Warum haben Eisenbahnschienen heute keine Stösse?

Als Kind/Jugendlicher habe ich (heute 66 Jahre) erfahren, dass Eisenbahn-Schienen immer „Stösse“ haben müssen.
Durch die Temperaturschwankunken der Umwelt müsse die Möglichkeit von Ausdehnung/Zusammenziehen gewährleistet sein - so die einleuchtende Erklärung.
Das damals typische „Rattern“ beim Fahren mit dem Zug fehlt heute.
Die Schienen scheinen „stoss-frei“ (?) verlegt zu sein.
Warum ist das so?
Sind das spezielle Stähle, die man da verwendet oder welche Erklärung gibt es?
Vielen Dank im Voraus für eine kurze Antwort von Rainer Engelhardt

Hi Rainer,
Schienen sind heute nicht mehr wie früher, durch sog. Laschen miteinander verbunden, die beim darüberfahren etwas nachgeben und das Rad somit immer gegen den Schienstoß prallt und das markante rattern verursacht, sondern werden miteinander Thermitverschweißt. Dies gewährt die Laufruhe von Schienenfahrzeugen. Wärmeausdehnung der Schienen ist bei der Bahn, bei sehr heissen Sommern auch ein Problem, da es hier zu sog. Gleisverwerfungen kommen kann, diese sind aber in den meisten Fällen nicht so schlimm, dass eine ganzer Streckenabschnitt gesperrt werden muß. Diese hitzebedingten Verwerfungen geben sich meist bei fallenden Temperaturen.
Gruß
Bernd

Sehr geehrter Herr Engelhardt,

Mit der Verbesserung der Stopftechnik gegenüber früher, können heute die Lasten aus der Temperatur innerhalb des Schotterbettes aufgenommen und über das Korngerüst verteilt werden. Wichtig ist, dass in Bogenbereich auch der Schwellenkopf besser gestopft und auch das Korngerüst vor dem Schwellenkopf größer ausgebildet wird als früher.

Man muss sich dass so vorstellen, dass die Schiene bei Temperaturänderungen versucht die Schwelle, mit der sie über eine Reibungsverbindung (geschraubt) verbunden ist, in die jeweilige Richtung (in oder gegen die Fahrtrichtung) zu bewegen. Bei einem heute fest gestopften Gleisbett gibt jede Schwelle ein wenig von der Kraft, die aus dem Temperatureinfluß kommt, an das Schotterbett ab. Es handelt sich um viele kleine Lastabtragungen aus ca. 50 -60 [cm] Schiene, die über die Schwelle in das Schotterbett eingetragen werden. DIe Kraft verschwindet nicht, sondern es werden im Schotterbett unter den einzelnen Körnern Druck- und Reibung erzeugt. Die Lastaufnahmemöglichkeit des Schotterbettes ist so groß, dass nahezu auf Stöße verzichtet werden kann.

Da man früher (bis weit in die 70 / 80) diese Technik noch nicht beherrschte musste die Schiene sich ausdehnen und zusammenziehen können. Da der Ausdehungskoeffizient bei Stahl sehr hoch ist, konnten nur relativ kurze Schienenstücke verbaut werden.

Mit freundlichen Grüßen

Hilmar Klemm
(Dipl.-Ing.)

Hallo Herr Engelhardt,

das Thema gliedert sich in zwei Fragestellungen:

a) Durch die Lücke am Stoß haben die Schienen die Möglichkeit Wärmedehungen auszugleichen, ohne das die Längsspannung in der Schiene ansteigt. Was passiert, wenn die Lücke fehlt.

b) Schienen werden auch heute noch Stoß an Stoß verlegt, da sie nur Stückweise (120m) angeliefert werden können. Somit die Frage: Wie kann man auf der Baustelle Schienen so verschweißen, daß der Stoß gefahrlos befahren werden kann.

zu a) Wenn ich einen Eisenstab zwischen zwei Wänden einspanne und ihne erwärme, kann er sich nicht ausdehnen. Mechanisch gesehen kann ich auch den Stab erst erwärmen und dann auf die passende Länge zusammendrücken, damit er zwischen die Wände passt. Dazu muß ich eine bestimmte Kraft durch den Stab leiten. Mache ich den Stab doppelt so lang, muß ich ihn zwar um die doppelte Länge, gegenüber dem Kurzen, zusammendrücken, aber die Steifigkeit des Stabes ist nur halb so groß (der Stab ist also weicher), so daß die nötige Kraft die gleiche bleibt.

Für die Schiene bleibt die Kraft, die den Gleisrost verwerfen könnte gleich groß, ob ich nun 1000m Schienen oder 10km zusammenschweiße. Man muß die Kraft in Abhängigkeit der Temperatur kennen und dann Versuche nachen, ob die Bettung diese Kräfte aufnehemen kann, ohne das es zu Verwerfungen kommt.

Diese Versuche sind zur Zeit der Reichsbahn (DRG 1920er Jahre) mit einem positvem Ergebniss durchgeführt worden.

zu b) Wenn es also prinziell machbar wäre, bleibt die Frage wie kann man es praktisch durchführen. Hierzu wird das sogenannte Thermitschweißen angewendte (siehe Wikipedia Stichwort Thermit). Die Schweißung darf aber nur einem bestimmten Temperaturintervall durchgeführt werden. Bei strengem Frost sind Schienenschweißungen nicht zulässig. Das Schweißen ist aufwendiger als ein Verschrauben mit Schienenlaschen. Ein große Verbreitung fand das Verfahren mit der Mechanisierung des Gleisbaus durch Schnellumbauzüge und der Erhöhung der Fahrgeschwindigkeiten.

Als Lokführer bin ich kein Experte für Gleistechnik, aber kann dir folgendes dazu mitteilen:smiley:a die Geschwindigkeiten bei der Bahn im laufe der Zeit immer höher geworden sind, war es unumgänglich die Schienenstöße wegzubekommen. Man bekommt die Schienen heute vom Hersteller ziemlich lang geliefert, damit weniger Stöße anfallen und schweißt diese durchgehend meist von einem Bahnhof zum anderen. Das ganze natürlich bei mittleren Temperaturen, damit die Spannungen nicht zu groß werden. Es kann deshalb vorkommen, daß bei extrem niedrigen Temperaturen auch mal eine Schiene bricht. Es entsteht dann sofort eine größere Lücke. Man muß dann beidseitig von der Bruchstelle die Schienen mit starken Brennern erwärmen damit man die Lücke wieder schließen kann und die Schiene erst mal mit Laschen wieder verbinden.
Ich hoffe dir weitergeholfen zu haben.
mit freundl. Gruß
Demmler Peter

Hallo Rainer, ich reise zwar gerne mitder Bahn, aber Experte im Bahnbau bin ich nicht…
Doch klick mal hier drauf:

http://www.wer-weiss-was.de/Anfragen/www_de/archiv/2…

Grüßle!

Theo aus WT

Hallo Rainer, nachdem ich Deine Frage in einem „Bahnerforum“ eingestellt hatte, da ich sie selbst nicht beantworten konnte, bekam ich die folgenden 2 Antworten, die Dir hoffentlich weiterhelfen:

1)Schienen werden heutzutage endlos verschweißt- die Wärmedehnung wird durch die Gleisbögen aufgenommen (in denen sich der Gleisrost minimal seitlich verschieben kann), eine gewisse Wärmespannung wird toleriert. Daher ist auch die Umgebungstemperatur für Schienenschweißarbeiten begrenzt- es sollen ja keine zusätzlichen Spannungen „eingebaut“ werden.
An besonders kritischen Stellen- wie z.B. Brücken- kommen auch Schienenauszüge zum Einsatz.

2)Schienen werden vor dem Verschweißen mit Gasbrennern erwärmt und müssen dann innerhalb einer vorgegebenen Zeit verschraubt und geschweißt werden.
Die Schienen sind also mit Zugspannung verschweißt. Erwärmen sich dann die Schienen durch Sonneneinwirkung oder auch durch wirkende Wirbelstrombremse kann es Infolge der Längenausdehnung nicht zu einer Gleisverwerfung bzw.Verdrückung kommen. Wenn es dann doch mal zu so etwas kommt, sind entweder extrem abnormale Temperaturen oder ein Fehler der Gleisbaufirma sehr warscheinlich.

Gruß

Hallo Herr Engelhardt,

entschuldigen Sie bitte die erst sehr späte Antwort von mir.

Aber nu:
Es stimmt, die heutigen neu gebauten Eisenbahnschienen haben nicht mehr diese Schienenstöße in Form von Lücken zwischen den Schienensträngen.
Die genannten Umwelteinflüsse gibt es aber natürlich aber noch.

Wie dieses Problem materialtechnisch gelöst wurde, weiß ich leider nicht genau.
Wenn ich es richtig im Hinterkopf habe, sind die eigentlichen Schienenstöße (Lücken) mit einem speziellen Material verschweißt, dass diese Ausdehnungen/Zusammenziehen auffangen.

…vielleicht gibt es aber auch eine andere oder ergänzende Lösung.

Beste Grüße,
Sascha Klaus