Warschauer Ghetto-Rote Armee

Hallo an alle Experten!
Ich habe eine Frage zum Verhältnis der Roten Armee zum Warschauer Ghetto:
Warum half die Rote Armee den bewaffneten Juden beim „Aufstand von Warschau“ nicht, gegen die deutschen anzukämpfen?
Immerhin befanden sie sich an diesem 1. August 1944 unweit von Warschau am Deichselufer.

Meine Gedanken sind, dass sie vielleicht einfach nicht in einen weiteren Kampf gegen die Deutschen geraten wollten!?

Bin sehr dankbar über jede Idee von euch!

Ghetto-Aufstand ist nicht Warschauer Aufstand
Hallo Fico,

wie so viele wirfst Du zwei Ereignisse durch- oder besser ineinander. Der jüdische Aufstand war 1943 und endete für die Juden im Vernichtungslager.

Der Warschauer Aufstand war der Versuch der Polen, sich nach dem Schmach der Niederlage von 1939 aus eigener Kraft zu befreien. Du darfst davon ausgehen, dass sie es bewusst ohne die Sowjets schaffen wollten, die ihnen 1939 in den Rücken gefallen waren (konsequenterweise hätte der Westen auch der SU den Krieg erklären müssen).

Aus selbigen Grund ließ Stalin sein Truppen genüsslich warten, bis die Deutschen den Polen den Garaus gemacht hatten. Damit stand einer kommunistschen Machtübernahme nichts mehr im Wege, während die legitime polnische Exilregierung quasi bis 1990 in London am langen Arm der Briten verhungerte.

Etwas drastisch geschildert, aber nicht falsch,

meint
Andreas

Hallo Fico,
das mit dem Aufstand im Warschauer Ghetto 1943 und dem Warschauer Aufstand 1944 hat ja Andreas schon wunderbar erklärt.
Zur Rolle der Roten Armee 1944 und der Diskussion darüber kannst Du dich gut hier orientieren:
http://de.wikipedia.org/wiki/Warschauer_Aufstand#Kon…

Viele Grüße
Marvin

Hallo Marvin,

Wikipedia ist immer wieder überraschend gut. Den Artikel kannte ich gar nicht, ebensowenig wie die im Hauptartikel beschriebene Episode mit den amerikanischen Bombern. Damit ist eigentlich alles gesagt.
Wenn ich Pole wäre, wüsste ich schon, was ich vom zwischenzeitlichen großen Bruder zu halten hätte.

Gruß,
Andreas

Danke, dass du mich korrigiert hast Andreas!

Also muss ich meine Frage wohl etwas allgemeiner Stellen:
In welchem Verhältnis stand die Rote Armee zum Warschauer Ghetto?
Hatten sie das Bestreben dem Ganzen ein Ende zu setzen?

Hallo Fico,

der Frontverlauf 1943 erlaubte kein Eingreifen, selbst wenn die Rote Armee gewollt hätte. Angesichts Stalins eigenem Antisemitismus ist das ohnehin nicht anzunehmen; noch kurz vor seinem Tod hatte er Deportationspläne für alle Juden in der Sowjetunion (um Missverständnissen vorzubeugen: Deportation ist in Stalins Reich eine langsamere Todesart).

Gruß,
Andreas

Hallo Fico

Ich habe eine Frage zum Verhältnis der Roten Armee zum
Warschauer Ghetto:
Warum half die Rote Armee den bewaffneten Juden beim „Aufstand
von Warschau“ nicht, gegen die deutschen anzukämpfen?
Immerhin befanden sie sich an diesem 1. August 1944 unweit von
Warschau am Deichselufer.
Meine Gedanken sind, dass sie vielleicht einfach nicht in
einen weiteren Kampf gegen die Deutschen geraten wollten!?

Nur noch eine Anmerkung, da das meiste schon gesagt
wurde (Marvin & Andreas).

  • Der Aufstand des jüdischen Ghettos fand bereits im
    Jahr 1943 statt und wurde von SD- und SS-Einheiten
    (mit relativ geringen Verlusten) niedergeschlagen.

  • Die versuchte „Selbstbefreiung Warschaus“ durch
    die „Polnische Heimatarmee“ im August 1944, also
    im Zusammenhang mit der gigantischen sowjetischen
    Operation „Bagration“ (Juni-September 1941)
    => http://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Bagration
    hatte folgende Rationale:

  • Befreiung Warschaus durch die pro-Westliche
    (antisowjetische) Armia Krajowa sollte in dem
    Moment erfolgen, da die deutshen Truppen von
    den vorrückenden Sowjets im Osten gebunden und
    zerstört werden würden,

  • Die „Befreiung“ sollte eine Machtbeteiligung der AK
    im späteren polnischen Raum sichern und verhindern,
    daß Polen völlig unter sowjetischen Einfluß gerät

Soweit so gut. Was nicht in Wikipedia steht und was
weder die polnische Exilregierung noch die
sowjetische Stawka damals ahnen konnte war folgendes:

Objektiv betrachtet hatte der Warschauer Aufstand keine
Chance, nachdem die Einheiten des IV. SS-Panzerkorps die
Sowjets faktisch stoppten. Die Anstrengungen der
Sowjets, nach Warschau durchzukommen, waren ungeheuer.
So ungeheuer war auch deren Scheitern.

Resúme: Die Sowets konnten nicht, un-
abhängig davon ob sie wollten oder nicht wollten.

(http://en.wikipedia.org/wiki/5th_SS_Panzergrenadier_…)

 ...
 In <u>several furious battles</u> near the town of Modlin in 
 mid August, the Totenkopf, fighting alongside the 
 5.SS-Panzer-Division Wiking and the 1.Fallschirm-
 Panzer-Division Hermann Göring <u>virtually annihilated</u> 
 the Soviet 3rd Tank Corps, which contained a division 
 of communist Poles. The terrain around Modlin is excellent 
 armour terrain, and Totenkopf's panzers exploited this 
 to their advantage, engaging Soviet tanks from a range 
 where the superiority of the German optics and the 75 mm 
 high-velocity guns gave the Panthers an edge against 
 the T-34s.
 ...

Alles andere halte ich für propagandistische
Geschichtsschreibung mit dem (früher ver-
ständlichen) Ziel, antisowjetische Ideologie
im Westen zu konsolidieren. Die Russen hatten
im August/September 44 ganz andere Probleme
als die spärlichen Ressourcen, die nach Bagration
blieben, für ein strategisch irrelevantes Ziel
auszugeben.

meine €0,02

Grüße

CMБ

Danke Andreas
Ich danke dir Andreas-hast mich in meinen Überlegungen weit voran gebracht!
Einen schönen Sonntag wünscht
Fico

Hallo Fico,

Ich danke dir Andreas-hast mich in meinen
Überlegungen weit voran gebracht!

Du hast noch gar nicht verraten, worauf
sich deine Überlegungen beziehen:

  • jüdischer Gheootaufstand 1943, oder
  • Selbstbefreiungsversuch Warschaus 1944 durch die A.K.

und worum es Dir dabei geht.

Grüße

CMБ

Hallo Andreas,

Wenn ich Pole wäre, wüsste ich schon, was ich vom
zwischenzeitlichen großen Bruder zu halten hätte.

Sehr richtig, aber das wissen die Polen schon. Spätestens nach dem Hitler-Stalin-Pakt und dem nachfolgenden russischen Einmarsch in Polen 1939, Katyn 1940 und den ebenfalls 1940 begonennen Deportationen von Polen nach Sibirien war es wohl auch dem letzten klar.

Viele Grüße
Marvin

Hallo

Wikipedia ist immer wieder überraschend gut. Den Artikel
kannte ich gar nicht, ebensowenig wie die im Hauptartikel
beschriebene Episode mit den amerikanischen Bombern.

Weil das ganz einfach nicht stimmt. Ich habe jetzt
meine verfügbaren Unterlagen durchgesehen und fand,
daß kein US-General im Aug. 1944 eine Landung
in der SU mit einem Verband wagen wollte. Für
die Briten waren solche Operationen generell undurchführbar:

z.B.:
http://books.google.com/books?id=uFtnIh7xdgIC&pg=RA3…

http://forum.balsi.de/index.php?topic=3712.0%3Bwap2

 ...
 Natürlich blieben diese Aktivitäten den deutschen Stellen nicht 
 verborgen und als am <u>21. Juli 1944</u> ein Teil eines aus 2500 
 Feindflugzeugen bestehenden alliierten Bomberverbandes statt auf 
 Heimatkurs Richtung Osten hielt, setzte man einen Fernaufklärer 
 Ju 88 (andere Quellen sprechen von einer He 177) auf dessen 
 Versen. Der nach Osten abfliegende Verband bestand aus 114 
 B-17 und 70 P-51 Mustang und hatte zuvor ein südlich von 
 Berlin liegendes Hydrierwerk bei Ruhland bombardiert.

 73 der Bomber landeten in Poltawa und wurden dort vom deutschen 
 Aufklärer Fotographiert. Am späten Abend des selben Tages wurde 
 in Poltawa Fliegeralarm ausgelöst, der aber weiter keine 
 Beachtung fand. Auch die zweite Meldung von der Annäherung 
 deutscher Bomber wurde ignoriert. Wozu gab es die Rote 
 Luftwaffe? Die würde die Deutschen schon am Weiterflug 
 hindern und man befand sich doch 500 Km hinter der Front. 
 Also Prost Briederchen.....

 Als dann die dritte Warnung kam, zog man es vor, sicherheits-
 halber doch die Splittergräben aufzusuchen. keine Minute zu 
 spät. Von Roten Jägern war nichts zu sehen, aber rund 200 
 Ju 88 und He 111 kreisten über den unverteidigten Platz 
 und warfen über 100 Tonnen Bomben! Lag es an der Nachtzeit 
 oder woran? Kein einziger russischer Jäger erschien. 
 Auch nicht, als die deutschen Maschinen im Tiefflug 
 mit Bodwaffen auf erkennbare Ziele feuerten. Alleine 
 dieser Tiefangriff dauerte 20 Minuten.

 Als die Amerikaner ihre eigenen Jäger aus Mirgorod und 
 Pirjatin zu Hilfe holen wollten, wurde es ihnen von den 
 Russen ausdrücklich verboten und eine Erklärung, wo die 
 russischen Jäger bleiben, gab es nicht!

 Von den 73 (72) B-17 waren 44 zerstört, 26 beschädigt und 
 lediglich 2 noch einsatzbereit. 5 weitere Flugzeuge waren 
 zerstört und 25 beschädigt, sowie 1,8 mio Liter Flugbezin 
 vernichtet.

<u>Vorsichtshalber wurden danach alle Flugzeuge verlegt</u>. Zum 
 Glück für die Alliierten, weil die Luftwaffe tagsdarauf 
 noch einmal angriff. Auf jeden Fall bedeutete das das 
 Ende der "Shuttle Bombing Raids" aus dem Luftraum der 
 Sowjetunion heraus und Stalin war seine ungeliebten 
 Gäste wieder los!
 ...

Damit ist eigentlich alles gesagt.

Was?

Grüße

CMБ