Warum gibt es versch. Blutgruppen?

Moinsen!

Im Zuge der Masterarbeitsvermeidungs-Technik bin ich gedanklich mal wieder bei einer Frage hängengeblieben, die mir nicht ausm Kopf geht, bist ich sie zumindest niedergeschrieben habe:wink:

Ich frage mich, warum es unterschiedliche Blutgruppen gibt. Ich kenne die „Funktionsweisen“ also die unterschiedlichen Proteine die für die Blutgruppe zuständig sind und ich kenne die Wechselwirkungen mit den Antigenen.

Aber warum? Eigentlich teilt sich das in zwei Fragen:

  1. Wozu haben wir unterschiedliche Blutgruppen und nicht nur die eine für alle?
  2. Wäre 1. nun einfach gegeben, wozu haben wir dann die Antigene gegen das fremde Protein? Wo läge der Nachteil vom Vermischen unterschiedlichen Blutes, würde es nicht verklumpen? Mir kommt es evolutionär gesehen erst mal vorteilhaft vor, dass es nur eine Blutgruppe gäbe; unterschiedliche Funktionen bzw Auswirkungen scheinen die beiden Proteine (oder eben das Fehlen derselben) ja nicht zu haben, oder? Es ist doch möglich, Blut ohne Serum und damit ohne Antigene zu transfusionieren?

Meine derzeitig schlüssigste Vermutung ist, dass es sich einfach so entwickelt hat und dann auf keine der Blutgruppen bzw auf die Antikörper gleicher Selektionsdruck wirkt und darum keine Änderung eingetreten ist/eintritt. In den Anfängen der Bluttransfusion, als man noch nichts über die Antikörper wusste, dürften aber doch A und B einen kleinen Selektionsvorteil gehabt haben (A hat bei A und AB überlebt, B bei B und AB, während AB und 0 nur eigene Transfusionen überlebt haben). Oder überseh ich da gerade was? Wird 0 irgendwann von der Bildfläche verschwinden, weil es rezessiv ist?

Fragen Fragen Fragen, wer hat eine Antwort?

Liebe Grüße
Lockenlicht

Ergänzung
Nanu, ich seh gerade, dass der größte Anteil bei Blutgruppe 0 steht und der kleinste Anteil bei AB - das verwirrt mich nun vollends.

Wenn ein Elternteil mir eine Gen für das Protein vererbt und der andere nicht, dann resultiert daraus doch automatisch A0 oder B0 und damit A oder B, dürfte dann nicht 0 immer mehr „aussterben“?

Den kleinen AB Anteil kann ich nachvollziehen.

Hallo LLL,
ich glaube, was Universalspender und -empfänger angeht, hast Du einen gedanklichen Wurm drin.
Ansonsten ist die Frage interessant, da die Menschheit ja fast ihr ganzes Leben lang nichts mit Bluttransfusionen am Hut hatte.
Ciao, Manfred

Hallo!

  1. Wozu haben wir unterschiedliche Blutgruppen und nicht nur
    die eine für alle?

Möglicherweise ist es für Plutparasiten schwierig, sich immer wieder neu auf Wirte mit unterschiedlichen Parametern einzustellen. Aber das ist nur eine sehr, sehr vage Vermutung von mir ohne wirkliche fachliche Untermauerung.

  1. Wäre 1. nun einfach gegeben, wozu haben wir dann die
    Antigene gegen das fremde Protein? Wo läge der Nachteil vom
    Vermischen unterschiedlichen Blutes, würde es nicht
    verklumpen?

Sinn und Zweck des Immunsystems ist es, zwischen Fremd und Selbst zu unterscheiden. Die falsche Blutgruppe wird sofort als Fremd erkannt und bekämpft. Ein funktionierendes Immunsystem ist eindeutig ein Selektionsvorteil. Die Inkompatibilität der Blutgruppen ist aber kein Selektionsnachteil, weil - wie bereits von anderer Seite gesagt - die Bluttransfusion in unser Evolution keine Rolle spielte.

In den Anfängen
der Bluttransfusion, als man noch nichts über die Antikörper
wusste, dürften aber doch A und B einen kleinen
Selektionsvorteil gehabt haben (A hat bei A und AB überlebt, B
bei B und AB, während AB und 0 nur eigene Transfusionen
überlebt haben).

Nein. A darf A oder 0 empfangen. B darf B oder 0 empfangen. 0 darf nur 0 empfangen. AB ist der Universalempfänger.

Es stimmt zwar, dass sich daraus ein kleiner Selektionsvorteil für AB ergibt, aber da Bluttransfusionen in großem Stil erst seit 3 oder 4 Generationen vorgenommen werden, wird das noch keinen Einfluss auf die Allelfrequenz gehabt haben.

Oder überseh ich da gerade was? Wird 0
irgendwann von der Bildfläche verschwinden, weil es rezessiv
ist?

Ein Allel verschwindet nicht, weil es rezessiv ist, sondern weil es einen Selektionsnachteil bietet. Blaue Augen werden schon seit Jahrtausenden rezessiv vererbt und es deutet nichts darauf hin, dass die Allele dafür irgendwann aus dem Genpool verschwinden werden.

Michael

Hallo!

Wenn ein Elternteil mir eine Gen für das Protein vererbt und
der andere nicht, dann resultiert daraus doch automatisch A0
oder B0 und damit A oder B, dürfte dann nicht 0 immer mehr
„aussterben“?

Nein.

http://de.wikipedia.org/wiki/Hardy-Weinberg-Gleichge…

Michael

Ich hab schon immer gesagt, dass Statistik jeglicher Logik entbehrt:wink:

Ja, du hast Recht. Hardy-Weinberg hatte ich verdrängt.

Dankeschön dafür!

Mensch danke, ich hatte den Überblick verloren und teilweise zu kompliziert gedacht (siehe rezessiv /= Selektionsnachteil).

Das mit den Blutparasiten könnte eine einleuchtende Erklärung sein (mir ist bewusst, dass es eh nur Hypothesen geben kann).

Die Antwort auf die zweite Frage leuchtet mir nicht ganz ein. Natürlich seh ich ein, dass für was Fremdes Antikörper gebildet werden. Aber ja nicht immer. Wenn z.B. ein Stoffaustausch zwischen Zellen passiert, tauchen ja dort Stoffe auf, die ursprünglich nicht zum Grundbau der Zelle gehören. Trotzdem funktioniert es ja, weil es muss. Diese Stoffe werden dann ja auch nicht ausgeschwemmt oder abgebaut (also Abbau zwecks Zerstörung, nicht Abbau zwecks Weiterverarbeitung), weil sie eben zum Prozess und damit zum Körper dazu gehören.
Wenn ich das richtig verstanden habe, reagiert Anti-A ja auch nur auf Blutgruppe A und nicht auf andere Proteine. Dann wäre vielleicht ne Erklärung, dass es eben Parasiten gab, die diese Proteine auf der Oberfläche haben, an die es anzudocken galt. Aber eher unwahrscheinlich.
Beim Rhesus-Faktor (negativ) werden doch auch erst Antikörper gebildet, wenn das Blut das erste mal mit rhesus-positiv in Berührung gekommen ist. Das müsste doch eigentlich nicht sein, weil der Organismus „merkt“ dass da gar nichts schlimmes passiert.

Nun kann ich wieder nicht mehr nachdenken, ich hoffe, ich habe ausdrücken können, was ich nicht nachvollziehen kann…

Liebe Grüße
Lockenlicht

Nahmt.

Im Zuge der Masterarbeitsvermeidungs-Technik

Klär mich auf, was das ist. Diplomatbeit?

Ich frage mich, warum es unterschiedliche Blutgruppen gibt.

Oder warum man nur diese kennt. Könnte sein, dass es zig oder hunderte gibt. Die klassische A/B/0-Blutgruppe ist m.W. deswegen so brisant, weil die zugehörigen Antigene sehr verbreitet sind, auch in der Darmflora. Von daher ist der Immunangriff auch beim Erstkontakt heftig.

Aber warum? Eigentlich teilt sich das in zwei Fragen:

  1. Wozu haben wir unterschiedliche Blutgruppen und nicht nur
    die eine für alle?

Die (teils drastischen) Unterschiede in der Blutgruppen-Verteilung in verschiedenen Teilen der Erdbevölkerung werden auch mit Seuchen in Verbindung gebracht - die befallen Blutgruppenträger unterschiedlich heftig.

  1. Wäre 1. nun einfach gegeben, wozu haben wir dann die
    Antigene gegen das fremde Protein?

Siehe oben.

…Mir kommt es evolutionär gesehen erst mal
vorteilhaft vor, dass es nur eine Blutgruppe gäbe;

Die Evolution hatte wohl keine Zeit, sich auf Bluttransfusionen einzustellen.

unterschiedliche Funktionen bzw Auswirkungen scheinen die
beiden Proteine (oder eben das Fehlen derselben) ja nicht zu
haben, oder?

Siehe oben.

Es ist doch möglich, Blut ohne Serum und damit
ohne Antigene zu transfusionieren?

Kein Plan, und ich bezwefle, dass es das Wort transfusionieren gibt.

Meine derzeitig schlüssigste Vermutung ist, dass es sich
einfach so entwickelt hat …

Das ist erst mal die Standard-Antwort. ein WARUM bedarf schon sehr gesicherter Erkenntnise.

Gruß, Zoelomat

Hallo,

Kein Plan, und ich bezwefle, dass es das Wort
transfusionieren gibt.

da haste recht: transfundieren heißt’s.

Schönen Gruß,

Jule

Hallo!

Es ist schwer auf diese Fragen zu antworten, weil Du - so scheint es mir - einige falsche Präkonzepte hast.

Erst einmal wendet sich das Immunsystem nicht generell gegen alles. Moleküle müssen eine bestimmte Mindestgröße haben, damit sie als Antigene erkannt werden.

Dann funktioniert das mit dem Lernen beim Immunsystem anders, als Du Dir das vorstellst. Das Immunsystem „merkt“ sich nicht, ob ein bestimmtes Antigen schädlich ist oder nicht, sondern wie man es bekämpft. Grundsätzlich wird alles bekämpft, egal ob schädlich oder nützlich. Um eine Immunreaktion gegen körpereigenes Gewebe zu vermeiden, werden die Immunzellen während ihrer Reifung auf körpereigene Antigene geprägt. Besser gesagt: Diejenigen Immunzellen, die potenziell eine Autoimmunreaktion auslösen könnten, werden aussortiert, bevor sie Schaden anrichten.

Wenn dieser ganze Apparat funktioniert, dann ist das ein Selektionsvorteil. Es hat aber zwangsläufige zur Folge, dass fremde Blutgruppenmerkmale eine Immunreaktion auslösen. Dies wurde erst dann zum Selektionsnachteil, als die Bluttransfusion erfunden wurde und bis dahin hatte die Evolution die Weichen schon anders gestellt.

Ich finde es übrigens viel erstaunlicher, dass nur so wenige Antigene beim Blut dafür verantwortlich sind, ob es eine Immunreaktion gibt oder nicht. Man denke z. B. daran, wie schwierig es ist, einen passenden Knochenmarkspender zu finden.

Michael

Grüß Gott Lockenlicht,

zu Punkt „1.“:

Ich frage mich, warum es unterschiedliche Blutgruppen gibt.
Ich kenne die „Funktionsweisen“ also die unterschiedlichen
Proteine die für die Blutgruppe zuständig sind und ich kenne

– Du kennst: „ … die „Funktionsweisen“ … die für die Blutgruppe …“ nicht. Es handelt sich nicht um unterschiedliche Proteine wie du vermutest, sondern um unterschiedliche kurze Ketten aus Kohlenhydraten.

– Du fragst dich, „…warum es unterschiedliche Blutgruppen gibt.“
Im Campbell „Biologie“ Spektrum Verlag (1997) wird auf diese Frage im Absatz: „Polymorphismen“ (S. 463-464) eingegangen
Definition für Polymorphismus bei Campbell: „Man nennt eine Population polymorph für ein Merkmal, wenn zwei oder mehr unterschiedliche Morphen jeweils in ausreichend hoher Häufigkeit repräsentiert sind, um …“
Und weiter: „In menschlichen Populationen sind Polymorphismen häufig, sowohl von körperlichen Merkmalen, etwa das Vorhandensein oder das Fehlen von Sommersprossen, als auch biochemischen Merkmalen, wie die AB0-Blutgruppen (für die es vier Morphen gibt: Typ A, Typ B, Typ AB und Typ 0).“

Zu Punkt „2.“:

  1. Wäre 1. nun einfach gegeben, wozu haben wir dann die
    Antigene gegen das fremde Protein? Wo läge der Nachteil vom

– Siehe Campbell S. 953 zu deiner Frage „ …, wozu haben wir dann die Antigene gegen …?“:
„… Blutgruppenantigene sind kurze Ketten aus Kohlenhydraten, die sich in ganz ähnlicher Form auch auf Zellen der normalen Bakterienflora des Körpers befinden. Die Antikörper sind also eigentlich gegen diese Bakterienantigene gerichtet und reagieren ‚nebenbei‘ auch mit fremden Blutgruppenantigenen.“

haben, oder? Es ist doch möglich, Blut ohne Serum und damit
ohne Antigene zu transfusionieren?

Hast du das in der Schule gelernt? Wohl kaum. Hoffentlich benötigst du nie so eine von dir erfundene, spezielle Bluttransfusion mit „Blut ohne Serum …“.

Deine weiteren Fragen unter Punkt „2.“ sind eigentlich keine Frage sondern eher gutgemeinte Verbesserungsvorschläge für den lieben Gott, wie z.B. dein köstliches Evolutionsgeplauder: „Mir kommt es evolutionär gesehen erst mal vorteilhaft vor, dass es nur eine Blutgruppe gäbe;“

Hier in Bayern höre ich immer wieder, wie schwierig es ist für den Masterstudiengang zugelassen zu werden.
Wenn ich deinen Beitrag lese, nehme ich an, daß das gar nicht so problematisch sein dürfte.
Weiter kannst du deine „Masterarbeitsvermeidungs-Technik“ kaum maximieren, sonst gehst du ja noch hinter die Batcheloranforderungen zurück.

Viel Erfolg

watergolf

Hallo watergolf,

Hoffentlich
benötigst du nie so eine von dir erfundene, spezielle
Bluttransfusion mit „Blut ohne Serum …“.

das ist keine Erfindung des Fragestellers, sondern gängige Praxis. Die Erythrozyten des gespendeten Bluts werden in Zentrifugen mit isotonischen Lösungen gewaschen und aufkonzentriert. Das Serum wird hierbei vollständig durch die isotonische Lösung ersetzt. Die gängige Darreichungsform ist das sog. Erythrozytenkonzentrat, kurz: EK. Gleiches passiert während Operationen, bei denen mit hohem Blutverlust zu rechnen ist. Das Blut wird abgesaugt, in einer speziellen Vorrichtung („Cell Saver“) gesammelt und nach einem Waschschritt, in dem das Serum sowie Zelltfragmente und freies HB entfernt wird, und einem Aufkonzentrationsschritt dem Patienten bei Bedarf wieder verabreicht. Vollblut wird nur relativ selten verabreicht, beispielsweise bei Eigenblutspenden. Das Serum wird ggf. separat weiterverarbeitet.

LG
Huttatta

2 Like

Hallo Huttatta,

vielen Dank für deine Zeilen.
– Was du beschreibst stimmt natürlich. Z.B. bei dem: „Erythrozytenkonzentrat U-FR, leukozytendepletiert“ handelt es sich um ein Arzneimittel.
Es geht nicht um diese Suspension zur intravenösen Infusion.

Es geht um die Aussage von LadyLockenlicht:
„Blut ohne Serum und damit ohne Antigene zu transfusionieren?“ die ich wörtlich aus ihrem Posting vom 27.08. zitiert habe.
‚Blut ohne Serum’ ist doch gar kein Blut mehr. Mit: ‚Blut ohne Serum’ könnte man vielleicht im Gespräch mit einem Bekannten die zellulären Bestandteile des Blutes kennzeichnen, wenn einem momentan nichts Besseres einfällt.
So eine Brühe wird man wohl kaum zur intravenösen Infusion verwenden.
Auf der oben genannten Suspensionen zur intravenösen Injektion steht meines Wissens auch nicht: „Blut ohne Serum“ drauf, oder kennst du solche Gebinde im Handel?

– Wenn du die, hier bei www übliche, direkte Zitiermethode verwendest, würde ich nicht die geringsten Änderung, auch keine Unterstreichungen und keine Abänderung in Kursivschrift wie du es mit

Hoffentlich
benötigst du nie so eine von dir erfundene, spezielle
Bluttransfusion mit „Blut ohne Serum …“.

praktiziert hast, vornehmen.

Mein Original lautet:
" … Hoffentlich benötigst du nie so eine von dir erfundene, spezielle Bluttransfusion mit „Blut ohne Serum …“.

Irgendwo gibt es sicher auch einen ‚Netiquette’- oder FAQ- Artikel zum richtigen Zitieren.

Viele Grüße

watergolf

Zum Thema lernen des Immunsystems solltest Du Dich vielleicht ein wenig mit "Immunosophie"z.B. Thalhamer et al. oder auch Tauber „the immune self“ auseinandersetzten, als Nichtimmunologe kann das Lernen des Immunsytems recht schnell falsch verstanden werden.

Damit versteht man dann auch die DNA-vaccinierung soweit man sie eben im Moment nachvollziehen kann.

Hallo watergolf,

deine berechtigte Kritik bzgl. des Zitats nehme ich zur Kenntnis.

„Blut ohne Serum“ findet man freilich nicht als Verpackungsaufschrift der (mir bekannten) Präparate. Ich finde aber auch, dass man auf solche oder ähnliche Formulierungen von Laien nicht allzu kleinlich eingehen sollte. Ich verstehe darunter nach wie vor das gängige EK. Deshalb hätte ich in einer etwaigen Antwort auf den von mir im Zitat unterstrichenen Satzteil verzichtet.

LG
Huttatta