Hallo Bibel-Kundige,
ich grübele schon seit langem, wie es kommt, daß die Kirche ausgerechnet die Evangelien nach Johannes, Lukas, Markus und Matthäus als ‚verbindlich‘ festgelegt hat.
Beim Stöbern stolperte ich unter anderem über die Begründung ‚besondere apostolische Autorität der Verfasser‘, was mir jedoch etwas suspekt vorkommt, denn zumindest Lukas und Markus waren ja wohl keine Apostel… Darüber, ob die beiden anderen Herren tatsächlich in der Augenzeugeperiode lebten, streiten sich wohl ebenfalls die Gelehrten.
Was also war bei der Kanonisierung 1546 wirklich ausschlaggebend für die Festlegung auf diese vier?
Für sachdienliche Hinweise dankt
Renee
Hallo,
über den Kanonisierungsprozess habe ich weiter unten etwas geschrieben:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
Was also war bei der Kanonisierung 1546 wirklich
ausschlaggebend für die Festlegung auf diese vier?
Ich grübele, was Du mit der Jahreszahl (?) 1546 meinen könntest. Es ist das Todesjahr Luthers, meinst Du vielleicht 1545? Denn in diesem Jahr hat Luther die letzte Überarbeitung seiner Bibelübersetzung herausgegeben.
Im Neuen Testament gibt es dort keinerlei Änderungen zur vorher allgemein genutzten lateinischen Bibel (Vulgata).
Allerdings durchaus beim Alten Testament.
Luther nämlich war davon überzeugt, dass es auf die Bibeln in der Ursprache ankam, deswegen hat er ja auch das NT aus dem Griechischen übersetzt.
Das AT nun aus dem Hebräischen. Dabei hat er festgestellt, dass das Hebräische Alte Testament die Bücher in einer anderen Reihenfolge hat als das Lateinische, und das das Lateinische noch zusätzliche Bücher hat.
Bei der Auswahl der Bücher hat Luther sich dann an das Hebräische gehalten, bei der Reihenfolge an das Lateinische.
Das hat dann zur Folge, dass in der evangelischen Kirche weniger alttestamentliche Bücher kanonisch sind als in der rk (dies sind übrigens Bücher, die ursprünglich größtenteils griechisch geschrieben wurden, da es sich hier um spätere SChriften handelt, in denen auch im heutigen Isreal Griechisch geschrieben wurde).
Grüße,
Taju
Hallo Taju,
über den Kanonisierungsprozess habe ich weiter unten etwas
geschrieben:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
Uiiiiii… Durch dieses Ding muß ich mich erst einmal durchackern… *lach*
Ich grübele, was Du mit der Jahreszahl (?) 1546 meinen
könntest.
Ich meinte das Konzil von Trient… Bisher dachte ich, daß das NT anlässlich des besagten ‚ratifiziert‘ wurde. War das nicht 1546? Habe ich einen Zahlendreher drin? Schmeiße ich gar Konzile durcheinander???
Vielen Dank schon einmal & beste Grüße
Renee
Hi Renee,
Was also war bei der Kanonisierung 1546 wirklich
ausschlaggebend für die Festlegung auf diese vier?
Auf dem Konziel von Trient, das 1545 begann und bis 1564 dauerte, war der Kanon des NT gar nicht Thema.
Zusätzlich zu dem interessanten und inhaltsreichen Posting von Taju, das sie dir schon verlinkte, hier noch etwas „sachdienliches“ zur Geschichte des Kanon:
http://www.joerg-sieger.de/einleit/nt/07kan/nt_e7.htm
Gruß
Metapher
Hallo Renee,
Ich meinte das Konzil von Trient… Bisher dachte ich, daß das
NT anlässlich des besagten ‚ratifiziert‘ wurde. War das nicht
1546? Habe ich einen Zahlendreher drin? Schmeiße ich gar
Konzile durcheinander???
UNd ich habe zu prtestantisch gedacht:wink:
Du bist eigentlich völlig richtig, denn das Tridentinum war von 1545-1563 und das erste Dekret des Konzils (erlassen in der 4. Sektion) hat tatsächlich SChrift und Tradition zum Thema.
Es ging hier sicherlich weniger um die Frage: Was gehört eigentlich in den Kanon, sondern eher darum, zu Beginn festzulegen, was denn nun die „Quellen der Offenbarung“, also eine Reaktion auf das reformatorische sola-scriptura-Prinzip.
Deswegen hat man einfach noch einmal schriftlich festgehalten, welche SChriften denn zum Kanon gehört (im AT mit den schon genannten Unterschieden). Vor allem hat man die Authentizität der Vulgata (also der lateinischen Übersetzung) festgeschrieben, dass diese keine Glaubensirrtümer enthalte (erst 1943 hat Pois XII in einer Enzyklika festgestellt, dass man dennoch in die Ursprachen schauen sollte).
Man hat übrigens auch über die Bibelübersetzungen in Volkssprachen diskutiert, da einige dies verbieten wollten, was man jedoch nicht getan hat.
Weiterhin hat man sich mit der Frage nach der Tradition beschäftigt (es geht um außerbiblische apostolische SChriften, aber auch um kirchliche Gebräuchem Liturgie, Sakramente, selbst Fastenvorschriften). Das Lehramt, heute die dritte Säule der verbindlichen Quellen in der rk Lehre, wurde damals nicht angesprochen. Auch bei der Defintion der tradition apostolica und ihrem Verhältnis zur Hl. Schrift blieb man noch unbestimmt.
Fazit zu Deiner Ursprungsfrage: Den Kanon des NT hat man hier nicht verbindlich festgelegt, aber man hat den damals schon alten Brauch, die Vulgata als dogmatisch verbindliche „Version“ anzusehen, per Dekret dogamtisiert.
Grüße,
Taju
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corrigendum
okok ich geb ja zu, daß das
Auf dem Konziel von Trient, das 1545 begann und bis 1564
dauerte, war der Kanon des NT gar nicht Thema.
so nicht ganz richtig gesagt ist *g* Es wurden immerhin die bereits vorhandene Kanonisierung bestätigt und „amtlich“ gemacht (es war aber trotzdem nicht der Anlaß und nicht das Thema des Konzils, sondern nur die Arbeitsgrundlage).
M.
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ich grübele schon seit langem, wie es kommt, daß die Kirche
ausgerechnet die Evangelien nach Johannes, Lukas, Markus und
Matthäus als ‚verbindlich‘ festgelegt hat.
Mh… Ich würde jetzt einfach mal denken, ganz wissenschaftlich unreflektiert, dass es diese 4 Evangelien waren, die sich im Gottesdienstgebrauch durchgesetzt haben…
MfG
Chris