der Kapitalismus, die Banken und die Lösung
Hallo,
Aber umgekehrt wird ein Schuh daraus: Gerade WEIL die Banken
eben aufgrund des von Dir zurecht angesprochenen Wettbewerbs
hirnlos Risiken eingehen, muss die Bankenaufsicht verändert
werden, nicht umgekehrt (weil die Bankenaufsicht versagt
hätten, wären die Banken unvertretbare Risiken eingegangen).
Dazu habe ich einiges in meiner Antwort an Carlos geschrieben (16.10.). Ich bin da grundsätzlich anderer Ansicht. Der Staat will, daß die Banken bestimmte Aufgaben übernehmen und bestärkt sie in ihrem Handeln durch die entsprechenden Rahmenbedingungen und stattet sie mit den notwendigen Hilfsmitteln aus.
Wenn man Kreditinstituten praktisch kostenlos unbegrenzt Geld gibt und ihnen sagt, daß es der Wunsch des Staates ist, daß jeder Bürger ein eigenes Haus haben soll, zusätzlich Verbriefungen eigenkapitalschonend reguliert und implizit die Rettung im Krisenfall in Aussicht stellt, dann muß man sich nicht wundern, wenn es zu Exzessen kommt. Genauso könnte man einen Alkoholiker in einem Weinkeller aussetzen und ihm sagen, er solle nur so viel trinken, wie gut für ihn ist.
Konkurrenz tut - logisch ist die Renditechance höher wenn das
Risiko höher ist, das ist ja gerade das Fatale! Deshalb kann
ich doch nicht diesen Unsinn mitmachen!) und nicht noch im
Nachhinein Schuldige dafür woanders suchen.
Es sind nicht die Banken, die Schuldige suchen, sondern ich bin es, der versucht, die Sichtweisen etwas zu verändern. Ich bin schon lange der Ansicht, daß Kreditinstitute zurückgestutzt werden sollten, ein realwirtschaftliches Geschäftsmodell brauchen und nicht die Existenz eines Kreditinstitutes geschützt werden muß, sondern nur dessen Verbindlichkeiten gegenüber Nichtbanken. Dennoch bin ich der Ansicht, daß das Verhalten von Staaten und Notenbanken die Krise ausgelöst und zusätzlich befeuert hat.
mit dem Totalverlust leben kann, aber nicht mein gesamtes
Vermögen) Und Transparenz ist das Zauberwort. Komplexes
Reporting dafür die Grundlage. Die Aufsicht muss künftig
besser und früher wissen, was Banken treiben und sie müssen
endlich qualitätiv prüfen, nicht quantitativ.
Inwiefern ist denn welches Reporting im Moment nicht ausreichend?
Nebenbei: der von Dir genannte § 13 KWG ist relativ uninteressant. Interessant ist vielmehr, wie die Kreditnehmereinheit in § 19 KWG definiert wird und da hat sich ja in der jüngsten Zeit auch einiges getan.
Produkt auch nicht mehr…). Ich habe auch das schon hier im
Brett beschrieben: Als es noch klassische Sicherheitenprüfung
bei den Kreditnehmern gab, wusste man viel mehr über die
Qualität der zedierten Forderungen (wie auch der gesamten
Produktionskette incl. Vorräte und Asset Conversion Cycle).
Diese Zeiten sind längst vorbei und auch dem Rotstift zum
Opfer gefallen und war auch hier dem Wettbewerb „geschuldet“.
Die alten ABS-Strukturen haben doch mit dem, was und wie heute verbrieft wird, nicht allzu viel zu tun. Heute werden auf einen Streich tausende von Forderungen verbrieft, die sich naturgemäß nicht en detail angeschaut werden. Die notwendige Sicherheit erhält man durch die Tranchierung, die in der Regel auch funktioniert und auch bei vielem funktioniert hat, was man so vollmundig als „Schrottpapier“ bezeichnet hat.
Hinzu kommt, daß die Aufsicht seit neulich die Durchschau auf die einzelnen Kreditnehmer haben will.
Risikostreuung ist eines, das Portfolio zu kennen ein
weiteres. Vergessen wir nicht, Volatilität auf dem
amerikanischen Immobilienmarkt war so „überraschend“, wie das
immer wieder jedes Jahr plötzlich in den Alltag einbrechende
Weihnachtsfest.
Das kam nicht überraschend, jedenfalls nicht für viele oder gar alle. Es war halt so wie auf dem Aktienmarkt: wer zuerst abspringt, verliert und wer zu lange überlegt, fällt in die Grube.
Bereits im Winter 2006 und im Frühjahr 2007 gab es zwar erste Liquiditätsengpässe im CP-Markt, aber wer hätte damals verantworten wollen, ausgerechnet die Papiere mit Milliardenverlusten auf den Markt zu werfen, mit denen man in den Vorjahren so bombastisch verdient hat, ohne sicher zu wissen, daß der Markt völlig abstürzt?
früher Bankauszubildenden im Dritten (sowas gabs auch mal)
Lehrjahr beigebracht… Es gab mal Hypothekenbankgesetze und
strenge Kriterien, was als Sicherheit eines Immobilienkredites
anzusehen ist. Es gab sowas wie Realkredite (60% eines von
einem „unabhängigen Gutachter“ bewerteten Beleihungswertes…)
und darüber hinaus haben seriöse Banken maximal 20% als
Zusatzsicherheit anerkannt, wenn neben der Grundschuld auch
die individuelle Bonität des Schuldners stimmte (manche
nannten den über 60% Beleihungsauslauf liegenden Teil
„Personalkredit“, weil auf die Bonität der Person zusätzlich
abgestimmt!). Alles darüber hinaus war BLANKO.
Und was hätten diese strengen Vorschriften geholfen, wenn man unter deren Berücksichtigung eine Hütte in einer der besonders gebeutelten Gebiete finanziert hatte? Selbst wenn die Immobilienpreise nur um 30% gefallen wären, bezieht sich dieser Wert auf die zustande gekommenen Verkäufe. Ein Wert von 70% hilft nicht viel, wenn ich ihn realisieren muß.
Was glaubst Du, warum die HRE mit > 100 Mrd. gestützt worden ist? Sie ist die größte Pfandbriefbank der Welt. Niemand wollte sehen, was passiert, wenn das deutsche Pfandbriefgesetz seinem ersten großen Test unterworfen wird. Nicht zuletzt, weil sich die deutschen Gebietskörperschaften zu einem nicht unwesentlichen Teil über die HRE finanzieren. > 100 Mrd. war der Preis, um eine Immobilienkrise wie in den USA in Deutschland zu verhindern. Oder was meinst Du, was passiert wäre, wenn in Deutschland auf einmal zigtausende Objekte im Wert von einigen 100 Mrd. in die Verwertung gekommen wären?
Aber kommt es
aus USA, ist sexy ABS und tripple A und schön verschachtelt,
schwups wird eine Supersicherheit daraus…(besser verzinslich
- warum bloß…).
So toll verzinst waren die Papiere nicht – jedenfalls nicht die AAA-Tranchen. Das hat sich nur gerechnet, weil die Refinanzierungskosten so niedrig waren. Ursache war in den USA die Notenbank und in Deutschland waren es die Banken, die als quasi-Staatsbanken zu AAA-Preisen auf dem Kapitalmarkt zulangten. Das sind genau die staatlichen Eingriffe, von denen ich oben geschrieben habe.
- Es müsste eine klare Trennung zwischen Markt und Risiko
erfolgen, aber nicht wie bisher Markt analysiert, beauftragt
Schätzer, schreibt zusammen mit der früheren
„Kreditabteilung“, die jetzt bonusabhängig am Tropf der
Marktseite hängt, die Analyse und die zentral irgendwo
ansässige Risikoabteilung „analysiert“ im Schnellverfahren
(wenig Personal), indem sie das im Affentempo liest und
beurteilt, was andere (einschließlich Bilanzanalyse und
Ratingermittlung) gebastelt (und oft genug vorentschieden)
haben. Schluss damit. Risikoabteilungen bekämen in der Bank
eine ganz andere Bedeutung. Sie würden personell besser
ausgestattet (Kapazität), sie hätten eine starke Säule in der
Bank, die ganz unten anfängt (bei der wieder verstärkt
dezentralen Analyse). Es gäbe eine zweite Linie neben der bis
zu einem unabhängigen Risikovorstand (der immer auch
gleichberechtigter Mitvorstandssprecher wäre) nämlich auch zur
Bankenaufsicht (auf allen Ebenen! Schluss mit blinder topdown
Organisation, auch zum Schutz des „kleinen Analysten“ auf
unterster Ebene). KEIN lean Banking mehr bei Ratingagenturen.
Gib dem Markt was des Marktes ist, aber gib endlich auch
(wieder) dem Risiko was des Risikos ist!
Keine Ahnung, von welcher Bank Du redest. Das einzige generelle Problem bei allen Banken ist, daß es nur einen Risikovorstand gibt aber mindestens zwei Marktvorstände. Da der Vorstand aber Teile seiner Kompetenzen auf ein Gremium delegieren kann, in dem der Markt nicht die Mehrheit haben darf, ist das Problem nicht so groß, wie man glauben sollte.
Alles andere, was Du da beschreibst, habe ich weder irgendwo erlebt noch jemals so erzählt bekommen.
- Die Gehaltsstrukturen würden angepasst (Ansätze, allerdings
als Gummiparagraph nennt Basel II bereits, warum wohl?). Es
geht um das Missverhältnis zwischen Markt und Risiko
Wenn man von den kapitalmarktnahen Produktleuten absieht und die Altersunterschiede herausrechnet, kann ich besonders große Gehaltsunterschiede nicht erkennen, sondern lediglich einen größeren variablen Anteil bei den Marktleuten, während mein Fixum das gleichaltriger Marktleute deutlich übersteigt.
- Das Reporting wird grundlegend verändert (wie oben bereits
angedeutet). Das fängt bei der Datenbewertung (Recovery
Ratio/LGD) an, geht über die Datenerfassung, -sortierung,
-prüfung, -dartellung.
Was ist denn am derzeitigen Reporting falsch? Das interne Reporting kannst Du ja nicht meinen, weil es ungefähr 1000 verschiedene Reportings in Deutschland geben dürfte. Also geht es um das externe und dazu kannst Du ja dann sicherlich konkret werden.
- Wirtschaftsprüfer würden eben NICHT mehr vom zu prüfenden
Unternehmen beauftragt (eben auch nicht bei Banken…) Die
Alternative ist schwierig, aber machbar. Es würden
Prüfungskommissionen eingesetzt (ähnlich einem Aufsichtsorgan)
die Besetzung folgt strengen Richtlinien (keine Mitglieder,
die der Führung nahestehen oder standen), die
Aufsichtsbehörden sind AKTIV eingebunden (sowohl bei
Besetzung, als auch bei Prüfung).
Du meinst so etwas wie die DPR? Die gibt es nun seit 7 Jahren und die ist auch recht fleißig. Bei uns ist die jedes Jahr im Haus und macht die Wirtschaftsprüfer mit Detailfragen verrückt.
- Bankenaufsicht würde zunehmend qualitativ. Das wird zu
vielen Diskussionen führen, aber die sind nicht zu vermeiden.
Das Personal bei den Aufsichstbehörden muss sich revolutionär
ändern dazu.
Ich habe nicht nur einmal mit Bundesbankprüfern zu tun und das sind – im Gegensatz zu ihrem Ruf – richtig pfiffige Kerlchen, die sich von den Bankmitarbeitern nichts vormachen lassen. Daß die Schwächen im qualitativen Bereich hätten, kann ich absolut nicht bestätigen.
- Die Bankenaufsicht würde authorisiert, in sehr frühem
Stadium aktiv in Investitions-/Kreditentscheidungen
einzugreifen (Portfolioanalyse als auch Einzelinvestments -
das wird zu vielen Streitfällen führen - nicht zu
vermeiden…)
Das wäre ja absurd. Bundesbank und Bafin beaufsichtigen, entscheiden aber nicht über Kredite. Wenn dem so wäre, bräuchte man eine Aufsicht für die Aufsicht.
- Eigenkapitalerhöhung ist ja schön und wichtig, Risk Weigthed
Assets Berechnungen auch. Aber das alles in Relation ist
statistische Durchschnittsbetrachtung aufgrund mehr oder
weniger zuverlässiger Daten. Das ersetzt nicht individuelle
Risikobewertung. Die ist zwar die Grundlage für diese
Berechnung. Aber die Grundlagen werden eben unzureichend
geprüft!
Inwiefern?
Schau nur jetzt Griechenlandforderungen. Was nützt die
schönste Durchschnittsberechnung, wenn weder der Totalausfall
(oder meintewegen 50 oder 70%) in den Büchern berücksichtigt
sind, noch die Dominoeffekte bekannt sind, wenn andere Banken
deshalb ausfallen und in Folge auch Bankenforderungen gegen
Banken ausfallen und das Eigenkapital dann eben schlicht und
ergreifend wech is?
Deswegen gibt es ja weitergehende externe und interne Streßtests.
Das sind nur einige Anmerkungen. Und es würde zu
weitreichenden Eingriffen in den freien Markt der Banken
bedeuten, daher sollte es global passieren.
Was geeignet wäre, die Kreditinstitute zu stoppen und einer sinnvollen Verwendung zuzuführen, habe ich hier mal zusammengestellt:
/t/kapitalismus–5/5624528/8
Falls die Links irgendwann gar nicht mehr funktionieren:
-
Privatwirtschaftliche Kreditinstitute dürfen nur noch in Rechtsformen geführt werden, die eine persönliche Haftung der Geschäftsleiter mit sich bringen, also KG, KGaA, oHG.
-
Begrenzung des Geschäftsvolumen (also Bilanzsumme und außerbilanzielle Geschäfte) auf einen Betrag, der sich von der Wirtschaftskraft des Sitzlandes ableitet (z.B. 3% des BIP, d.h. für Deutschland rd. 60 Mrd.
-
Konzentration auf das originäre Einlagen- und Kreditgeschäft
-
Verbot staatlicher Stützungsmaßnahmen, lediglich Beibehaltung der Einlagensicherung für private Anleger
-
maximal drei Hierarchiestufen
-
Verbot von an Aktienkurse geknüpfter Gehaltsbestandteile (natürlich nicht nur für Kreditinstitute)
-
erfolgsabhängige Bestandteile für Führungskräfte werden frühestens nach fünf Jahren ausgezahlt und auch nur, wenn der Erfolg angehalten hat
-
persönliche Haftung (im Sinne der Strafbarkeit) von Mitarbeitern bei Verstößen gegen aufsichtsrechtliche Vorgaben und Bilanzierungsvorschriften
-
Begrenzung jeglicher Art des Risikotransfers aus Transaktionen auf Dritte auf maximal 50%
-
Eigenkapitalquote mindestens 15%
Ein bißchen drastischer als Dein Programm – und im Zweifel auch wesentlich wirksamer.
Gruß
C.