Warum ist Aids so schwer zu heilen?

Hallo,
ich hab gelesen, das sich der HI-Virus gut an die T-Helferzellen aufgrund seiner Molekularstruktur heften kann und so das Immunsystem schwächt, da er seine Wirtszellen zerstört.
Medikamente gegen Aids blockieren diesen Rezeptor der T-Helferzellen, an den sich der HIV bindet, und so kann der HIV sich nicht mehr an die Zelle binden.

Ich hab auch mal gehört, dass der HIV sich ständig verwandelt und seine Oberfläche ändert und so sich nie vom Immunsystem fangen lässt. Stimmt das?

Ich würde sagen das erste macht mehr Sinn, oder?

P.S: Warum können nicht andere Viren die T-Helferzellen angreifen?
Hat wirklich nur der HIV die Struktur, dass er sich an die T-Helferzelle anheften kann oder müssen da noch andere Faktoren erfüllt werden außer sich an die Zelle zu heften?

Danke für die Antwort
Tim

Hallo,

ich hab gelesen, das sich der HI-Virus gut an die
T-Helferzellen aufgrund seiner Molekularstruktur heften kann

Die T-Helfer-Zellen haben auf ihrer Oberfläche ein Rezeptor, der normalerweise für die Kommunikation mit anderen Immunzellen benötigt wird. Diesen Rezeptor (es handelt sich um CD40) haben nur die T-Helfer-Zellen.

Die HI-Viren sowie die SI-Viren (das Affen-Pendant) haben auf ihrer Oberfläche einen passenen „Schlüssel“ zu diesem „Schloss“. Damit binden sie an diesem Rezeptor und bleiben praktisch an den T-Helferzellen „kleben“. Sie werden dann von den T-Helferzellen aufgenommen („gefressen“), wobei letzlich das Genom des Virus über einen trickreiche Weg in das Genom der T-Helferzelle eingebaut wird.

und so das Immunsystem schwächt, da er seine Wirtszellen
zerstört.

All das (o.g.) schadet der T-Helferzelle nicht und es schächt sie auch nicht. Allerdings bildet das in die Zelle eingebaute Virengenom ständig Produkte, welche letzlich das ganze Immunsystem des Wirtes aktivieren. Diese chronische Daueraktivierung schließlich schwächt die Regenerationsfähigkeit der Immunzellen und mithin die leistungsfähigkeit des Immunsystems, was dann zunehmend mit immer leichten Infekten schon überfordert ist; es bildet sich die Immunschwäche (AIDS).

Medikamente gegen Aids blockieren diesen Rezeptor der
T-Helferzellen, an den sich der HIV bindet, und so kann der
HIV sich nicht mehr an die Zelle binden.

Ja. Leider wird der Rezeptor aber auch für die normale Funktion der T-Helferzellen benötigt. Zudem aktivieren die bereits befallenen Zellen das Immunsystem chronisch. Es ist also keine Heilung, sondern kann den Krankheitsverlauf nur verlangsamen.

Ich hab auch mal gehört, dass der HIV sich ständig verwandelt
und seine Oberfläche ändert und so sich nie vom Immunsystem
fangen lässt. Stimmt das?

Richtig. Das Virus kopiert seine Erbinformation sehr flapsig. Die Kopien sind nie wirklich gut, sondern enthalten alle „Fehler“. Die meisten Kopien sind nicht in der Lage, wieder funktionsfähige Viren zu bilden, die dann neue Zellen befallen können. Einige funktionieren aber und bilden dann jedoch so stark veränderte Virushüllen, dass evtl. bereits vorhandene, spezialisierte Antikörper, welche das Immunsystem schonmal gebildet hat, nicht mehr passen. SAnstatt eine schnelle Großoffensive gegen einen bekannten Feind starten zu können (wie es bei einer Grippe dannn zB. der Fall wäre), sieht das Immunsystem sich einem „neuen“ Feind gegenüber, den es erst wieder „beobachten“ muss, um neue, spezialisierte Antikörper dagegen herstellen zu können. Stehen die neuen Antikörper zur Verfügung, ist das Virus aber schon wieder so stark verändert, dass alles von vorne losgeht.

Ich würde sagen das erste macht mehr Sinn, oder?

Es ist nicht das erste ODER das zweite, was läuft, sondern es laufen beide Prozesse parallel. Schwächung durch chronische Überaktivierung UND kontinuierliche Veränderung der Virenhülle.

P.S: Warum können nicht andere Viren die T-Helferzellen
angreifen?

Ich bin kein Virologe, aber es gibt sicher noch andere Zellen, die auch T-Helferzellen anfallen. Die werden dann aber wie andere Vieren auch irgendwann durch die spezialisierten Antikörper unschädlich gemacht. Die HI-Viren befallen jedoch spezifisch die T-Helferzellen, weil sie den T-Helferzellen-.spezifischen CD40-Rezeptor binden. Und sie verändern sich so schnell, dass das Immunsystem mit der Bildung wirksamer Gegenmittel nicht nachkommt. Und sie aktivieren das ganze Immunsystem chronisch.

LG
Jochen

All das (o.g.) schadet der T-Helferzelle nicht und es schächt
sie auch nicht. Allerdings bildet das in die Zelle eingebaute
Virengenom ständig Produkte, welche letzlich das ganze
Immunsystem des Wirtes aktivieren.

Aber wenn doch eine Zelle von einem Virus befallen ist, dann wird doch normal eine Selbstzerstörung der Zelle ausgelöst.

Aber wahrscheinlich ist das dann auch ein Teufelskreis, denn wenn weniger T-Helferzellen da sind, ist das Immunsystem nicht mehr so leistungsfähig,
oder?

Aber wenn doch eine Zelle von einem Virus befallen ist, dann
wird doch normal eine Selbstzerstörung der Zelle ausgelöst.

Nicht unbedingt. Das HIV ist ein Retrovirus, d.h., es baut sein Erbgut in das der Wirtszelle ein. Auf dem Weg dorthin kann die Zelle das eingedrungene Virus erkennen und seine eingeschleußte Erbinformation vernichten. Dabei nimmt die Zelle idR keinen Schaden. Dennoch können es Viren auch schaffen, ihr Erbgut unbemerkt in das Wirtsgenom zu integrieren. Ist es da mal drin, dann kann die Zelle nicht mehr erkennen, das das eigentlich gar nicht Teil ihres eigenen Erbguts ist. Das Virus ist jetzt praktisch ein echter Teil der Zelle geworden, was für Retorviren sehr geschickt ist, weil ihr Genom nun mit dem Genom der Zelle bei jeder Zellteilung mit kopiert und vermehrt wird. Irgendwann, meist bei bestimmten Stresssituationen, denen die Wirtszelle ausgesetzt ist (Hunger, Sauerstoffmangel, sonstwas…) werden Virus-Gene aktiviert, welche dafür sorgen, dass neue Virus-Partikel gebildet werden, die dann die Zelle verlassen und neue Zellen infizieren können. Bei manchen Viren ist diese Produktion so gewaltig, dass die Wirtszelle regelrecht platzt.

Die bei der Infektion der Zelle aufgenommenen Proteine der Virushülle oder die im Virus mittransportierten Enzyme werden von der Zelle Zerlegt und ein Teil der Bruchstücke wird - wie üblich - auch auf der Zellmembran der Wirtszelle „präsentiert“. Diese Präsentationsstellen werden von anderen, patroullierenden Immunzellen abgetastet und die entscheiden, ob es sich um körpereigene oder körperfremde Substanzen handelt. Meist werden die Proteinbruchstücke von Viren auch als körperfremd erkannt. Die erkennende Immunzelle verständigt dann das restliche Immunsystem und legt quasi den „Not-Aus-Schalter“ der infizierten Zelle um, die dann Sebstmord (Apoptose) begeht.

Ansonsten bringen sich Zellen nur selbst um, wenn sie merken, dass die Replikationsmaschinerie nicht mehr richtig funktioniert, dass sie keinen Kontakt mehr zu anderen Zellen haben, oder dass ihnen bestimmte Wachstumsfaktoren fehlen.

LG
Jochen

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