Servus,
was die Fußballfäns tun und was in dieser Hinsicht vor Wembley war, überlasse ich anderen.
Für die übrige Bevölkerung kann ich sicher sagen, dass die These falsch ist. Vor ungefähr sechzig Jahren gab es einige Probleme: Die deutsche Regierung hatte den Plan, England zu erobern, zu besetzen und auszuplündern; worauf der britische Prime Minister meinte, das ginge so aber nicht, und u.a. veranlasst hat, dass die Royal Air Force die deutschen Städte systematisch zu Klump gehauen hat.
Im Rahmen dieser Ereignisse gab es dann noch einige andere Händel, die teilweise recht hässlich waren. U.a. wollte mein Vater in der Cyrenaika zusammen mit ein paar Kumpels Ihrer Majestät eine von ihrer Mannschaft aufgegebene Kanone stehlen, woraufhin ein Kanonier Ihrer Majestät eine Granate einige Meter neben ihn setzte, so dass ein Schulfreund von ihm in kleinen Stücken durch die Gegend flog und er selber den Rest seines Lebens ohne linkes Bein verbringen musste.
Das ist aber lange her. Von den Engländern, denen ich seither begegnet bin, hasst mich keiner, und umgekehrt auch nicht. Ich würde das Verhältnis als freundschaftliche Sympathie bezeichnen, vielleicht mit Ausnahme meiner Vorgesetzten, wo aus professionellen Gründen und auch, weil ich ein fauler Sack bin, eher neutrale Sympathie stehen kann. Sie war übrigens vor vielen Jahren einer der ersten weiblichen Offiziere der Royal Air Force, aber sie hat nie daran gedacht, deutsche Städte zu bombardieren, und lebt meines Wissens ganz gerne in Deutschland.
Ein anderer, vielleicht Jahrgang '43 - '45, erzählt, wie sein Vater ihm jedesmal, wenn er ihm für ein paar Bonbons nicht bloß das Kleingeld, sondern den entsprechenden Abschnitt der Süßwarenkarte mitgeben musste, jedesmal sagte: „Vergiss das nicht, dass daran die Krauts schuld sind. Die fressen und saufen schon wieder was sie können, und ich muss Dir jedes Mal für ein paar Bonbons diesen verfluchten Zettel mitgeben, dass Du welche kriegst.“ Das ist aber ohne weitere Folgen geblieben, John reist mit Begeisterung auf dem Kontinent, und er wäre ein klasse Geschäftspartner, wenn er nicht so heillos chaotisch organisiert wäre. Er hat das Ende der „Splendid Isolation“ Englands im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert als das für ihn persönlich wichtigste Ereignis in seinem Leben bezeichnet.
Dieses übrigens parallel zu meinem Vater, den wir Söhne zu seinem achtzigsten Geburtstag gefragt haben, was denn die für ihn wichtigsten Ereignisse in seinem Leben gewesen seien. Auf Platz drei oder vier, jedenfalls ziemlich oben, kam: „…daß ich in der Schule noch habe lernen müssen, Deutschland und Frankreich seine Erbfeinde und sie könnten sich nie versöhnen, und daß heute alle meine Söhne mehr oder weniger fließend mit Franzosen kommunizieren können.“
Kurz: Die „Feindschaft von Nationen“ gehört in die Mottenkiste des 19. Jahrhunderts. Dieser Dreck hat im 20. Jahrhundert seinen Höhepunkt erlebt, mit Folgen, an denen wir alle einschließlich der Sieger heute noch bezahlen, und damit ist er erledigt.
Lass ihn schlicht als Farce in den Stadien liegen, aber hinterher in die Restmülltonne, gell?
Schöne Grüße
MM