Wäre eine religio perennis denkbar?

Noch einmal zum Mitschreiben: der Buddhismus ist atheistisch,
und der Brahmanismus in seinen entwickeltsten Formen ebenfalls
(im Sinne eines nichtpersonalen ´Göttlichen`.
+++
Hallo Horst,

das der Buddhismus und der Brahamismus atheistisch sind, wäre mir neu.
Ausser du interpretierst Atheismus anders.

LG
Mikhael

Hi.

das der Buddhismus und der Brahamismus atheistisch sind, wäre
mir neu.
Ausser du interpretierst Atheismus anders.

Theistisch ist ein Denken, das der höchsten Wirklichkeit bzw. dem Urgrund des Seins personale Eigenschaften zuspricht (Steuerung und Kontrolle des weltlichen Geschehens usw.). Insofern sind Christentum und Islam definitiv theistisch. (Aus einem bestimmten Grund klammere ich das Judentum aus der Debatte aus - ich will nicht als Judentumskritiker dastehen).

Der Buddhismus postuliert das Nirvana bzw. die Shunyata (Leere) als höchste Wirklichkeit. Diese Kategorien haben nicht die geringsten personalen Aspekte.

Einige Schulen im Hinduismus (Brahmanismus) sprechen dem Höchsten (Brahman, der Weltgrund) ebenfalls personale Aspekte ab.

Gruß

Hallo Horst,

Theistisch ist ein Denken, das der höchsten Wirklichkeit bzw.
dem Urgrund des Seins personale Eigenschaften zuspricht
(Steuerung und Kontrolle des weltlichen Geschehens usw.).
Insofern sind Christentum und Islam definitiv theistisch. (Aus
einem bestimmten Grund klammere ich das Judentum aus der
Debatte aus - ich will nicht als Judentumskritiker dastehen).

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Also wenn ich dich richtig verstehe, dann ist alles was keinen persönlichen Gott hat, ist atheistisch?
Dann finde ich deine Wortverwendung etwas zu stark. Unter Atheismus wird ein Nichtglauben verstanden. Ohne einen persönlichen Gott ist also nocht nicht Atheismus, denn es wird Gott nicht abgelehnt.
+++

Der Buddhismus postuliert das Nirvana bzw. die Shunyata
(Leere) als höchste Wirklichkeit. Diese Kategorien haben nicht
die geringsten personalen Aspekte.

+++
Das hat aber mit Atheismus noch nichts zu tun. Es ist eben eine von vielen Vorstellungen.
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Einige Schulen im Hinduismus (Brahmanismus) sprechen dem
Höchsten (Brahman, der Weltgrund) ebenfalls personale Aspekte
ab.

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Meines Erachtens ist Gott eine Persönlichkeit, genauso wie du oder ich es bin. Ich denke eher, daß wir die Miniaturausgabe eines Gottes darstellen, was nicht heissen soll, wir wären nicht wie Gott. Ich meine speziell Vergleiche aus dem Mikro- und Makrokosmos.

LG
Mikhael

Hi.

Also wenn ich dich richtig verstehe, dann ist alles was keinen persönlichen Gott hat, ist atheistisch?

Zunächst einmal ja. Daher gibt es eben auch atheistische Religionen. Die akzeptieren keine Konzeption eines höchsten personalen Gottes. Hinduistische Beispiele aus dem alten Indien: der Jainismus, das Samkhya, das Vaisheshika und das Nyaya. Das Samkhya ist bis heute lebendig erhalten. Dazu kommen der Buddhismus und der Taoismus, der in China entstand.

Meines Erachtens ist Gott eine Persönlichkeit, genauso wie du
oder ich es bin. Ich denke eher, daß wir die Miniaturausgabe
eines Gottes darstellen, was nicht heissen soll, wir wären
nicht wie Gott.

Das klingt ein bißchen wie das, was der christliche Mystiker Eckhart dachte - wofür er damals vermutlich vom Klerus liquidiert wurde. Er sprach von der Identität von Gott und Ich, und dafür hat das offizielle Christentum natürlich wenig Verständnis. Allerdings lag Eckhart - wieder vermutlich - mit seiner Konzept näher an den Anschauungen des Brahmanismus (Einzelseele Atman = Weltseele Brahman) als an deiner personal ausgerichteten Theorie.

Atheist kann also sowohl ein Materialist als auch ein Spiritueller sein - nur aus verschiedenen Gründen.

Gruß

Hallo Horst,

Das klingt ein bißchen wie das, was der christliche Mystiker
Eckhart dachte - wofür er damals vermutlich vom Klerus
liquidiert wurde. Er sprach von der Identität von Gott und
Ich, und dafür hat das offizielle Christentum natürlich wenig
Verständnis.

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Das habe ich so auch erfahren. Von Eckhart habe ich übrigens nie etwas gelesen, wie ich auch nichts ausser die Bibel studierte. Ich kam aber erstaunlicherweise auf ähnliche Ergebnisse der Mystiker.
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Allerdings lag Eckhart - wieder vermutlich - mit

seiner Konzept näher an den Anschauungen des Brahmanismus
(Einzelseele Atman = Weltseele Brahman) als an deiner personal
ausgerichteten Theorie.

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Ich gehe auch von einer Seele aus, genauer: Alle Menschen bilden die Seele des nächst Größeren Menschen/Gottes, in dem wir uns befinden.

LG
Mikhael

Hallo,

Weil ich absolut nicht weiss, wie verquer man denken muß,
um solche Idee irgendwie positiv beantworten können.

Nicht verquer, nur etwas kritisch und kreativ.

Ja, dabei aber nicht alles durchander werfen. Ich mags schön
ordentlich sortiert :wink:

Das einzige, was deine Bedingungen erfüllt, heißt also
„Atheismus“,
aber den hast Du ja wohl bei der Suche nicht im Sinn, oder ?

Noch einmal zum Mitschreiben: der Buddhismus ist atheistisch,
und der Brahmanismus in seinen entwickeltsten Formen ebenfalls
(im Sinne eines nichtpersonalen ´Göttlichen`.

Das führt nur zu Begriffsverwirrung.

Atheistische Religionen - das ist IMHO widersinnig.

Mag Buddhismus „atheistisch“ sein, dann ist es doch nicht
„Atheismus“ im Sinne der besagten „Weltanschauung“,
denn Athismus braucht keinen religösen Glauben.
Zum Buddhismus und Brahmanismus gehört der ganze unlogische Schmus
mit Erleuchtung, Reinkarnation, Nirwana, usw.

Falls du es aber nur als philosophische Denkweise ansiehst,
dann fällt das eh aus Deiner Betrachtung heraus.

Gruß Uwi

Nirvana versus Orgasmus
Hi.

Ja, dabei aber nicht alles durchander werfen. Ich mags schön
ordentlich sortiert :wink:

Ich auch, aber vernetztes Denken bedeutet, die Zusammenhänge in den Blick zu nehmen. JEDES Denk- oder Glaubensystem ist nicht aus den Nichts entstanden, sondern basiert weitgehend auf Bausteinen, die aus diversen tradierten Systemen zusammengetragen werden.

Atheistische Religionen - das ist IMHO widersinnig.

Keineswegs. Dein Religionsbegriff ist vielleicht zu sehr durch das Christentum beeinflußt (semantisch, meine ich). Re-ligere, das ist die Zurück-Bindung an den Urgrund, an das Ursprüngliche. Daß dieser Urgrund einen personalen Gott impliziert, ist im Religionsbegriff nicht zwingend enthalten. Siehe auch meine Zusammenstellung in der letzten Re an Mikhael.

Zum Buddhismus und Brahmanismus gehört der ganze unlogische
Schmus
mit Erleuchtung, Reinkarnation, Nirwana, usw.

Was Erleuchtung und Nirvana betrifft, sind das für viele Menschen, auch Naturwissenschaftler, empirische Fakten, die nur der ´subjektiv´ nennt, der damit keine praktischen Erfahrungen hat. Nur der wird auch verstehen, was ein Orgasmus ist, der das kennt. Niemand kann von außen einem anderen ansehen, was beim Orgasmus in diesem abläuft - und ob überhaupt. Gleiches gilt für Erleuchtung & Nirvana.

Falls du es aber nur als philosophische Denkweise ansiehst,
dann fällt das eh aus Deiner Betrachtung heraus.

Je rationaler eine Religion, desto mehr Philosophie steckt in ihr. Die asiatischen Religionen haben insofern sehr hohe Ph-Werte :smile:

Gruß

Hi.

Diese Entschlackung hat doch Jesus hervorragend artikuliert:
"Liebe Gott über alles …

Liebe braucht ein Objekt, aber das Objekt ´Gott` ist laut
christlicher Theologie nicht erkennbar (z.B. Johannes, Thomas
v. Aquin, Ratzinger).

Ich weiss jetzt nicht, auf welche Aussagen dieser Herren Du Dich beziehst. Aber die Bibel sagt deutlich:
wenn du sie suchst wie Silber und nach ihr forschest wie nach Schätzen: dann wirst du die Furcht des HERRN verstehen und die Erkenntnis Gottes finden.“ (Spr.2,4-5)

daß ihr des Herrn würdig lebt, ihm in allen Stücken gefallt und Frucht bringt in jedem guten Werk und wachst in der Erkenntnis Gottes“ (Kol.1,11)

Wenn wir also aufgefordert werden, nach der Erkenntnis zu suchen und in ihr zu wachsen, kann mir keiner erzählen, dass man Gott nicht erkennen könnte.

Die Menschen werden also aufgefordert,
ein Objekt reinen Glaubens zu lieben. Ist das eine
Entschlackung vom Irrationalen?

Das habe ich gerade widerlegt.
Dazu kommt auch noch, dass ich Gott nicht liebe, weil es in einem Buch steht, sondern weil ich Erfahrungen gemacht habe, für die ich ihm dankbar bin. Und das ist eine gute Grundlage, jemanden zu lieben.

… und deinen Nächsten wie dich selbst."

Tja, scheinbar haben sehr viele Christen sich selbst nicht
sonderlich geliebt.

Das Fehlverhalten des Einzelnen (auch wenn es sich um die Mehrheit handeln könnte), darf nicht dazu führen, den richtigen Grundgedanken zu verwerfen.

Jesus hat vor dem Höllenfeuer gewarnt.

Eine Warnung in der Art, wie jemand vor einer Gefahr warnt,
deren Urheber zufällig sein eigener Vater ist :smile:.

Wenn Du Dir einen Stein auf den Fuß fallen läßt, ist einzig und allein die Schwerkraft böse :wink:

Wir haben auch unsere Kinder vor dem heißen Ofen gewarnt, obwohl wir ihn selber angezündet haben.
Wer eine Baugrube gräbt, muss auch davor warnen.
Wer sonst sollte eine Warnung aussprechen, wenn nicht derjenige, der um die Gefahr weiss?

Außerdem
billigte der biblische Jesus das Druckmittel des Höllenfeuers.

Das ist historisch gesehen falsch.
Die Hölle als Druckmittel wurde erst lange nach Christus eingeführt.
Jesus hat nur die Existenz des „höllischen Feuers“ bestätigt.
Und auch genau erklärt, wie man diesem entgeht!

Gruss Harald

Moin,

Mir scheint, dir ist nicht
ganz klar, dass es ein paar Religionen gibt, die schon ein
paar tausend Jahre mehr oder weniger unverändert existieren
und ein Ende ist nicht abzusehen.

So war das nicht gemeint. Es war gemeint immer Sinne von
zeitlos gültig.

Meinst du nicht, dass etwas, dass über diesen extrem langen Zeitraum mehr oder weniger unverändert Gültigkeit besitzt, dieses Kriterium durchaus erfüllt?

D.h. es geht um das (theoretische)
Aussortieren irrationaler Momente (nach unseren heutigen
Maßstäben, wir haben keine besseren).

Ich würde die Vorstellung des Buddhismus, dass beispielsweise das Wesen von Allem „leer“ und die Vorstellung von einem beständigen „Ich“ Illusion ist, durchaus als irrational bezeichnen, da sie sich der Vernunft entzieht. Reduzierst du Religion nur auf „Rationales“ nimmst du ihr damit den gesamten Bereich der Praxis und Erfahrung. Aber genau dieser Bereich ist es, der Religion von Philosophie unterscheidet.

Außerdem sollte dieses Konzept, wie ich schon in einer anderen
Re sagte, nur ein Analyse-Instrument sein, keine wirkliche
Religion.

Ein Instrument zu welchem Zweck? Was ist denn dein Ziel?

Gruß
Marion

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Salut,

Warum sind so viele Menschen von dem Gedanken an eine göttliche Macht besessen? Reicht es nicht zu wissen, dass die Erde rund ist, das Universum riesig und dein Leben irgendwann endet? Anscheinend nicht.
Seit den Anfängen menschlicher Kultur wurden schon irgendwelche Dinge angebetet. Zuerst Steine oder vielleicht Sterne, später dann der abstrakte Gott. Eine obere Macht so allgegenwärtig wie Luft lässt sich auch viel besser verkaufen, schließlich ist sie überall. Um dich zu beschützen oder zu strafen. Der Gläubige ist also gut aufgehoben, er begibt sich in die gnädigen Hände des Allmächtigen. Dann, so Gott will, wird alles gut.

Fragen nach dem Warum und der Richtigkeit deines Tuns stellen sich nicht, das Regelwerk deiner Religion serviert dir alle passenden Antworten auf dem Silbertablett. Viele Menschen neigen dazu diese bequeme, breitspurige Einfahrtsstraße zu nehmen, anstatt den Seitenweg einzuschlagen und eine eigene Entscheidung an einer Kreuzung zu riskieren.

Auf der sicheren, großen Straße begegnest du nur deinesgleichen und die Toleranz bleibt auf der Strecke.
Wieviel Kriege im Namen Gottes wurden schon geführt? Wieviele Sündenböcke verbrannt, zu Tode gequält? Meiner Meinung nach ist schon Einer zuviel.
Meiner Meinung nach wäre eine relegio perennis (so eine Art weltweite geistige Umnachtung) ein gewaltiger Rückschritt.
Religiöse Gemeinschaften sind nichts weiter als mehr oder weniger große Gruppierungen und aus Angst bzw. Unkenntnis kommt es zwischen den unterschiedlichen Parteien unweigerlich zu Konflikten.
Aber wenn jeder Einzelne, auf sich zurückgeworfen, sich Rechenschaft ablegt ohne das Hintertürchen Gott, wäre das nicht ewiges Menschsein? Und wäre es dann nicht denkbar, dass ohne eine religio pernennis jeder gleich ist?

Rationalitäts-TÜV für Oldtimer
Hi.

Meinst du nicht, dass etwas, dass über diesen extrem langen
Zeitraum mehr oder weniger unverändert Gültigkeit besitzt,
dieses Kriterium durchaus erfüllt?

Ganz und gar nicht. Sind zwei Jahrtausende mehr als ein Augenblick in der Geschichte der Welt? Außerdem widersprechen sich die gegebenen Religionen in wesentlichen Punkten. Da müssen also Ungereimtheiten vorliegen. Zeitlos gültig (also universell) ist das, was den Ansprüchen einer (universellen) Vernunft genügt. Dazu müssen universelle Rationalitätskriterien zur Verfügung stehen. Ob es solche gibt und wie diese aussehen könnten, darüber nachzudenken haben wir heute viel bessere Mittel als zu jenen Zeiten, als die Religionen entstanden. Mal salopp gesagt: der TÜV-Stempel der alten Religionen ist abgelaufen. Wir müssen einen philosophischen TÜV etablieren, der diese Oldtimer auf ihre Rationalitätstauglichkeit abcheckt :smile:

Ich würde die Vorstellung des Buddhismus, dass beispielsweise
das Wesen von Allem „leer“ und die Vorstellung von einem
beständigen „Ich“ Illusion ist, durchaus als irrational
bezeichnen, da sie sich der Vernunft entzieht.

Da dein Steckbrief Buddhismus als Interesse angibt, bin ich etwas erstaunt, daß du den beiden Hauptaxiomen dieser Denkrichtung eine solche Abfuhr erteilst. Nehmen wir die These vom leeren Ich: das ist heutzutage auch eine weitverbreitete Anschauung in der westlichen Wissenschaft. Die französischen Strukturalisten z.B., insbesondere Lacan, sprechen dem Ich jede Substantiatität ab. Für Lacan ist das Ich eine imaginäre Konstruktion. Allgemein gilt „Ich“ in der aktuellen Philosophie nur als Ersatzbegriff für einen Personennamen - es ist ein Pronomen. Es weist z.B. auf den Sprecher Wladimir Klitschko oder auf die Sprecherin Marion hin, wenn jene „Ich“ sagen - mehr nicht. Ein Referenzobjekt für diesen sprachlichen Index ist aber nicht in Sicht. Person ist Struktur, nicht Substanz.

Reduzierst du
Religion nur auf „Rationales“ nimmst du ihr damit den gesamten
Bereich der Praxis und Erfahrung. Aber genau dieser Bereich
ist es, der Religion von Philosophie unterscheidet.

Es gibt einen Vernunftbegriff, der auch Spirituelles impliziert. Ich hatte zu dem Thema mal im Esobrett im Januar den Beitrag: „Gibt es eine spirituelle Vernunft?“ gepostet. Es ist durchaus RATIONAL, spirituell zu sein. Rationalität auf „Weltliches“ zu reduzieren, das ist Reduktionismus.

Außerdem sollte dieses Konzept, wie ich schon in einer anderen
Re sagte, nur ein Analyse-Instrument sein, keine wirkliche
Religion.

Ein Instrument zu welchem Zweck? Was ist denn dein Ziel?

Siehe oben - einen Religionen-TÜV etablieren :smile:

Gruß

Moin,

Ganz und gar nicht. Sind zwei Jahrtausende mehr als ein
Augenblick in der Geschichte der Welt?

Es ist der Zeitraum, den wir halbwegs überblicken können, was die Kontinuität von Religion angeht. Alles darüber hinaus wäre Spekulation oder Wunschdenken. Du wirst dich doch nicht auf dermaßen irrationales Glatteis begeben wollen? :smile:

Außerdem widersprechen
sich die gegebenen Religionen in wesentlichen Punkten.

Damit hat nur der ein Problem, der versucht, alle Religionen auf eins zu reduzieren.

Zeitlos gültig (also
universell) ist das, was den Ansprüchen einer (universellen)
Vernunft genügt. Dazu müssen universelle
Rationalitätskriterien zur Verfügung stehen.

Da halte ich mal dagegen: Zeitlos gültig (also universell) im Bezug auf Religion ist das, was den menschlichen Bedürfnissen entspricht. Die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse haben aber nunmal wenig mit Vernunft zutun.

Ob es solche gibt
und wie diese aussehen könnten, darüber nachzudenken haben wir
heute viel bessere Mittel als zu jenen Zeiten, als die
Religionen entstanden. Mal salopp gesagt: der TÜV-Stempel der
alten Religionen ist abgelaufen. Wir müssen einen
philosophischen TÜV etablieren, der diese Oldtimer auf ihre
Rationalitätstauglichkeit abcheckt :smile:

Wer ist denn „wir“? Ist mir da eine neue religiöse Massenbewegung entgangen? :smile: Wenn du in den Religionen alles ablehnst, was nicht deinen Rationalitätskriterien entspricht, bleibt davon nichts mehr übrig, was noch den Begriff „Religion“ verdient. Es sei denn, die erhebst „Rationalität“ zu deinem Gott.

Ich würde die Vorstellung des Buddhismus, dass beispielsweise
das Wesen von Allem „leer“ und die Vorstellung von einem
beständigen „Ich“ Illusion ist, durchaus als irrational
bezeichnen, da sie sich der Vernunft entzieht.

Da dein Steckbrief Buddhismus als Interesse angibt, bin ich
etwas erstaunt, daß du den beiden Hauptaxiomen dieser
Denkrichtung eine solche Abfuhr erteilst.

Wieso Abfuhr? Der Buddhismus (und diese Ansicht teile ich durchaus) geht davon aus, dass rationales Denken nur eine Möglichkeit des Erkenntnisgewinns neben anderen ist. Ohne die persönliche Erfahrung und Praxis, die buddhistische Lehre verifiziert, ist die ganze buddhistische Gedankenwelt nur Blabla. Den Buddhismus so zu betrachten wäre genau so, als wenn du dir einen Straßenatlas nimmst, und anhand dessen gedanklich (bzw. mit dem Finger) von Hamburg nach Timbuktu reist, bzw. eine Reisebeschreibung liest. Das kannst du zwar machen, aber du wirst mir doch sicher zustimmen, dass diese Reise tatsächlich selbst zu unternehmen, etwas ganz anderes ist.

Nehmen wir die These
vom leeren Ich: das ist heutzutage auch eine weitverbreitete
Anschauung in der westlichen Wissenschaft. Die französischen
Strukturalisten z.B., insbesondere Lacan, sprechen dem Ich
jede Substantiatität ab. Für Lacan ist das Ich eine imaginäre
Konstruktion. Allgemein gilt „Ich“ in der aktuellen
Philosophie nur als Ersatzbegriff für einen Personennamen - es
ist ein Pronomen. Es weist z.B. auf den Sprecher Wladimir
Klitschko oder auf die Sprecherin Marion hin, wenn jene „Ich“
sagen - mehr nicht. Ein Referenzobjekt für diesen sprachlichen
Index ist aber nicht in Sicht. Person ist Struktur, nicht
Substanz.

Ja, das sind alles schöne Gedankenspielereien, nur düften sie keinerlei praktische Auswirkungen auf irgendwen haben. Und genau das unterscheidet eben den buddhistischen Ansatz von all diesen oben genannten philosophisch/wissenschaftlichen Ansätzen. Für einen praktizierenden Buddhisten hat diese Vorstellung tatasächlich praktische Auswirkungen.

Es gibt einen Vernunftbegriff, der auch Spirituelles
impliziert. Ich hatte zu dem Thema mal im Esobrett im Januar
den Beitrag: „Gibt es eine spirituelle Vernunft?“ gepostet. Es
ist durchaus RATIONAL, spirituell zu sein. Rationalität auf
„Weltliches“ zu reduzieren, das ist Reduktionismus.

Mit dem Thema bist du in dem Brett sicher richtig. Ich lese dort nicht, weil ich mich nicht für Esoterik interessiere. Ich bekomm immer Hautausschlag, wenn ich das Wort „spirituell“ lese :smile:

Gruß
Marion

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Hi.

Liebe braucht ein Objekt, aber das Objekt ´Gott` ist laut
christlicher Theologie nicht erkennbar (z.B. Johannes, Thomas
v. Aquin, Ratzinger).

Ich weiss jetzt nicht, auf welche Aussagen dieser Herren Du
Dich beziehst.

Ich glaube, in Joh. 1, 18 steht, daß Gott nicht erkennbar ist (jedenfals sagt er´s irgendwo).

Aber die Bibel sagt deutlich:

"wenn du sie suchst wie Silber und nach ihr forschest wie
nach Schätzen: dann wirst du die Furcht des HERRN verstehen
und die Erkenntnis Gottes finden.
" (Spr.2,4-5)

Natürlich ist die Bibel ein Buch voller Widersprüche. Nichtsdestotrotz gilt im theologischen Mainstream die Unerkennbarkeit Gottes als Axiom.

"daß ihr des Herrn würdig lebt, ihm in allen Stücken
gefallt und Frucht bringt in jedem guten Werk und wachst in
der Erkenntnis Gottes
" (Kol.1,11)
Wenn wir also aufgefordert werden, nach der Erkenntnis zu
suchen und in ihr zu wachsen, kann mir keiner erzählen, dass
man Gott nicht erkennen könnte.

Daß jemand die Existenz eines Objekts behauptet, zu dessen Erkenntnis er andere auffordert, beweist noch nicht die Existenz.

Die Menschen werden also aufgefordert,
ein Objekt reinen Glaubens zu lieben. Ist das eine
Entschlackung vom Irrationalen?

Das habe ich gerade widerlegt.

Nicht wirklich.

… und deinen Nächsten wie dich selbst."

Tja, scheinbar haben sehr viele Christen sich selbst nicht
sonderlich geliebt.

Das Fehlverhalten des Einzelnen (auch wenn es sich um die
Mehrheit handeln könnte), darf nicht dazu führen, den
richtigen Grundgedanken zu verwerfen.

Vielleicht stimmt etwas mit dem Grundgedanken nicht. Ist Selbstliebe nicht ein Laster? Und führt sie nicht dazu, andere Menschen sich selbst gleich machen zu wollen (damit sie liebenswert sind)? Was dann wieder zu Konflikten und Haß führt, wenn die anderen nicht mitspielen.

Jesus hat vor dem Höllenfeuer gewarnt.

Eine Warnung in der Art, wie jemand vor einer Gefahr warnt,
deren Urheber zufällig sein eigener Vater ist :smile:.

Wenn Du Dir einen Stein auf den Fuß fallen läßt, ist einzig
und allein die Schwerkraft böse :wink:

Jesus hat nur die Existenz des „höllischen Feuers“ bestätigt.
Und auch genau erklärt, wie man diesem entgeht!

Einspruch. War Jesus nur ein Werkzeug seines Gottes, ein Erfüllungsgehilfe, ein Knecht oder diplomatischer Gesandter? Er soll doch viel mehr gewesen sein.

Wie denkst Du denn darüber? Hatte Jesus recht mit seiner Behauptung einer ewigen Höllenfolter, die jene trifft, die aus welchen Gründen auch immer vom Christentum sich fernhielten?

Gruß

Blockade versus Kreativität
Hi.

Ich denke, man blockiert nur sich selbst, wenn man Rationalität auf Weltliches begrenzt. Rationalität ist ein optimaler Umgang mit den Mitteln, um einen Zweck zu erreichen. Heißt der Zweck Erleuchtung, dann sind die Mittel rational, die dorthin führen.

Ist das SOO schwer zu verstehen? Gib dem Begriff doch mal die Chance, seine Bedeutung auszuweiten. Du bist zu sehr auf seine einseitige Ausrichtung fixiert.

Nehmen wir die These
vom leeren Ich: … Ein Referenzobjekt für diesen sprachlichen
Index ist aber nicht in Sicht. Person ist Struktur, nicht
Substanz.

Ja, das sind alles schöne Gedankenspielereien, nur düften sie
keinerlei praktische Auswirkungen auf irgendwen haben.

Auf dich vielleicht nicht, aber auf andere. Außerdem war´s ein Beispiel dafür, daß die These vom Nichtich von der rationalen Wissenschaft untermauert wird.

Für einen praktizierenden Buddhisten hat diese
Vorstellung tatasächlich praktische Auswirkungen.

Viele westliche Intellektuelle werden sehr viel eher bereit sein, sich auf buddhistische Erfahrungen einzulassen, wenn sie theoretisch vom Nicht-Ich überzeugt sind. Ist dir dieser Gedanke nicht gekommen? VERNETZTES Denken ist heutzutage angesagt - nicht das Erstarren in Denkschemata und Abgrenzungen. Man muß östliche und westliche Wissenschaft zusammendenken.

Ich
bekomm immer Hautausschlag, wenn ich das Wort „spirituell“
lese :smile:

Irgendwie hast du Probleme mit Begriffen (irrational, spirituell), weil du sie zu einseitig nimmst. Begriffe sind organisch, sie wachsen und verändern sich durch kreativen Gebrauch.

Gruß

Nicht das Kind mit dem Bade ausschütten - -
Hi.

Ich gebe dir in vielen Punkten recht, aber du solltest nicht alle Religionen in einen Topf werfen. Da schüttet man leicht das Kind mit dem Bade aus - -

Gruß

Moin,

Ich denke, man blockiert nur sich selbst, wenn man
Rationalität auf Weltliches begrenzt.

Kann schon sein. Da mich der Ansatz „Rationalität auf Weltliches zu begrenzen“ nicht weiter interessiert, fühle ich mich auch nicht blockiert.

Rationalität ist ein
optimaler Umgang mit den Mitteln, um einen Zweck zu erreichen.

Rationalität ist nur dann ein optimaler Umgang mit den Mitteln, um einen Zweck zu erreichen, wenn der Zweck optimalerweise mit Rationalität erreicht werden kann. Wenn dein Zweck ist, ein Auto zu kaufen, das dir gefällt, und dazu Aspekte wie Farbe, PS-Zahl, „Sportlichkeit“, Design usw. zählen, dann wirst du dein Ziel nicht erreichen, indem du ein Auto nach rationalen Gesichtspunkten wählst. Es kann sein, dass dir das Auto dann schlichtweg nicht gefällt.

Heißt der Zweck Erleuchtung, dann sind die Mittel rational,
die dorthin führen.

Welche Art der „Erleuchtung“? Was verstehst du denn unter „Erleuchtung“? Wenn du auf den buddhistischen Erleuchtungsbegriff anspielst, dann muss ich dich enttäuschen. Mit rationalen Mitteln wirst du im buddhistischen Sinne keine Erleuchtung erlangen.

Ist das SOO schwer zu verstehen? Gib dem Begriff doch mal die
Chance, seine Bedeutung auszuweiten. Du bist zu sehr auf seine
einseitige Ausrichtung fixiert.

Ich versuche hier, dir die Gedankenwelt des Buddhismus nahezubringen (da du dich mehrfach in einer Weise bezogen hast, die dem Buddhismus nicht gerecht wird). Wenn du daran kein Interesse hast, können wir diese Diskussion gerne beenden.

Ja, das sind alles schöne Gedankenspielereien, nur düften sie
keinerlei praktische Auswirkungen auf irgendwen haben.

Auf dich vielleicht nicht, aber auf andere.

Auf wen und welche Art waren diese Auswirkungen?

Viele westliche Intellektuelle werden sehr viel eher bereit
sein, sich auf buddhistische Erfahrungen einzulassen, wenn sie
theoretisch vom Nicht-Ich überzeugt sind.

Wer sich aus welchen Gründen auf buddhistische Erfahrungen einlässt, ist mir relativ wurscht. Ich betreibe keine Missionierung für den Buddhismus. Allerdings sollte derjenige sich vorher davon überzeugen, ob seine Gründe und die damit verbundenen Erwartungen tatsächlich etwas mit Buddhismus zutun haben, sonst wird er nur enttäuscht und anderswo vielleicht glücklicher.

Ist dir dieser
Gedanke nicht gekommen? VERNETZTES Denken ist heutzutage
angesagt -

Vernetztes Denken bedeutet nicht, dass alle das gleiche Denken. Es bedeutet auch nicht, dass Leute mit ein bisschen Halbwissen hier und da dies in einen gemeinsamen Topf werfen, und daraus ein neues Süppchen kochen.

nicht das Erstarren in Denkschemata und
Abgrenzungen. Man muß östliche und westliche Wissenschaft
zusammendenken.

Was soll denn „östliche und westliche Wissenschaft sein“? Meines Wissens gibt es nur eine Wissenschaft. Ansonsten empfehle ich immer, erstmal auf einem Gebiet anzufangen und es tatsächlich verstanden zu haben. Ansonsten wird man im Austausch mit anderen (die wiederum auf ihrem Gebiet Fachleute sind) nämlich nicht ernst genommen.

Irgendwie hast du Probleme mit Begriffen (irrational,
spirituell), weil du sie zu einseitig nimmst. Begriffe sind
organisch, sie wachsen und verändern sich durch kreativen
Gebrauch.

Ich bin sicher, du wirst mit dieser Einstellung im Brett Esoterik viel Spaß haben.

Gruß
Marion

1 „Gefällt mir“

Hi.

Liebe braucht ein Objekt, aber das Objekt ´Gott` ist laut
christlicher Theologie nicht erkennbar (z.B. Johannes, Thomas
v. Aquin, Ratzinger).

Ich weiss jetzt nicht, auf welche Aussagen dieser Herren Du
Dich beziehst.

Ich glaube, in Joh. 1, 18 steht, daß Gott nicht erkennbar ist
(jedenfals sagt er´s irgendwo).

In allen mir zur Verfügung stehenden Übersetzungen heißt es hier:
Niemand hat Gott je gesehen
Es gibt vieles, das man nicht sehen kann, aber dennoch erkennen. (z.B.: die Liebe, den Wind, den elektrischen Strom)

Aber die Bibel sagt deutlich:

"wenn du sie suchst wie Silber und nach ihr forschest wie
nach Schätzen: dann wirst du die Furcht des HERRN verstehen
und die Erkenntnis Gottes finden.
" (Spr.2,4-5)

Natürlich ist die Bibel ein Buch voller Widersprüche.

Nur für denjenigen, der sie nicht ernst nimmt.

Nichtsdestotrotz gilt im theologischen Mainstream die
Unerkennbarkeit Gottes als Axiom.

Fische schwimmen auch gegen den Strom :wink:

Daß jemand die Existenz eines Objekts behauptet, zu dessen
Erkenntnis er andere auffordert, beweist noch nicht die
Existenz.

Aber wenn man es gefunden hat, kann man es bezeugen.

Vielleicht stimmt etwas mit dem Grundgedanken nicht. Ist
Selbstliebe nicht ein Laster?

Woher kommt diese These?
Heißt es nicht immer, dass man sich selber annehmen muss, um mit sich selbst ins Reine zu kommen?

Und führt sie nicht dazu, andere
Menschen sich selbst gleich machen zu wollen (damit sie
liebenswert sind)?

Das wäre grundfalsch.
Du mußt die Menschen nehmen, wie sie sind. (Es gibt keine anderen *g*)
Im Ernst:
Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, daß Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ (Röm.5,8)
Ein jeglicher sei gesinnt, wie Jesus Christus auch war“ (Phil.2,5)

Was dann wieder zu Konflikten und Haß
führt, wenn die anderen nicht mitspielen.

Dann bist Du auf der falschen Spur.
Haß gehört nicht zur Liebe. Aber die Liebe legt Konflikte bei.

Jesus hat nur die Existenz des „höllischen Feuers“ bestätigt.
Und auch genau erklärt, wie man diesem entgeht!

Einspruch. War Jesus nur ein Werkzeug seines Gottes, ein
Erfüllungsgehilfe, ein Knecht oder diplomatischer Gesandter?
Er soll doch viel mehr gewesen sein.

Jesus kam im Auftrag seines Vaters.
Was ich rede, das rede ich so, wie es mir der Vater gesagt hat.“ (Joh.12,50)

Wie denkst Du denn darüber? Hatte Jesus recht mit seiner
Behauptung einer ewigen Höllenfolter, die jene trifft, die aus
welchen Gründen auch immer vom Christentum sich fernhielten?

Sicher hatte Jesus Recht.
Johannes hat das ja auch bestätigt.
"Und der Teufel, der sie verführte, wurde geworfen in den Pfuhl von Feuer und Schwefel, wo auch das Tier und der falsche Prophet waren; und sie werden gequält werden Tag und Nacht, von Ewigkeit zu Ewigkeit. " (Offb.20,10)
"Und wenn jemand nicht gefunden wurde geschrieben in dem Buch des Lebens, der wurde geworfen in den feurigen Pfuhl. " (Offb.20,15)

Nur geht es nicht darum, ob jemand sich dem Christentum fernhält, sondern ob er Gott ablehnt.

Gruss Harald