Warum hat Polen nach dem 1. Wk Ostseekorridor beko

Hallo Leute,

warum hat eigentlich Polen nach dem 1. Wk Posen und Westpreußen erhalten? Wäre es nicht sinnvoller gewesen Polen stattdessen Ostpreußen zu geben, um so dem Konfliktherd „abgetrenntes Ostpreußen“, was mit unter anderem auch zum 2. Wk geführt hat, zuvorzukommen?

Danke

Hallo,

das hat zum Beispiel der Schweizer Carl Jacob Burckhardt, zeitweiliger Hoher Kommissar des Völkerbunds für die Freie Stadt Danzig, seinerzeit auch moniert.

Allerdings übersieht diese Sichtweise, dass damit das Selbstbestimmungsrecht der Völker in noch gröberer Weise verletzt worden wäre als ohnhin schon, da dann noch größere deutsche Minderheiten in geschlossenen Volkstumsgebieten unter polnische Fremdherrschaft gekommen wären.

Aber vielleicht lag es davon abgesehen auch im bewussten Interesse der Westmächte, genau diesen absehbaren Dauerzankapfel „Korridor“ zwischen Deutschland und Polen künstlich zu schaffen?

Wie auch immer - das Problem war prinzipiell eher das, dass überhaupt irgendwann irgendwo von irgendwem geglaubt wurde, die Polen bräuchten einen eigenen Zugang zur Ostsee. Den hatten und haben andere Binnenvölker nämlich auch nicht - ohne dass deswegen dort der Himmel einstürzt.

Gruß
smalbop

Hallo,

Allerdings übersieht diese Sichtweise, dass damit das
Selbstbestimmungsrecht der Völker in noch gröberer Weise
verletzt worden wäre als ohnhin schon, …

Hat das jemals eine Rolle gespielt? Na ja, nach dem 2. WK das Saarland. Vielleicht hat man da gelernt.

Selbstbestimmungsrecht der Völker: Das gab es in Südtirol auch nicht.

Im Übrigen: Dauerzankapfel? Kriegsgrund? Dann hätte Hitler mit der Einnahme von Danzig Schluss machen können. Aber er (und noch mehr die Wehrmacht!) wollten einen Revanchekrieg.

Gruss
Laika

Hallo

Allerdings übersieht diese Sichtweise, dass damit das
Selbstbestimmungsrecht der Völker in noch gröberer Weise
verletzt worden wäre als ohnhin schon, …

Hat das jemals eine Rolle gespielt? Na ja, nach dem 2. WK das
Saarland. Vielleicht hat man da gelernt.

Auch nach dem 1. WK wurde schon im Saarland abgestimmt, in dem Fall könnte man also wohl eher sagen, dass man nach dem 2. WK nicht aus dem Ergebnis gelernt hat, sonst wäre dieses Experiment nicht mit dem selben Ergebnis wiederholt worden.

Worauf ich aber eigentlich hinaus wollte, ist, dass ich einem Schweizer Diplomaten eine etwas objektivere Sicht zugetraut hätte als einem chauvinistisch verbretterten Clemenceau und Poincare.

Selbstbestimmungsrecht der Völker: Das gab es in Südtirol auch
nicht.

Unbestritten, wobei dort eine der Hauptmächte der Entente, nämlich Italien, saturiert werden musste mit einem Gebiet, auf das es von Anfang an Anspruch erhoben hatte.

Im Übrigen: Dauerzankapfel? Kriegsgrund? Dann hätte Hitler mit
der Einnahme von Danzig Schluss machen können. Aber er (und
noch mehr die Wehrmacht!) wollten einen Revanchekrieg.

Mit der Einnahme Danzigs wäre der Korridor rein geografisch nicht beseitigt gewesen - und der Krieg mit Polen nicht beendet. Außerdem hat es keinen Krieg zwischen Deutschland und Polen gegeben, der einen Revanchekrieg nötig gemacht hätte.

Der Grund für die gewaltsame Besetzung Polens war schlicht der, dass Polen sich nicht freiwillig als Aufmarschgebiet für den Lebensraumkrieg gegen Russland zur Verfügung gestellt hätte, dazu aber zwingend gebraucht wurde. Polen wäre also tatsächlich auch ohne Korridorproblem von Hitler angefallen worden, insofern war das kein Kriegsgrund, aber das Denken in diesen geostrategischen Maßstäben war den Ententemächten 1918 fremd. Die wollten Zwist zwischen Deutschland und Polen säen, weiter nichts.

Gruß
smalbop

Südtirol und ital. Ansprüche
Hallo,

Unbestritten, wobei dort eine der Hauptmächte der Entente,
nämlich Italien, saturiert werden musste mit einem Gebiet, auf
das es von Anfang an Anspruch erhoben hatte.

Italien als Hauptmacht der Entente - sagen wir mal, es gab noch schwächere Mächte, ja…

Die italienischen Ansprüche auf Südtirol sind allerdings halb-windig gewesen. Absolut gerechtfertigt nach dem Selbstbestimmungsrecht war die Frage des Trentino, also das Gebiet südlich der Sprachgrenze („Sallurner Klause“) bis zum Gardasee (Jaja, das Nordufer war österreichisch). Entsprechend hat Kaiser Karl erwogen, dieses Gebiet freiwillig abzutreten, um mit Italien den Krieg zu beenden.

Das Problem war, dass die Hauptansprüche Italiens sich auf die östliche Adriaküste bezogen. Die war nun aber für das neue Jugoslawien/Großserbien (eine andere „Hauptmacht“ der Entente) vorgesehen, und trotz italienischer Bevölkerung wollte man das Problem sich nicht auch noch aufhalsen. Also bekam Italien ganz Südtirol, ideologisch (d.h. ballaballa) untermauert mit der angeblich natürlichen Brennergrenze (so wie die natürliche Rheingrenze Frankreichs).

Bezeichnend war, dass Italien im Fall Südtirols auf die obligatorische Volksabstimmung verzichtet hat, die dieser demokratische Staat sonst immer bei Neuerwerbungen abgehalten hatte.

Gruß,
Andreas

Hallo,

alles richtig, was Du sagst, hat aber mit dem polnischen Korridor nur noch sehr peripher zu tun, darum lasse ich es gut sein damit.

Nur eins: Zu einer „Hauptmacht“ der Entente wurde Italien sicherlich nicht aufgrund seiner militärischen „Erfolge“ (obwohl, immerhin standen die Alpini bei Kriegsende in Nordtirol), sondern wegen seiner immensen Verluste.

Gruß
smalbop

Guten Morgen,

Worauf ich aber eigentlich hinaus wollte, ist, dass ich einem
Schweizer Diplomaten eine etwas objektivere Sicht zugetraut
hätte als einem chauvinistisch verbretterten Clemenceau und
Poincare.

„Chauvinistisch“ waren, von Ausnahmen abgesehen, damals wohl die meisten. Clemenceau hat die ungeheure Schmach der Kaiserkrönung in Versailles nicht verwunden. Die „Frankreich isolieren“-Politik des „großen“ Bismarck wirkte wohl auch nicht gerade beruhigend.

Unbestritten, wobei dort eine der Hauptmächte der Entente,
nämlich Italien, saturiert werden musste mit einem Gebiet, auf
das es von Anfang an Anspruch erhoben hatte.

Südtirol war das Beute-Versprechen, mit dem Italien in den Krieg gelockt wurde. Mit dem Verschieben auf die natürliche Grenze am Brenner hat das wohl weniger zu tun. Weiter östlich - Kärnten - wurde die Grenze auch nicht zur „natürlichen“ verschoben.

Mit der Einnahme Danzigs wäre der Korridor rein geografisch
nicht beseitigt gewesen - …

Mit der „Einnahme Danzigs“ meine ich natürlich die gesamte Einverleibung/Beseitigung des Korridors.

… und der Krieg mit Polen nicht
beendet. Außerdem hat es keinen Krieg zwischen Deutschland und
Polen gegeben, der einen Revanchekrieg nötig gemacht hätte.

Natürlich nicht Revanchekrieg wegen/mit Polen (gewisse Ängste vor Polen bestanden da zwar nach meinem Wissen). Ich habe diverse Artikel/Bücher gelesen (fragt mich jetzt bitte nicht nach den Titeln, ist schon eine Weile her), nach denen die Wehrmacht die Schmach der Niederlage im 1. WK nicht verwunden hatte sie wollte einen Revanchekrieg! Der wurde fast sofort in den 20er Jahren begonnen zu planen. Hitler und die Nazis waren da wohl nur die politisch passenden Leute.

Gruss
Laika

Natürlich nicht Revanchekrieg wegen/mit Polen (gewisse Ängste
vor Polen bestanden da zwar nach meinem Wissen). Ich habe
diverse Artikel/Bücher gelesen (fragt mich jetzt bitte nicht
nach den Titeln, ist schon eine Weile her), nach denen die
Wehrmacht die Schmach der Niederlage im 1. WK nicht verwunden
hatte sie wollte einen Revanchekrieg! Der wurde fast
sofort in den 20er Jahren begonnen zu planen. Hitler und die
Nazis waren da wohl nur die politisch passenden Leute.

Auch Russland wollte die Gebiete zurück. Selbst der Bürgerkrieg hat nichts gebracht und so haben die den späteren Krieg genutzt, um Polen zu verkleinern.

Hallo,

Italien als Hauptmacht der Entente - sagen wir mal, es gab
noch schwächere Mächte, ja…

Auch Off Topic: Da habe ich in Paul Kennedys Buch „Aufstieg und Fall der großen Mächte“ gelesen, dass man „Italien lieber zum Feind als zum Freund hat.“ Ob das noch vor dem 1.WK galt … ?

Gruss
Laika