du kannst mich scharf machen…
Gruß,
Branden
Hallo Nescio
welches Teufelchen hat dich jetzt wieder heimgesucht?
Tja, Du kennst mich mittlerweile, Nescio…Ab und an kommt so ein merkwürdiges Kribbeln zwischen meinen Comic-Gehirnzellen zustande…
…
Aber ich frage mich:
Warum haben diese Männer eine so grosse Reputation als Denker?
Warum zählen sie zu den einflussreichsten Philosophen des
20.Jh.?
Was ist das für ein „Geist des 20. Jh.“, der diese beiden als
Hauptbestandteile in sich aufgenommen hat?
Nun ja, ich denke zunächst einmal, dass diese beiden Denker da eigentlich sehr wenig miteinander zu tun haben - nicht zuletzt deshalb habe ich ja vielleicht auch diesen kleinen Spaß da gemacht.
Ich lese sie von Zeit zu Zeit, halt wie ich andere Philosophen auch lese. Ich lese da ja immer einfach aus Lust und Leidenschaft, nie chronologisch, nie als „Arbeit“, immer eher als „Ausgleich“ zu meiner täglichen Praxis-Arbeit.
Zur Zeit habe ich übrigens mal wieder Wittgenstein am Wickel. Lese geade das „Blaue Buch“. Einige Gedanken finde sehr originell und angenehm „frei“ - eben originär.
Heidegger kann ich wahrscheinlich lange nicht mehr lesen, weil mir da Adornos „Jargon der Eigentlichkeit“ den Heidegger zu sehr zerfetzt hat.
Gruß,
Branden
Hallo Bona
Nun, es heißt,
dass sie nicht nach einfachen Antworten gesucht haben, sondern
dass sie im Gegenteil schwierige (und neue) FRAGEN aufgeworfen
haben, die man eben nicht so einfach als richtig oder falsch
beurteilen kann, sondern deren Tiefe außergewöhnlich ist. Dass
sie sich (unter Umständen) im einen oder anderen Ergebnis oder
eben auch möglicherweise gänzlich geirrt haben, ist gar nicht
von Bedeutung (schon Platon hat sich in vielen seiner
Antworten massiv geirrt und ist trotzdem noch wegen seiner
Fragestellungen bedeutend).
Ich kann Dir nur sagen, dass ich das ganz genau so empfinde. Da muss ich dir schon mal ein Sternlein geben wegen corticaler Übereinstimmung - wenn das philosophisch überhaupt vertretbar ist, so eine Begründung .
Gruß,
Branden
Hallo Bona,
…weil ich meine, dass du aus dieser Frage hier:
Warum haben diese Männer eine so grosse Reputation als Denker?
Warum zählen sie zu den einflussreichsten Philosophen des 20.Jh.?die falsche Konsequenz ziehst.
Welche Konsequenz meinst du?
Ich denke, dass man die überragende Bedeutung dieser beiden
Denker sehr gut und einfach damit begründen kann, dass sie als
beinahe (!) einzige Denker im 20. Jh. WIRKLICH LEBENDIGES
Philosophieren gezeigt haben.
Da habe ich den genau gegenteiligen Eindruck. Ein Ausweis für
lebendiges Philosophieren wäre eine Anteilnahme oder zumindest ein
Interesse an den Lebensproblemen ihrer gewiss sehr „lebendigen“ Zeit.
Was heißt das? Nun, es heißt,
dass sie nicht nach einfachen Antworten gesucht haben, sondern
dass sie im Gegenteil schwierige (und neue) FRAGEN aufgeworfen
haben, die man eben nicht so einfach als richtig oder falsch
beurteilen kann, sondern deren Tiefe außergewöhnlich ist.
Ich verstehe, dass sich dies hier nicht konkret ausführen lässt.
Aber ich habe diese Fragen (und Antworten?) nie wirklich erfassen
können, schon gar nicht deren Tiefe. Da will ich mich ein bisschen
hinter Gethmann und Birnbacher verschanzen, die in den dtv-
Philosophie-Klassikern es immerhin geschafft haben, längere Artikel
über H bzw W zu schreiben (brächte ich nie .
Entscheidend ist also nicht, ob Philosophen sich irren…
Zustimmung.
Entscheidend ist, dass sie das Weiterdenken ermöglichen.
dito.
Und in dieser Disziplin
überragen Heidegger und Wittgenstein ALLE Philosophen seit
Kant und Hegel.
Kann ich nicht zustimmen.
Entschuldigung für die lange Antwort, sie lag mir auf dem Herzen.
Nicht nötig.
Sie müsste ja eigentlich noch viel länger sein…
Gruss
Nescio
Philosophie überhaupt?
Hi Nescio und Bona,
Da habe ich den genau gegenteiligen Eindruck. Ein Ausweis für
lebendiges Philosophieren wäre eine Anteilnahme oder zumindest
ein
Interesse an den Lebensproblemen ihrer gewiss sehr
„lebendigen“ Zeit.
Genau das ist doch der Knackpunkt!
Erst dann, wenn man einen Konsens darüber findet, was denn Philosophie sei (und es gibt ganz sicher keinen allgemeinen Konsens!), kann man weitgehender überlegen, wie wichtig der eine oder andere Philosoph für die Philosophie ist.
Dieses Problem tut sich auf sowohl auf in der Auseinandersetzung zwischen „akademischer Philosophie“ und außer-akademischer Philosophie bzw. (interessanterweise!) einer Philosophie, die innerhalb des akademischen Rahmens betrieben wird, dort aber nicht als „Philosophie“, sondern als alles mögliche (z.B. Literaturwissenschaft, wie in den USA üblich)
Der Punkt dabei ist aber, dass beide, Wittgenstein und Heidegger, sowohl innerhalb wie außerhalb stark rezipiert sind, vielleicht sogar tatsächlich außerhalb eher noch mehr (was für Dein „Lebensproblem“-Argument nicht irrelevant zu sein scheint!)
Und das Konsensproblem tut sich auch auf, wenn man sich die Richtungen innerhalb der „akademischen“ Philosophie anschaut, denn dann muss man feststellen, dass z.B. die analytische Philosophe grosso modo mit Heidegger nicht viel anfangen kann, außer oft überaus primitive Dämonisierung.
Umgekehrt hat Wittgenstein für die „kontinentale“ (ein besseres Wort fällt mir nicht ein) Philosophie auch nur soweit diese hohe Bedeutung, als einfach der Tractatus als Kontrastfolie zur PU gelesen wird, während die Analytiker die PU sehr viel mehr in Kontinuität zum Tractatus lesen (im Grunde damit ja ein ganz anderer Wittgenstein).
Ein Ausweis für
lebendiges Philosophieren wäre eine Anteilnahme oder zumindest
ein
Interesse an den Lebensproblemen ihrer gewiss sehr
„lebendigen“ Zeit.
Also zumindest Heidegger kann man das eher nicht absprechen, womit ich gewiss nicht die Nazi-Episode meine, sondern in erster Linie seine Technik-Philosophie, die m.E. eine nicht ungelungene Diagnose unserer Zeit ist.
Viele Grüße
Franz
Hallo Nescio,
Welche Konsequenz meinst du?
beide abzulehnen (ok, Konsequenz ist als Begriff nicht korrekt, aber mir fiel gerade nichts anderes ein; ich denke, du weißt, was ich meine).
Ein Ausweis für lebendiges Philosophieren wäre eine Anteilnahme oder
zumindest ein Interesse an den Lebensproblemen ihrer gewiss sehr
„lebendigen“ Zeit.
Abgesehen davon, dass beide das zumindest im gewissen Sinn getan haben (auf sehr verschiedene und teilweise sicher auch zu kritisierende Weise) halte ich das genannte Kriterium für ein weit verbreitetes - entschuldige bitte! - Vorurteil, denn die Aufgabe von Philosophen besteht nicht unbedingt in zeitgebundenem Denken, sondern gerade im Gegenteil. Wenn sich aus dem philosophischen Denken etwas für die Gegenwart entnehmen lässt, dann ist das gut und richtig, aber keineswegs das primäre Ziel der Philosophie.
Aber ich habe diese Fragen (und Antworten?) nie wirklich
erfassen können, schon gar nicht deren Tiefe.
Ich denke, dass man die Tiefe der beiden z. B. schon daran ersehen kann, dass sie ein Leben lang an ihren eigenen Standpunkten gezweifelt und „herumgearbeitet“ haben. Bei Heidegger lässt sich dies z. B. sehr gut aus den verschiedenen Ausarbeitungen zu Nietzsche sehr gut sehen (aber auch an anderen Stellen, besonders in den Vorlesungen). Bei Wittgenstein ist es noch schwieriger, weil er ja kaum systematisch schreibt (und zudem die Nachlassausgaben vielfach durch Herausgeber verdorben sind). Den Nachlass gibt es handschriftlich auf Mikrofilm in verschiedenen Bibliotheken (z. B. in Konstanz, ich habe ihn damals in Essen einsehen dürfen). Hier kann man sehen, was man in gedruckten Texten nie sieht, ja gar nicht sehen kann, nämlich die Arbeit an Bedeutungen und Formulierungen, die einem Sachverhalt gerecht werden sollen.
hinter Gethmann und Birnbacher verschanzen, die in den dtv-
Philosophie-Klassikern es immerhin geschafft haben, längere
Artikel über H bzw W zu schreiben (brächte ich nie.
Gethmann und Birnbacher sind gut, aber nicht unproblematisch. In „Philosophie der Gegenwart in Einzeldarstellungen“ (bei Kröner) sind die beiden Artikel zu H und W die jeweils längsten des ganzen Buches. Und hier wird auch ein wenig klarer, worin die Rezeptionsvielfalt besteht.
Und in dieser Disziplin überragen Heidegger und Wittgenstein ALLE
Philosophen seit Kant und Hegel.Kann ich nicht zustimmen.
Ich vermute, du willst auf Marx hinaus? Ich denke, es würde den Rahmen sprengen, aber kurz möchte ich dazu sagen, dass ich (um wieder einen vor Kurzem hier stehenden Artikel mitzubeantworten) Marx keineswegs für den am meisten überschätzten Philosophen halte, wohl aber Engels, der von den meisten unbemerkt, Marx seiner eigentlichen Spitze beraubt hat und aus guten Marx’schen Ideen platte Lehrsätze gemacht hat. Genau in solchen Lehrsätzen besteht das nicht, was ich LEBENDIGE Philosophie genannt wissen möchte.
müsste ja eigentlich noch viel länger sein…
Wohl wahr …
Gruß
Bona
Philosophie überhaupt!!
Hallo Franz,
Erst dann, wenn man einen Konsens darüber findet, was denn
Philosophie sei (und es gibt ganz sicher keinen
allgemeinen Konsens!), kann man weitgehender überlegen,
wie wichtig der eine oder andere Philosoph für die Philosophie ist.
ich denke, dieser Konsens besteht darin, dass Philosophie - egal welcher Couleur - Löcher im Weltbild aufzeigt, wenn ich es einmal so salopp formulieren darf. Meine eigene Formulierung wäre „Philosophie ist die Theorie der Vorurteile“.
Diese Definition ist so allgemein, dass sie aus meiner Sicht ALLEN Richtungen anhängt. Das fängt nicht erst bei Platon mit dem Höhlengleichnis an, sondern schon bei den Vorsokratikern und das geht über die gesamte Geschichte der Philosophie bis hin zu Foucault, Habermas, Popper und wie sie alle heißen.
Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese Vorurteile „heilbar“ sind, sondern nur darauf, DASS es Vorurteile in irgend einem bestimmten Sinn sind. Z. B. sind die Kantischen Kategorien (aus seiner Sicht) Vorurteile, nur eben unvermeidliche.
Philosophie kritisiert als das Denken (von Urteilen), nicht die Handlungen und auch nicht die Personen (schon gar nicht irgendeinen Zeitgeist).
Dieses Problem tut sich auf sowohl auf in der
Auseinandersetzung zwischen „akademischer Philosophie“ und
außer-akademischer Philosophie bzw. (interessanterweise!)
einer Philosophie, die innerhalb des akademischen Rahmens
betrieben wird, dort aber nicht als „Philosophie“, sondern als
alles mögliche (z.B. Literaturwissenschaft, wie in den USA üblich)
Eine wirkliche Auseinandersetzung findet ja höchst selten statt, was natürlich - wie immer - an BEIDEN Seiten liegt (wobei beide ihr Anliegen ja durchaus gut begründen könnten). BTW: Akademische Philosophie ist ja zumindest auf dem Kontinent vorwiegend Philosophiegeschichte. Und Philosophiegeschichte ist nicht Philosophie (wie man schon bei Kant nachlesen kann). Gleichwohl ist die Kenntnis der Philosophiegeschichte zumindest notwendige (wenn auch nicht hinreichende) Bedingung für lebendige Philosophie, die ja nicht im Philosophaseln oder Esoterisieren besteht. Und übrigens ist ja gerade der Methodendiskurs (auch z. B. in Literaturwissenschaften) durchaus auf die akademische Seite beschränkt. Die nichtakademische Seite erschöpft sich weitgehend (natürlich nicht ausschließlich) in Behauptungen, die „einleuchtend“ (oder ähnlich) genannt werden.
Der Punkt dabei ist aber, dass beide, Wittgenstein und
Heidegger, sowohl innerhalb wie außerhalb stark rezipiert
sind, vielleicht sogar tatsächlich außerhalb eher noch mehr
(was für Dein „Lebensproblem“-Argument nicht irrelevant zu
sein scheint!)
Das stimmt, aber nicht oder selten außerhalb der „akademischen Philosophie“, sondern eher außerhalb der Philosophie, aber immer noch im akademischen Rahmen!
feststellen, dass z.B. die analytische
Philosophe grosso modo mit Heidegger nicht viel anfangen kann,
außer oft überaus primitive Dämonisierung.
Nun, das ist ein Problem dieser Richtung, die aus meiner Sicht neben ihrem Nutzen durch solche Verurteilungen auch viel Schaden angerichtet hat. Mittlerweile scheint sich das Verhältnis aber anzunähern, wenn auch die Gründung der GAP einen Rückschlag zu bedeuten scheint.
Umgekehrt …
Es würde zu weit führen, wenn ich dazu jetzt ausholen würde, daher übergehe ich diesen Punkt mit deiner Erlaubnis (wie auch den Punkt zu Heidegger und zur Technik).
Gruß
Bona
Hallo,
Popper z. B. (um eine
hier leider immer wieder gestellte frühere Frage hier
aufzunehmen) ist durch sein Falsifikationsprinzip bedeutend,
keine Frage, aber dieses ERGEBNIS war erstens beschränkt auf
EMPIRISCHE Probleme und zweitens für den Fortschritt der
Fragestellungen nicht unbedingt produktiv.
hier möchte ich doch widersprechen. Die Bedeutung von Poppers erkenntnistheoretischen Arbeiten ist mit dem Stichwort „Falsifikationsprinzip“ nur sehr unzureichend beschrieben. Ihr wird man dann gerecht, wenn man erkennt, daß Popper das Rationalitätsprinzip dadurch gerettet hat, daß er einen rationalen Ausweg aus dem Dilemma Dogmatismus oder Irrationalismus aufgezeigt hat trotz der prinzipiellen Fehlbarkeit aller menschlichen Erkenntnis. Dies hat nicht nur für empirische Probleme Bedeutung.
Grüße,
Oliver Walter
Hallo Oliver,
Die Bedeutung von Poppers
erkenntnistheoretischen Arbeiten ist mit dem Stichwort
„Falsifikationsprinzip“ nur sehr unzureichend beschrieben.
das stimmt, aber in diesem Rahmen ist es ja nicht möglich, den ganzen Popper zu erklären.
Ihr wird man dann gerecht, wenn man erkennt, daß Popper das
Rationalitätsprinzip dadurch gerettet hat, daß er einen
rationalen Ausweg aus dem Dilemma Dogmatismus oder
Irrationalismus aufgezeigt hat trotz der prinzipiellen
Fehlbarkeit aller menschlichen Erkenntnis.
Das ist auch richtig.
Dies hat nicht nur für empirische Probleme Bedeutung.
Das ist auch nicht falsch, ist aber mehrdeutig. Das Falsifikationsprinzip ist nur in der Empirie einsetzbar. Für methodische, paradigmatische oder im engeren Sinn philosophische Positionen gilt dieses Prinzip nicht. Deshalb sind entsprechende Sätze für Popper ja auch unwissenschaftlich bzw. nicht-wissenschaftlich. Insofern hat das Prinzip natürlich auch Auswirkungen auf den nicht-empirischen Bereich (wenn man es verabsolutiert). Aber anwendbar ist es dort nicht (i. e. dort gilt es nicht bzw. nur indirekt, indem es diesen Bereich separiert).
Gruß
Bona
Hallo,
Dies hat nicht nur für empirische Probleme Bedeutung.
Das ist auch nicht falsch, ist aber mehrdeutig. Das
Falsifikationsprinzip ist nur in der Empirie einsetzbar.
ich sprach zum Schluß nicht mehr vom Falsifikationsprinzip, denn Popper bzw. den kritischen Rationalismus auf das Falsifikationsprinzip zu reduzieren, erklärte ich ja für unzureichend. Stattdessen habe ich mich allgemeiner auf die Methode des kritischen Rationalismus bezogen.
Deshalb
sind entsprechende Sätze für Popper ja auch unwissenschaftlich
bzw. nicht-wissenschaftlich.
Nicht-falsifizierbare Sätze sind nicht empirisch-wissenschaftlich, würde ich sagen.
Grüße,
Oliver Walter
Hallo,
Nicht-falsifizierbare Sätze sind nicht
empirisch-wissenschaftlich, würde ich sagen.
in Ordnung, das würde Popper auch sagen. Das widerspricht aber nicht meiner Kritik.
Gruß
Bona
Hi.
… acht bedeutendsten Philosophen des Abendlandes (als da
sind: Platon, Aristoteles, Augustinus, Thomas von Aquin, Kant,
Hegel und eben Wittgenstein und Heidegger) nicht nur zählen
kann, sondern muss.
Augustinus? Was ist an diesem geistig verwirrten Phantasten und geistigem Brandstifter bedeutend (im positiven Sinne)?
Gruß
Hallo,
Augustinus? Was ist an diesem geistig verwirrten Phantasten
und geistigem Brandstifter bedeutend (im positiven Sinne)?
was ist an Platon, der ja nur geirrt hat, bedeutend?
was ist an Aristoteles, der ja nur (ungeprüft) festgestellt hat, bedeutend?
was ist an Thomas, der ja nur christlich zusammengefasst hast, bedeutend)?
was ist an Kant, der ja im Versuch stecken blieb, bedeutend?
was ist an Hegel, der im Abstrakten verblieb, bedeudend?
was ist an Wittgenstein, dem reinen Spachphilosophen, an Heidegger, dem bloßen Metaphysiker, bedeutend?
Wieso gibt sich [Edit: Name entfernt] nicht der Mühe der (kritischen?) Lektüre hin, um zu überprüfen, was an Augustinus bedeutend sein könnte?
Gruß
Bona
Hi.
Eigentlich wollte ich eine direkte Antwort von dir lesen, aber ok. Was die anderen von dir aufgeführten Denker angeht, kann man sagen, daß an ihren federführenden Fingern kein (symbolisches) Blut klebt. Kann man das auch von Augustinus sagen? Ich denke nicht. Insofern hätte ich Hemmungen, ihn als ´bedeutend´ zu qualifizieren, jedenfalls nicht ohne den Hinweis auf seine quasi geisteskranken publizistischen Verfehlungen. DAS ist der Punkt. Detaillierter werde ich dazu in einem eigenen Posting darauf eingehen, entweder im Philosophie- oder Religionsbrett.
Jean Bodin gilt als ´bedeutender´ politischer Denker. Tatsache ist, daß er höchstpersönlich Kinder und Frauen in höchst sadistischer Manier gefoltert und getötet hat. Meine Hand würde sich verkrampfen, müßte ich ihn ohne Anführungszeichen als ´bedeutend´ klassifizieren. Demgegenüber war Augustinus ´nur´ ein geistiger Täter.
Gruß