Wann kam das Christentum zu den Teutschen?

Hallo Fritz,
da habe ich ja unbeabsichtigt etwas losgetreten!

Wo ist dein Problem?

Mich dünkt, das Problem habt ihr, weil ihr mit Jahrhunderten
wie mit Dekaden umgeht.
Und bei der Lektüre und dem Vorlegen
von Quellen und Belegen ein wenig schludert!

Ich meinte auch eigentlich: „Wo ist das Problem“?, weil ich nicht recht verstanden hatte, worauf sich deine Ungenauigkeits-Hinweis bezog.
Also sind wir darin einig, dass es christliche Bevölkerung in den römischen Garnisonen gab, jedoch die Formulierung „Die Bevölkerung war christlich“ eine ungemäße Verallgemeinerung darstellt.
Insofern ist deine Kritik berechtigt: geschludert.

Und im Römerreich wurde nicht mal kurz ein Schalter umgelegt
und die christliche Glühbirne brannte allüberall auf den
Tannenspitzen.
Da hockten noch der Mithras, der Sol Invictus, Isis und
Osiris, Serapis und Hermes Trismegistos in Tempeln rum und
empfingen Opfer.

Gewiss! Aber von einer religiös homogenen Bevölkerung bin ich bei meiner zugegeben ungenauen Formulierung auch nicht ausgegangen. Gab es die überhaupt je?

Wer Kirchen baut, muss das nicht aus religiösen Gründen tun,
sondern tut es oft aus politischen. Und Konstantin war ein
knallharten, rücksichtsloser und brutaler Machtpolitiker. Das
hat mit Christentum nichts zu tun.

Es ging mir auch nicht um Konstantin, sondern um den Hinweis auf die christliche Bevölkerung.
Was Konstantin betrifft, so war er meines Wissens an dem Netz der über das Reich verteilten Bischöfe interessiert, die er mit staatlichen Verwaltungsfunktionen betraute.

Konstantin hat auch die entscheidenen Konzilien einberufen und
dominiert und das Glaubensbekenntnis festgelegt. Ihn deswegen
als christlichen Theologen und Heiligen anzuerkennen, ist doch
wohl schlecht möglich?

Wieso? Das verstehe ich nicht. Abgesehen davon ist er auch als solcher, glaube ich, nicht kanonisiert.

Taufen aber ließ er sich erst auf dem Sterbebett.

Legende!

Vermutlich war um 380 nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung
christgläubig. Erst die Staatsreligion machte ehrgeizige
Heiden zu Christen.

vermute ich ähnlich, jedoch: Ei oder Henne: Wird die Bevölkerung durch die Proklamation christianisiert oder besiegelt diese eine vorausgegangene Christianisierung?

Um einen Ärgernis erregenden Vergleich zu nennen:
Erst die Machtergreifung ließ die Zahl der Parteimitglieder
steigen.

Das Ärgernis ist nicht der Vergleich, sondern die bezeichnete Verhaltensweise der Menschen.

Man muss schon ein wenig genau sein.

Das sehe ich auch so. Nächstes Mal wieder!
Danke jedenfalls für die lehrreiche Antwort!

Grüße
oranier

Hi,

Und hier ist dann der Steitpunkt: Welche „Germanen“ und sind das dann „die Germanen“?

… zumal es „die Germanen“ gar nie gab, da „Germanen“ lediglich ein römischer Sammelausdruck war für alles, was östlich des Rheins weste.

Gruß

Metapher

Der das Mailänder Toleranzedikt (312) erlassende Konstantin -
sonst auch der Große genannt - erlebte seine Kindheit und noch
viele Mannesjahre in Trier, wo es bereits einen christlichen
Bischofssitz gab.

Man kann also annehmen, dass schon im dritten Jahrhundert das
Christentum unter Germanen umging.

Die Treverer waren ein keltischer Stamm, kein „germanischer“. Trier wurde erst im 5. Jhdt von den Franken überrannt.

Gruß

Metapher

Hallo,

die Schreibweise „teutsch“ war auch im 18. Jahrhundert durchaus noch üblich.

Na klar doch; und auch im 19. Jhdt ´noch, wie ich sagte. Aber da ist es schon ideologisch überformt.

Wieland nannte z.B. seine Literaturzeitschrift (die erste in
deutscher Sprache übrigens) „Der teutsche Merkur“ später dann
„Der neue teutsche Merkur“.

Gut, nennen wir diese Sprachepoche Spätfrühneuhochdeutsch. Und erst bei Adelung wären wir beim Neuhochdeutschen und der Schreibung „deutsch“ angekommen.

Schließlich war er ja kein revolutionär, sondern Erzieher des späteren
Großherzoges Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach.

Er hatte aber einige Revolutionen in Deutschland anbgezettelt. Shakespeare übersetzt, neue Romanformen entwickelt, überhaupt neue Textformen.

Von ihm haben die Klassiker Goethe und Schiller et alii viel gelernt.

Gruß Fritz

Die Treverer waren ein keltischer Stamm, kein „germanischer“.

Schön, aber:

_Die Anfänge

„Ante Romam Treveris stetit annis mille trecentis.
Perstet et aeterna pace fruatur. Amen.“
(Eher als Rom stand Trier eintausenddreihundert Jahre.
Möge es fürder bestehen und ewigen Friedens sich freu`n. Amen)

Mag diese Zurückführung seines Alters bis in die Zeiten Abrahams auch sagenhaft sein, so weisen doch zahlreiche urgeschichtliche Funde darauf hin, daß der Raum der Stadt Trier bereits in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt war.

Als Julius Cäsar in den Jahren 58 - 50 v. Chr. Gallien eroberte und den Rhein zur Ostgrenze des Römischen Reiches machte, unterwarf er auch die Treverer, den Keltenstamm, der sich germanischer Abstammung rühmte und zwischen Rhein und Maas seinen Wohnsitz hatte.

Im Zuge der Neuordnung Galliens bestimmte Kaiser Augustus im Jahre 16 v. Chr. die Treverersiedlung an der Mosel zur Hauptstadt, und ihm zu Ehren trug sie die Bezeichnung „Augusta Treverorum“. Bereits 60 Jahre später sprechen römische Geschichtsschreiber von Trier als von einer „sehr reichen und wohlhabenden Stadt“._

Aus der Heimatseite der Stadt Trier!
Fritz

Oh Isis und Osiris (Mozart, Zauberflöte)
Schon bevor sich Caesar Kleopatra und andere ägyptische Sachen wie etwa den Kalender nach Rom holte, gab es in Rom den Isis-Kult.

Nachzulesen am besten hier:

http://plato.alien.de/artikel-rom-isiskult.htm

Gruß Fritz

Germanen

Schön, aber:

Im Zuge der Neuordnung Galliens bestimmte Kaiser Augustus im
Jahre 16 v. Chr. die Treverersiedlung an der Mosel zur
Hauptstadt, und ihm zu Ehren trug sie die Bezeichnung „Augusta
Treverorum“. Bereits 60 Jahre später sprechen römische
Geschichtsschreiber von Trier als von einer „sehr reichen und
wohlhabenden Stadt“.

Schön, aber was hat das damit zu tun, daß es sich um eine römische Stadt auf keltischer Basis handelte, deren erste „germanische“ Berührung in den Frankeneinfällen im 5. Jhdt bestand … Also trägt ihre Geschichte nichts zu der Annahme bei,

… dass schon im dritten Jahrhundert das Christentum unter Germanen umging.

Zum Thema, wer oder was „Germanen“ waren, ist vielleicht dies hier von Interesse:

http://www.novaesium.de/artikel/germanen.htm

Gruß

Metapher

Hallo Fritz,

klar hat der olle Wieland das getan. Und Goethe hielt ihn ja für den größeren Schriftsteller als sich selber (ich übrigens auch, Wielands Schreibstil ist echt Spitze).
Nur deutet das halt auch darauf hin, daß die schreibform „teutsch“ demnach um 1170/1780 und dananch noch gebräuchlich gewesen sein muß.
Im Übrigen - es ist ja manche Änderung bei weitem nicht so alt, wie wir denken. Ich habe ja selber noch Grundstückakten aus der Zeit von 1900 gelesen, in schöner deutscher Handschrift mit Dehnungs-H wie in „Thätigkeit“ und mit „hs“ statt „ß“. Und wenn Du da eine „unterthänigste Eingabe an das grohsherzoglich/sächsische Amstgericht zu Apolda“ liest, dann denkkst Du encht nicht, daß das erst 100 Jahre her ist.

Gernot Geyer

Nur deutet das halt auch darauf hin, daß die schreibform „teutsch“ demnach um 1170/1780 und dananch noch gebräuchlich gewesen sein muß.

Da kann ich gut zustimmen, Gernot.

Darum nannte ich ja als Wendezeitpunkt den Adelung, dessen erste Auflage zwischen 1774 und 1786 erschien, bei dem es eben „deutsch“ heißt.

_Deutsch, adj. et adv. den Deutschen eigen oder gemäß, aus dem Lande der Deutschen. 1. Eigentlich. Die Deutsche Tracht. Die Deutsche Sprache. Deutsche Weine, welche in Deutschland gezeuget werden. Der Deutsche Orden, S. Deutschmeister. Eine Deutsche Meile, nach welcher in Deutschland gemessen wird. Die Deutsche Freyheit, die Freyheit Deutschlandes, oder der Deutschen. Die Deutsche Treue, Deutsche Redlichkeit, welcher sich die Deutschen ehedem beflissen.

Wo Deutsche Treue sich beym Deutschen Handschlag findet,
Haged.

Ein Deutscher Michel, S. Michel. 2. In engerer Bedeutung, die Deutsche Sprache und zwar, 1) die gesammte Deutsche Sprache, ohne Rücksicht auf ihre Mundarten. Die Deutsche Bibel. Deutsche Bücher. Reden sie Deutsch, ich verstehe kein Französisch. Es klingt zu albern, wenn ich ihnen auf Deutsch sagen wollte, daß ich sie liebe, Gell. Verstehen sie denn kein Deutsch? Da es denn auch als ein Hauptwort gebraucht
[Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch: Deutsch. Adelung: Wörterbuch, S. 12141
(vgl. Adelung-GKW Bd. 1, S. 1472)]_

Wer danach noch „teutsch“ schrieb, tat das mit Emphase, die man inzwischen als unangenehm empfindet, wenn man die Zeitumstände nicht berücksichtigt.

Gruß Fritz

Ich danke euch zwei für diesen Teilthread. Das war sehr interessant. Habe doch allen ernstes gedacht, die Teutschen wären ausschließlich ein böses Witzwort wie Piefke.

Allerdings verstehe ich noch immer nicht, was der Ausgangsposter jetzt damit ausdrücken wollte?

Gruß
dataf0x

Schön, aber was hat das damit zu tun, daß es sich um eine
römische Stadt auf keltischer Basis handelte, deren erste
„germanische“ Berührung in den Frankeneinfällen im 5. Jhdt
bestand

Ich weiß nicht, was du mit keltischem Boden meinst, es war römischer Boden seit die Römer da waren; und es römisch-germanischer Boden als um 300 Konstantin dort seinen Regierungssitz hatte und germanisch-stämmige Legionäre in seinen Truppen dienten.

Die Frankeneinfälle sind vielleicht auch nur so eine Legende wie die Erstürmung des Limes durch die Alemannen. Die sind auch über einen langen Zeitraum als Grenzlandbewohner, Händler, Hilfstruppen in der Legion gute Nachbarn der Römer gewesen.

Ich empfehle den Besuch der Doppelausstellung in Stuttgart und Karlsruhe „Imperium Romanunm“.

Fritz

Allerdings verstehe ich noch immer nicht, was der Ausgangsposter jetzt damit ausdrücken wollte?

Dort steht:

Germanen/Teutschen/Deutschen

Damit wollte er wohl seine Unsicherheit ausdrücken, wie man die damals jenseits des Rheins (aus römischer Sicht) lebenden Leute ansprechen sollte.

Der Begriff „Germanen“ ist einer der unschärfsten für diese Leute von damals.

Von den Nachbarn - vermutliche Kelten (wobei ich dazu neige, den Unterschied zwischen Kelten und Germanen eher gering zu veranschlagen und dieser Unterschied am Ende der Propagandaschrift Cäsars geschuldet wird - verliehen; von einer Teilgruppe auf die Bevölkerung eines recht großen Gebietes übertragen, in dem auch schon Slawen lebten.

Von „thiodisk/teutsch/deutsch“ kann man frühestens ab der Mitte des 9. Jhdts sprechen.

Dazu gibt es im Deutschbrett [FAQ:841].

Und den Link, den Metapher angab.

Gruß Fritz

und es
römisch-germanischer Boden als um 300 Konstantin dort seinen
Regierungssitz hatte

nein, es war römisch-keltischer Boden. Und wenn ich dich recht verstanden habe, dann ist die Tatsache, daß

… germanisch-stämmige Legionäre in seinen Truppen dienten.

also die Grundlage für deine Annahme,

… dass schon im dritten Jahrhundert das Christentum unter Germanen umging.

Ich empfehle den Besuch der Doppelausstellung in Stuttgart und
Karlsruhe „Imperium Romanunm“.

danke, und ich empfehle eine Beschäftigung mit der Frage, was in diesen Zeiten unter „Germanen“ verstanden wurde. Der obige Link ist ein guter Einstieg.

Metapher

Dass wir - jedenfalls ich - mit dem Wort „Germanen“ einfach die Leute meine, die damals in diesen Gegenden wohnten und keine Römer waren, müsste eigentlich klar geworden sein.

Dass ich keinen großen Unterschied sehe zwischen Galliern bzw. Kelten und Germanen, habe ich auch schon deutlich gemacht.

Wozu als Haare spalten?

Fritz und gut is!

Sprachliche Klarstellung!
Lasst uns statt dieser ungenauen und zu Missverständnissen und unnötigen Besserwissereien führenden Wörter

Germanen/Teutschen/Deutschen

einfach sagen: die Leute, die nördlich der Alpen, in den Gebieten, die heute Schweiz, Österreich und dem Balkan zu , Dänemark und weiter nach Norden, Deutschland, meinzwegen noch Tschechien und Polen wohnten und nicht aus dem Gebiet der römischen Reiches, wie es zur Zeit Cäsars bestand, stammten.

Das ist immer noch vage genug!

Und die nennen wir dann „Germanen“. Wie auch immer sie sich selber nannten, und was auch immer sie wirklich waren.

Fritz

Hammerhart!!!
Gelesen und echt nicht gewusst…
Vielen Dank
Fonz

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