Hallo, Jenna
kirchenrechtlich galt nicht nur Blutsverwandtschaft, sondern auch Verschwägerung, Adoptivverwandtschaft und die Patenschaft als Ehehindernis; ein Verstoß gegen diese Bestimmungen als Inzest. Zeitweise bis zum 14. Verwandtschaftsgrad (nach der sog. ‚römischen Komputation‘), seit 1216 (Innozenz III.) bis zum 4. Grad inclusive. In der Praxis konnten diese Ehehindernisse - wenn der Verwandschafts- oder Verschwägerungsgrad nicht zu nahe war - durch kirchlichen Dispens umgangen werden.
Ein zeitnahes Beispiel: die wichtigste Strategie, die Heinrich VIII. bei seiner Ehescheidung von Katharina von Aragon verfolgte, war die Argumentation, diese Ehe (mit seiner Ex-Schwägerin) sei von Anbeginn an ungültig da rechtswidrig gewesen. Dummerweise war sie aber mit päpstlichem Dispens geschlossen worden …
Man kann in diesem Sachverhalt bei Hamlet durchaus einen Bezug auf Heinrichs erste Ehe sehen - nur deren Ungültigkeit machte ja Elisabeth II. zu einem legitimen Kind Heinrichs (aus 2. Ehe) und damit auch zur rechtmäßigen Königin.
Eine ‚Verengung‘ des Verwandschaftsbegriffes auf die Blutsverwandtschaft setzt erst um Mitte des 18. jahrhunderts ein.
Freundliche Grüße,
Ralf