Hallo, liebe Mitwisser-
ich möchte sooo gerne mal eine Antwort parat haben, wenn mein Süßer so vor sich hin sinniert, warum man eigentlich einen aktiven Vulkan nicht „einfach“ hin und wieder anbohrt, um den Druck 'rauszunehmen und einen Ausbruch zu verhindern bzw. zu lenken.
Das kommt je-des-mal, wenn im Fernsehen berichtet wird. Wer sagt mir, was man dazu sagt? (Also, ich weiß schon, was ich dazu sagen WÜRDE, aber ich mag ihn ja gerne…)
Danke - Anette
Hi Anette,
das muss scheitern, weil niemand weiß, wo sich gerade der Druck aufbaut. Selbst wenn die Blase bekannt wäre, stünde der Bohrtrupp vor der Frage, wie er ein Ventil anbringen sollte. Ohne Ventil, also die kontrollierte Entlastung, käme es zu einer unkontrollierten Entlastung, sprich der Bohrtrupp flöge mitsamt dem Bohrgestänge ins Meer oder wohin auch immer.
Wenn ich mir anschaue, wie es am Mt. St. Helen den halben Berg weggesprengt hat, kann ich mir auch nicht vorstellen, dass diese Kräfte jemals beherrscht werden können.
Gruß Ralf
Hi,
so einfach würde ich das nicht sehen. Denn dass durch eine Bohrung eines Lochs mit - sagen wir mal - 1 Meter Durchmesser gleich der ganze Berg „explodiert“, dazu muss der Druck ja wohl schon so hoch sein, dass ein Ausbrauch unmittelbar bevorsteht. Sonst würde ja eine vergleichsweise so klitzekleine „Beschädigung“ des Bergs nicht gleich den finalen Ausbrauch auslösen können. Man könnte aber die Bohrung ja schon weit vorher vornehmen, wenn der Druck noch „harmlos“ ist. Wenn man dann auf die Blase gestoßen ist, wird wohl schon mit großem Druck Gas, Gestein oder Lava versuchen, aus dem Loch zu stoßen. Aber die Bohrung kann ja auch aus der Ferne geleitet und kontrolliert werden, so dass keine Menschen sich im Gefahrenbereich aufhalten müssten, wenn dann das Bohrgestänge herausgeschossen kommt.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Bohrung einen Ausbruch auslösen wird, dann ist dies auch nicht vollkommmen sinnlos. Denn dann kann man das Gebiet vorher evakuieren und der Ausbruch - der ja früher oder später sowieso kommt - überrascht die Menschen nicht unvorbereitet und es käme wohl zu weniger Opfern.
Natürlich ist nicht klar, wo sich die Blase genau befindet. Aber man sie schon grob allokieren, da man ja weiß, wo/wie sich der Untergrund durch den Druckaufbau angehoben hat. Und dann bohrt man eben auf „gut Glück“ mal hinein. Im schlimmsten Fall trifft man sie eben nicht beim ersten Versuch, aber das ist ja nun keine Katastrophe.
Das Problem damit ist denke ich einfach, dass man damit keine Erfahrung hat. Wie groß muss das Loch sein? Wie hoch wird der Druck sein? Wie stark wird die Druckentladung durch das Loch geschossen kommen? Stürzt das Loch nicht ein oder verstopft es, so dass ein umfangreicher Druckabbau gar nicht stattfinden kann? Da sind noch viele Fragen zu klären. Aber es ist sicher nicht völlig irrational. Forschung in diese Richtung gibt es ja schon, es wird halt nur noch dauern, bis das System entweder für gut oder schlecht befunden wird. Das wird aber wohl noch Jahrzehnte dauern, v.a. weil wohl aufgrund leerer Kassen auch kaum Geld für solche Forschung da sein wird.
Wenn ich mir anschaue, wie es am Mt. St. Helen den halben Berg
weggesprengt hat, kann ich mir auch nicht vorstellen, dass
diese Kräfte jemals beherrscht werden können.
Da wars aber auch schon zu spät zum „Bohren“. Der Patient war wohl schon unheilbar.
mfg
deconstruct
Hi,
ich bleibe Pessimist:
- Es wird nie gelingen, die Stelle zu finden, die zur Entlastung angebohrt werden könnte.
- Die Kräfte, die da wirken, entziehen sich jeder Vorstellung.
Gruß Ralf
Hallo,
ich bleibe Pessimist:
Ich bin zwar kein Optimist, eher Agnostiker, deshalb würd ich’s auf einen Versuch ankommen lassen Aber bis dahin ist das eh nur Spekulation…
So long,
deconstruct
Man sag dazu folgendes:
das ist technisch unmöglich!
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Bohrspülungen zum Kühlen gehen bei 300 °C in die Knie, (sie fangen dann zu kochen an und ähnliches) und wenn die Bohrspülung nicht mehr läuft, dann ist der Bohrkopf nach wenigen Metern am Ende. Magma ist doch um einiges wärmer, so 600 °C aufwärts.
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nehmen Wir mal an, Wir hätten ein Loch gebohrt:
In dieses tritt nun das heisse Magma ein und beginnt nach oben vorzudringen. Entlang der kühleren Bohrlochwand beginnt das Magma zu erstarren… und bald ist das Loch wieder dichtgesetzt. -
Alleine die Menge des zu entnehmenden Materials zur Entlastung bewegt sich im Rahmen von Kubikkilometern, da kann man rechnen so viel man will, das geht nicht durch ein kleines Löchli…
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Man hat schlichtwegs keinen Einblick, was genau in einem kurz vor dem Ausbruch stehenden Vulkan wirklich vor sich geht, das wäre aber für einen „Entlastungseingriff“ unabdingbar. Man ist ja derzeit nicht mal in der Lage, die Ausbrüche wirklich genau vorherzusagen… dieses Risiko hat schon mehreren verdienten und erfahrenene Vulkanologen das Leben gekostet.
Nächstes Problem: Die wirklich gefährlichen Vulkanausbrüchen sind nicht die spektakulären Lavaausflüsse, wo grosse, rotglühende Lava sich durch die Landschaft wälzt. Da kann man die Leute noch prima evakuieren, und sogar alles Leichtverderbliche und die bewegliche Habe noch abtransportieren (Passiert regelmäßig auf Hawaii). Übel wird es, wenn die Lava sehr dünnflüssig ist, und mit mehreren 10-ner kmh den Berghang runterläuft.
Wirklich gefährlich sind die Vulkane, die gasreiches, kühles Magma fördern. Dieses Magma ist ungemein zähflüssig und würde durch ein Bohrloch gar nicht ausfliessen können. Das Gas ist dabei in dem magma gelöst und wird erst bei Druckentlastung entmischt, mit der entsprechenden Volumenzunahme und den daraus resultierenden spektakulären Folgen (Sprudelflasche).
Gruß
Mike
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Hallo,
- nehmen Wir mal an, Wir hätten ein Loch gebohrt:
In dieses tritt nun das heisse Magma ein und beginnt nach oben
vorzudringen. Entlang der kühleren Bohrlochwand beginnt das
Magma zu erstarren… und bald ist das Loch wieder
dichtgesetzt.
Das ist denke ich wirklich ein Problem, dass das ganze unmöglich macht. Die Kühlung des Bohrkopfs ist zwar problematisch, aber sicher nicht unmöglich. Dem Magma das Erstarren zu verbieten, wird aber eher schwer möglich sein. Die Menge hätte ich auch unterschätzt.
Damit bin ich dann wohl auch überzeugt, dass es so nicht funktionieren wird…
mfg
deconstruct
Wie schon gesagt, sind Kräfte und Energiemengen gewaltig, daher könnte ich mir höchstens vorstellen, nach dem Anbohren der Magmakammer dort eine Wasserstoffbombe zu zünden, um einen kontrollierten Ausbruch nach Evakuierung aller Anwohner auszulösen.
Ich fürchte allerdings, meine Haftplichtversicherung würde das Risiko nicht decken, denn ich kann ja nicht einmal beweisen, dass ohne mein Eingreifen ein Ausbruch stattgefunden hätte.
Reinhard
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Hi deconstruct,
ich bin vollkommen Deiner Meinung.
Meine Anmerkungen dazu:
Ich glaube schon, daß man die Magmakammer so genau lokalisieren kann und dann beim Anbohren genau treffen könnte. Aber warum nicht so: wenn der Vulkanausbruch kurz vor dem Ende ist ‚steckt man einfach ein Rohr in den Schlot‘. Dieses müßte man dann beheizen, damit das Magma zwischen der Oberfläche und der Kammer ständig flüssig bliebe. Wenn das Rohr weit genug aus dem Krater rausragt, dann könnte man das Rohr sogar zum Steigrohr umfunktionieren, sprich, daß ein unterschiedlicher Druck in der Magmakammer einen unterschiedlich hohen Magmaspiegel im Steigrohr bewirkt. Ist das Steigrohr hoch genug und der Spalt zwischen Gestein und Rohr klein genug, dann könnte man so ein Ausfließen des Magmas vielleicht generell verhindern (s. Magmasee im Nyiragongo). Eine ständig offene Verbindung hätte außerdem dem Vorteil, daß Gase ständig entweichen könnten und sich dadurch gar kein so hoher Druck aufbaut.
Wirklich behandlungsbedürftig wären m.E. eh’ nur die Vulkane in den Subduktionszonen (z.B. Pinatobu und Mount St. Helens), da nur diese wirklich gefährlich sind. Sowohl Vulkane über Hot Spots (z.B. Hawaii) als auch die über Bereichen, wo die Platten auseinander driften (z.B. Island) sind eigentlich relativ harmlos.
Hallo Martin!
Interessante Idee, mit Deinem Rohr…einige Einwände kommen mir allerdings auch für diese Idee in den Sinn…welchen Durchmesser müsste das Rohr denn haben, damit, sagen wir mal, Aa-Lava gebändigt werden könnte? Und eine Magmakammer von…hm…100 Metern Durchmesser zu entgasen?
Das müsste doch eher so in Richtung Tunnelröhre gehen…und dann wäre der Gegendruck wieder zu gering und der Ausbruch würde verfrüht stattfinden…
Und ein Metallrohr auf einige hundert Grad aufheizen, stell ich mir auch schwer vor…welches Metall hält das aus?!?
Wirklich behandlungsbedürftig wären m.E. eh’ nur die Vulkane
in den Subduktionszonen (z.B. Pinatobu und Mount St. Helens),
da nur diese wirklich gefährlich sind. Sowohl Vulkane über Hot
Spots (z.B. Hawaii) als auch die über Bereichen, wo die
Platten auseinander driften (z.B. Island) sind eigentlich
relativ harmlos.
Noch´n Einwand: Unter Yellowstone lauert doch so ein Hot Spot-Vulkan. Es heisst, wenn er in die Luft geht (was statistisch gesehen demnächst fällig sein dürfte, plusminus 10000 Jahre), dann erlebt die ganze Erde eine Art atomaren Winter. Nicht alle HotSpots liefern so dünnflüssige, heisse Lava wie Kilauea. Frag mal die Isländer!
Generell: Ich glaub nicht, dass die Menschheit einen Vulkan wirklich zähmen kann. Da bräuchte man die technischen Möglichkeiten der Raumschiff-Enterprise-Crew. Und die sind immer noch weit, weit entfernt…
VG
Christian
Hi Christian,
Nicht alle HotSpots liefern so dünnflüssige, heisse
Lava wie Kilauea. Frag mal die Isländer!
Meines Wissens hatten die Isländer bei ihren Vulkanausbrüchen schon sehr dünnflüssige Lava.
Martin
Hallo Martin!
Nicht alle HotSpots liefern so dünnflüssige, heisse
Lava wie Kilauea. Frag mal die Isländer!Meines Wissens hatten die Isländer bei ihren Vulkanausbrüchen
schon sehr dünnflüssige Lava.
Dünnflüssig vielleicht, aber auch explosiv - anders als beim Kilauea, dessen Lava ja sehr wenig Gase enthält. War von mir vielleicht ein bisserl unklar formuliert. Hätte hinzufügen müssen: „ruhig ausfliessende Lava“.
Island is sowieso ein Spezialfall, weil hier Riftvulkanismus und HotSpot-Vulkanismus zusammentrifft, deswegen war Island vielleicht eh als Beispiel schlecht gewählt. Andererseits bietet Island die Chance, sauren (meist an Subduktionszonen gebundenen) Vulkanismus (z.B. Askja-Ausbruch 1875) und basischen Vulkanismus (z.B.Laki-Spalte 1783) nebeneinander sehen zu können.
Vg
Christian
Vielen Dank an alle, die sich Gedanken gemacht haben!
Das hilft schonmal schön weiter, ich werd’ bestimmt nach diesen Ansätzen weiterforschen. Guten Rutsch euch allen! Anette
Hai, Anette,
laß es ihn doch einfach selbst ausprobieren: nimm 'ne Sektflasche (mit Korken - Vulkane haben auch keinen Schraubverschluß), schüttle sie kräftig und laß ihn dann den Korken so öffnen, daß der Druck langsam entweichen kann…
…und dann kann er sich vorstellen, was passiert, wenn der Druck millionenmal größer ist…
Die fachlichen Argumente wurden unten ja schon aufgeführt.
Gruß
Sibylle
-Vergleich, danke für die schöne Idee!
Moment, das hieße, eine ganze Flasche Sekt nicht austrinken zu können, und das zu Silvester! Nee, Blödsinn; …das machen wir mal nicht, aber es ist prima anschaulich. Klasse.
Eine guten Rutsch und keine unkontrollierten Plopps - Anette