Warum finden Pass-/Visakontrollen an Bord statt?

Guten Tag,

bei einer Kreuzfahrt von z.B. Santo Domingo nach Harwich kommen in Spanien britische Einwanderungsbeamte an Bord und kontrollieren die Pässe/Visa.
Warum dieser Aufwand, wenn die Kontrollen doch schon beim Check-in in Santo Domingo erfolgten und die Beamten doch auch die Papiere am Zielhafen Harwich überprüfen könnten? Und falls sie einen Passagier ohne gültiges Visum erwischen würden, könnten sie ihn wohl kaum den Fischen zum Fraß vorwerfen. Oder wollen die nur in den Genuss einer kostenlosen Kreuzfahrt kommen?

Gruß
Pontius

Ich glaube, dass liegt daran, dass ein kreuzfahrtschiff quasi ein eigenes Land ist :wink:

Servus,

wer hat in Santo Domingo kontrolliert, und was für eine Kontrolle war das? Ging es da eventuell um Grenzpolizei aus einem Schengen-Staat z.B. Spanien, die extraterritorial in der Dominikanischen Republik die Passagiere zur Einreise kontrollierte?

Falls das so war, und es nicht um irgendeine andere Kontrolle ging: Dann würde UK (kein Schengen-Staat) genau gleich vorgehen, nämlich noch vor dem ersten Hafen in UK die Einreisekontrolle für UK vornehmen.

Daß das auf dem Schiff passiert, ist nicht ungewöhnlich: Wer nicht runter darf, muß halt auf dem Schiff bleiben, bis es einen Hafen anläuft, der nicht zum UK gehört.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

vielen Dank für deine Antwort.

wer hat in Santo Domingo kontrolliert, und was für eine
Kontrolle war das?

Es waren Angestellte der Reederei, die beim Check-In u.a. kontrollierten, ob die Passagiere, die z.B. für Großbritannien ein Visum benötigen, dies auch haben, so wie das die Fluggesellschaften auch tun.

Daß das auf dem Schiff passiert, ist nicht ungewöhnlich: Wer
nicht runter darf, muß halt auf dem Schiff bleiben, bis es
einen Hafen anläuft, der nicht zum UK gehört.

Dass das nicht ungewöhnlich ist bezweifle ich auch nicht.
Nur warum umständlich, d. h. mehrere Beamte nach Spanien auf eine Kreuzfahrt schicken, wenn es auch einfach geht, nämlich in Harwich kontrollieren und Einreiseunberechtigte auf das Schiff zurückschicken. Wird doch bei Flugreisen auch so gehandhabt.

Gruß
Pontius

Servus,

Es waren Angestellte der Reederei,

also Personen ohne hoheitliche Aufgaben und Befugnisse. Die Kontrolle fand bloß im Interesse der Reederei statt, um die Zahl von Passagieren, die sie im Zweifelsfall unerwartet am Bein hat, in Grenzen zu halten. Von einem Reedereiangestellten auf ein Schiff gelassen zu werden ist aber keine Einreiseerlaubnis für UK.

so wie das die Fluggesellschaften auch tun.

Mindestens ein Land - Libyen - führt bereits in FRA die erste Einreisekontrolle durch, in FRA wird diese extraterritoriale Aktivität libyscher Grenzpolizei geduldet; vermutlich, weil die Lufthansa stark daran interessiert ist, nicht so viele Passagiere ab TIP gleich nachmittags wieder mitzunehmen, die gar nicht LH 4121 gebucht und bezahlt haben.

in Harwich kontrollieren und Einreiseunberechtigte auf das
Schiff zurückschicken.

Klappt bei Schiffen nicht, weil kein Grenzpolizist Ihrer Majestät etwas gegen ein Njet vom Käptn ausrichten kann: Kein Kapitän muß jemanden auf sein Schiff lassen. Und mit der Aussicht, ihn wochenlang durchfüttern zu müssen, wird ein Kapitän sich auch genau überlegen, ob er jemanden fer umme wieder an Bord nimmt, der einmal von Bord war.

Wird doch bei Flugreisen auch so gehandhabt.

Es kann schon sein, daß Libyen die einzige Ausnahme ist; wie auch immer, mit den Fluggesellschaften gibts andere Vereinbarungen als in der Seefahrt.

Bei der Eisenbahn ist es übrigens (obwohl die Anzahl von Eisenbahnunternehmen viel übersichtlicher ist als die von Reedereien) gang und gäbe, daß die Pass- und teilweise auch die Zollkontrollen im Zug stattfinden, bevor dieser die Grenze oder zumindest den ersten Halt in einem Land erreicht hat - heute im Schengenraum gibts ja kaum mehr welche, aber beim Eurostar kommen die Grenzer ihrer Majestät in Belgien in den Zug, und die Franzosen stehen in London.

Kurzer Sinn: Ausschaffen ist generell ein bissel schwieriger als Garnichterstreinlassen, und das mindeste, was daran hängt, sind einige rechtsstaatlichen Rituale und das Durchfüttern.

Schöne Grüße

MM

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Hallo,

in Harwich kontrollieren und Einreiseunberechtigte auf das
Schiff zurückschicken.

Klappt bei Schiffen nicht, weil kein Grenzpolizist Ihrer
Majestät etwas gegen ein Njet vom Käptn ausrichten kann: Kein
Kapitän muß jemanden auf sein Schiff lassen. Und mit der
Aussicht, ihn wochenlang durchfüttern zu müssen, wird ein
Kapitän sich auch genau überlegen, ob er jemanden fer umme
wieder an Bord nimmt, der einmal von Bord war.

Dieses Argument kann ich nicht nachvollziehen.
Dass ein Kapitän eines zivilen Schiffes niemanden, z.B. auch nicht Polizei oder Zoll, auf sein Schiff lassen muss, wenn es sich in den Hoheitsgewässern eines Landes befindet, glaube ich nicht. Schließlich hat auch er sich an dessen Gesetze zu halten.
Wie dem auch sei, wenn es nur darum geht, den Einreiseunberechtigten gar nicht erst von Bord zu lassen, könnten doch die Beamten in Harwich an Bord gehen, noch bevor der erste Passagier britischen Boden betreten würde. Die Wege wären auf jeden Fall wesentlich kürzer.
Und wenn der Kapitän etwas dagegen hätte, dass die Beamten sein Schiff in Harwich betreten, könnte er ihnen genauso den Zutritt in Spanien verwehren.

Gruß
Pontius

Servus,

Dass ein Kapitän eines zivilen Schiffes niemanden, z.B.
auch nicht Polizei oder Zoll, auf sein Schiff lassen muss,

ich spreche in diesem Zusammenhang nicht von Grenzern, sondern von abgewiesenen Einreisewilligen. Diese würden, einmal in Harwich an Land, nicht wieder andersrum über die Gangway kommen, ohne daß der Käptn das erlaubt. Und dann dürfte HM ihnen den Rückflug nach Puerto Rico, Ceuta, Melilla, Santo Domingo oder wohinauchimmer bezahlen.

Aber Du hast recht: Die Details internationalen Rechts, was die Abgrenzung zwischen internationalem, extraterritorialem und jeweils zu einem Hoheitsgebiet zählenden Boden betrifft, leite ich tatsächlich nur aus der Beobachtung ab. Wo genau das internationale Territorium auf einem Schiff endet, auf dem der Kapitän quasi die Rechte eines Monarchen ausübt, kann ich Dir tatsächlich nicht beschreiben.

Zu dem Punkt „Kreuzfahrt auf Staatskosten für HM Grenzer“ allerdings noch ein ganz subjektiver Kommentar: Ich bin vor ein paar Jahrzehnten, als ich Liegewagen begleitet habe, mal mit ein paar Zivilen vom italienischen Zoll ins Gespräch gekommen, die die Nachtzüge ab Milano Richtung Brenner „betreuten“ (sie hatten mir geholfen, den Schrank mit dem Bettzeug eines beigestellten zweiten Liegewagens binnen Sekunden aufzumachen - der hatte schon die neuen Schlösser, zu denen ich noch keinen Schlüssel hatte): Deren Zeugnis nach wird das, wenn man jeden Tag und immer nur nachts über den Brennero schaukelt, schon nach ein paar Wochen trostlos langweilig. Und das, obwohl Schlaf- und Liegewagenpublikum betreffend Personen, Charaktere und Persönlichkeiten hochinteressant ist, und auch, weil die Taktik, den Nachtzug schon ab Milan in Zivil zu begleiten, reiche Funde für den Zoll und für die Finanzpolizei bringt, weil man sich in aller Ruhe anschauen kann, was die Leute achtzig Kilometer vor der Grenze so machen: So daß das jedem Frontschwein, das diese Ochsentour ne Weile durchhält, Punkte im Himmel bringt.

Aber das gehört jetzt in ein ganz anderes Kapitel - dabei lass ichs.

Schöne Grüße

MM

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Hallo!

bei einer Kreuzfahrt von z.B. Santo Domingo nach Harwich
kommen in Spanien britische Einwanderungsbeamte an Bord und
kontrollieren die Pässe/Visa.

Das ist zur Beschleunigung, damit die Passagiere nicht so lange warten müssen und zweitens sind die Behörden früher informiert. Da wird es irgendwelche Abkommen geben. Ist ja nicht unüblich sowas, wenn man früher mit dem Zug von Österreich nach Deutschland gefahren ist, wurde auch im Zug während der Fahrt abgefertigt, damit die Wartezeiten in den Grenzbahnhöfen kürzer sind.

Warum dieser Aufwand, wenn die Kontrollen doch schon beim
Check-in in Santo Domingo erfolgten und die Beamten doch auch
die Papiere am Zielhafen Harwich überprüfen könnten?

Die Reederei prüft die Dokumente nur deswegen, weil viele Staaten eine Vorschrift im Gesetz haben, wonach Transportunternehmen verpflichtet sind Ausländer, denen die Einreise verweigert wird, zurückzubringen. Da bleiben die Transportunternehmen meistens auf den Kosten sitzen, also kontrollieren sie das vorab selbst. Eine private Kontrolle der Dokumente hat aber nichts mit einer Kontrolle durch die Grenzpolizei zu tun.

Gruß
Tom