Warum 'epic POEM'?

Hallo Christopher,

danke, dass du Licht in meine Dunkelheit gebracht hast. Deine Ausführung fand ich sehr hilfreich.

Es gibt also doch einen kulturellen Unterschied kann man zusammenfassen.

Hatte vorhin auch über Goethes Kategorisierungen gelesen (die drei großen Naturformen). So etwas hat sich im anglistischen Raum nicht durchgesetzt.

Grüße, Jenna

Hallo Jenna,

Es gibt also doch einen kulturellen Unterschied kann man zusammenfassen.

es gibt einen terminologischen Unterschied – so viel kann man sagen. Unklarer ist, welches Maß an kulturellen Differenzen damit einhergeht. Linguistisch betrachtet ist im einen Fall ›Epos‹ der Kern des Begriffs, im anderen Fall ›poem‹. Bedeutet das zwangsläufig eine semantische Hierarchie? Gerade bei Wörtern, die nicht von prominenten Einzelpersonen geprägt wurden, sondern eben entstanden sind, sich durchgesetzt und sich in ihrer Bedeutung gewandelt haben, besteht die Gefahr, Unterschiede überzuinterpretieren. Die Tatsache etwa, dass ›Roman‹ und ›Novelle‹ einander weniger ähnlich sind als die entsprechenden englischen Begriffe (›novel‹ und ›novella‹), lässt sich nicht eins zu eins auf Divergenzen in der Einordnung der Textsorten im jeweiligen Sprachraum übertragen. Das gilt auch für den Vergleich von ›Versepos‹ und ›epic poem‹: Worin sich der Beowulf und das Nibelungenlied unterscheiden, kann man nicht einfach aus der deutschen bzw. englischen Bezeichnung ableiten.

Eines solltest du jedenfalls nicht vergessen: Hinter fachsprachlichen Termini steht nicht immer die inhaltliche Klarheit und Trennschärfe, die das Vorhandensein eines Begriffs suggeriert. Für ›Lyrik‹ und ›Gedicht‹ gilt das insbesondere, wie die Vielzahl an mehr oder weniger überzeugenden Definitionsversuchen aus allen Epochen zeigt. Hinzu kommt, dass umgangssprachliche und fachsprachliche Verwendung einander überschneiden sowie unter Umständen kontaminieren: In der deutschsprachigen Slawistik ist es, wie miezekatze erwähnte, üblich, einen bestimmten Werktypus als ›Poem‹ zu bezeichnen; gleichzeitig ist dieses Wort im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch ein altmodischer bzw. abwertender Begriff für einen Text mit lyrischen Elementen – eine Konnotation, die dem gleichlautenden Fachterminus fehlt. Das sollte man auseinanderzuhalten bemüht sein.

Gruß
Christopher

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Hi,

ich schließe mich Dir komplett an. du hast etwas hinzugefügt, was ich zu erwähnen vergaß, namlich, dass die Ketegorisierung „Drama - Epik - Lyrik“ sowohl die Form als auch den Inhalt umfasst und daher die Übergänge fließend sein können und müssen und sich Formen ergeben, die teilweise in den einen und tzeilweise in den anderen Bereich gehören, ohne gleich der Dreiteilung zu widersprechen.

die Franzi