Wahlen und Interessen

Hi @ll,

Ortsvorsteher eines Dorfes in „unerwünschter Partei“

irgendwie bin ich mir nicht sicher, was ich davon halten soll…

So lange wählen lassen, bis - wie formuliere ich das - eine Person der „Gesellschaft“ genehm ist oder doch die Wahl anerkennen?

Rechtsstaalich sehe ich in de Aufrauf der Abwahl problematisch - übertrieben prognostiziert könnte man ja auch so lange z.B. Landtagswahlen durchführen lassen, bis das „gewünschte“ Ergebnis passt…

Bin hin und her gerissen…

Teilt jemand meine Sorgen?

LG
Ce

Würde ich, wenn es um eine Wahl aller Einwohner gehen.
Gewählt hat aber ein überschaubarer Kreis gewählter Mitglieder des Ortsbeirats.
Der Ortsbeirat Unter-Klecksheim bestünde ggf. aus 7 Leuten. Die werden bei den Gemeindewahlen mitgewählt und besprechen Themen, die Unter-Klecksheim betreffen. Wenn der Rat der Gemeinde Klecksheim-Großhausen etwas beschließen möchte, was Unter-Klecksheim betrifft, so darf der Ortsvorsteher was dazu sagen. Abstimmen darf er nicht.

Es ist also ein sehr begrenzt wirkendes Gremium.

Und in diesem Ort hatte vor Monaten der Ortsvorsteher gesagt, dass er keinen Bock mehr habe, weil sein Amt eh wirkungslos sei.

Nun gibt es da diesen Ur-Einwohner. Recht jung - und der kann sogar Computer. Bei den Anwohner bekannt und beliebt, ein netter Typ.
Und NPD-Funktionär.
Aber auch der einzige im Ortsbeirat, der sich als Ortsvorsteher wählen lassen wollte.

Sagte ich schon: Amt ohne Macht, keiner will es, der Mann ist beliebt und freundlich?

Jedenfalls hat der Ortsbeirat in ihm halt den netten Kumpel von nebenan gesehen - und völlig ausgeblendet, dass er NPD-Funktionär ist. Vermutlich haben die sich gedacht:
„Und wenn schon! Der soll im Gemeinderat eine Rede halten, damit wir den neuen Dorfplatz bekommen. Und die Fußgängerampel. Reden, das kann der! Und so ein netter Kumpel von nebenan ist er auch, den kennen wir ja noch, wie er im Kinderwagen umhergeschoben wurde.“

Nun hat man aber nicht verstanden, dass auch Real-Politik (Parkbank aus Holz oder Beton? Neue Schaukel für den Kindergarten oder neuer Sandkasten für den öffentlichen Spielplatz?) als Politik wahrgenommen wird. Und da steht nun schwarz auf weiß: Vertreter demokratischer Parteien haben als ihren Vorsitzende jemanden von der NPD gewählt.

Ja, das macht man einfach nicht. Würde er seine Ideologien ins Tagesgeschäft als Ortsvorsteher einbringen? Das weiß man nicht.

Es ist auf jeden Fall eine blöde Situation. Soll man den Realpolitik machen lassen und hoffen, dass er seine Ideologie ausblendet? Wartet man auf den ersten Fauxpas?

Hallo!

Es ist eigentlich unwichtig (Ortsvorsteher oder Vorsitzender des Kleingartenvereins, das ist ungefähr gleich wichtig), aber in unserer Aufregungs- und Empörungskultur kann so eine Nebensache schon einmal die Schlagzeilen bestimmen und die Gemüter aufheizen. Wenn bestimmte Parteien regelmäßig gegen die AfD stänkern und diese als unwählbaren rechten Rand bezeichnen, dann ist es natürlich irgendwie doof, wenn man auf Ortsebene mit den „echten“ Nazis kooperiert.

Jetzt stehen sie aber erst einmal vor dem Problem, dass keiner will. Ohne einen anderen Kandidaten aus dem Hut zu zaubern, wird es wohl schwer werden, den NPD-Fuzzi wieder loszuwerden.

Schöne Grüße!

Schön isses natürlich nicht, jemanden mit rechtsextremer Gesinnung in einem (Ehren)Amt zu haben.
Aber selbst als er bei der Stadt Frankfurt beschäftigt war, gab’s daran trotz seiner Gesinnung rechtlich nix zu rütteln.
Insofern finde ich die Reaktion der „großen“ Parteien, die Wahl „rückgängig“ zu machen, schon ein bisschen irritierend.
Natürlich kann man sich hinstellen und sagen „Nee, mit DENEN, das geht gar nich!“.
Aber dann muss man sich halt auch aktiv kümmern, dass „die“ nicht zum Zug kommen.
Dass es die Politik zweimal nicht auf die Reihe gekriegt haben, die NPD verbieten zu lassen, lassen wir mal außer Acht.
Viel bedenklicher ist, dass sie es offenbar auch nicht geschafft haben, in einem Ort mit immerhin 2600 Einwohnern auch nur einen anderen Kandidaten zu finden, der
a) willens und
b) fähig
ist, einen Job zu machen, bei dem es anscheinend primär auf Computerkenntnisse und das Verschicken von Emails ankommt.

Dass sich eine Tatjana Cyrulnikov (selbst Mitglied des Ortsbeirats und JU Kreisvorsitzende) sich im Nachhinein empört, finde ich beschämender als das Wahlergebnis.
Sie war „an dem Abend der Wahl verhindert“… mag sein, aber eine solche Entwicklung zeichnet sich doch vorher ab. Sie hätte sich an den Abenden vor der Wahl engagieren, zur Not selbst kandidieren können/müssen.
Eine Schlagzeile „JU verhindert Nazi-Ortsvorsteher“ hätte der CDU sicher besser in den Kram gepasst als die jetzige Misere.

Jan Voß von der SPD bringt es auf den Punkt: „Wie es scheint, haben hier alle demokratischen Parteien versagt“.
So isses. Und wenn seine Genossin Landtagsabgeordnete Gnadl fordert, „jetzt müssten alle Konsequenzen geprüft werden“, dann darf sie damit m.E. nicht diese Wahl im Fokus haben. Das wäre nur ein weiteres politisches Armutszeugnis.

Gruß,

Kannitverstan

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