Hallo zusammen. Ich habe heute morgen einige Artikel zu dem Thema: Stauffenberg - ein (falscher) Held gelesen. Gerade in den Foren und Diskussionsbeiträgen wird immer wieder behauptet, dass Attentat sei sinnlos und umsonst gewesen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es trotz Niederlage keine positiven Auswirkungen gab. Wisst ihr dazu vielleicht etwas? Oder kennt jemand einen guten Artikel dazu?
Hallo Lena,
Ich habe heute morgen einige Artikel zu dem Thema: Stauffenberg - ein (falscher) Held gelesen. Gerade in den Foren und Diskussionsbeiträgen wird immer wieder behauptet, dass Attentat sei sinnlos und umsonst gewesen.
Sinnlos? Umsonst? Nein. Aber durch das scheitern ist ein Großteil der Wirkung natürlich verpufft.
Ich kann mir kaum vorstellen, dass es trotz Niederlage keine positiven Auswirkungen gab. Wisst ihr dazu vielleicht etwas?
Also die Einzige die mir spontan einfällt ist die, wenn auch symbolische, Feststellung gegenüber den Alliierten, dass es auch Deutsche gegen Hitler gab.
Wenn das Attentat gelungen wäre, wären verschiedene Folgen denkbar gewesen. Aber welche wirklich eingetreten wären… nobody knows…
Hoffe das bringt Dich etwas weiter!
Charlie80
Hallo Charlie,
Sinnlos? Umsonst? Nein. Aber durch das scheitern ist ein
Großteil der Wirkung natürlich verpufft.
aha. Und welcher verbliebene Kleinteil der Wirkung ist da nun nicht verpufft?
Also die Einzige die mir spontan einfällt ist die, wenn auch
symbolische, Feststellung gegenüber den Alliierten, dass es
auch Deutsche gegen Hitler gab.
Das wussten die doch schon - und auch dass die, soweit sie noch lebten, im Wesentlichen entweder im Ausland oder im KZ saßen. Die hatten doch vor Ort die Deutschen im ‚Nationalkomitee Freies Deutschland‘ oder in der ‚Bewegung Freies Deutschland im Westen‘, im ‚Freien Deutschen Kulturbund‘ usw. usf.
Die anderen Deutschen - ich rede jetzt von den Offizieren des 20.Juli 44 - waren doch nur deshalb zu Widerständlern mutiert, weil es unübersehbar war, dass der Krieg unrettbar verloren war. Nicht zuletzt wegen des dilettantischen GröFaZ, dem sie fast fünf Jahre lang willig gefolgt waren.
Aber Dein Hinweis auf das ‚Symbolische‘ ist insofern schon richtig. Das wurde jedenfalls mir seinerzeit auf der Schule vorgebetet, als der 20.Juli noch ein Nationalfeiertag war. Wenn auch sonst alles verloren war, so war doch wenigstens die Ehre gerettet. Ich hatte schon damals schwere Zweifel daran, ob von der ‚Ehre‘ 1944 noch irgend etwas übrig war. Aber so war das eben damals. Der amtierende Bundespräsident hatte sich im Dritten Reich seinen Lebensunterhalt u.a. mit dem Entwerfen von KZ-Baracken verdient, sein hochgelobter Vorgänger hatte 1933 als Reichstagsmitglied dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt, der Bundeskanzler war ein alter Nazi und die meisten der älteren Lehrer waren es auch. Und natürlich waren sie alle in Wirklichkeit im Herzen stets Widerständler und Erzdemokraten gewesen …
Wenn das Attentat gelungen wäre, wären verschiedene Folgen
denkbar gewesen.
Der Krieg wäre etwas früher zu Ende gewesen. Nicht die Wehrmacht hätte kapituliert, sondern wie schon 1918 eine zivile Regierung - dazu hatte man sich den stramm rechten Nationalkonservativen und Antisemiten Goerdeler als neuen ‚Novemberverbrecher‘ ausgekuckt - und man hätte fleißig eine neue Dolchstoßlegende stricken können. Wie schon gesagt - die ‚Ehre‘ der Wehrmacht wäre gerettet gewesen. Ansonsten hätte sich jedoch kaum etwas geändert, dazu hatten die Herren es sich einfach zu spät anders überlegt. Spätestens seit dem 01.11.1943 (Moskauer Deklaration) war der Zug abgefahren, aus der Sache noch ohne bedingungslose Kapitulation herauszukommen.
Der einzige ‚Sinn‘ der Aktion (der ihr freilich erst im Nachhinein gegeben wurde) war, dass die entnazifizierten Rechtskonservativen nach dem Krieg diese Offiziersclique als Freiheitshelden aufbauen und verklären konnten um so ein wenig vom Versagen der bürgerlichen Eliten abzulenken. Was ihnen spätestens meine Generation schon nicht mehr abnahm. Und das nicht nur, weil die DDR glaubwürdigere Widerständler für ihre antifaschistische Tradition in Anpsruch nehmen konnte …
Freundliche Grüße,
Ralf
Hallo!
Gerade in
den Foren und Diskussionsbeiträgen wird immer wieder
behauptet, dass Attentat sei sinnlos und umsonst gewesen.
Es war zwar nicht sinnlos, aber umsonst.
Einen Sinn hatte das Attentat, weil es - im Falle des Gelingens - das Morden einige Monate früher hätte beenden können. Außerdem hatte es auch einen moralischen Sinn. Zwar hat Tychiades recht damit, dass das Attentat gerne von rechts-konservativen Kreisen als Beleg für die angeblich weiße Weste der Wehrmacht missbraucht wurde. Aber jede Auflehnung gegen dieses Verbrecherregime - egal ob von rechts oder von links - war ein Kampf der Menschlichkeit gegen das Unrecht und von daher sinn-voll.
Trotzdem war das Attentat umsonst. Es konnte den Lauf der Geschichte nicht aufhalten. Die einzige direkte Folge davon war, dass einige Offiziere hingerichtet wurden.
Wenn man mal nur über die Symbolik nachdenkt, ist es vielleicht sogar gut dass es schief gelaufen ist. So durfte Hitler nicht wie Caesar heldenhaft ermordet werden, sondern er starb wie es sich für ihn gehört: Als Feigling durch Selbstmord.
Michael
Einverstanden bis auf
Und das
nicht nur, weil die DDR glaubwürdigere Widerständler für ihre
antifaschistische Tradition in Anpsruch nehmen konnte …
Ich glaube, die antifaschistischennazistischen Widerständler jenseits des 20. Juli würden sich im Grabe herumdrehen, wenn sie wüssten, dass heute jemand einem kryptofaschistischen Staat das Recht zubilligt, ihren Kampf für „seine“ (mangels eigenem Beitrag gar nicht vorhandene) antifaschistischenazistische „Tradition“ beanspruchen gedurft zu haben. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass den Stalinisten Hitlers Wissenschaftler fast noch willkommener waren als den Anglokapitalisten und angesichts der Tatsache, dass in der DDR die Nachfrage nach totalitär erprobten und jedem Herren zu dienen bereite Geheimdienstler und Feldwebel deutscher Zunge schon wenige Jahre nach Kriegsende weit höher war als in der BRD. Darüber konnten auch einige als Schauprozess aufgezogene Gerichtsverfahren gegen Naziverbrecher nicht hinwegtäuschen.
smalbop
Hallo Michael,
Einen Sinn hatte das Attentat, weil es - im Falle des Gelingens - das Morden einige Monate früher hätte beenden können.
Ein Paar Monate… Ja, das stimmt. Nur das dies die Monate waren in denen, in denen die Masse der Menschen gestorben sind.
Viele große Schlachten waren noch nicht geschlagen (Arnheim, Ardennen, Berlin, Aufstand in Warschau), das Flüchtlingsdrama in Ostpreußen hatte noch nicht stattgefunden, viele KZ-Häftlinge waren noch am Leben und das Ausmaß der Zerstörung, gerade deutscher Städte hielt sich noch in Grenzen.
Und das waren nur die deutschen Verluste. Auf Seiten der Allierten sah das ähnlich aus.
Angenommen, zwischen einem Frieden Deutschlands mit den Alliierten hätte nur die Person Adolf Hitler gestanden, wäre es dann nicht jeden Versuch wert gewesen ihn zu beseitigen?
Die Ermordung Hitlers im Juli 1944 hätte zwar nicht die Verbrechen wieder gut gemacht die bis dahin im deutschen Namen begangen worden sind, die Toten wieder lebendig gemacht oder das Leid gemindert, aber ab diesem Zweitpunkt hätte es vieles zum besseren wenden können.
Außerdem hatte es auch einen moralischen Sinn. Zwar hat Tychiades recht damit, dass das Attentat gerne von rechts-konservativen Kreisen als Beleg für die angeblich weiße Weste der Wehrmacht missbraucht wurde. Aber jede Auflehnung gegen dieses Verbrecherregime - egal ob von rechts oder von links - war ein Kampf der Menschlichkeit gegen das Unrecht und von daher sinn-voll.
Im Krieg behält bekanntlich niemand seine weiße Weste. Wer allen ernstes behauptet, ein solches Gemetzel wäre „ehrenhaft“ oder „heldenhaft“ oder das man sauber wieder von dort zurückkehrt, dem empfehle ich mal einen kleinen Fronteinsatz. Sowas soll eine recht heilsame Wirkung haben…
So durfte Hitler nicht wie Caesar heldenhaft ermordet werden, sondern er starb wie es sich für ihn gehört: Als Feigling durch Selbstmord.
Ob Caesar seinen Tod als besonders heldenhaft empfand wage ich zu bezweifeln. Aber das ist eine andere Diskussion.
Einen schönen Abend noch!
Charlie80
wäre
es dann nicht jeden Versuch wert gewesen ihn zu beseitigen?
Hi,
ich frage mich oft, was die Politiker heute treiben müssten, dass es für jeden klar und richtig wäre, dass irgend ein Hanswurscht ihn einfach abknallen dürfte…
Gruß
PW
Hi Polweiler,
ich frage mich oft, was die Politiker heute treiben müssten, dass es für jeden klar und richtig wäre, dass irgend ein Hanswurscht ihn einfach abknallen dürfte…
als wenn damals wie heute alle Deutsche sich darüber einig sind, dass Hitler unbedingt beseitigt werden musste.
Zumindest in Deutschland ist „Mord“ als Mittel der politischen Willensbildung überflüssig. Trotz aller Mängel und Unzulänglichkeiten funktioniert die Demokratie und die Gewaltenteilung.
Es gibt genügend legale / gewaltlose Möglichkeiten um sich eines kriminellen Politiker zu erwehren (Wahlen / Presse / Gerichte).
Wo käme man den dahin, wenn jeder dem eine bestimmte politische Meinung nicht passt, die Vertreter dieser Meinung einfach beseitigen dürfte?
Gute Nacht!
Charlie80
Wo käme man den dahin, wenn jeder dem eine bestimmte
politische Meinung nicht passt, die Vertreter dieser Meinung
einfach beseitigen dürfte?
Hi Chaelie80,
genau das meinte ich. In bestimmten Konstellationen befürwortest Du es. Ob jemand später ein Held ist oder ein Mörder, das entscheidet sich eben erst später - mit der Klugheit des Rückblicks.
Ich sehe es eher kritisch, wenn ein hoher Offizier seinen obersten Dienstherrn wegsprengt.
Gruß
PW
Guten Morgen Ralf,
Die anderen Deutschen - ich rede jetzt von den Offizieren des
20.Juli 44 - waren doch nur deshalb zu Widerständlern mutiert,
weil es unübersehbar war, dass der Krieg unrettbar verloren
war.
Noch kurze Zeit vorher (ein Jahr oder so) hat sich Stauffenberg ziemlich übel über Juden geäußert, war damit ziemlich konform (vor einer Weile mal im Radio, Quelle nicht mehr greifbar).
Nicht zuletzt wegen des dilettantischen GröFaZ, dem sie
fast fünf Jahre lang willig gefolgt waren.
Genauso ist es. Allerdings lehnst Du die These (Tatsache?), dass die Wehrmacht die treibende Kraft war und einen Revanchekrieg für 1914/18 wollte, diesen schon in den 20er Jahren geplant hat, ja ab (vor einer Weile hier im w-w-w).
Der amtierende Bundespräsident hatte sich
im Dritten Reich seinen Lebensunterhalt u.a. mit dem Entwerfen
von KZ-Baracken verdient, …
Hilf mir mal, wer das war.
… sein hochgelobter Vorgänger hatte
1933 als Reichstagsmitglied dem Ermächtigungsgesetz
zugestimmt, …
Heuss meinst Du. Ja, ganz klar! Alfred Grosser schreibt, dass er ihn darauf nach dem Krieg angesprochen hat, „Papa“ Heuss dann ziemlich unwirsch wurde … Soll heissen, da war keine Einsicht in die Fehlhandlung … Einsicht, wie man sie von damals z.B. 17-jährigen verlangte, weil sie Parteimitglied oder SS-Mitglied wurden/gemacht wurden.
Gruss
Laika
Hallo!
Einen Sinn hatte das Attentat, weil es - im Falle des
Gelingens - das Morden einige Monate früher hätte beenden
können.
Nach dem 20. Juli sind durch den Krieg mehr Menschen ums Leben gekommen als bis dahin! Das wusste man bis dahin zwar nicht, das wäre aber wohl kaum ein „Sinn“ für die bis dahin willfährigen Offiziere gewesen.
Wenn man mal nur über die Symbolik nachdenkt, ist es
vielleicht sogar gut dass es schief gelaufen ist.
Das hat ja Hildegard Hamm-Brücher mal gesagt (im Bundestag?): „Gott sei Dank ist das Attentat schief gegangen!“ Ein hartes Wort! Aber leider ist wohl eine Wahrheit darin. Deutschland musste nach den Erfahrungen auch des 1. WK und des 2. bis dahin niedergerungen werden, völlig am Boden liegen. Alles andere hätte unkalkulierbare Risiken für die Zukunft bedeutet.
Gruss
Laika
Hallo
Noch kurze Zeit vorher (ein Jahr oder so) hat sich Stauffenberg ziemlich übel über Juden geäußert, war damit ziemlich konform (vor einer Weile mal im Radio, Quelle nicht mehr greifbar).
Kann es der Film „Stauffenberg“ aus dem Jahr 2004 gewesen sein, oder eine Sendung, die diesen Film als Quelle genutzt hat? - Hier äußert sich der Historiker und Stauffenberg-Biograph dazu:
http://www.heise.de/tp/artikel/29/29582/1.html
Und hier auch noch mal über Stauffenbergs Einstellung zu den Massenerschießungen und Behandlung der Kriegsgefangenen:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/stauffenberg-s…
Der amtierende Bundespräsident hatte sich im Dritten Reich seinen Lebensunterhalt u.a. mit dem Entwerfen von KZ-Baracken verdient, …
Hilf mir mal, wer das war.
Heinrich Lübke
http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_L%C3%BCbke#Zei…
Viele Grüße
Hallo,
Kann es der Film „Stauffenberg“ aus dem Jahr 2004 gewesen
sein, oder eine Sendung, die diesen Film als Quelle genutzt
hat?
Nein, war schon länger vorher.
- Hier äußert sich der Historiker und
Stauffenberg-Biograph dazu:
http://www.heise.de/tp/artikel/29/29582/1.htmlUnd hier auch noch mal über Stauffenbergs Einstellung zu den
Massenerschießungen und Behandlung der Kriegsgefangenen:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/stauffenberg-s…
Ok, habe beide Links gelesen. Da muss ich wohl ziemlich viel zurücknehmen!
Hilf mir mal, wer das war.
Heinrich Lübke
Ja, das fiel mir 5 sek nach dem Abschicken ein …
Gruss
Laika
themenkonform, aber dennoch:
Es erscheint mir als bezeichnend für die „deutsche Geschichtsaufarbeitung“, daß ein Herr Stauffenberg und seine Mitverschwörer, die immerhin über zehn Jahre den nationalsozialistischen Verbrechen tatenlos zugesehen (und diese auch weitgehendst kritiklos mitgemacht) haben so zum „Aushängeschild“ des deutschen Widerstandes gegen Herrn Schicklgruber und seine Terrorregime gemacht werden, während tausende „wirkliche“ Gegner des nationalsozialistischen Regimes mehr oder weniger namenlos in den Konzentrationslagern verrottet sind oder umgebracht wurden; und ein Georg Elser etwa, der als einfacher deutscher Bürger bereits frühzeitig versucht hat, Herrn Schicklgruber zu beseitigen, noch ehe dessen Wahnsinn zu einem europaweiten Krieg und Millionen unschuldiger Toter geführt hat, ist den meisten Deutschen vermutlich, wenn überhaupt, erst durch den Film mit Klaus Maria Brandauer bekannt geworden…
Wäre Herr Stauffenberg wirklich ein „Held des Widerstandes“, der diese Bezeichnung verdient, so wäre er in der Wolfsschanze geblieben und hätte sichergestellt, daß seine Bombe auch wirklich den geplanten Erfolg erzielt, auch um den Preis des eigenen Lebens - immerhin nicht mehr, als was er von seinen Soldaten jeden Tag bedenkenlos eingefordert hat…
Grüße
nicolai