Wagners Kunst-Religion

Hallo!

Ich hoffe, ich bin im richtigen Brett.

Claude Debussy schreibt darüber, dass nur die Oberschicht zu den zur Aufführung von „Parsifal“ eingeladen war, diesen Rahmen aber dazu nutzt um sich lediglich selbst darzustellen und inhaltlos zu klatschen.
Dann meint er:
„Doch die Société des Grandes Auditions hüte sich! … Sie wird aus Wagners Musik den letzten Salon machen, in dem man plaudert. Alles in allem genommen, diese Seite der wagnerischen Kunst, die anfangs von ihren Anhängern kostspielige Pilgerfahrten, begleitet von geheimnisvollen Andachtsübungen, verlangte, ist aufreizend. Ich weiß sehr wohl, dass die Kunst-Religion eine der Lieblingsideen Wagners ist und dass er recht hatte, da diese Formulierung die beste war, um die Phantasie eines Publikums im Zaume zu halten…“

Meine Fragen:
Warum findet er das auf einmal reizvoll? Bzw. _was_ findet er reizvoll?
Und was meint er mit Kunst-Religion? Wieso wird die Phantasie damit im Zaum gehalten? (

Hallo Leah,

deine Fragen sind seminarschwer :smile:

Ich empfehle dir bei Carl Dahlhaus nachzulesen, er hat viel zu diesen Themen geschrieben. In Berlin findest du alles sehr leicht an der Unibibliothek. Nimm zuerst seine „Die Musik des 19. Jahrhunderts“.

Meine Fragen:
Warum findet er das auf einmal reizvoll? Bzw. _was_ findet er
reizvoll?

Debussy ironisiert.

Und was meint er mit Kunst-Religion? Wieso wird die Phantasie
damit im Zaum gehalten? (

Kunstreligion
Hallo Leah!
Nur ganz grob als erste Annäherung: Mit der Aufklärung und der Romantik ab ca. 1800 wandten sich viele Intellektuelle von der Religion ab (z.T. mit scharfen Abgrenzungen) und machten die Kunst zur Religion. Der Künstler, im 18. Jahrh noch eher als Handwerker angesehen, wurde ein „Genie“, ein ganz besonderer, bewundernswürdiger Mensch mit einer ganz besondernen Aura angesehen (z.B. Beethoven, oder eben auch ganz stark Wagner), die Musik galt als die Kunst, die „Unsagbares“, eine über den Worten stehende Wahrheit verkündet. Bei Wagner (der ja erst 1813 geboren ist) geht das Entstehen einer „Ersatzreligion“, eines „Kultes“ noch weiter, seine Opern beschäftigen sich ja eigentlich immer mit „Erlösung“.
Gruß!
Christian

Ich hoffe, ich bin im richtigen Brett.

Claude Debussy schreibt darüber, dass nur die Oberschicht zu
den zur Aufführung von „Parsifal“ eingeladen war, diesen
Rahmen aber dazu nutzt um sich lediglich selbst darzustellen
und inhaltlos zu klatschen.
Dann meint er:
„Doch die Société des Grandes Auditions hüte sich! … Sie
wird aus Wagners Musik den letzten Salon machen, in dem man
plaudert. Alles in allem genommen, diese Seite der
wagnerischen Kunst, die anfangs von ihren Anhängern
kostspielige Pilgerfahrten, begleitet von geheimnisvollen
Andachtsübungen, verlangte, ist aufreizend. Ich weiß sehr
wohl, dass die Kunst-Religion eine der Lieblingsideen Wagners
ist und dass er recht hatte, da diese Formulierung die beste
war, um die Phantasie eines Publikums im Zaume zu halten…“

Meine Fragen:
Warum findet er das auf einmal reizvoll? Bzw. _was_ findet er
reizvoll?
Und was meint er mit Kunst-Religion? Wieso wird die Phantasie
damit im Zaum gehalten? (