Warmblütigkeit der Krokodile?!

Hi

Ich bin jetzt beim Lernen doch etwas durcheinander gekommen und erhoffe durch eure Antworten kommt da mal ein bisschen Klarheit rein.

Also es geht wie der Titel schon sagt um Krokodile, genaugenommen um deren Entwicklung. Die Folie des Profs sagt, die Ahnen der Krokos waren landlebende Jäger, die warmblütig waren, und dass Krokos deshalb auch fast vollständig getrennte Herzkammern haben. Das Foramen Panizzae sei nur eine nachträgliche Anpsasung ans Tauchen.

Ich dachte immer Krokodile wären Kaltblüter. Oder sind sie so eine Art Mischform - ähnlich der Thunfische, die auch nicht direkt Warmblüter sind, aber dennoch eine Körpertemperatur durch Muskeln aufrecht erhalten können?
Oder andersherum, wenn die Ahnen der Krokos warmblütig waren, warum sind es heutige Krokodile (wenn es denn so ist) nicht mehr warmblütig?

Grüße

Laralinda

Hallo Laralinda,

Du hast in Deinem Artikel ja schon eine interessante parallele genannt:
( Thunfische )…Haie haben sich seit Jahrmillionen auch nicht gravierend in ihrer Entwicklung verändert.
Sie sind wie die Krokos schon damals nahezu perfekt an ihre Lebensweise als Jäger angepaßt gewesen.
Der weisse Hai z.B. hat durch Muskelbewegung und begrenzte Erhöhung
seiner Stoffwechseltätigkeit auch die Möglichkeit, begrenzt Einfluß auf seine Kerntempratur ( besonders das Blut )zu nehmen.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, daß weisse Haie in kalten Gewässern
ihre innere Körpertemperatur über der Wassertemperatur halten können.

Das macht bei diesen Fischen den Sinn, daß sie auch in kalter Umgebung
schnell und impulsiv ein hohes Maß an Bewegungsenergie erzeugen können. So sind sie den meisten Beutefischen in kalten Zonen deutlich
überlegen.
( Diese Tiere gab es …wie die Krokos… auch schon zur Zeit der
Dinos. )

Ich kann mir aber nicht vorstellen, das die Folie Deines Professors
die Realität wiedergibt…( Echsen wären mal Warmblüter …)
Die heutigen Krokos und Alligatoren sind auch wechselwarm, wie andere
Echsen auch.
Das diese Unterarten der Echsen mal an Land lebten, klingt als die
wahrscheinlichste Annahme…dorthin bewegen sie sich auch jetzt noch regelmäßig um ihre Körpertemperatur auf Niveau zu halten.
Mit kaltem Körper ist eine Echse äußerst träge.
( Das dürfte auch weitergehend erklären, warum die großen Echsen
heute nur noch in der warmen Äquatornähe vorkommen. )

Wäre es so, wie auf der Folie beschrieben…warum finden sich keine
Hinweise unserer Urväter auf deren Existenz in unseren Breitengraden?

Warmblütigkeit ist auf der einen Seite ein Meilenstein der Evolution…der sich heutzutage einzig als Erfolgsmodell weltweit durchgesetzt hat. Die Warmblütigen Säugetiere brauchen aber auch
deutlich mehr Nahrung als die Wechslwarmen. Säugetiere in Mausgröße
gab es aber auch schon damals…Das war unser Grundstein nach dem
Aussterben der Dinos.

Im Gegensatz zu den großen Echsen können wir aber auch nicht über
12 Monate auf Nahrung verzichten…das ließe unser Stoffwechsel
nicht zu. Je niedriger die Körpertemperatur, desto niedriger die
allgemeine Stoffwechselaktivität ( s. Winterschlaf bei Säugern )
Wenn zudem noch die Körpertemperatur ( s. wechselwarme ) über externe
Energiequellen ( Sonneneinstrahlung ) erhöht wird, ist noch weniger
Energie zur Aufrechterhaltung des eigenen Lebens nötig.

Die Krokos, Alligatoren und Gaviale dürften den Weg ins Wasser dadurch gewählt haben, das sie hier als gut getarnte Lauerjäger
mit minimalem Energieaufwand an Beute ( Nahrung ) gekommen sind.
Die Tarnung funktioniert ja auch bis heute fast perfekt…

Vielleicht konnte ich Dir zu weiteren Gedankenansätzen helfen…

Mfg

nutzlos

Hallo Laralinda

Fangen wir mal damit an, was ein Krokodil ist. Die Krocodilier tauchen relativ früh in der Untertrias mit mehreren Unterfamilien auf. Sie werden hauptsächlich durch die Stellung des Astragalus und der geschlossenen Hüftpfanne definiert und damit von anderen Archosauriern wie Dinosauria abgetrennt. Diese ersten Krokodile sind landlebend, besitzen unter den Bauch gestellte, lange Beine und sind (wahrscheinlich) zum Galoppieren fähig (das können heute auch manche Krokodile). Der Gang ins Wasser und die Anpassung an das Leben als Lauerjäger ist mehrfach und zu verschiedenen Zeiten erfolgt. Die Vorfahren unserer heutigen Krokodilier ließen sich erst vor ca. 90 mill Jahre ins Wasser. Soweit die Fossilienlage.

Soweit ich weiß gibt es keinen einzigen Organfund bei fossilen Krokodilen, lediglich ein echter Hautabdruck ist mir von Steneosaurus bekannt. Das heißt, Dein Prof kann lediglich VERMUTEN, daß die Tiere warmblütig gewesen sind und ein vollständig gekammertes Herz hatten.

Was spricht dafür, was dagegen?
Stammesgeschichte: Die nächsten heute noch lebenden Verwandten der Krokodile sind Vögel. Sämtliche Vögel besitzen eine gleichbleibend kontrollierte Körpertemperatur von 42 - 45°C. Dies ist ein typisches Merkmal dieser Tiergruppe. Aus den nahen Verwandtschaft (Dinosauria, Pterosauria) gibt es mehrere deutliche Hinweise, daß auch bei ihnen gleichwarme Vertreter zu finden sein könnten. Wenn man vermutet, daß homöothermie nur einmal „erfunden“ wurde, dann im basalen Bereich der Dinosauriomorpha - oder vielleicht nur einen kleinen Schritt früher, bei den Archaeosauria. Und dann wären die Krokodile dabei.
Zudem haben alle Vögel ein vollständig gekammertes Herz. Es gibt einen (!) Fund eines Dinosauriers aus Italien, der Strukturen hat, die man als Herz interpretieren könnte. Dieses Herz wäre dann auch vollständig gekammert. Aber die Interpretation ist umstritten.

Palökologie: Sämtliche ursprünglichen Krokodilier sind landlebende aktive Jäger. Sie brauchen eine hohe Stoffwechselrate, um genug Reaktionsgeschwindigkeit zum Beutemachen zu erreichen. Allerdings ist die Beute in der Trias nicht übermäßig schnell (Schildkröten, Procolophonier, Sclerosaurier, Mastodonsaurier).

Morphologie: Der Knochenbau der Arm- und Beinknochen zeigt in manchen Proben Kapillare, die zur Thermoregulierung bei Vögeln und Säugern auftauchen (gebe aber zu, den genauen Zusammenhang habe ich aber nicht mehr im Kopf). Auch zeigen die Frühformen nicht die typischen Masseringe heutiger Krokodile, ausserdem gab es kleine Formen (Saltoposuchus). Allerdings gibt es auch heute noch kleine, jagende wechselwarme Tiere, andere Krokodile waren massereich (Batrachotomus)(einfachere Aufheizung durch Muskelbewegung) oder besitzen Knochensegel (Arizonasaurus, die allerdings auch mit Muskeln bepackt gewesen sein könnten).

Klimatologie: Fast auf der gesamten Erde sind Fossilien der Krokodilier gefunden worden und das durch die gesamte Erdgeschichte hindurch und in sämtlichen Ökogebieten mit vielen Anpassungen. Darin dürften auch schwierigere Klimate gelegen haben, die mit einer kontrollierten Körpertemperatur einfacher zu besiedeln waren. Allerdings war die Durchschnittstemperatur der Erde im Mesozoikum und Paleogen wesentlich ausgeglichener und höher als heute. Zudem finden sich die nördlichsten Krokodilfossilien auf Höhe Zentralalaskas und nach Süden bis Patagonien (Kontinentaldriftbereinigt). Weiter nördlich fehlen Fossilien, in der südlicheren Antarktis sind noch in der Kreide große Amphibien nachgewiesen, die als Lauerjäger die ökologische Niesche der heutigen Krokodile besetzten.

Ich persönlich glaube nicht daß die Krokodile früherer Zeiten warmblütig gewesen sind, mir spricht zuviel dagegen. Beweisen kann ich es nicht. Ebensowenig kann Dein Professor beweisen, daß sie es waren.

Gruß
Andreas

Hi

Danke für deine ausführliche Antwort :smile:

Ich persönlich glaube nicht daß die Krokodile früherer Zeiten
warmblütig gewesen sind, mir spricht zuviel dagegen. Beweisen
kann ich es nicht. Ebensowenig kann Dein Professor beweisen,
daß sie es waren.

Klar, beweisen kann man sowieso irgendwie so gut wie nichts, was die Paläontologie angeht, nur mehr oder weniger plausible Vermutungen anstellen.

Vielleicht ist es besser, man guckt sich erstmal nur rezente Arten an, wozu die überhaupt irgendwelche Anpassungen haben.

Für mich ist das Problem, dass man so nie wirklich weiß, was man in einer Prüfung dann schreiben darf, kann oder soll. „Es wird vermutet dass…“ Der Prof ist übrigens von seinen Theorien überzeugt - und ich sehe mich als (noch-)Laie nicht imstande, da etwas gegen zu halten.

Ich muss also doch irgendwie nachplappern, was er lehrt, mit einem großen „vielleicht“ davor :wink:

Grüße

Laralinda

Hallo,

Für mich ist das Problem, dass man so nie wirklich weiß, was
man in einer Prüfung dann schreiben darf, kann oder soll. „Es
wird vermutet dass…“
Der Prof ist übrigens von seinen
Theorien überzeugt -
Ich muss also doch irgendwie nachplappern, was er lehrt, mit
einem großen „vielleicht“ davor

Jede fette Stelle ist ein Tritt ins Fettnäpfchen - Du stehst also mit beiden Füßen drin.

Wenn Du aber schreibst „in der Fachwelt bekannte Experten/Kapazitäten (oder gar: Koryphäen) vertreten überzeugend die These, dass…“ - dann ist das Honig um des Professors Bart, Balsam für seine Seele.

;-»
Pit

Hallo Laralinda,

gargas hat ja schon Tipps gegeben. Ich hatte das gleiche Problem bei einer Klausur im Fach Soziologie, der Prof und ich hatten schlicht andere Ansichten.

An wichtigen Stellen habe ich dann geschrieben, nach Prof. XY gilt …

Ich habe meine Zwei bekommen, damit war ich zufrieden.

Gruß Volker

Mehr Fragen als Antworten
Will hier gar nicht erst eine Antwort versuchen, sondern nur Denkanstoße geben, oder mich dreist der Frage anschließen.

Es gibt rezent 2 Große Gruppen von Warmblütern, Säuger und Vögel. Beide haben ein vierkammeriges Herz, aber wegen deutlicher anatomische Unterschiede (Aorta?) wohl unabhängig voneinander erworben. Beide Gruppen haben auch eine wirksame Wärmeisolierung, Haare bzw. Federn, wohl unabhängig entwickelt.

Ein vierkammeriges Herz ist wegen der Trennung von arteriellem und venösem Blut per se ein Vorteil, und eine kausale Verbindung zur Warmblütigkeit ist nicht zu sehen.

Zoelomat

Hallo

Ja, Du hast recht. Ordentliches Zitieren hilft bei der Diskussion ungemein.
@Laralinda: Brauchst Du eine Zitateliste? Bin grad am umziehen und habe meine Literatur überall verstaut. Wenn Du die Zitate brauchst, schick mir ne Mail und ich mach Dir ne Liste.

Gruß
Andreas