Warum große sozialistische Oktoberrevolution?

Guten Tag,

Warum wird die Oktoberrevolution als große sozialistische Revolution bezeichnet?
Eigentlich war doch die Revolution nicht groß, da sie nur in einer Stadt war und doch auch nicht sozialistisch, da durch die Revolution doch der Beginn der Diktatur durch Stalin eingeleitet wurde.
Auch der Begriff Revolution ist doch nicht richtig, da keine totale Neuveränderung eingetreten ist. Oder irre ich mich da?

Vielen Dank in Vorraus…
Mit freundlichen Grüßen steinheider

Es gab vorher die Februarreviolution, die nicht so erfolgreich war. Nach dieser Revolution waren die Bolschiwiki nicht zufrieden, da der Zar zwar weg war, aber noch die anderen an Macht macht saßen. Außerdem kam Stalin erst viel später an die Macht.

http://de.wikipedia.org/wiki/Oktoberrevolution

Einfach: Propagandistischer Ausdruck der stalinistischen Kommunisten.

Man kann also sagen das der Ausdruck nur der Propaganda diente, aber eigtl. das Gegenteil der Geschehnisse war?

Nicht nur Propganda. Nach Ansicht der Kommunisten war es eine Revolution, die nach ihrem Mythos zur Weltrevolution führen würde. Deine kritischen Bemerkungen hätten die Bolschewiken als bürgerliche Propaganda abgelehnt.

Hallo,

Warum wird die Oktoberrevolution als große sozialistische
Revolution bezeichnet?

weil sie in einem der größten Staaten der Erde eine komplette Umwälzung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung herbeiführte. Die so entstehende neue Ordnung wurde von ihren Befürwortern als ‚sozialistisch‘ (später gerne als ‚real existierender Sozialismus‘) bezeichnet und sie trägt in der Tat auch sozialistische Züge, insbesondere in Bezug auf die Vergesellschaftung (Sozialisierung) der Produktionsmittel - das entscheidende Merkmal des Sozialismus.

Eigentlich war doch die Revolution nicht groß, da sie nur in
einer Stadt war

Die UdSSR war schon etwas größer als Leningrad … Die Revolution begann im Oktober (gemäß julianischem Kalender) in Petrograd - aber sie blieb natürlich nicht auf auf diese Stadt beschränkt. Ihr Ende kann man mit der Sowjetischen Verfassung von 1924 ansetzen.

und doch auch nicht sozialistisch, da durch
die Revolution doch der Beginn der Diktatur durch Stalin
eingeleitet wurde.

Die Revolution war 1917, Stalins Diktatur kann man ab 1927 (frühestens 1924) datieren. Dies nur mal zur zeitlichen Einordnung - eine Diktatur gab es natürlich schon früher, nur nicht die eines Einzelnen. Die ‚Diktatur des Proletariats‘ im von Plechanow und Lenin entwickelten Sinn war das Hauptinstrument der sozialistischen Revolution - allerdings sollte sie von der Partei als ‚Avantgarde der Arbeiterklasse‘ ausgeübt werden und nicht von einer Einzelperson.

Entscheidend: ‚Diktatur‘ und ‚Sozialismus‘ stehen nicht notwendig in einem Gegensatz zueinander, das ist ein Missverständnis. ‚Diktatur‘ bezieht sich auf die politische Organisationsform, Sozialismus auf die wirtschaftliche und soziale Organisationsform eines Staatswesens. Das bedeutet nicht, dass es nicht auch einen ‚demokratischen Sozialismus‘ geben kann. Aber es bedeutet auch nicht, dass es in einer Diktatur keinen Sozialismus geben kann.

Auch der Begriff Revolution ist doch nicht richtig, da keine
totale Neuveränderung eingetreten ist. Oder irre ich mich da?

Da irrst Du Dich in der Tat gewaltig. Vielleicht solltest Du Dich zunächst einmal ein wenig bei Wikipedia zumindest minimal sachkundig machen. Dann merkst Du nämlich auch, wenn Dir hier jemand bullshit erzählt und läufst nicht Gefahr, Dich in der Schule bis auf die Knochen zu blamieren.

Freundliche Grüße,
Ralf

Aller Achtung…
Hi Ralf,

Aller Achtung für den sehr ausführlichen und noch besser recherchierten und am llerbesten dargestellten Beitrag. Es ist ein wahrer Genuss, ihn zu lesen.

Also, vielen herzlichen Dank dafür und (leider nur) ein sehr verdientes Sternchen für Dich. Der Beitrag verdient wahrlich ein Sternchenregen.

Dankbare Grüße,
Helena

Hi Tormod,

Nach Ansicht der Kommunisten war es eine
Revolution,

Ich hätte gerne gewußt, wie man sonst Revolution definiert und was sind ihre Hauptmerkmale.

Ich glaube, man darf im Fall Russland nicht ausser Acht lassen, daß bis 1917 dort die Gesellschaft so gut wie noch im Mittelalter stehen geblieben war. Es gab eine piramydenartigen Struktur, an deren Spitze die Zaren waren; es gab noch „Leibeigenen“, was spätestens seit der französischen Revolution in den meisten europäischen Länder zumindest „veraltert“ war. Und nicht zuletzt, das Volk hungerte und mußte trotzdem zusehen, welch Partys die obere Gesellschaft regelmäßig warf.

Ich glaube, wenn Du all die Revolutionen dieser Welt und in der Geschichte miteinander vergleichst, wirst Du feststellen, daß sie immer vom Volk ausgehen und sich gegen die „obere Gesellschaft“ (oder was sie als solches bezeichnet wurde) richten. Und das war in Russland auch so.

Wie jemand mir mal sagte: Der beste Weg eine Revolution zu starten und viel Unterstützung zu bekommen ist, daß der Volk Hunger leidet. Und ich bin damit einverstanden. In Rußland war das auf jeden fall so.

Schöne Grüße,
Helena

Tach,

Ich glaube, man darf im Fall Russland nicht ausser Acht
lassen, daß bis 1917 dort die Gesellschaft so gut wie noch im
Mittelalter stehen geblieben war. Es gab eine piramydenartigen
Struktur, an deren Spitze die Zaren waren; es gab noch
„Leibeigenen“, was spätestens seit der französischen
Revolution in den meisten europäischen Länder zumindest
„veraltert“ war.

Nein, die Leibeigenschaft wurde 1861 abgeschafft, dass viele Bauern wirtschaftlich abhaengig blieben steht auf einem anderen Blatt.

Ich glaube, wenn Du all die Revolutionen dieser Welt und in
der Geschichte miteinander vergleichst, wirst Du feststellen,
daß sie immer vom Volk ausgehen und sich gegen die „obere
Gesellschaft“ (oder was sie als solches bezeichnet wurde)
richten. Und das war in Russland auch so.

Darueber laesst sich vortrefflich streiten, finde ich. An der Spitze stand nicht das „Volk“, und auch nicht die Sozialisten sondern eine Splittergruppe. Die Zarenherrschaft wurde bereits im Februar 1917 abgeschafft, wie es weiter gehen wuerde steht aber in den Sternen, denn die Plaene einer verfassungsgebenden Versammlung wurden durch die Oktoberrevolution zunichte gemacht.

Gruss
Paul

Hi Paul,

Nein, die Leibeigenschaft wurde 1861 abgeschafft, dass viele
Bauern wirtschaftlich abhaengig blieben steht auf einem
anderen Blatt.

Ja, entschuldigung: Du hast Recht. Was ich aber meinte ist eben, daß das Volk unter diesen Umständen nicht mehr weiter leben wollten und das ist eine Grundlage jeglicher Revolution.

Es gab nicht Leibeigenen im strikten Sinne, aber es gab noch viele Menschen, die noch nicht in der Lage waren, auf eigenen Fuß zu leben, schlich und ergreifend, weil sie das gar (oder kaum) kannten. Daß heute zB. ein Gesetz verabschiedet wird, heisst noch lange nicht, daß alle noch heute sich völlig umstellen und das neue Gesetz ausschließlich angewendet werden muß. Es gibt (fast) immer eine Gewöhnungsphase, wenn dieses Gesetz, den Alltag so durcheinanderbringt, daß man sich neu einstellen muss.

Ich glaube, wenn Du all die Revolutionen dieser Welt und in
der Geschichte miteinander vergleichst, wirst Du feststellen,
daß sie immer vom Volk ausgehen und sich gegen die „obere
Gesellschaft“ (oder was sie als solches bezeichnet wurde)
richten. Und das war in Russland auch so.

Darueber laesst sich vortrefflich streiten, finde ich. An der
Spitze stand nicht das „Volk“, und auch nicht die Sozialisten
sondern eine Splittergruppe.

Tatsache ist, daß die meisten Einwohnern Russlands so nicht weiter leben wollten oder konnten. Erst waren sicherlich eine kleine Gruppe, die aufgestanden sind, aber nach und nach hat sich das ganze Volk, angeschlossen. Ausgenommen, klar, all diese die eh fast nur Vorteile vom früheren Leben gehabt haben (z.B. die Adeligen).

Die Zarenherrschaft wurde bereits
im Februar 1917 abgeschafft, wie es weiter gehen wuerde steht
aber in den Sternen, denn die Plaene einer verfassungsgebenden
Versammlung wurden durch die Oktoberrevolution zunichte
gemacht.

Die Zarenfamilie war für das Volk das Symbol einer Gesellschaft, sehr pyramidenförmig, die sie gar nicht mehr wollten. Und deshalb wurden sie auch ermordet.

Schöne Grüße,
Helena

Hallo Tychi,

die Historiker sprechen mittlerweile eher von Putsch, Staatsstreich, denn Revolution. Revolution nennen sie die Ereignisse im Februar.
Schließlich hat es den Sturm aufs Winterpalais auch nie gegeben. Finanziert wurde das Ganze bekanntlich ja durch Deutschland.

Strubbel
L:open_mouth:)

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Die Aufgabe ist, finde ich, nicht den Begriff Revolution im allgemeinen korrekt zu definieren, aber zu erklären, warum der bolschewistische Putsch in 1917 als grosse Oktoberrevolution bezeichnet wird oder wurde. Dann muss man bei denjenigen nachfragen, die den Ausdruck geschafft haben. Das waren die damaligen russischen Kommunisten und zwar die Bolschewiken.

Wenn man sich mit „Revolution“ im allgemeinen befasst, stellt sich die Sache anders. Sicher kann man eine definition von Revolution anlegen, wonach die damaligen Geschehnisse in Russland keine Revolution war. Das ändert aber nicht die Tatsache, dass von vielen die Oktoberrevolution als Revolution aufgefasst und bezeichnet wurde.

Tach,

Die Zarenherrschaft wurde bereits
im Februar 1917 abgeschafft, wie es weiter gehen wuerde steht
aber in den Sternen, denn die Plaene einer verfassungsgebenden
Versammlung wurden durch die Oktoberrevolution zunichte
gemacht.

Die Zarenfamilie war für das Volk das Symbol einer
Gesellschaft, sehr pyramidenförmig, die sie gar nicht mehr
wollten. Und deshalb wurden sie auch ermordet.

Nochmal, die Zarenfamilie war weg vom Fenster, und zwar seit Februar 1917, nicht erst seit Oktober. Dem kleinen Bauer irgendwo aufm Land war es glaube ich ziemlich egal, wer jetzt in Petrograd das Sagen hat, solange er halbwegs genug zu essen hat, was auch Jahrzehnte nach der Oktoberrevolution nicht unbedingt der Fall war. Wie sich Russland nach der Februarrevolution entwickelt haette, weiss man nun leider nicht, der groesste Fehler war, den Krieg weiterzufuehren, was fuer das Volk, welches unter dem Krieg am ehesten zu leiden hatte, in die Haende all derer trieb, die den Krieg beenden wollten, der Zar hatte damit nicht mehr allzu viel zu tun.

Die Entscheidung, die Zarenfamilie zu toeten, fiel AFAIK nur wenige Tage vor der eigentlichen Ermordung, auch weil die „Weissen“ an Jekaterinburg heranrueckten und das Risiko einer Befreiung zu gross war.

Gruss
Paul

2 Like

Vielen Dank Ralf für deine ausführliche Antwort, aber auch danke an alle anderen die sich daran beteiligt haben, eine Antwort auf die Frage zu finden. Die Frage hat sich jetzt also geklärt… Vielen Dank =)

Hi,

ach die Wirklichkeit ist immer so langweilig, ich bleibe bei Sergej Eisenstein:
http://www.dailymotion.com/video/xy79y_octubre-1917-… (komischer Ton)

Druschba