Wären obdachlose deutsche Staatsbürger besser gestellt, wenn sie einen Asylbewerber-Status hätten?

Auf den ersten Blick sieht es für mich so aus, dass sie dann ein Obdach hätten und eine weitere Grundversorgung in Form von Sachleistungen (Nahrung, Kleidung usw.). Oder sind sie obdachlos, weil sie nicht ausnutzen, was auch ihnen sozialrechtlich zusteht?

Genau das. Nicht nur das, es ist auch gar nicht so sehr einfach obdachlos zu werden. Wenn du dir Obdachlosenbiographien durchliest, so wirst du feststellen, dass in sehr vielen Fällen schlechte Entscheidungen gefällt wurden - oft bedingt durch Schicksalsschläge, Krankheiten oder schlichte Dummheit.

Es ist ja nicht damit getan, jemand zunächst mal einen Schlafplatz, dann eine Wohnung zu geben, die einzurichten, und dann monatlich die Sozialhilfe zu überweisen. Ganz viele Obdachlose sind genau deshalb in die Obdachlosigkeit geraten, weil sie sich den Anforderungen des Sozialsystems nicht beugen wollten, und kommen auch genau deshalb nicht aus der Obdachlosigkeit auch nicht raus. Dazu kommt dann, dass über die Zeit der Obdachlosigkeit spätestens Prozesse einsetzen (wenn die nicht schon früher eingesetzt hatten), die dazu führen, dass die Schwelle zur Rückkehr in „geregelte Verhältnisse“ immer höher wird. Wer aufgrund von Dingen wie Alkoholmissbrauch, Aggressivität, Kriminalität, … in häuslichen Umfeld aus einer Wohnung geflogen ist, oder über die Obdachlosigkeit entsprechende Verhaltensmuster entwickelt, trägt ein extrem hohes Risiko auch die ihm frisch renoviert übergebene Wohnung recht schnell wieder als Trümmerfeld verlassen zu müssen, weil er auch für die Mitbewohner und Nachbarschaft nicht zumutbar ist.

D.h. da ist ganz viel im Vorfeld nötig, um überhaupt wieder in die Lage versetzt zu werden, dauerhaft eine eigene Wohnung unterhalten zu können. Und da dies ein sehr schwerer Weg für die Betroffenen ist, die genau diese Kraft oft nicht haben/diesen Willen nicht haben/aufbringen können, bleiben eben so viele in der Obdachlosigkeit.

Und das ist ein großer Unterschied zu Menschen, die voll sozialisiert aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen fliehen müssen, und eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, schnell wieder in „geordnete Verhältnisse“ zu kommen, wenn man ihnen die Chance hierzu bietet.

Hallo,

Für Asylbewerber gilt hinsichtlich Leistungsanspruch:
https://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/__3.html

Für Obdachlose gilt SGB (§ 67 SGB XII Leistungsberechtigte). Die Leistungen zur Grundversorgung dort sind, sofern man die Leistungen und Engagement nicht verweigert, nicht geringer. Sie wären im Asylrecht nicht besser gestellt.

Der Vergleich Obdachlosigkeit mit Asyl hinkt wegen der Leistungsberechtigten.

Dass Obdachlose die bestehenden Möglichkeiten nicht ausnutzen, ist weitgehend bekannt. Wesentlich zwei Ursachen:

  1. Unkenntnis. Wer sind die Ansprechpartner? Werde ich richtig beraten und vertreten? Welche Rechte und Möglichkeiten habe ich?
  2. Scham. Ohne Kommentar.
    Beide zusammen bedingen häufig eine "Verweigerungs"haltung.

awM

Wie Du den vorherigen Antworten entnehmen kannst, ist Deine Frage nicht so einfach zu beantworten, wie Du sie gestellt hast.
Deine Frage is für mich auch sehr tendenziös mit schlechtem Beigeschmack bei mir. Letztendlich versuchst Du, evtl. Differenzen bei Hilfebedarf und Leistungsansprüchen mit der schlichten Trennung nach deutsch/nicht deutsch/nicht europäisch zu negieren.
Als per Zufall deutsche Steuerzahlerin bin ich schon mit der Tendenz Deiner Frage nicht einverstanden. Natürlich kannst Du sie trotzdem stellen - solltest Dich nur nicht wundern, wenn Du was auf die Hören kriegst.
LG
Amokoma1

Anstoß zu der Frage hat mir die BILD-Schlagzeile „150 Euro im Monat. SPD plant mehr Taschengeld für Asylbewerber“ gegeben, die ich in dieser Formulierung weniger für eine Nachricht als für ausländerfeindliche Hetze halte. ‚Was denen [im Unterschied von „unsereins“] alles geschenkt wird‘, höre ich dazu die entsprechenden rechten Dumpfbacken sich echauffieren. Dass meine Bitte um mehr Einblick in die rechtliche Faktenlage auf der Plattform hier von jemandem in eine ähnliche Ecke gestellt wird, habe ich wohl in Kauf zu nehmen (Social Media macht’s möglich). Den sachlich Antwortenden gilt daher umso mehr mein Dank.

Grundgesetz schon mal gehört?
Auch reingeschaut?
Brauchst gar nicht lange zu lesen: Art. 3 bestimmt dass niemand wegen Geschlecht, Herkunft, Behinderung … besser oder schlechter gestellt werden darf.

Die einen Tick speziellere Fragestellung bemerkt?

Leider treiben sich genau solche Leute hier in schöner Regelmäßigkeit rum. Und gerade die Lage des „deutschen Obdachlosen“ wird gerne in entsprechenden Kreisen thematisiert. Vor diesem Hintergrund ist es nahezu überraschend, dass eine solche Frage mal mit einem anderen Hintergrund gestellt.

Ich bin schon sehr zufrieden, dass die beste Antwort von dieser Vorverurteilung frei ist.

Tut mir leid, wenn ich Deine Frage nach Lesen bereits erfolgter klarstellender Antworten auf sachlicher Basis vielleicht fälschlicherweise unter dem Aspekt deutsch/ nicht deutsch beurteilt habe. Ich wollte Dich nicht verletzen oder was Falsches unterstellen. Die Frage war aber leider so formuliert, dass ich reagieren musste.
LG
Amokoma1

Stimme größtenteils zu. Nur ist es eben so dass ALG-2-Empfänger gewisse Verpflichtungen haben wie z.B. sich bewerben und angebotene Arbeit annehmen müssen. Wer dies nicht macht verliert sein Arbeitslosengeld, seine Krankenversicherung sowie mittelfristig auch seine Wohnung. Flüchtlinge müssen diese Verpflichtungen nicht erfüllen und haben somit gesehen einen Vorteil gegenüber Deutschen.

Die missverständliche Formulierung kommt wohl vor allem davon, dass ich meinte, gegen rechte Parolen Argumentationshilfe zu brauchen, und dazu fast in die Rolle des Advocatus Diaboli schlüpfte. Das nächste Mal werde ich bei so etwas ein bisschen weiter ausholen, was das Fragemotiv angeht.

Du müstest gar nicht weiter ausholen. Ohne die " deutschen Staatsbürger" wäre ich nicht so gestolpert…
LG
Amokoma1

1 Like

Dir ist aber schon bekannt, dass Asylbewerber, solange sie verpflichtet sind in Sammelunterkünften zu wohnen, gar nicht arbeiten dürfen (kann bis zu sechs Monate angeordnet werden, für Bewerber aus sicheren Herkunftsländern ist dies ohnehin obligatorisch), und auch sonst erst nach drei Monaten eine Genehmigung zur Aufnahme einer Beschäftigung bekommen können, und auch die nur nach Zustimmung der Bundesanstalt für Arbeit im konkreten Einzelfall erteilt wird.

D.h. das staatliche Prinzip an dieser Stelle lautet gerade nicht: „Seht zu, dass ihr in Arbeit kommt“, sondern: „Du darfst/wir wollen grundsätzlich nicht, dass ihr arbeitet, weil wir meinen unseren Arbeitsmarkt vor euch schützen zu müssen“

Insoweit ist es also kein „Vorteil“ für Asylbewerber, sich nicht um etwas kümmern zu müssen, was sie gar nicht dürfen/nicht sollen.

1 Like

Je nach Perspektive. Deutsche Obdachlose sind wahrscheinlich u.a. deshalb obdachlos weil sie sich nicht an die Auflagen des Arbeitsamtes halten, d.h. sich eben nicht bewerben bzw. angebotene Stellen nicht annehmen. Wenn diese Pflicht für Flüchtlinge nicht gilt sehe ich das durchaus als Vorteil.