Hallo Anja,
- Wird sie sich nicht „verlassen“ und damit irritiert bzw. unglücklich fühlen?
Wird sie. Sie weiß ja nicht, dass du sie wieder abholen kommst und muss sich von jetzt auf gleich in einer völlig unbekannten Situation zurechtfinden. Da sie aber ein Hund ist, ist sie auch in der Lage, sich damit zu arrangieren.
- Stellt die Trennung für sie einen Vertrauensbruch zu mir dar?
Nein. Die Hündin bringt die Beziehung zu dir nicht mit der Tatsache in Zusammenhang, dass sie plötzlich woanders ist. Sie fühlt sich weder „abgeschoben“ noch „verraten“.
Hunde gehen Beziehungen ein und selbstverständlich berührt es sie, wenn der Beziehungspartner plötzlich fehlt. Auch der Verlust der vertrauten Umgebung verunsichert sie natürlich. Sich danach „sehnen“, wieder „zuhause“ zu sein, wie Menschen das tun, würde ich bei Hunden allerdings nicht vermuten. Eine der großartigen Fähigkeiten von Hunden liegt darin, schnellstmöglich mit neuen Situationen zurecht zu kommen. Hunde sind Opportunisten und suchen danach, was ihnen Vorteile bringt. In diesem Zusammenhang ist das sehr hilfreich für sie.
- Wird sie Streicheleinheiten vermissen, die in dieser Konstellation sicher nicht so großzügig verteilt werden wie bei mir?
Sie wird mit einem veränderten Leben zurechtkommen müssen und erst mal verunsichert sein. Darüber nachdenken, was für ein tolles Leben sie bisher hatte, kann sie nicht.
- Bei mir schläft sie im Bett - ist es für sie eine „Kränkung“, wenn sie nun möglicherweise in einem anderen Zimmer ohne Menschennähe schlafen muss?
Siehe oben.
Grundsätzlich wird sie mit der Trennung zurechtkommen, weil ihr nichts anderes übrig bleibt. Und sie wird schnellstmöglich danach streben, sich gut anzupassen, um möglichst viele Vorteile für sich aus der Situation zu ziehen.
Was mir persönlich allerdings Bauchschmerzen macht, ist die Art der Unterbringung. In eine Meute von mehr als 30 Hunden hineingeschmissen zu werden, bedeutet hochgradigen Stress. Dabei ist zu hoffen, dass diese Meute wenigstens aus täglich denselben Hunden besteht, so dass eine einigermaßen stabile Rudelstruktur entstehen konnte, in die sie sich integrieren kann. Dass sie gehandicapped ist, kommt erschwerend hinzu. Sie kann vermutlich noch nicht mal richtig flüchten, wenn es ihr zu eng wird. Wechseln diese Hunde auch noch immer wieder oder fehlen gelegentlich Hunde, ist das für alle Hunde ein Leben im Dauerstress - auch wenn die Betreiber sicher anderes behaupten.
Unabhängig davon lebt deine Hündin in zwei verschiedenen Strukturen: Einmal in der großen Meute und am Abend in der Zweierkonstellation mit der Hündin und deren Besitzern. Sie wird irgendwie damit zurechtkommen müssen - ein angenehmer Aufenthalt wird es für sie nicht werden. Ich selbst würde niemals einen Hund in eine solche Anlage geben.
Ich würde alle Hebel in Bewegung setzen und nach einer Einzelbetreuung für sie suchen.
Schöne Grüße,
Jule